« Kapitel B 8 Beschreibung des Oberamts Göppingen Kapitel B 10 »
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9. Gemeinde Dürnau,

evangel. Pfarrdorf mit Marktgerechtigkeit und 698 Einw., worunter 35 Katholiken, liegt südlich, 13/4 St. von Göppingen, gehört in die III. Classe der Gemeinden und zum Forstamt Kirchheim. Sämmtliche Zehnten stehen dem Staate zu. An den übrigen grundherrlichen Rechten hat außer der Gutsherrschaft, den Grafen von Degenfeld-Schomburg, hauptsächlich der Staat Theil; die Gemeinde hat aber seit 1817 an dem Antheile des Letztern für 4013 fl. 5 kr. etc. und an dem der Erstern für 1155 fl. 45 kr. etc. abgelöst; darunter namentlich den Heuzehenten. (S. auch S. 79.)

Dürnau, früher auch Dürnen und Dirnau, bildet mit Gammelshausen ein Rittergut, welches ehemals dem reichsritterschaftlichen Canton Kocher einverleibt war, und hohe und niedere Gerichtsbarkeit hatte. Das Gut ist Allodium und Fideicommiß zu Gunsten des Mannsstammes. Die Bestandtheile sind nach der Matrikel: a) in Dürnau 1 Schloß sammt Ökonomiegebäuden, 93/4 M. Gärten, 49 M. Wiesen, 613/8 M. Äcker und 1241/2 M. Waldung; b) in Gammelshausen: 133/8 M. Wiesen und 673/8 M. Waldung. Sodann Gefälle in Eckwälden, O.A. Kirchheim, und in Bartenbach und Lerchenberg, sowie in Dürnau und Gammelshausen, 130 fl. Umgeldsentschädigung, Mitgenuß der Schafweide und Jagdrecht. Der reine Ertrag des Gutes ist zu 1200 fl. angegeben. Die Gutsherrschaft hat sich für die Ausübung der Ortspolizei und Forstgerichtsbarkeit erklärt, auf die Patrimonialgerichtsbarkeit aber verzichtet und daher die in §. 30 der k. Declaration vom 8. December 1821 angebotenen Surrogate der letztern anzusprechen. Der Forstgerichtsbarkeits- und Rent-Beamte hat seinen Sitz zu Eybach, wo auch die Gutsherrschaft gewöhnlich sich aufhält.

Dürnau liegt freundlich auf derselben Ebene (S. 6), worauf das nahe Boll gelegen ist, an einem kleinen, vom Fuße der Alp herkommenden Bache, der bei Betzgenried den Fullbach bilden hilft. Die Landschaft wird im Süden von der Alpkette geschlossen; gegen Ost, West und Nord aber breitet sich eine herrliche Landschaft aus, die von der Fuchseck, dem Messelberg, Bernhardus, Stuifen, Rechberg, Hohenstaufen, dem Welzheimer Wald und dem Aichelberg begrenzt wird. Der Ort zählt 119 Haupt- und 33 Neben-Gebäude. In der Mitte desselben steht das aus großen Steinmassen und Eichbäumen erbaute, uralte Schloß, aus zwei Flügeln, einem alten und einem neuen, bestehend. Alles zeugt von hohem Alter und beurkundet den Sitz von weiland stattlichen Rittern. Das Innere besteht nur aus wenigen, nicht prachtvollen, aber hohen und geräumigen Säälen. Die mehrere Fuß dicken Mauern haben an einigen Stellen starke | Risse; der tiefe Graben, welcher einst das ganze Schloß umfing, ist nun trocken gelegt und die ehemalige Zugbrücke durch eine stehende Brücke ersetzt. Das Schloß ist dem Zerfalle nahe und ganz unbewohnt. An die hintere Seite schließt sich ein fast 10 M. großer Obst- und Gemüse-Garten an, wo sich ein Brunnen befindet, der ein dem Boller ähnliches Schwefelwasser enthält. Zur Seite des Schlosses stehen mehrere Ökonomiegebäude, in deren einem der gutsherrschaftliche Jäger wohnt. Die Kirche zu St. Kilian und Cyriacus steht auf einer kleinen Anhöhe im Dorfe, hat ein gefälliges Aussehen, wurde aber erst nach der Reformation, wahrscheinlich im J. 1583, erbaut. Einen Chor hat sie nicht. Kirche und Thurm wurden 1811 durch einen Blitzstrahl beschädigt. Der Hochaltar zeigt das Bild des h. Kilian. Sie hat zwei Gruften: die eine, bei der Sakristei, für die v. Westerstetten und v. Zillenhardt; die andere, im hintern Theil der Kirche, für die v. Degenfeld. Auf einer Seite der Wand stehen einige aus Stein gehauene Bilder der von Zillenhardt, geharnischt und in Lebensgröße. Gegenüber sind 5 runde Wappenschilde angebracht, wovon einer die Aufschrift hat: »Ludovicus de Graveneck † 1334.« Die Baulast liegt der Stiftungspflege ob. Neben der Kirche, gleichfalls auf einer Anhöhe, liegt angenehm und freundlich das vom Staate zu erhaltende Pfarrhaus. Ein Gemeindebackhaus wurde noch nicht lange errichtet. In dem nunmehrigen Wirthshaus zum Adler war das hienach zu erwähnende Capuzinerhospitium untergebracht.

Der Lettenboden ist vorherrschend, für den Getreidebau zu schwer, und kann daher nur mit äußerster Mühe gebaut werden. Den zahlreichen Obstbäumen sind die Nachtfröste ebenso verderblich, wie in Boll. (S. auch oben S. 23.) Mit diesem hat Dürnau hinsichtlich des landwirthschaftlichen Betriebs viele Ähnlichkeit. Doch herrscht der Anbau der Kartoffeln, die an Zehenten schon 800 Sri. ertrugen, vor. Die Markung ist für die Zahl der Einwohner, die — selbst nicht wohlhabend — einen schönen Wohlthätigkeitssinn bewähren, zu klein. Die Zahl der Gewerbe beträgt etwa 100, worunter 1 Ölmüller und viele für Fabriken um den Lohn arbeitende Leineweber. Im J. 1759 wurden hier 118 Bürger gezählt, wovon 43 Gewerbe betrieben. Das Marktrecht wurde erst in neuerer Zeit verliehen.

Das Patronatrecht steht in der Art der Gutsherrschaft zu, daß sie aus 3 durch das k. Consistorium zu präsentirenden Candidaten einen auf die Pfarrei ernennt. Filial von Dürnau ist Gammelshausen. Die Katholiken sind nach Mühlhausen, O.A. Geislingen, eingepfarrt. An der Schule stehen ein Schulmeister und ein Gehülfe. Eine Industrieschule wurde 1839 gegründet. Der Gottesacker außerhalb des Ortes wurde 1838 angelegt.

