« Kapitel B 3 Beschreibung des Oberamts Gaildorf Kapitel B 5 »
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Eutendorf,
Gemeinde III. Kl. mit 994 Einw. a. Eutendorf, Pfd. 449 Einw. b. Adelbach, W. 34 Einw. c. Eisbach, W. 56 Einw., wor. 33 Kath. d. Groß-Altdorf, W. 144 Einw. e. Klein-Altdorf, W. 142 Einw. f. Neuwiese, H. 10 Einw. g. Schleifrain, H. 10 Einw. h. Schweizerhalden, H. 7 Einw. i. Staigenhaus, Hs. 15 Einw. k. Steppach, Hs. 8 Einw, l. Winzenweiler, W. 119 Einw., wor. 110 Kath. – Ev. Pfarrei; die Katholiken in c. und l. sind nach Bühlerthann eingepfarrt.
Der Gemeindebezirk liegt im Kocher-Thal, unterhalb Gaildorf, nördlich an dessen Markung grenzend. Durch denselben fließt der Kocher, in welchen sich der Adelbach, Steppach und Pilmerbach ergießen, so daß westlich Klein-Altdorf auf die linke Seite fällt. Im östlichen Theile ist der Bezirk vom Eisbach-Thälchen durchschnitten, welches bei Sulzbach ausmündet. An Wasser ist kein Mangel, das Trinkwasser aber gypshaltig; die Luft rein und ziemlich mild, der Boden thonig und speckig, im Ganzen fruchtbar. Durch die Gemeinde führen die Landstraßen nach Hall und Ellwangen. Die Nahrungsquellen sind hauptsächlich Ackerbau und Viehzucht, und die Einwohner befinden sich gegen die übrigen Gemeinden in nicht ungünstigen Umständen; aber doch wurde 1852 die Summe der Pfandschulden zu 80.000 fl. angegeben. Das Getreide-Erzeugniß befriedigt nicht ganz den örtlichen Bedarf. Die Gesammt-Markung begreift 58702/8 M., worunter 19703/8 M. Wald und 10916/8 M. Weiden und Öden, worüber an Baufeld 2,7 M. auf einen Kopf treffen. Ein Morgen Ackers wurde 1847 um 46–150 fl. verkauft. Die Mehrzahl der Güter liegt eben. Das Pflügen | erfordert 3–4 Ochsen als Anspann. Die Felder von Groß- und Klein-Altdorf sind fruchtbarer, als die von Eutendorf. In der Gemeinde zeigt sich neuerer Zeit Eifer für die Landwirthschaft; noch finden sich aber manche culturfähige öde Plätze. Als Getreide wird hauptsächlich Dinkel, Einkorn und Haber, weniger Roggen und Gerste, an Gespinnstpflanzen sehr wenig Flachs, aber desto mehr Hanf gebaut. Jeder Bürger hat seinen Garten. Die Wiesen im Thal sind zweimähdig, die auf der Höhe einmähdig, geben aber ein kräftiges Futter. Der früher in Eutendorf betriebene Weinbau wurde 1766 aufgegeben. Die Obstzucht ist neuerlich sehr im Zunehmen; in den Baumschulen im Pfarr- und Schul-Garten erhalten die Kinder von Pfarrer Stiefel vollständigen Unterricht in der Obstbaumzucht. Etwas Pferdezucht; namhafter und schöner Rindviehstand und bedeutender Handel mit aufgefüttertem Vieh; auch Gänsezucht. Außer Weberei, die jedoch meist nur für den eigenen Bedarf betrieben wird, und einem geschickten Wagner in Eutendorf, ist außer den gewöhnlichen Handwerken kein Gewerbe zu erwähnen. Die Ärmeren finden in den Fabriken zu Ödendorf und Gaildorf Beschäftigung.

Der Gemeindebezirk gehört zum Forstamt Comburg. Die Verhältnisse der Gemeindepflege sind nicht ungünstig; die Stiftungspflege aber genügt den Anforderungen nicht zur Hälfte; gleichwohl ist der umzulegende Gemeindeschaden nicht bedeutend. Die evangelischen Kinder besuchen die Schule in Eutendorf, die katholischen die in Winzenweiler. Sämmtliche Zehenten gehören von der Limpurgischen Herrschaft her dem Staate; die Hälfte der kleinen Zehenten zu Eutendorf und Groß-Altdorf ausgenommen, welche der Standesherrschaft Limpurg-Waldeck zusteht. Seit 1832 gebührten überall die grundherrlichen Rechte dem Staate (oben S. 602), die denn auch vor 1848 alle zur Ablösung gekommen sind.

