« Kapitel B 9 Beschreibung des Oberamts Göppingen Kapitel B 11 »
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10. Gemeinde Ebersbach,
bestehend aus 3 Parcellen. G. E. 1966.

a) Ebersbach, evangel. Pfarrdorf mit Marktgerechtigkeit und 1541 Einw., liegt im Filsthale, westlich zwei Stunden von Göppingen, an der Staatsstraße von Stuttgart nach Ulm. Ebersbach gehört in die II. Classe der Gemeinden und zum Forstamt Schorndorf und ist Sitz eines Amtsnotars. Hier und in den Parcellen rühren die Zehenten vom Stifte Oberhofen her; den großen bezieht der Staat, den kleinen die Ortspfarrei. An den übrigen grundherrlichen Rechten des Staats hat die Gemeinde seit 1817 für 2341 fl. 32 kr. abgekauft. (S. auch S. 79.)

| Ebersbach liegt ganz eben am südlichen Ufer der Fils, über welche hier eine 1700 erstmals gebaute Brücke führt. Im Orte mündet der zwischen Büchenbronn und Krapfenreut entspringende Ebersbach in die Fils ein, welcher bei anhaltendem Regen sehr reißend und gefährlich wird. Das OA. Kirchheim gränzt nahe hier an. Die Gemeinde hat, nächst Göppingen, die meisten Einwohner und Gebäude. Das Aussehen des Ortes ist freundlich, wozu die Reinlichkeit und die stattlicheren, meist mit steinernen Unterstöcken versehenen, Wohngebäude Vieles beitragen. An Wasser ist kein Mangel und das Clima der Gesundheit zuträglich. (S. jedoch auch oben S. 24.) Es sind 271 Haupt- und 72 Neben-Gebäude in der Gemeinde. Die mit einer Mauer umgebene, am nordwestlichen Ende des Dorfes auf einer Anhöhe gelegene, Kirche ist alt, doch in gutem Zustande. Der schöne gothische Chor wurde ums J. 1500 neu erbaut. Am 5. Januar 1625 schlug der Blitz in den Thurm, daß er abbrannte und die Glocken verschmolzen. Dem Heiligen, St. Veit, liegt die Baulast ob. Das Pfarrhaus steht in der Mitte des Dorfes und ist vom Staate zu erhalten. Das Schulhaus wurde 1813 neu erbaut. Die Einwohner gleichen den Städtern und sind etwas verzärtelt. (S. oben S. 37.) Hier wurde der am 4. Dec. 1787 als Vorsteher und Lehrer der Mährischen Brüdergemeinden von ganz Pennsilvanien zu Litiz bei Lancaster gestorbene Matth. Gottfr. Hehl am 29. April 1705 geboren. Auch ist bemerkenswerth, daß es der damalige Besitzer der hiesigen Gastwirthschaft zur Sonne, Chr. Wolf, war, welchen Schiller in seinem „Verbrecher aus verlorner Ehre“ psychologisch dargestellt hat. Ein bedeutender Steinbruch liefert Keupersandsteine, die als Mühl- und Bausteine, besonders zu Feuerwerken, sehr brauchbar sind. (S. oben S. 24.) Der Boden ist gemischt und dem Getreidebau zuträglich. Die Landwirthschaft ist zwar Hauptnahrungsquelle, die Markung aber zu klein, daher an Brodfrüchten und Haber mehr als 1000 Scheffel jährlich eingeführt werden. Auch wird etwas Hopfen gebaut. (S. oben S. 49.) Ein Morgen erträgt 7–9 Sch. Dinkel und 4–5 Sch. Haber. Der Obstbau wird etwa seit 30 Jahren mit Fleiß betrieben; wegen der häufigen Frühlingsreifen gedeiht aber das Obst weniger, als in Büchenbronn und Krapfenreut. Die Allmand ist mit alten Eichen besetzt; der Fils und den Bächen entlang aber stehen Erlen und Weiden. Nächst Göppingen zählt Ebersbach die meisten Pferde; und auch die Rindviehzucht ist von Bedeutung. Über die Gülle-Einrichtung s. oben S. 47. Seit Einführung der Stallfütterung wird viel Vieh gemästet und mit Nutzen verwerthet. Neuerdings ist eine Käsefabrik im Orte. Auch die Schafzucht und die Schweinszucht sind von Belang. Nicht minder wird die Fischerei von Einigen als | Erwerbszweig betrieben. Die Zahl der Gewerbe beträgt mehr als dritthalb hundert, die der Gehülfen aber kaum fünfzig, und fast Alle widmen sich zugleich dem Feldbau. Bemerkenswerth sind 2 Feldmesser, 1 Kaminfeger, 1 Hefenfabrikant und 1 Ziegler. Fuhrleute und Weber sind zahlreich; die letztern arbeiten den Meistern in Göppingen und Jebenhausen um den Lohn und liefern vielen Bett- und Futter-Barchent. An Wasserwerken sind 2 Mahl-, 2 Säg-, 3 Öl-, 4 Gips- und 1 Loh-Mühlen, sowie 2 Hanfreiben und 1 Hammerschmiede vorhanden. Unter den 30 Wirthschaftsgewerben des Ortes sind 11 Schildwirthschaften. Auch sind hier 2 Bierbrauereien, 1 Essigsiederei und 27 Branntweinbrennereien. Die Vieh-, besonders die Pferde-Märkte, sind seit alten Zeiten sehr bedeutend. (S. oben S. 59 u. 62.)