| Über das Alter des Ortes läßt sich nicht viel berichten, weil das gutsherrliche Archiv, als es nach Schorndorf geflüchtet worden, hier im dreißigjährigen Kriege verbrannte. Aller Wahrscheinlichkeit nach war Dürnau einst eine Zugehör der Herrschaft Teck, von der dasselbe durch Heirath an die Grafen von Aichelberg gekommen seyn mag, welche wir im vierzehnten Jahrhundert im Besitze der Hohheit über das Dorf und der Lehensherrlichkeit finden. Am 31. Okt. 1339 verkaufte aber Graf Ulrich von Aichelberg Dürnau und was er in dem Thal unter der Ecke gegen Göppingen hin besaß, an Württemberg. (Sattler G. d. Gr. I. 116.) Im Besitze der Burg mögen ursprünglich die Dürner von Dürnau (s. hienach) gewesen seyn; im J. 1382 treffen wir aber die von Ehingen im Besitze, denen die von Westerstetten folgten. Dietigen von Westerstetten zu Trackenstein verkaufte jedoch 1478 an den Ritter Wilhelm von Zillenhardt seine „Behausung vnd Burg Dirnaw" und mehrere dazu gehörige Güter. Die Hohheit und Vogtei über Dürnau und Gammelshausen hatte aber noch Württemberg, wie denn beide Dörfer in das Amt Göppingen gehörten und 1428 die Grafen Ludwig und Ulrich von Württemberg mehrere Güter und Rechte von Fritz von Weihingen kauften. (S. hienach.) Im J. 1479 jedoch verkauften die Grafen Ulrich und Eberhard ihrem Landhofmeister, dem vorgedachten Zillenhardt, „vnser Dorf Dürnaw vnd Gamolzhausen das Wiler“ mit der Vogtei, Gericht, Zwingen und Bännen, Leuten und Gütern um 13521/2 fl. für frei und eigen. Dieses Geschlecht blieb lange im Besitze des Ganzen, wozu noch 1559 die Erneuerung des Blutbannes durch kaiserliche Belehnung kam. Durch die Heirath einer Margaretha von Zillenhardt mit Conrad von Degenfeld, der am 9. Okt. 1600 starb, kamen jedoch beide Dörfer an dieses Haus. Im J. 1603 ist noch Wolf Niklas v. Zillenhardt, 1628 aber bereits Degenfeld im Besitze. Der jüngste der 4 Söhne Conrads v. Degenfeld, Christoph Martin, zeichnete sich durch Kriegsthaten sehr aus, indem er als Generalgouverneur von Venedig sieben Vestungen in Griechenland eroberte, wovon noch Abbildungen im Schlosse zu sehen sind. Auf seinen Befehl wurde auch eine Tafel in der Kirche aufgehängt, die es noch heute seinen Nachkommen zur Pflicht macht, dieses Rittergut nie zu veräußern. Er starb 13. Oktober 1653 und ruht in der Kirche, wo sein Denkmal noch steht. Er hinterließ 4 Töchter und 6 Söhne. Von diesen erhielten Ferdinand und Hannibal das Gut Dürnau mit Gammelshausen, um es gemeinschaftlich zu regieren; Ferdinand verkaufte aber 1680 seine Hälfte an Hannibal, konnte übrigens den Kaufschilling niemals erhalten. Hannibal trat nun zur katholischen Confession über und verkaufte beide Hälften 1684 an Kurbayern, worüber ein vieljähriger Proceß | entstand. [1] Der Klagen Ferdinands ungeachtet widersetzte sich Bayern der Wiederabtretung seines Antheils an ihn; vielmehr schenkte 1699 Kurfürst Maximilian Joseph das ganze Gut der Gräfin Maria | Anna Josepha von Perousa, gebornen Gräfin von Wernberg, wegen der vielen Mühe und Sorgen, die sie um den Kurprinzen von Geburt an gehabt, und erst 1711 kam es zum Vollzuge des reichskammergerichtlichen Urtheils, wonach die Enkel des inzwischen in Venedig 1710 verstorbenen Ferdinand von Degenfeld (die Söhne von Christoph und Maximilian), Christoph Ferdinand, Philipp August und Christoph