Textdaten
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Autor: Hermann Harry Schmitz
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Titel: Beethoven
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aus: Buch der Katastrophen. S. 119–129
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Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1916
Verlag: Kurt Wolff Verlag
Drucker: L. C. Wittich
Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Princeton-USA* und Commons
Kurzbeschreibung:
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[119] Beethoven

Der Vater hatte natürlich nicht die geringste Ahnung, wie Beethoven ausgesehen hat.

Die Mutter wußte es auch nicht.

Er war Mitglied des Gesangvereins „Organ“. Er sang nicht besonders richtig. Aber man schätzte ihn, weil er fünf Stimmen an Klangfülle ersetzte. Außerdem wußte er sich überall vorzudrängen. Mittwochs kegelte er mit dem Bürgermeister und dem Doktor. Bei Vereinsfestlichkeiten malte er auf Pappdeckel Vivatsprüche, mit Kränzen eingefaßt. Man hielt ihn für ein gewisses Talent und maßgebend in Fragen der Kunst.

Der Lehrer Sebastian Fliegenhut war der Dirigent des Gesangvereins „Organ“. Er war es bereits seit fünfundzwanzig Jahren und hatte jetzt ein Anrecht auf ein sogenanntes silbernes Jubiläum, eine Feier, Geschenke und Papiergirlanden.

Nörgler im Verein behaupteten, es könnten noch keine fünfundzwanzig Jahre sein. Der Küster Igelmund Milz rechnete siebenzehn Jahre aus. Aber die Mehrheit war für das Jubiläum.

Nach langem Hin und Her beschloß man, dem Jubilar eine Beethovenbüste „aufs Klavier“ zu stiften. Man hatte allerdings nur vage und ehrfürchtige Vorstellungen von Beethoven, keiner wußte genau, was eigentlich mit dem Beethoven gewesen war, noch weniger, wie der Beethoven ausgesehen hatte.

Der Vater tat natürlich so, als ob er über Beethoven genau unterrichtet sei. Er warf sich in die Brust, blickte [120] bedeutsam um sich und sagte anerkennend: „Ja, ja, der Beethoven, der Beethoven, da können wir nicht ran.“

Daraufhin beschloß man im Verein, daß der Vater die Büste kaufen solle. Er erhielt dreißig Mark aus der Vereinskasse. Er kam sich enorm gehoben vor unter diesem ehrenvollen Auftrag. Er brüstete sich und sagte am Biertisch häufig: „Na ja, ich muß eine Beethovenbüste kaufen. Na ja, ich muß das natürlich tun.“

In dem Ort selbst konnte man die Büste nicht kaufen. Man mußte schon in die Provinzstadt fahren. Dieser Umstand erhöhte erheblich die Wichtigkeit der Mission.

Manches Mal steckte man im Verein in vorgerückter Stunde die Köpfe zusammen und flüsterte mit hochroten Gesichtern von geheimnisvollen Vergnügungen, die in der Stadt zu finden seien. Man sprach von einem Weinlokal mit Tirolerinnen. Man blinzelte dem Vater zu, und der Bierwirt Maxi Vertikow kiekste ihm in die Seite.

Der Zweck der Reise sei zu ernst, brummte der Vater. Er erkundigte sich aber doch so hinten herum nach der Adresse der Tirolerkneipe. Der Bierwirt Maxi Vertikow schrieb sie ihm auf. „Da muß ich mir noch einige Extragoldstücke einstecken,“ nahm sich der Vater vor.

Von Tag zu Tag schob er die Reise auf. Eine geheime Unruhe quälte ihn: er fühlte sich so unvorbereitet; er wußte nicht das Geringste über Beethoven, er hatte keine Ahnung, wie er aussah.