Der ganze Gemeindebezirk gehörte bis 1806 in das Limpurg-Wurmbrand’sche Landamt Gaildorf, war also schon 1780 theilweise an Württemberg gekommen (s. S. 101), mit Ausnahme Winzenweilers, welches – als Stift-comburgisch – 1803 württembergisch geworden und 1808 vom Oberamte Vellberg unserm Oberamte zugetheilt worden ist. Von den einzelnen Gemeinde-Parzellen liegt

a) Eutendorf, das evang. Pfarrdorf, 7/8 St. nördlich von Gaildorf, sonnig und freundlich in einer zur rechten Seite des nahen Kochers sich hinziehenden Thalschlucht, welche von dem Hördtbach bewässert ist, der unterhalb des Dorfes den Namen Steppach annimmt. Das Dorf hat ein gutes Aussehen; gegen Osten und Norden ist es mit einer hohen und steilen Bergkette umgeben. Es ist ziemlich ausgedehnt gebaut und zerfällt in zwei Häusergruppen. In dem sogenannten Oberdorf liegen Kirche, Pfarr- und Schul-Haus. Die Kirche, ein altes massives Gebäude, | hat ein burgartiges Aussehen. An der obern westlichen Ecke der mittäglichen Außenseite trägt ein Stein die eingehauene Inschrift: „1343 in dem htein ist mer Geschrift.“ Im Jahr 1816 oder 1817 soll nachgesucht, aber keine Schrift, sondern nur ein gewöhnliches Gläschen mit unkenntlichem vermodertem Inhalt gefunden worden seyn. Im Chor ist eine gemalte Glasscheibe, worauf der Ritter S. Georg mit der Umschrift: „Wandelbar greffin.... gebor. Grefin von Hohenloe.“ Nach den württ. Jahrb. 1841, I. 56 sind auch drei Altargemälde im Besitze der Stiftungspflege, das erste Menschen-Paar, die Taufe Christi durch Johannes und das heil. Abendmahl darstellend. In dem schlecht beschaffenen Thurme hängen 3 Glocken, wovon eine die Inschrift in gothischen Minuskeln hat: „ihesus nacerenus rex judeorum bernhard lachaman gos mich 1511.“ Die Baulast hat der Heilige. Das freundliche, etwas erhöht liegende, Pfarrhaus wurde 1824 von den damaligen Patronatherrschaften gebaut; durch Vertrag ist aber das Eigenthum mit der Baulast auf die Stiftungspflege übergegangen. Diese hat auch 1838 das stattliche Schulhaus, zugleich Rathhaus, erbaut. Eine Kelter wurde erst vor etwa 70 Jahren abgebrochen. Damals stand hier noch ein Gesundbad, dessen kalk- und gypshaltiger Brunnen auch im strengsten Winter nicht zugefriert, sondern dampft. Der bedeutende Wald der Parzellar-Gemeinde, vor 40 Jahren durch Aufhebung des Viehtriebs namhaft vergrößert und längst nach den Gemeinderechten unter die Einwohner vertheilt, wird nicht technisch bewirthschaftet. Das Patronatrecht zur Pfarrei, deren Sprengel dem Bezirk der politischen Gemeinde entspricht, steht seit dem Abtheilungs-Vertrag von 1832 zu 1/4 der Krone und zu 3/4 Limpurg-Waldeck zu. Den von einem Gehilfen unterstützten Schulmeister ernennt die Krone; der Schulfond vermag 90 fl. 46 kr. Die Fürstin Christine Wilhelmine von Leiningen machte 1788 für die Ortsarmen ein Vermächtnis dessen Capital 504 fl. beträgt. – Der Begräbnißplatz wurde vor einigen Jahren außerhalb des Dorfes angelegt. Den Namen des Ortes, der vormals auch Udendorf und Yttendorf war, leitet Prescher von dem Frauen-Namen Ytta her. Den Brüdern Winther und Richilo von Altdorf, im jetzigen Oberamt Hall, trat 1091 Bischof Emehard von Würzburg seine Zehentrechte in den „villis Vdendorf et Vdendorf“ (d. h. Eutendorf und Ödendorf) und in Winicenwilare, Saneuuelles etc.“ ab (Württ. Urk.-Buch I, 399). Im Jahr 1371 kauften die Schenken ein Gut von Conrad und Götz von Roth, 1405 deßgleichen eines von Claus Halberg. Die übrigen limpurgischen Güter erwarben die Schenken 1357 mit der Veste Buchhorn. Daher sprachen diese auch die Vogtei über vier Lehen des Klosters Comburg und vier Feldlehen des Klosters Murrhardt an. – Die Pfarrei ist alt | (s. auch Ödendorf); das Patronatrecht nebst 1/3 des Wein- und Frucht-Zehentens, dem halben kleinen Zehenten hier und in Groß-Altdorf, auch 1/3 des großen und kleinen Zehentens zu Klein-Altdorf und Winzenweiler trat das Stift Comburg 1669 um 600 fl. an Limpurg ab. Die Patronat- und Episcopat-Rechte wurden nachmals zwischen Wurmbrand und Solms gemeinschaftlich.