Martin in die Gutshälfte ihres Großvaters einzusetzen waren. Nun war die Herrschaft zwischen Bayern, das die andere Hälfte von der Gräfin von Perousa nach dem J. 1710 wieder erworben, und Degenfeld getheilt, und der bayrische Antheil stand unter dem Beamten in Wiesensteig. So blieb es bis 1771, in welchem Jahre der letzte regierende Graf, Christoph August, auch diese Hälfte erwarb und so das Gut wieder Einen Herrn hatte, der wegen seiner trefflichen Eigenschaften allgemein geliebt und geachtet war. Sein Sohn August starb an einem unglücklichen Falle in Heilbronn. Dessen Söhne, die nunmehrigen Gutsherren, sind: Graf Christoph Martin, in Eybach; Graf Ferdinand Christoph, k. Kammerherr und Gesandter in München; und Graf Götz Christoph, k. Oberlieutenant bei der Leibgarde, in Stuttgart. Die Gutsherren hatten für die hohe und niedere Jurisdiction hier einen eigenen Justizbeamten. Durch die Rheinbundakte von 1806 kam das Gut unter die Hohheit Württembergs. Hinsichtlich der früheren grundherrlichen Verhältnisse ist zu unterscheiden zwischen denjenigen Rechten, welche a) mit der Burg verbunden waren, b) zu dem Antheile gehörten, der 1479 von Württemberg verkauft ward, und c) Dritten zustanden. Hier sind nur noch die Letztern zu erörtern. Zu diesen gehört zunächst Adelberg. Dieses Kloster kauft 1340 von Ritter Johann von Rechberghausen alle seine Güter und Rechte an Höfen und Sölden, „den Kirchensatz derselben Pfarrkirchen zu Dürnen,“ nebst Zehenten, Fällen, eigenen Leuten, die an den Altar gehören, für frei und unvogtbar, um 345 Pfd. Heller. Heinz Risch von Irrenberg verkauft 1345 demselben Kloster seinen Hof zu Dürnau, und Wernher von Ehingen 1382 eben demselben einige Höfe und Alles, was er da hatte „vßgenommen des | bloßen Burgstalls vnb der rechten Holzmark.“ Der Adelbergsche Besitz bestand 1537 aus 4 ganzen und 2 halben Lehen und 9 Sölden. Sodann besaßen die Stiftungsverwaltung, wegen des Stiftes Boll und der Frühmesse daselbst, 2 Höfe und 2 Lehen, die Zillenhardtsche Caplanei in Göppingen 1 Hof und das Kl. Kirchheim 2 Lehen. Auch der Hospital in Göpppingen hat schon längst wegen des Widdums der Kirche zu Lothenberg einige Lehengüter. Über alle diese Güter übte aber die Ortsherrschaft die Obrigkeit aus. Dieselbe hatte hier und in Gammelshausen auch das Recht der Localleibeigenschaft. S. oben S. 75.) Der Hofverband war schon 1759 gänzlich aufgelöst.

Die Dürner von Dürnau kommen erstmals im 13. Jahrhundert urkundlich vor, und sind wohl zu unterscheiden von den Dynasten von Dürne im Fränkischen. Eine Helfensteinsche Urkunde von 1255 nennt: Herrn Boppo von Dürne. Einen Heinrich und Conrad s. bei Sparwiesen. Frater Bruno de Durnen im Kl. Adelberg stiftet 1347 einige Pfund Heller dahin zu Begehung eines Jahrtages für sich, für seine Schwester Adelheid und für Sifrid de Durnen. Anna von Dürnau stiftet 1400 eine Gülte ins Kl. Kirchheim, und 1428 verkauft sie mit ihrem Gatten, Fritz von Weihingen, 1 Hof, 1 Lehen und 4 Sölden zu Dürnau um 600 fl. an die Grafen Ludwig und Ulrich von Württemberg (oben S. 173). Der letzte dieses Geschlechtes, das wir am Ende in und um Waiblingen und Nürtingen begütert finden, war Georg, der sich 1466 württembergischen Rath nennt und bald darauf gestorben zu seyn scheint. Das Wappen hatte sowohl im Schild als auf dem Helm ein Jagdhorn.

