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Röthenbach.
Gemeinde III. Klasse mit 567 Einw., worunter 4 Kath. a. Röthenbach, Dorf, 490 Einw. b. Adelsberg, Haus, 7 Einw. c. Dieboldsberg, Hof, 21 Einw. d. Ehnesbach, Haus, 6 Einw. e. Krähenbad, Hof, 14 Einw. (f. Lehenwald, Hof, ist jetzt abgebrochen und unbewohnt.) g. Lochmühle, Hof, 5 Einw. h. Nollenberg, Hof, 14 Einw. i. Scheurenbühl, Hof, 10 Einw. – Ev. Dorf, Filial von Alpirsbach, mit Ausnahme von der Lochmühle, die kirchlich nach Peterzell gewiesen ist; die Kath. sind nach Aichhalden eingepfarrt.


Eine Viertelstunde unterhalb Alpirsbach, in dem immer tiefer und malerischer werdenden Kinzigthale zieht sich an der stürmisch daher rauschenden Kinzig lang gedehnt und weit zerstreut der freundliche meist aus hübschen Schwarzwald-Bauernhäusern bestehende Ort hin; an seinem unteren, südlichen Ende mündet der von den östlichen Bergen herabkommende muntere Röthenbach in die Kinzig. Die Straße, welche durch den Ort führt, ist chaussirt und wurde 1866 auf Staatskosten erweitert und erneuert. Aussichten bietet die Markung keine, dagegen zeigt das felsige, mit einzelnen vereinsamten Häusern besetzte Kinzigthal ein schönes Landschaftsbild nach dem andern.

Die Gemeinde ist nach Alpirsbach eingepfarrt, auch der Begräbnißplatz ist gemeinschaftlich.

Das Rathhaus, mit dem Schulhaus in einem niederen zweistockigen Gebäude vereinigt, das 1847 um einen Anbau erweitert wurde, enthält neben den Gelassen für den Gemeinderath 2 Lehrzimmer und die Wohnung des Schulmeisters.

Gutes Trinkwasser liefern in Fülle 9 laufende Brunnen; auch die Markung ist reich an vortrefflichen Quellen, die bedeutendsten sind die Glaserquelle im Sylberg und die Ehnesbachquelle im Kohlwald; dann fließen über die Markung die Kinzig und der Röthenbach, welche beide zuweilen verheerend austreten, und viele andere kleine Wasser. Der Ort hatte früher eine eigene Badstube, welche 1502 der Scheerer Roman Seeger besaß.

Die Staatsstraße von Alpirsbach nach Schiltach (Baden) geht hier durch.

Eine hölzerne Brücke und 3 hölzerne Stege führen über die Kinzig, eine steinerne Brücke geht über den Röthenbach; ihre Unterhaltung ruht auf der Gemeinde.

Die Einwohner, ein gesunder Menschenschlag, sind im allgemeinen fleißig und betriebsam; die Mehrzahl hat die kleidsame Volkstracht| beibehalten. Wegen der gesunden Lage des Orts erreichen die Bewohner nicht selten ein hohes Alter, so starb z. B. im Jahre 1610 eine 100 Jahre alte Frau, 1686 ein 96jähriger Mann, 1704 der 94 Jahre alte Stabsvogt Schneider und gegenwärtig zählt eine Person 85 Jahre.

Haupterwerbsquellen sind Holzhauen und Flößerei, der Feldbau ist untergeordnet. Auf der Markung befinden sich auch Buntsandsteinbrüche, die jedoch nur für den eigenen Bedarf ausgebeutet werden; eine Viertelstunde unterhalb des Ortes, unfern der badischen Grenze, wurde 1843–44 die erste große Granit-Trommel für die Gedenksäule des verstorbenen Königs Wilhelm gebrochen und mit 48 Pferden nach Stuttgart geführt. Auch für das Grabmal des Ministers Graf von Zeppelin wurden hier Granitblöcke gewonnen und nach Ludwigsburg gebracht. Auf der Markung bestanden früher einige Bergwerke, von denen eines Kobalterze lieferte.

Unter den Gewerbetreibenden sind die Schuster am meisten vertreten; sie arbeiten viel nach außen.

Es bestehen 1 Getreidemühle mit 2 Mahl- und 1 Gerbgang, 1 Hanfreibe, 5 Schildwirthschaften und 3 Kramläden.

Die Vermögensverhältnisse sind bei den meisten Einwohnern sehr bescheiden; der begütertste Bürger besitzt 25 Morgen Feld und 90 Morgen Wald (nur einer vorhanden), der Mittelmann 40 Morgen Feld und 9 Morgen Wald (nur 5 vorhanden), die ärmere Klasse 1–2 Morgen Feld. Gemeindeunterstützung genießen gegenwärtig 3 Personen.

Die nicht große, durchaus sehr bergige Markung hat im allgemeinen einen unergiebigen Boden, der größtentheils aus den Zersetzungen des Granits besteht; auf den bedeutenderen Höhen wird der Boden rothsandig (Zersetzung des Buntsandsteins).

Das Klima ist mild, jedoch im Früh- und Spätjahr meist rauh, daher auch nur bei günstigem Frühjahr feinere Gewächse, Gurken, Bohnen und auch die an Kammerzen gezogenen Trauben reifen. Hagelschlag kommt selten vor.

