« Kapitel B 3 Beschreibung des Oberamts Freudenstadt Kapitel B 5 »
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Besenfeld,
Gemeinde III. Kl. mit 637 Einw., wor. 1 Kath. a. Besenfeld, Dorf, mit 523 Einw. b. Poppelthal, Weiler, mit 34 Einw. c. Schorrenthal, Weiler, mit 43 Einw. d. Urnagold, Weiler, mit 37 Einw. – Evang. Pfarrfilial von Göttelfingen; die Kathol. sind nach Heiligenbronn, O.A. Horb, eingepfarrt.


a. Das Dorf Besenfeld liegt auf der hohen Gebirgsfläche zwischen der Murg und der Nagold, 4 Stunden nördlich von der Oberamtsstadt und 1 Stunde nordwestlich von dem Pfarrort, sehr weitläufig gebaut, um eine große, weit ausgerundete Mulde sich lagernd, welche den Anfang des Kuhbachthälchens bildet. Wegen Mangels an Obstbäumen gewährt die Umgebung einen etwas kahlen, aber dennoch nicht unfreundlichen Anblick, indem sich die verschindelten, meist auch mit Schindeln gedeckten, Wohlhäbigkeit verrathenden Bauernwohnungen, auf dem sattgrünen Wiesengrunde gut ausnehmen. Durch den Ort, wo sich eine Poststation befindet, führt die in den Jahren 1828 bis 1830 angelegte Poststraße aus dem Murgthal, oder von Freudenstadt nach Wildbad, von welcher bei Urnagold noch eine Vicinalstraße nach Göttelfingen abzweigt. Die kleine Dorfkirche (Kapelle), in der alle drei Wochen Kinderlehre gehalten wird, ist unansehnlich und trägt auf dem westlichen Giebel einen verschindelten, mit einem Bohlendach versehenen Dachreiter, der eine Glocke mit der Umschrift: Ave Maria gracia plena anno domini 1479 enthält; über dem Eingang dieses Kirchleins, | dessen Unterhaltung der Gemeinde obliegt, steht die Jahrzahl 1762; eine weitere Kirche befindet sich in dem 1/4 Stunde nordöstlich von Besenfeld gelegenen Urnagold (s. unten).

In der Mitte des Dorfs Besenfeld steht angenehm und frei das im Jahr 1836 von der Gemeinde mit einem Aufwand von 5000 fl. neu erbaute Schulhaus, in welchem sich auch die Wohnung des Lehrers und die Gelasse für den Gemeinderath befinden. Die Schule besuchen sämmtliche schulpflichtigen Kinder des Gemeindebezirks.

Gutes Trinkwasser erhält der Ort aus einer Quelle, welche 1/4 Stunde weit hergeleitet wird, jedoch in trockenen Jahrgängen so sehr nachläßt, daß die Einwohner genöthigt sind, das Wasser an dem vom Ort nicht sehr entfernten Kuhbrunnen zu holen, der fortwährend sehr stark fließt und dessen Ablauf (Kuhbach) schon 300 Schritte unterhalb der Quelle eine Mühle mit einem Mahlgang und einem Gerbgang in Bewegung setzt. Der Kuhbrunnen soll seinen Namen von der Kuhwiese haben, auf der er sich befindet, und welche so genannt wird, weil sie zur Zeit einer Theurung für eine Kuh gegeben wurde.

Früher hatte der Ort auch eine Badanstalt und gegenwärtig noch wird eine oberhalb des Kuhbrunnens, ganz in der Nähe des Orts befindliche Quelle „der Badbrunnen“ genannt. Das Fischrecht in dem Kuhbach hat die Gemeinde, das in der Nagold der Staat.