b) Adelbach, 1/4 St. nordwestlich von E. (Eutendorf) in dem engen Adelbach-Thälchen; ein kleines, in den letzten 50 Jahren angelegtes Gut.

c) Eisbach, 7/8 St. südöstlich von E. auf einer rauhen, waldigen Höhe, am Eisbach, welcher einen Weiher hier speist, der theils zum Betrieb einer Sägmühle, theils zur Holzflößerei dient. Das Örtchen hat nur wenige Güter und scheint seine Schicksale stets mit Winzenweiler getheilt zu haben.

d) Groß-Altdorf, 1/2 St. südlich von E. auf dem rechten Ufer des Kochers. Dazu gehört eine weiter unten am Kocher stehende Sägmühle, worin für die Glasfabrik in Gaildorf eine Schleiferei eingerichtet ist. Auch steht die bei Gaildorf erwähnte Sodafabrik auf diesseitiger Markung. Die kleine massive Kirche, worin jährlich sechsmal Gottesdienst gehalten wird, ist sehr alt. Im Chor ist ein kleiner Wandkasten, worin ein hölzernes Madonnenbild; die beiden Thürflügel haben Malereien, nicht gerade aus der Hand eines Zeitblom, doch augenscheinlich ihm nachgebildet. Von den beiden Glocken ist die größere vor etwa 300 Jahren von Christoph zu Nürnberg gegossen, die kleinere aber älter (s. Zeitschr. d. histor. Vereins f. d. württ. Franken 1848). Die Baulast hat der Ortsheilige. – Die Orte „Großen-Altdorff und Minnern-Altdorf“ werden 1374 als Limpurgisch bezeichnet.[1] Comburg besaß 1657 hier 13 Lehengüter, wovon Limpurg 1669 zwei, die zur Pfarrei Eutendorf gehörten, kaufte. Die Hoheit und Vogtei stand Limpurg zu.

| e) Klein-Altdorf, früher Minnern- das heißt Minder-Altdorf, 5/8 St. südwestlich von E. auf dem linken Ufer des Kochers, der hier eine starke Krümmung macht und das Örtchen fast ganz umschlingt. Über denselben führt nach dem nur 1/8 St. entfernten Groß-Altdorf ein Fußsteg und gegen Gaildorf eine bedeckte hölzerne Brücke. – Auch hier hatte Comburg 13 Lehengüter, wie es scheint aber meist ohne Hoheit und Vogtei, da der Ort 1804 nur 3 comburgische Unterthanen hatte. Im Jahr 1628 starb hier eine Frau 1001/2 Jahre alt.

f) Neuwiese, 5/8 St. östlich von E. mitten im Wald; ein mittelgroßes vor etwa 40 Jahren angelegtes Gut.