Die Pfarrei ist, wie wir so eben sahen, von ziemlichem Alter, „Pfaff Conrad, Kirchherr zu Dürnen“ wird 1340–1345 genannt. Im J. 1346 wurde die Kirche dem Kl. Adelberg (S. 175) einverleibt. Im J. 1417 stiften der Abt von Adelberg, die Pfleger des heiligen Kilian und die Pfarrgenossen von Dürnau eine ewige Messe, deren Caplanei Adelberg zu verleihen haben sollte. Die Reformation wurde von Hans Christoph von Zillenhardt 1545 eingeführt; der erste am 9. Mai ernannte evang. Pfarrer war Johann Ulrich. Nun wurde die Caplanei aufgehoben, und obgleich Adelberg das Patronatrecht erworben hatte, so gingen doch die Episcopalrechte auf die Ortsherrschaft über, so, daß diese das Examinations- und Nominations-Recht und der Kirchenrath die Präsentation ausübte. Nach dem Übertritte Hannibals von Degenfeld zur katholischen Confession aber wollte derselbe diese Lehre gewaltsam einführen, und es traten die grausamsten Verfolgungen der Evangelischen ein. [2] Der protestantische Geistliche, | Johannes Schrötlin, mußte sich flüchten und der von Bayern hierher gesetzte Beamte ließ die Kirche den Protestanten ganz verschließen. Während diese nun von 1682 an zu den Pfarreien Lothenberg und Boll hielten und der Pfarrer von Lothenberg sich Nachts durch die Hinterthüren einschleichen mußte, um Kranke und Sterbende zu trösten setzte Bayern ein Kapuziner-Hospitium hierher, welches aus einem Pater Superior, einem Bruder und einem Pater Küchen- und Keller-Meister bestand, die hauptsächlich vom Allmosen lebten. Im J. 1711 wurde zwar ein evangelischer Pfarrer wieder eingesetzt; die Kapuziner aber blieben neben ihm bis zu der 1802 erfolgten Aufhebung der Bayernschen Klöster, wodurch es nicht selten zu höchst ärgerlichen Auftritten kam. - Die Zehenten standen, wie wir sahen, früher Adelberg zu.

Nordwestlich von Dürnau, auf dessen Markung, stand einst ein alter Thurm, wovon aber nichts Geschichtliches auf uns gekommen ist. Doch hatte er lange einer gewissen Halde die Benennung gegeben. Das Stift Oberhofen verlieh 1520 einen Acker „zu Dürnow vff Thurn, im Birkach;“ und noch 1710 ist die Rede von dem „Galgenacker uff Thurn, ob dem Boller Bach, an der Jebenhäuser Straße.“ Davon mag Dürnau, das auch eine Halde hatte, die „in der Au“ hieß, seinen Namen mit Wahrscheinlichkeit ableiten.


  1. In demselben Grade, in welchem der Vater geachtet und geliebt war, machte sich dieser Sohn verhaßt. Man könnte die nacherwähnten Handlungen für unglaublich halten, wenn sie nicht durch jenen vor dem Reichskammergerichte verhandelten Streit aktenmäßig geworden wären. Ein Urtheil desselben vom 23. December 1680 sagt: Hannibal habe einen Kutscher, der ihn „nicht wohl mit der Kalesche geführt,“ prügeln lassen, und weil er davon gelaufen, durch den Meister von Wiesensteig seinen Namen an den Galgen schlagen lassen, worüber der Meister von seiner Herrschaft um sein Vermögen gestraft worden sey. Auch habe er „eine arme unverständige Bauersfrau, weil sie ihn gebeten, ihres gebauten Feldes mit der Durchfahrt zu verschonen, verstoßen und aus dem Flecken von ihren Kindern in das bittere Elend auf ewig verwiesen;“ den Vogt aber, der dieses nicht gutheißen wollte, habe er als einen meineidigen Mann öffentlich aufrufen lassen, ihn aus dem Ort verstoßen und sein Vermögen eingezogen, nachdem er zuvor dessen Frau, weil sie ihm einen genähten Sessel nicht verabfolgte, von Mann und Kindern verwiesen. In