Er wandte sich an das Landblättchen und bekam in einer Briefkastennotiz folgenden Bescheid: Ludwig van Beethoven, Tonkünstler, geb. 16. 12. 1770, gest. 26. 3. [121] 1827. Ein Grützeumschlag auf die angeschwollene Stelle lindert die Schmerzen. Fragen Sie im Notfall Ihren Hausarzt. Natürlich müssen Sie Ihr Alter und Ihre Halsweite angeben und Ihr Mietsbuch vorlegen, das ist nicht zu vermeiden. Nehmen Sie 5 Gramm Bärlappsamen (in jeder Drogerie erhältlich), 8 Gramm Zahnpulver, 1 Gramm Nießwurz (vom besten) und 10 Gramm Salz, nähen dieses alles nach gutem Mischen in einem irdenen Gefäß in ein Leinwandsäckchen, und der Erfolg wird nicht ausbleiben. Seebataillon III.

Das war nun bloß eine harmlose Art Zwiebelfisch und keineswegs eine von dem Blättchen heimtückisch beabsichtigte Komplikation. Der Vater hatte nur ein Schütteln des Kopfes. Im Stillen bereute er es, die Sendung übernommen zu haben. Aber es war nichts mehr zu ändern. In zwei Tagen war das Jubiläum. Die Büste mußte jetzt gekauft werden, es gab kein Aufschieben. Er hätte sich vor dem ganzen Ort blamiert, wenn er von dem Auftrag zurückgetreten wäre.

Nach einer schlaflosen Nacht stand der Vater früh um sechs Uhr am Bahnhof. Der Zug fuhr um zehn. Es hielt ihn nicht zu Hause, eine entsetzliche Unruhe trieb ihn so vorzeitig zur Bahn.

Dieses Malefizjubiläum! Vielleicht hat der Küster Igelmund Milz doch recht, daß es mit dem Jubiläum nicht stimmte. Ausgerechnet mußte er sich mit dieser leidigen Büstengeschichte befassen. Wie sah dieser Beethoven nun aus? Trug er einen Bart? War er ein junger Mann? Trug er lange Locken? Hielt er eine Lyra in der Hand?

[122] Diese Fragen quälten ihn unausgesetzt und verwirrten sein Denken.

Schnaps ist unbedingt zur Festigung und Beruhigung aufgeregter Nerven, zur Stärkung des Selbstbewußtseins ein vorzügliches Mittel. Urplötzlich schoß dem Vater diese lichte Idee durch sein Hirn. Er trank am Bahnhofsbüfett einen Bitteren mit Rum. Seine Unruhe und sein Wankelmut verlangten aber eine fortgesetzte Behandlung. Er brachte es auf sechs große Schnäpse.

Nur der Güte und Langmut der Schaffner und des Bahnhofswirtes verdankte er es, daß er in den Zug kam. Er schlief bald ein. Er wäre weit über sein Ziel hinausgeschlafen, wenn ihn nicht wiederum gute Menschen, wie es Schaffner sind, am Orte seiner Bestimmung ausgeladen hätten.

Er war sehr im Unklaren über sich. Zunächst ging er mal, einem guten Instinkte folgend, an das Bahnhofsbüfett. Er trank drei Schnäpse.

„Beethoven, Beethoven,“ stieß es ihm auf. „Beethoven, Beethoven!“ Wie ein quälender Wurm unter der Schädeldecke stach ihn dieser Name. Mit schwerer Zunge sprach ihn der Vater.

Er wandte sich dem Kellner zu, einem apathischen Menschen mit blödem Gesicht, der schlecht zu hören schien und die Hände immer trichterförmig an die Ohren legte. Der Vater trat dicht an den Kellner heran und fragte ihn nach Beethoven. Der Kellner guckte gequält und verständnislos auf den Mund des Vaters.

Dann packte den Vater eine plötzliche Wut, und er schrie mit aller Kraft dem Kellner ins Gesicht: „Beethoven, [123] Beethoven!“ Jetzt schien ihn der Kellner verstanden zu haben. Er ging weg und kam mit einem Pikkololausbub zurück, der in der Nase bohrte und den Vater weisen sollte.

Der Junge führte den Vater an ein Geschäft, wo er den gewünschten „Badofen“ bekäme.