Die Einwohner sind gesunde, wohlgestaltete Leute, welche mit Sparsamkeit und Ordnungsliebe große Emsigkeit verbinden; ihre Vermögensumstände, bei den sog. Bauren, sind gut zu nennen, jedoch befinden sich auch ziemlich viele Unbemittelte im Ort, die von der Gemeinde mit einem jährlichen Aufwande von 500–600 fl. unterstützt werden und für welche eine Suppenanstalt besteht. Die Erwerbsquellen sind Feldbau und Viehzucht, insbesondere aber Handel mit Holz; dasselbe wird aus den eigenen Waldungen der Ortseinwohner gewonnen und auf drei Sägmühlen in Schorrenthal, worunter eine mit einer Ölmühle, häufig zu Schnittwaaren verarbeitet und in das Großherzogthum Baden abgesetzt. Das Stammholz wird durch Verflößung auf der Nagold und Enz verwerthet. Abgesehen von den Waldungen beträgt der ausgedehnteste Güterbesitz 60 Morgen, der gewöhnliche 25 Morgen; mehrere Einwohner sichern ihr Auskommen als Taglöhner und Arbeiter in den Waldungen. Gemeindewaldungen sind nicht vorhanden, dagegen haben die eigentlichen Bauern einen ausgedehnten Waldbesitz (80–90 Morgen, einer sogar 365 Morgen) und überdieß besitzen die Bürger sog. Heiden (Hardt), welche sie | mähen und für Streu benützen, die aber, wenn man die Zeit und Mühe zur Gewinnung von Nadelstreu nicht scheuen würde, wohl mit gutem Erfolg in Wald umgewandelt werden könnten. Außer den gewöhnlichen Handwerkern sind mit Einschluß der Post 3 Schildwirthschaften und 2 Brauereien vorhanden.

Die ziemlich große, von Nordost gegen Südwest über drei Stunden in die Länge gezogene Markung ist mit Ausnahme des in sie eingreifenden Nagoldthales und einigen Nebenthälern desselben, wie den Anfängen des Enzthales ziemlich eben und bildet ein flachwelliges Hochland, dessen Boden, durchgängig aus den Verwitterungen des bunten Sandsteins bestehend, ein düngerbedürftiger, leichter Sandboden genannt werden darf, der in nassen Jahrgängen mehr Ertrag liefert als in trockenen.

Das Klima ist wegen der hohen, freien Lage rauh und kalt, so daß Obstbäume nicht mehr gedeihen. Hagelschlag kommt sehr selten vor.

Die Landwirthschaft, welche so gut als es die natürlichen Verhältnisse erlauben, getrieben wird, beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Anbau von Roggen, Hafer und Kartoffeln; mit Dinkelbau werden zuweilen Versuche gemacht, die übrigens nicht die gewünschten Erfolge liefern. Überdieß zieht man ziemlich viel Flachs, Hanf, Kraut, Blätterkohl, Rüben etc., und nur wenig Dotterreps. Die Wechselwirthschaft ist allgemein und zu dem Dünger wird Waldstreu und Sägmehl benützt; auch ist das Motten (Rasenbrennen) für Kraut und Rüben noch im Gebrauch, während man es für den Getreidebau nachtheilig findet. Der durchschnittliche Ertrag eines Morgens wird zu 3 Scheffel Roggen und bei dem Hafer zu 3–4 Scheffel angegeben. Die höchsten Preise eines Morgens Acker, welche früher auf 200–300 fl. standen, sind in neuerer Zeit auf 60–70 fl. heruntergesunken; die geringsten Äcker zahlt man mit 15 fl. per Morgen. Getreide wird sehr viel von Außen gekauft.

Der sehr ausgedehnte Wiesenbau, dem etwa zur Hälfte Wässerung zukommt und der durchgängig zwei Schnitte erlaubt, liefert ein mittelmäßiges Futter und zwar per Morgen 20 Ctr. Heu und 8 Ctr. Öhmd. Die Preise eines Morgens bewegen sich von 150 bis 400 fl. Futter wird wegen des bedeutenden Viehstandes keines nach Außen verkauft.

Der Rindviehstand wird durch 2 Farren, welche ein Bürger mit Unterstützung der Gemeinde hält, nachgezüchtet. Viehaustrieb in die Waldungen findet noch statt. Der Handel mit Vieh ist unbeträchtlich. Schafzucht besteht nicht, dagegen werden ziemlich viele Ziegen gehalten.

| Über das Gemeinde- und Stiftungsvermögen s. Tabelle III. Bei der Unvermögenheit der Gemeindepflege werden alljährlich 1600 bis 1800 fl. Gemeindeschaden umgelegt.

Besenfeld war bis zum Jahr 1562 Filial von Baiersbronn; in diesem Jahr wurde es Mutterort mit der Kirche in Urnagold und dem Sitz des Pfarrers im Ort selbst, seit dem Jahr 1819 aber ist es Filial von Göttelfingen.