einem k. Mandat vom 28. Sept. 1681 heißt es, sein Bruder Ferdinand klage, er habe die Unterthanen zu „allzuvielmaligen Frohndiensten, Jagen, Hundhalten, Botenlaufen, erzwingende Ackerbestände, wie auch mit unverdienten übermäßigen Geld- und Leibs-Strafen, die sonst nur in Criminalsachen Statt hätten, härtiglich belegen vnd exequiren, sogar auch mit Schleifung eines schweren Blocks auf harte Weis pressen und deßwegen anfesseln lassen, sie überdieß bedroht, daß Einem oder dem Andern der Kopf für die Füß müsse gelegt werden.“ Aus einem weiteren Mandat vom 13. Dec. 1681 ist ersichtlich, er habe jüngst „eine Anzahl Husaren seinen Unterthanen auf den Hals geführt, welche gleich bei die 30, 40 und mehr in die vornehmsten Häuser in D. und G. sich gelegt, daselbst die Unterthanen auf feindliche militärische Weise tractiret“ und nicht allein Alles aufgezehrt, sondern auch Alles ausgeplündert und selbst das Eisen an Thüren und Geschirr mitgenommen. Einige Unterthanen habe er „in harte Gefängnuß gelegt, mit Hunger und Durst geplagt, um die Köpf mit Stricken geknebelt und recht erbärmlich traktirt.“ Auch habe er, da der Advocat Godelmann in Eßlingen das Patrocinium der klagenden Gemeinde übernommen, vom Bürgermeister der Stadt verlangt, es soll ihm dieß verboten werden, unter der Bedrohung: Godelmann soll nicht sicher seyn, „wann er auch vor dem Altar stände.“ Hannibal scheint auch aus diesem Grunde eine neue Strafe gegen die Unglücklichen ersonnen zu haben; denn erst 1711 wurden durch eine kaiserliche Commission diejenigen „hundert Eyer, welche Hannibal einem jeden Bürger jährlich und zwar ganz noviter zu bezahlen auferlegt, so Straf- oder Rebellions-Eyer genannt werden, welche er ihnen zur Straf, daß sie einige seinem Vorgeben nach unerlaubte Motus gegen ihn gemacht, aufgelegt,“ zu entrichten wieder aufgehoben. Aber auch mit Württemberg kam Hannibal in Streit. Aus Berichten des Stiftungs-Verwalters und Adelbergischen Pflegers von 1681 — 1683 erhellt, daß er die Württemberg zuständigen Zehenten und Gülten für sich einzog, daß er die Pflichtigen, welche sich diesem widersetzten, mit Husaren preßte, daß er einige Kamelthiere in die württembergische Zehentscheune einstellte und daß der Herzog nur unter militärischer Bedeckung die Zehenten von 1683 einziehen und ausdreschen lassen konnte. Wie die degenfeldschen, so wurden auch die württembergischen Grundholden von Hannibal zu täglichen Frohndiensten gezwungen, die gleichfalls 1711 durch die kaiserliche Commission, als „wider altes Recht und altes Herkommen“ abgenöthigt, abgetan wurden.
  2. Am 2. Januar 1682 berichtet der Stiftungsverwalter, daß der Pfarrer in den Adelbergschen Pfleghof zu Göppingen sich geflüchtet, weil er von Hannibal „abermalen heftig verfolgt und mit Kopfkürzermachen“ bedroht worden sey; und 19 Tage später: der Pfarrer habe sich mit Weib und Kindern nach Hall geflüchtet, Hannibal habe den Schützen ins Pfarrhaus gesetzt und sey Willens, am nächsten Sonntag die Messe in der Kirche einführen. Einmal machte sich Hannibal das Vergnügen, die evangelischen Männer in den Schloßhof zusammen zu berufen, die Zugbrücke hinter ihnen aufziehen und dann von allen Seiten her Gewehrfeuer geben zu lassen. Mehrere Einwohner wanderten aus mit ihrer Habe; andere flüchteten sich ohne diese, wohin sie nur konnten, und nur Wenige blieben zurück.
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