Die Gemeinde erhielt 1797 das Recht, einen dritten Jahrmarkt zu halten. Außer den Parcellen gehören noch Baiereck, Nassach und Unterhütt, OA. Schorndorf, zum Pfarrsprengel. Das Patronat ist königlich. An der Schule stehen ein Schulmeister mit zwei Gehülfen. Sie besteht schon lange, da bereits 1586 die vormalige Caplaneibehausung dazu eingeräumt ward, weil „das alte Schulhaus“ eingefallen war. Auch ist eine Kleinkinderschule vorhanden. Bemerkenswerth ist es, daß der Ort in alten Zeiten eine Badstube hatte. Der Friedhof liegt um die Kirche her.

Über die Geschichte des Ortes sagt der mehrerwähnte Bericht von 1535: Ebersbach haben vor langen Jahren die Herren von Ebersbach besessen, welche im Orte selbst ihren Sitz gehabt; denn da, wo die Kirche stehe, habe einst eine Burg gestanden, wie sich solches bei dem Graben des Fundamentes zum Chor ergeben. Nach handschriftlichen Notizen von Gabelkhofer lag aber auch nicht ferne, im Walde zwischen Adelberg und Berken, eine Burg, Ebersberg genannt, wovon noch vor 200 Jahren Gräben und andere Überbleibsel zu sehen waren. Auf dieser Burg, die mit der Umgegend zuvor hohenstaufensch gewesen, soll das Ministerialengeschlecht seinen Sitz gehabt haben, dessen letzter Sprosse, Folknand, das Kloster Adelberg gestiftet und mit seinem ganzen Besitztum begabt hat. In der Urkunde von 1181, worin Kaiser Friedrich I. dieses Kloster bestättigt, nennt dieser ihn ausdrücklich seinen Dienstmann (»statuimus una cum Folkenando ministeriali nostro de Stawfen etc.«), der sich somit wegen dieses Dienstverhältnisses auch „von Staufen“ schrieb. Das Seelbuch des Kl. Adelberg sagt von ihm: er habe demselben seine Burg Ebersberg mit aller Zugehör, bis an die „Remshalde,“ gegeben und liege mit Schild und Helm im Kloster begraben. Es nennt ihn „Folknand von Ebersbach.“ Auch eine Handschrift dieses Klosters von 1410 nennt ihn „Herr Volknand von Ebersbach, | oberster Vitzthum des Kaisers Friedrich I.“ Ob nun jene alte Burg auch Ebersbach geheißen hatte, oder ob sich diese Benennung auf die im Dorfe gestandene Burg bezog, die jenes Geschlecht auch besaß, ist nicht zu ermitteln. Urkundlich erwiesen ist aber, daß nach Folknands Tod noch Ministerialen von Staufen in Ebersbach sich aufhielten, da z. B. 1245 ein C. de Ebersbach als Aichelbergscher Zeuge vorkommt und 1275 Egino miles dictus de Stöphin (derselbe, der 1270 das Patronatrecht erhielt, s. u.) eine Urkunde ausstellte »in villa Eberspach.