g) Schleifrain oder Lohhaus, 5/8 St. südlich von E. auf einem Felsen über dem rechten Kocherufer, nahe an der Landstraße nach Hall, auf der Markung von Groß-Altdorf. Früher eine Schleifmühle, jetzt eine Lohmühle, welche von einem namenlosen über einen Felsen 30′ herabstürzenden Bache, der oberhalb der Mühle in einem Weiher sich sammelt, in Bewegung gesetzt wird.

h) Schweizerhalden, 3/8 St. südöstlich von E. an einer waldigen Höhe. Ehemals eine herrschaftliche Schweizerei und Sennhütte, dann Domaine der Standesherrschaft Limpurg-Waldeck, seit etwa zwölf Jahren in den Händen eines Privaten.

i) Staigenhaus, 1/2 St. südöstlich von E., in der Nähe des erstern, an der Landstraße nach Ellwangen, auf Groß-Altdorfer Markung. Schöne Aussicht über das Kocher-Thal und die waldige Hochebene.

k) Steppach, 1/4 St. südwestlich von E. nahe an der Haller Landstraße und beim Einflusse des Steppachs in den Kocher. Wurde vor 25 Jahren auf der Markung Groß-Altdorf angelegt.

l) Winzenweiler, 7/8 St. südöstlich von E. an der Landstraße nach Ellwangen. Sitz eines Revierförsters und einer 1847 errichteten katholischen Schule für die Bewohner der Umgegend, mit kleinem Schulhause. – Daß die villa Winicenwilare schon 1091 genannt wird, ist bei Eutendorf erwähnt. Engelhard von Weinsberg eignet 1363 dem Beringer Berler von Tullau die Vogtei, die dieser von ihm zu Mannlehen (wohl Afterlehen) trug, auf den Gütern zu Winzenweiler, zu Sanwoll und Deurtzen, worauf Berler diese Rechte 1364 an Comburg verkaufte, von dem Engelhard dieselben, wie es scheint, zuvor erhalten hatte. Von da an blieb der Ort ganz Comburgisch. Er zählte 1804 99 Einwohner. Nach der Reformation war er evangelisch; durch Comburg wurde aber die Aufnahme der Katholiken so begünstigt, daß die letzteren längst überwiegen.

| Das erwähnte Saneuuelles[2] oder Sanwoll lag nach dem Württ. Urkundenbuche bei Winzenweiler. Wann der Ort abgegangen, ist unbekannt. Später führte ein Walddistrikt diesen Namen, der auch Sanwald und Sammelwald geheißen wurde. – Auf der Höhe gegen Osten soll nach Prescher der gleichfalls abgegangene Ort Haspelhausen gestanden haben, an dessen Stelle jetzt der mehrere Morgen große, mit Karpfen besetzte, Haspelhauser See ist. – Ein weiterer Weiler stand einst nach Prescher auf dem sog. Roggenland.

Nordöstlich, 3/4 St. von E., im tiefem Walde, ist eine Art Sternschanze aus unbekannter, vielleicht römischer Zeit. (Vergl. S. 111.)



  1. Da auch im Oberamte Hall zwei Orte Groß- und Klein-Altdorf sind und ebenso nahe, wie die diesseitigen, bei Comburg liegen, so werden manchmal die Vergabungen der zuvor erwähnten Brüder von Altdorf an das Kloster Comburg vom Jahr 1090 (O.A.-Beschr. v. Hall, S. 215) auf die diesseitigen Orte bezogen; Stälin in seiner Wirt. Gesch. spricht sich I, 321 für Hall, II, 700 für Gaildorf aus. Für das Oberamt Hall sprechen aber nicht nur die Comburger Archiv-Notizen, die Haller Chroniken und die Annahme im W. Urkundenbuch, sondern auch die Örtlichkeiten, da in beiden Orten Altdorf, O.-A. Hall, Comburg sehr frühe schon begütert war, das dortige Groß-Altdorf eine sehr alte Kirche hat und auf dem nahe dabei liegenden Kirchbühl die alte Burg der Herren von Altdorf stand, in und bei den vorliegenden Orten aber keine Burg sich befunden zu haben scheint.
  2. Nicht „Lemosanvelles“, wie eine alte Abschrift der Urkunde liest und zu der zurückzunehmenden Deutung auf Lendsiedel (s. O.A.-Beschr. Hall 216) Veranlassung gab.


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