Über die Markung und durch den Ort führt eine, ohne Zweifel römische Straße, unter der Benennung alte Weinstraße und in den Lagerbüchern nur als „alter Weg“ vorkommend (vergl. den allgem. Theil). Auch wurden in der Nähe des Orts, auf den sogen. Hofstätten, vor etwa 30 Jahren Grundmauern von Gebäuden und verschiedene Gegenstände aufgefunden, welche nach den gemachten Beschreibungen römischen Ursprungs zu seyn scheinen.

Etwa 3/4 Stunden nordwestlich vom Ort befinden sich im Walde Wied noch Reste des abgegangenen sog. Seehauses.

Sodann 1/8 Stunde südöstlich vom Ort, auf dem sog. Läger, sind noch einige räthselhafte Vertiefungen vorhanden, die nach der Volkssage von einem ehemaligen Lager herrühren sollen; so viel ist richtig, daß im Jahr 1708, in Zeiten des spanischen Erbfolgekriegs, bei Besenfeld an Verschanzungen und einem Verhau gearbeitet wurde, wobei den 29. Mai eines Bürgers Sohn von einer Tanne erschlagen wurde (Köhler, Manuscr.). Auch lag im Jahr 1734, den 3. Sept., während des polnischen Erbfolgekriegs, der kais. General Petrasch mit einem Theil der schwäbischen Kreistruppen bei Besenfeld.

In der Nähe des Orts befinden sich mehrere Waldstrecken, in welchen man noch Spuren früherer Agricultur deutlich wahrnehmen kann.

Besenfeld, um 1090 erstmals vorkommend, als dem Kloster Reichenbach allhier ein ziemlich vorzügliches Grundstück vergabt wurde (Cod. Reichenb. 20 b.), gehörte wohl ursprünglich den Pfalzgrafen von Tübingen; später erscheint es in den Händen der Herren von Eberstein, deren hiesigen Besitz vielleicht die Ehe Graf Otto’s von Eberstein († vor 1287) mit Elisabeth, Tochter des Pfalzgrafen Konrad von Tübingen, vermittelte. Indeß ist nur das sicher, daß ursprünglich hier pfalzgräflich tübingischer Boden war (vergl. Urnagold) und daß Graf Bernhard von Eberstein (ein Urenkel Graf Heinrichs von Eberstein, Bruders obigen Otto’s) die Orte Besenfeld und Pfalzgrafenweiler mit dem halben Weiler Wald und dem Hard unter Zustimmung seines Bruders, des Deutschordensritters Wilhelm, im Jahr 1421 für 2300 fl. an Württemberg verkaufte (Steinhofer, 2, 711. Sattler, Gr. 2, 87).

| Der Antheil des Klosters Reichenbach an Besenfeld gab Anlaß, daß im Jahr 1485 mit diesem Kloster württembergischer Seits ein Vergleich bezüglich der Unterthanen beider Theile geschlossen wurde (Kuen, Collectio 2 b., 45).

b) Der Weiler Poppelthal, liegt 1 Stunde nordöstlich von Besenfeld und 11/2 Stunden nördlich von Göttelfingen, an der Landstraße von Freudenstadt nach Wildbad. An dem Vereinigungspunkt des Laubachs mit dem Poppelbach, hat der kleine Ort, von dem übrigens einige Häuser dem Oberamtsbezirk Nagold angehören, eine zwar etwas abgeschiedene, jedoch freundliche Lage. Der Poppelbach, welcher den Anfang der Enzflößerei vermittelt, wird hiefür 1/4 Stunde oberhalb des Orts zu einem See, „Poppelsee“, der zur einen Hälfte der Markung Besenfeld, zur andern der Markung Enzthal, O.A. Nagold, zugetheilt ist, geschwellt; auch sind nächst dem Ort mittelst Schwellungen des Bachs Floßgassen angelegt. Für die Ortseinwohner liefert der Sackmannsbrunnen gutes Trinkwasser in reichlicher Menge. Ihren Haupterwerb gewinnen die Einwohner, welche verhältnißmäßig einen ziemlich ausgedehnten Wiesenbau, dagegen nur unbedeutenden Ackerbau treiben, durch Arbeiten in dem Walde und bei den Floßgeschäften. Außer einer Schildwirthschaft bestehen im Ort keine Gewerbe.