Der Vater betrat den Laden, der mit Herden, Badewannen, Blecheimern, Töpfen, Öfen usw. angefüllt war. Von der Decke hingen unzählige Lampen und Kronleuchter. Den Vater machte die Häufung aller dieser blanken Gegenstände nervös.

Eine dicke Frau mit einer haarigen Warze auf der Stirn schlupfte aus dem Hintergrund des Ladens heran und fragte den Vater, was zu Diensten stehe, was es sein dürfe.

Der Vater sagte mechanisch lediglich das Wort: „Beethoven“. Die Frau nickte verständnisvoll mit dem Kopf und bat den Vater, ihr zu folgen. Sie führte ihn über den Hof, eine wacklige Treppe hinauf zum Lager. Dem Vater paßte das Herumsteigen keineswegs, er wurde sichtlich ungehalten.

Im Lagerraum standen in Reihen große Blechgebilde mit Hähnen und gewundenen Röhren aus Nickel.

„So, hier haben Sie, was Sie wünschen, Badeöfen in neuester Konstruktion und in jeder Preislage,“ pries die Ladenbesitzerin an, „und schauen Sie nur hier die Hähne für warm und kalt. Eine einfache Drehung, und Sie haben die gewünschte Temperatur. Hier die Dusche.“

Der Vater stierte die Öfen an, der Vater stierte die Frau an. Man wollte Possen mit ihm treiben, das war klar. Anstatt der gewünschten Büste versuchte man, ihm [124] ein Rohr mit Nickelfirlefanz anzuhängen. Da hätte er doch einige Schnäpse mehr trinken müssen, um auf diesen Schwindel hereinzufallen. Ein plötzlicher Zorn kam über ihn. „Beethoven, Beethoven!“ schrie er laut, boxte auf die Öfen los und brachte sie zu Fall. Dann wandte er sich der Ladnerin zu, die ein mörderisches Geschrei ausstieß, um auch an ihr seine Wut auszulassen, aber schon wurde er von hinten gepackt und von zwei stämmigen Klempnergesellen recht unfreundlich auf die Straße gesetzt.

Er fand sich plötzlich mitten auf dem Bürgersteig, auf dem Bauch liegend, mit zerbrochenem Schirm und zerbeultem Hut. Er weinte und prüfte seine Zigarren, die er in einer Tüte in der Brusttasche trug; sie waren alle zerquetscht.

Plötzlich fühlte er eine kräftige Faust im Nacken, die Paletot, Rock, Weste, Unterjacke und eine Lage Haut gleichzeitig packte. Dabei befahl eine belegte Stimme: „Maul halten!“ – obgleich der Vater keinen Ton von sich gab. Der Faustgriff schmerzte, und der Vater versuchte, sich zu wehren. Als er aber erkannte, daß die Hand zu einem Schutzmann gehörte, wurde er klein und still und gab jeden Widerstand auf. Die rohen Klempnergesellen standen an der Tür und lachten.

Der Schutzmann war ein wenig schwer von Begriff. Es dauerte eine Weile, bis er die Harmlosigkeit des Aufgegriffenen erfaßte. Der Vater war durch die Liebkosungen des Schutzmanns ein wenig ernüchtert. Er verfluchte den Gesangverein, den Jubilar und den verdammten Beethoven. Aber es war nichts zu machen, er mußte die Büste finden.

[125] Der Schutzmann konnte ihn sicher beraten, vermeinte er. Der Schutzmann öffnete auch sofort den Mund, aber nur, um in gewohnter Weise: „Maul halten!“ zu sagen. Der erbarmungswürdige Zustand des Vaters und eine Reichsmark erweckten dann bessere Regungen in seiner Brust. Er ließ sich herab, den Erklärungen zuzuhören. Er riet nach langem Grübeln, es im Warenhause Mayer sel. Witwe zu versuchen. Dort wäre alles zu haben, vom Hosenknopf bis zum Klavier. Der Vater atmete auf, das war immerhin eine Hoffnung.

Der Schutzmann wies ihm den Weg.