Wegen der gebirgigen Lage und des unergiebigen Bodens ist der landwirthschaftliche Betrieb ein ganz untergeordneter und wird willkürlich meist nur mit der Hacke ausgeführt.

Man baut hauptsächlich Roggen und Kartoffeln, weniger Haber, Gerste, Futterkräuter und in geringer Ausdehnung, nur für den eigenen Bedarf, die gewöhnlichen Handelsgewächse. Von den Getreideerzeugnissen| kann nicht nur nichts verkauft, sondern es muß noch 2/3 des Bedarfs zugekauft werden.

Das ziemlich ausgedehnte Wiesenareal, von dem etwa 50 Morgen bewässert werden können, liefert ein mittelgutes Futter.

Die Obstzucht ist unbedeutend und beschränkt sich auf die gewöhnlichen Obstsorten, von denen das Kernobst am besten gedeiht. Der Obstertrag wird im Ort verbraucht.

Die Gemeinde besitzt 500 Morgen Nadelwaldungen, unter diesen befinden sich 400 Morgen, welche die Gemeinde im Jahr 1832 für ihre Holzrechte vom Staat erhielt; an den Eigenthümer der Erlenmühle wurden noch besonders 5 Morgen und an den des Krähenbads 25 Morgen Wald abgetreten. Der jährliche Ertrag der Gemeindewaldungen wird zu 230 Klaftern angegeben, hievon erhält jeder Bürger 2 Klafter, oder nach seinem Belieben 6 fl. fürs Klafter, die Gemeinde aber verwerthet alsdann das übrige Holz, was ihr durchschnittlich 1000 fl. einträgt.

Die Rindviehzucht hat sich seit 30 Jahren verbessert und befindet sich nun in Vergleichung mit andern Bezirksorten in ziemlich gutem Zustande; man züchtet vorzugsweise den sog. Wälderschlag (eine Kreuzung von der Tyroler- mit der Allgäuerrace) und benützt die in Alpirsbach aufgestellten Farren, wofür die Gemeinde 70 fl. entrichtet.

Die Ferkel (bayerische, halbenglische, ungarische Race) werden sämtlich von außen eingeführt und theils für den eigenen Bedarf, theils zum Verkauf aufgemästet.

Von Bedeutung ist die Ziegenzucht, auch wird ziemlich viel Geflügel (Gänse, Hühner, Enten) für den eigenen Bedarf gehalten.

Die Bienenzucht wird in geringer Ausdehnung betrieben.

In den Forellen führenden Gewässern (Kinzig und Röthenbach) hat der Staat das Fischrecht, der es um eine kleine Summe verpachtet.

Der Ort war von jeher Kloster-Alpirsbachisch.

Zu der Gemeinde gehören:

b. Adelsberg, ein einzeln stehendes, 1/8 Stunde unterhalb Röthenbach gelegenes Haus.

c. Dieboldsberg, liegt östlich von Röthenbach auf einem Bergvorsprung zwischen dem Kinzig- und dem Röthenbachthal.

d. Ehnesbach.

e. Krähenbad (früher Kreenbad), hat eine stille abgeschiedene Lage auf einem Bergvorsprung, 1/4 Stunde nordwestlich von Röthenbach. Der Ort besteht aus einem bescheidenen Badhaus, nebst gegenüber stehender Scheune und einem etwa 100 Schritte entfernten Bauernhaus.| Zunächst des Badhauses, welches über einem Thürgestelle die Jahreszahl 1489 trägt, befindet sich das 9′ tiefe Bassin der Badquelle; das geschmack- und geruchlose Wasser enthält gegen 0,02 Vol. Stickgas (nebst etwas kohlensaurem Gas), 0,10 kohlensaures Natron, 0,46 schwefelsaures Natron (Glaubersalz) und schwefelsaures Kali, 0,114 Chlornatrium (Kochsalz), 1,8 kohlensauren Kalk, kohlensaures Eisenoxydul und Kieselerde (s. die Mineralwasser in dem Königreich Württemberg von G. C. E. Sigwart und M. F. Leipprand, Tübingen 1831, S. 30). Die Quelle entspringt auf der Grenze zwischen Granit und Buntsandstein. Das Bad wird häufig und mit gutem Erfolg von Kranken der Umgegend benützt.

Schon 1460 belehnte Abt Andris den Hannslin Korn von Rottenburg mit seinem eigenen Haus, Krehenbad genannt, und der dazu gehörigen Markung nebst dem Recht zu dem Brennholz in des Klosters Waldungen; im Jahr 1539 erhielt der Besitzer Christian Bulharts auch das Recht zu Bauholz.

Das Landbuch von 1623 nennt das Krähenbad „ein gut heilsam mineralisch Bad, nur 1/4 Stund von Kloster Alpirsbach entfernt, wird vom Landvolk den Sommer hindurch ziemlich besucht, für böse gesalzene Flüß und Rauden gebraucht.“

f. Lehrwald, liegt 1/2 Stunde östlich von R. über den unteren Gehängen gegen das Röthenbachthal.

g. Lochmühle, 3/4 Stunden südöstlich von R. an dem Röthenbach gelegen.

h. Nollenberg hat 1/4 Stunde westlich von R. auf dem Nollenberg eine sehr hohe Lage.

i. Scheurenbühl, liegt hoch 1/4 Stunde südöstlich von R.

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