c) Der Weiler Schorrenthal, liegt 1/2 Stunde südöstlich von Besenfeld an der Nagold, welche ihn in 2 Theile scheidet und den auf dem rechten Ufer gelegenen der Markung Besenfeld, den auf dem linken Ufer der Markung Göttelfingen zuweist. Der weitläufig gebaute Ort besteht aus mehreren Sägmühlen und einigen kleinen Bauernwohnungen, die sich theils in der schmalen Ebene des tief eingeschnittenen Nagoldthales, theils an den untersten Gehängen desselben herumlagern. Zunächst des Orts bestand früher ein See, der nun in Wiesengrund umgewandelt ist.

d) Urnagold, ein freundlicher, rings mit Wald umgebener Weiler, liegt an der Landstraße von Besenfeld nach Wildbad, auf der Hochebene nahe des unbedeutenden Abhanges gegen die Nagold, 1/4 Stunde nordöstlich von Besenfeld. Nur etwa 200 Schritte nordöstlich vom Ort entspringt im Wiesengrunde am Saume des Waldes die Nagold (daher der Name des Orts), welche sich Anfangs als ein unbedeutendes Bächlein durch den schmalen Wiesengrund schlängelt und erst nachdem sie den von Besenfeld herkommenden Kuhbach aufgenommen hat, einige Geltung erhält.

Der Ort besteht aus einigen ansehnlichen, meist mit Schindeldächern versehenen Bauernwohnungen und der schon oben erwähnten, | mit einem ummauerten Kirchhofe umgebenen Kirche, früher Pfarrkirche und gegenwärtig noch Kirche der Filialgemeinde Besenfeld; in derselben hat der Pfarrer von Göttelfingen den Sommer über alle Sonn- und Festtage, den Winter über alle 14 Tage Gottesdienst zu halten. Auf den Begräbnißplatz werden nicht nur die Verstorbenen der Gemeinde Besenfeld, sondern auch die von Eisenbach beerdigt. Die jetzige Kirche, welche Eigenthum des Staats ist, wurde 1754 in einem einfachen Style neu erbaut, und nur der viereckige, massive, nicht hohe, mit einem einfachen Zeltdache gedeckte Thurm der ältern Kirche noch erhalten. Das unterste Stockwerk des Thurms bildet den Chor, welcher nur an der Ostseite mit dem dreiseitigen, mit Strebepfeilern und germanisch gefüllten Spitzbogenfenstern versehenen Chorschluß über den Leib des Thurmes hervorragt. Das Innere des Langhauses enthält außer einem in Form eines Steintisches gehaltenen, uralten Altar, nichts Bemerkenswerthes. Vom Schiff führt ein spitzer Triumphbogen in das mit einem schön construirten Netzgewölbe gedeckte Chor, zwischen dessen blau bemalten Gurten die Kappen mit Fresken geziert sind. Die Gemälde, welche musicirende Engel vorstellen, scheinen einer jüngeren Periode anzugehören. Auf der Kirchenbühne sind noch alte, sehr gut aus Holz geschnittene, übrigens durchaus verdorbene Figuren (die Kreuzabnahme, Johannes etc.) aufbewahrt.

Von den zwei Glocken ist die eine sehr alt und trägt weder Schrift noch Zeichen, die andere enthält die 4 Evangelistennamen in alten Majuskeln.

Die Einwohner, ziemlich wohlhabende Bauern, besitzen außer ihren Feldgütern auch noch Waldungen; auch befindet sich im Ort eine Schildwirthschaft. Außerhalb des Orts führt von der Landstraße eine Vicinalstraße über Eisenbach nach Göttelfingen ab.

Urnagold kommt erstmals vor im Jahr 1228, als Pfalzgraf Rudolf von Tübingen die ihm gehörige hiesige Kirche (ecclesia Nagelte) dem Hochstift Straßburg lehnbar machte (Wenck, Hessische Landesgesch. 2, Urk. 146), von welcher Lehnbarkeit später nichts mehr verlautet. Ohne Zweifel zugleich mit Besenfeld kam Urnagold an die Grafen von Eberstein, aus deren Hause die Grafen Heinrich und Wilhelm das Patronatrecht über die Kirche, nach Ableben ihres Rectors Hugo, den 11. Sept. 1350 dem Kloster Reichenbach übertrugen zum Seelgeräthe mit der Bitte an den Bischof von Constanz, wegen der Armuth des Klosters die Einkünfte jener Kirche zu Aufbesserung des Kosttisches der Mönche verwenden zu wollen. | (Kuen, Collectio 2 b, 71.; wofern die dortige ecclesia inferior Nagolt sicher hieher zu beziehen ist).


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