Im Warenhause wurde der Vater auf seine Frage nach Büsten in die Abteilung von Haushaltungsgegenständen und Kunst gewiesen. Dort standen Wringmaschinen, Herde, Lampen und ähnliche Gegenstände, genau wie bei dem Klempner. Dem Vater schwollen die Adern, aber er beherrschte sich. Ein junger Mann mit naßglattem Haar und einem Gerstenkorn am Auge kam linkisch irgendwoher und stellte sich vor den Vater. Der Vater erzählte ihm eingehend und wichtig, daß er von seinem Verein beauftragt sei, eine Beethovenbüste zu kaufen. Der junge Mensch nickte verständnisvoll und verschwand hinter den Wringmaschinen. Nach einer Weile kam er zurück und fragte: „Mit Bart?“

Das war es gerade, was der Vater nicht wußte. Der junge Mann bat den Vater, ihm zu folgen. Zwischen all dem nützlichen Gerät standen auf einem langen Regal unzählige Büsten. Das war die Abteilung für Kunst des Warenhauses Mayer sel. Witwe. Daneben lagen Plüschalbums und manches artige Nippes aus Biskuit.

[126] „Nehmen Sie doch diese Büste, sie ist an der Nase etwas lädiert, wir lassen sie Ihnen billiger,“ versuchte der junge Mann in kaufmännischer Weise. Die Büste stellte einen Trompeter-von-Säckingen-Kopf dar mit einem großen Barett.

„Ist das denn Beethoven? Ich suche doch eine Büste von Beethoven,“ meinte der Vater kleinlaut.

„Nehmen Sie vielleicht etwas wie Molke, den Schweiger, oder Genoveva oder einen Gnom mit Bemalung,“ fuhr der Jüngling geschäftseifrig fort.

Der Vater wußte zufällig, daß es Moltke hieß, mit t … mit t; sein Zutrauen zu dem jungen Mann schwand.

„Ich werde unsere Directrice, Fräulein Veranda Cohn holen,“ sagte der Jüngling plötzlich.

Eine dicke Dame in einer prall sitzenden Bluse kam, kokett mit dem Kopf wippend, herbei und fiel mit einem Riesenwortschwall und Gestikulationen über den Vater her.

Es dauerte keine fünf Minuten, da stand der Vater schon vor dem Warenhause Mayer sel. Witwe mit dem Turnvater Jahn in Gips im Arm, im seligen Glauben, endlich die Beethovenbüste gefunden zu haben. Die Ausführungen von Fräulein Veranda Cohn überzeugten ihn vollständig. Veranda Cohn hatte keinen Beethoven auf Lager, und der Jahn ging sowieso schlecht.

Der Vater stieg mit der Büste auf einen Straßenbahnwagen. Er mußte draußen auf der Plattform stehen, die ziemlich besetzt war. Er erregte Unwillen mit seiner Gipsbüste. Er machte einem feinen Herrn den schwarzen Paletot weiß. Man drängelte gegen ihn, er verlor den Halt und fiel aus dem Wagen. Der Turnvater ging [127] natürlich in tausend Stücke. Der Vater besah mit Tränen in den Augen den Schaden und seine an den Knien durchgestoßenen Hosen. Er warf dann in der Wut ein Stück Gipsbacke vom Turnvater den gemeinen Menschen auf dem Straßenbahnwagen nach.

Ein großer Herr mit blondem Vollbart, gütigen, hinter einer goldenen Brille hervorschauenden blauen Augen und einem Spazierstock mit Hirschhorngriff war Zeuge des Unfalles gewesen. Hilfsbereit sprang er herbei und bemühte sich um den Vater.

Der Vater faßte Vertrauen zu diesem gütigen Menschen und erzählte ihm von seinem Mißgeschick und dem Zweck seiner Reise.

„Pips Moellemann, Pips Moellemann,“ stellte sich der Wohltäter dem Vater vor. Er zeigte ein wirklich edles, menschliches Interesse für den Vater. Der Vater faßte Vertrauen, er wurde zutraulich, und es wurde beschlossen, irgendwo zusammen ein Fläschchen zu trinken. Da wäre ja die Tirolerkneipe der geeignete Ort, fiel dem Vater ein. Pips Moellemann kannte das Lokal; es war dicht in der Nähe.