« Sodann nennt das Adelbergsche Seelbuch eine Berchta de Ebersbach und einen Heinrich de Ebersbach; und noch 1372 ist Walther von Ebersbach Zeuge. Sie mögen, wenigstens seit 1200, auf jener bei der Kirche gestandenen Burg, wovon noch Spuren sichtbar sind (des „Burggartens“ im Dorf gedenken die Lagerbücher von 1477 und 1700), ihren Sitz gehabt haben. – Das Dorf selbst aber, mit einigen andern umliegenden Orten, stand schon im dreizehnten Jahrhundert und wohl schon seit dem Untergange der Hohenstaufen, unter den Grafen von Württemberg. [1] Herzog Herrmann von Teck machte Ansprüche daran, und obgleich dieselben Anerkennung fanden, so erhielt sich doch Graf Eberhard im Besitze. (H. Conrad v. Teck stellt 1283 hier eine Urkunde aus. OA. Beschr. v. Kirchheim 227.) Erst am 14. Febr. 1299 verzichtete jedoch der Herzog auf Nürtingen, Plochingen, Ebersbach und Reichenbach, mit ihren Zugehörungen, wovon – wie die Urkunde sagt – schon Eberhards Vater und Bruder einen Theil besessen hatten, (Sattler Gesch. d. G. I. Beil. 26.) Die Kellerei bezog 1524 nicht nur Umgeld, Steuer und Waidgeld, sondern auch die Gefälle von 2 Mühlen, 44 kleinen Sölden, 53 kleinen Gütern, 2 halben Höfen, 29 Lehen und den 5 Fischwassern. Das Kl. Adelberg besaß, wohl seit seiner Stiftung, solche aus einem in 3 Theile getheilten Hof, 1 Lehen und 7 Sölden, und die Propstei Nellingen, Namens des Kl. St. Blasien, einige Hellerzinse. Ebersbach war in alten Zeiten im Genusse besonderer Vorrechte. Das Marktrecht ist von hohem Alter; im J. 1599 stellt die | Gemeinde vor: „vnser Fleck ist von Uraltem her ein Markfleck, hat sein Hochgericht, eigen Insiegel, Kornhaus, Metzig, wie auch allerley Handwerksleute vnd Krämer, dann eine große Zahl Volks bey vns, baut eine große Menge vßbündig guten Flachses, welchen die von Ulm, Augsburg vnd im Oberland allda vffkaufen vnd vßer dem Land tragen.“ Darauf bewilligte am 16. November 1599 der Herzog „da sie von Alters hero Marktgerechtsame, allein nicht gewisse Täg gehabt,“ daß an jedem Donnerstag ein Wochenmarkt und des Jahrs zwei Jahrmärkte gehalten werden. Auch den Salzhandel betrieb der Ort, doch unter fortwährender Protestation der Amtsstadt. Ferner verlieh Herzog Ulrich ihm 1503 den Rinnenzoll. [2] Nach dem Lagerbuch von 1700 stand zwar damals noch „ein eigen Hochgericht, und dann in dem Flecken Stock und Galgen,“ die Criminalfälle waren aber schon nach Göppingen gezogen. Das „Wappen und Schild“ bestand, nach dem Berichte von 1535, in einem gelben Eber in rothem Feld auf einem grünen Wasen. Eine eigene Schießstätte hatte sich mindestens bis zu Anfang des vorigen Jahrhunderts erhalten. Endlich ist noch zu bemerken, daß in älteren Zeiten Ebersbach der Sitz eines Postamtes war: des „Postpeters“ erwähnt schon das Lagerbuch von 1537, und des „Postmeisters J. Leporinus“ noch jenes von 1700. Daß Ebersbach der Sitz eines eigenen Amtes bis in die neueren Zeiten gewesen, ist oben S. 96 bemerkt.