Lauter Gesang und Zitherspiel klangen ihnen entgegen. Auf einem Podium saßen fünf tirolische Mädchen und drei Männer in ihrer so kleidsamen Landestracht und behaupteten in dem immer sich wiederholenden Refrain, daß das Zillertal ihre Freud sei.

Herr Pips Moellemann war scheinbar ein wohlbekannter Gast hier in der Tirolerkneipe. Er hatte seinen Stammplatz dicht am Podium. Pips Moellemann bestellte eine Flasche nach der andern. Der Vater wurde zusehends [128] animierter. Er bekam einen roten Kopf und wollte das tirolische Fräulein, das ihm zunächst saß, kneifen. Der Wirt erhob Einspruch, das ernüchterte den Vater ein wenig, und plötzlich kam das schreckliche Bewußtsein über ihn, daß er noch immer keine Beethovenbüste hatte. Was kümmerten ihn die tirolischen Fräuleins? Sein Pflichtgefühl erwachte jäh, er hatte eine heilige Mission zu erfüllen!

Auf dem Klavier stand zwischen zwei Makartbuketts in gußeisernen Vasen die Büste eines bärtigen Mannes, der dem Beethoven aus dem Warenhause ziemlich ähnlich sah. Der Vater bemerkte plötzlich diese Büste. Seine Augen weiteten sich. Beethoven! Der Beethoven dort auf dem Klavier war viel charakteristischer als der im Warenhaus gekaufte! Er mußte diese Büste haben! Er war des Weitersuchens herzlichst müde.

Herr Pips Moellemann verhandelte auf seine Bitte am Büfett mit dem Wirt, der nicht so recht anzubeißen schien, aber doch endlich für fünfunddreißig Mark die Gipsbüste an den Vater abtrat. Daß es sich bei dieser Büste um Andreas Hofer handelte, verschwieg man dem Vater. Man wollte ihm eine Enttäuschung ersparen.

Schweren Herzens dachte der Vater an die fünfunddreißig Mark, die er seinem Ersparten entnehmen mußte.

Die Büste im Warenhaus hatte schon die dreißig Mark des Vereins verschlungen.

Aber man lebt nur einmal! Der Vater überwand bald seine grüblerische Stimmung. Pips Moellemann ließ Flasche auf Flasche anfahren. Der Vater verlor mehr und mehr an Haltung. Er versuchte den Gesang [129] und die nackten Knie der tirolischen Männer zu imitieren. Der letzte Zug zurück in die Heimat war abgefahren. Das machte ihm weiter nichts aus. Eine enorme Betrunkenheit kam über ihn, die ihn alles vergessen ließ.

Spät in der Nacht führte Pips Moellemann den Vater, der krampfhaft die Büste des Freiheitshelden mit beiden Armen umschlungen hielt und sich kaum mehr auf den Beinen zu halten vermochte, in die Anlagen und setzte ihn, die Büste daneben, auf eine Bank nieder. Der Vater ließ den Kopf über die Lehne fallen und schlief ein.

Pips Moellemann nahm sich der Uhr und der Brieftasche des Vaters an und steckte dem Vater einige seiner eigenen Papiere als Ersatz in die Tasche. Dann überließ er ihn seinem Schicksal.

Der Vater wurde in der Nacht von einer Polizeipatrouille aufgegriffen und aus den in seiner Tasche steckenden Papieren als der berüchtigte Museumsdieb Veit Rambusch festgestellt. Veit Rambusch stahl als Spezialität Büsten und Denkmäler. In die Mona-Lisa-Affäre war er auch verwickelt.

Der Vater hielt in seiner Betrunkenheit alles, was mit ihm geschah, für gut und nützlich.

Er wurde, da aus seinen Papieren unstreitig hervorging, daß er der Einbrecher Veit Rambusch war, in Sachen Mona Lisa an Frankreich ausgeliefert.