Von besonderen Schicksalen ist noch auszuheben, daß in den Jahren 1589 und 1590, im Laufe von 18 Monaten, 650 Menschen durch eine ansteckende, nicht näher bezeichnete, Krankheit hinweggerafft wurden. Was der Ort im 30jährigen Kriege gelitten s. oben S. 102. Noch 1700 waren von den damals abgebrannten Gebäuden 30 noch nicht wieder aufgebaut.

b) Büchenbronn, W. mit 291 evangel. Einw., liegt 1/2 St. nördlich von Ebersbach, auf dem Bergrücken, der sich zwischen dem Rems- und Fils-Thal hinzieht. Von hier und Krapfenreut aus bietet sich eine herrliche Aussicht dar, die vom Hohenzollern bis zum Rechberg reicht. Hier und in Krapfenreut geräth in dem leichten Sandboden der Flachs auffallend besser, als in Ebersbach. Dagegen gedeiht das Obst weniger.

c) Krapfenreut, W. mit 134 evangel. Einw. Lage und | Bodenbeschaffenheit dieses etwas westlicher gelegenen Ortes ist ganz wie in Büchenbronn. Beide Weiler waren stets mit Ebersbach verbunden. Die Grundherrschaft dagegen war größern Theils in den Händen des Kl. Kirchheim, das 1362 von Hans dem Truchseßen von Magolsheim mehrere Güter in „Buchinbrunnen“ und „Kraupffenrüti“ kaufte. Dieses Kloster besaß im erstern Orte 6 und im letztern 3 Lehen, und die Kellerei 7 und beziehungsweise 3 Lehengüter.

Die Pfarrei ist alt und war schon frühe im Besitze Württembergs. Am 21. Jan. 1276 übergibt Graf Ulrich von Württemberg »proprietatem et dominium juris patronatus ecclesie in Eberspach« an Egeno Ritter von Stauffen. (Sattler I. Beil. 5.) Von diesem kam aber der Kirchensatz an die Commende des deutschen Ordens zu Ulm; denn an Jacobi 1446 verkauft „Eberhard von Stetten, Maister tutsch Ordens in tutschen vnd welschen Landen“ dem Stift Oberhofen „vnsern vnd vnsers Huses ze Vlme großen Zehenten, Kirchensatz vnd Lehenschaft der Pfarrkirchen zu Eberspach mit sampt dem Widemhof vnd aller Zugehör“ um 1500 fl. und am 19. März 1449 gestattet der Bischof, daß die Kirche dem gedachten Stift einverleibt werde. In der Kirche bestand eine aus Brüdern und Schwestern gebildete St. Sebastians-Bruderschaft, welche dem genannten Heiligen zu Ehren am 29. Mai 1523 eine ewige Messe und Caplanei stiftete und dotirte, die bei der Reformation, welche hier schon 1537 vollzogen war, aufgehoben wurde.


  1. Bei der engeren Verbindung, in welcher stets Ebersbach mit Göppingen gestanden, ist anzunehmen, daß beide Orte zu gleicher Zeit an Württemberg kamen. Nach dem Kellerei-Lagerbuch von 1524 waren die Inhaber der 5 hiesigen Fischwasser in der Fils schuldig: „wann eine Herrschaft zu Göppingen ist, die Visch in das Schloß zu geben, 1 Maas Grundeln vnd 4 Schilling vnd 1 Maas Pfellen vmb 8 Pfennig." Also dieselben Dienste wie in Göppingen selbst. Die Vermuthung Pfisters (Geschichte der W. Verf. 83), daß Ebersbach und Reichenbach eine Zugehör der Grafschaft Urach gewesen, muß dahin gestellt bleiben.
  2. „Von jedem, der geladen durch die Rinne fährt, nämlich vom Wagen 2 und vom Karren 1 Pfenning,“ wogegen das Dorf die Straße „in der Rinne“ zu erhalten hatte; diese aber fing bei dem Merzenbach (wohl Engelsbach), wo er quer über die Straße läuft, an und ging hinab bis auf Reichenbacher Markung an das Stollenhäldlin.
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