BLKÖ:Zahlhas, Karl Ritter von (Neubruck)

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Zahlhas, Nepomuk
Band: 59 (1890), ab Seite: 89. (Quelle)
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Zahlhas, Karl Ritter von, bekannt unter dem Namen Neubruck (Schauspieler, geb. in Wien 1793, gest. zu Oedenburg in Ungarn am 3. December 1872). Ist der jüngere Bruder des Vorigen. Obgleich er in Wien zur Welt gekommen, war seine Muttersprache die französische, und er mußte das deutsche Idiom erst in der Normalschule zu St. Anna lernen. Nach dem Wunsche seines Vaters begann er die Gymnasialstudien, verließ sie jedoch bald und besuchte die Realschule, um sich für die von ihm gewählte Laufbahn eines Handlungsbeflissenen vorzubereiten. Später trat er in ein größeres Seidengeschäft ein. Doch da kam seine lange zurückgehaltene Vorliebe zum Theater unwiderstehlich zum Durchbruche, und er vertauschte die Seidenhandlung nach anderthalb Jahren mit der Bühne. Sein Bruder Johann, der damals Mitarbeiter der von Bäuerle herausgegebenen „Theaterzeitung“ war, machte ihn mit demselben bekannt. Bäuerle aber erkannte nicht sobald das ungewöhnliche Talent des jungen Zahlhas, als er auch dessen erstes Auftreten im Leopoldstädter Theater in seinem eigenen Stücke: „Der Haupttreffer aus der Güterlotterie“ veranlaßte. Der Erfolg, den sich Neubruck (so nannte sich Zahlhas nunmehr) in der Episode des Bedienten Tintenrührer errang, war ein durchschlagender, aber ein Nebenbuhler verhinderte durch Intriguen ein festes Engagement des jungen Künstlers an dieser Bühne. Infolge dessen vermittelte Bäuerle ein Engagement nach Raab. Aber dort blieb Neubruck nicht lange, da der Director bald seine Zahlungen einstellte. Durch die Unterstützung seines Quartiergebers, eines Schlossermeisters, wieder in seine Vaterstadt zurückgekehrt, erhielt er daselbst den Antrag zu einem Gastspiele in der Josephstadt, wo er als Doctor Schnitzel sosehr gefiel, daß ihn Director Huber für seine Bühne gewann, an welcher er mit Ferdinand Raimund sich in der Gunst des Publicums theilte. Als aber dieser in die Leopoldstadt übersiedelte, schlug er in seiner Bescheidenheit den Antrag, in die Stelle Raimund’s einzutreten, aus und ging lieber nach Kaschau, wo er vom Intendanten Grafen Pécsy, der daselbst auch Opernvorstellungen gab, ein sehr vortheilhaftes Engagement erhielt. Sein Talent fand hier Gelegenheit, sogar in der Oper zu wirken, und er sang den Masietto in Mozart’s Don Juan“ mit ganz glücklichem Erfolge. [90] Von Kaschau führte ihn ein Ruf nach Linz, wo er bald ein Liebling des Publicums wurde. Ein Zerwürfniß mit dem Theaterdirector, das zu einem Injurienproceß führte, in welchem der Letztere den Kürzeren zog, veranlaßte ihn, nach Wien zurückzukehren, wo er im Theater an der Wien als Rochus Pumpernickel in der gleichnamigen Posse auftrat und durch die trockene Komik seiner Darstellung und besonders durch seinen Gesang den günstigsten Erfolg und zuletzt ein festes Engagement auf dieser Bühne erzielte. Im Verlaufe der Jahre 1818–1824 war Neubruck der beliebteste Schauspieler Wiens im local-komischen Fache. Zu seinen besten Rollen zählte auch Staberl, in welcher Partie später Director Carl sich überbot und sozusagen eine Charge schuf. Aber Neubruck wirkte durch seine drastische Komik unwiderstehlich. Wie in der Folge auch bei Scholz, so genügte bei ihm das bloße Erscheinen auf der Bühne, um das Publicum zum Lachen zu bringen, und doch, obgleich damals die Witze grobkörniger, die Späße derber, die Impromptus nicht immer gewählt waren, bewegte er sich streng innerhalb der Grenzen des Anstandes. Seine Komik war natürlich, seine Laune ungezwungen und sein Humor immer frisch ohne Uebertreibung. Von 1824 sollte ein sehr vortheilhaftes Engagement bei Hensler in der Josephstadt beginnen, da erhielt Neubruck den Antrag zu einem Gastspiele in Pesth auf zwölf Vorstellungen, welchem er auch Folge gab. Schon hatte er die letzte Rolle, den Marquis im „Gelben Manne“, eine Verkleidungsrolle, vom Beifall des Publicums überschüttet, gespielt, als eine Verkühlung ihn befiel, so daß er krank in Wien ankam und am 24. October 1824 mitten in seiner schönsten Wirksamkeit von einer einseitigen Lähmung berührt wurde, die ihn für immer seinem künstlerischen Berufe entriß. Der Gram über dieses Unglück, das so plötzlich auf ihn hereingebrochen, bleichte das Haar des 29jährigen Mannes. Nach dem Tode seines Vaters übersiedelte der in seinem Innersten tief gebeugte Künstler, der nunmehr seinen Familiennamen wieder annahm, zunächst nach Eisenstadt, später kaufte er sich in Oedenburg an, wo er 1833 Bürger dieser ungarischen Freistadt wurde. Das Schicksal, das ihn so schwer geprüft hatte, vermochte doch die für alles Kunstwirken begeisterte Seele in diesem gebrochenen Körper nicht zu beugen. Lebte er auch mit seiner Gattin in strenger Zurückgezogenheit, so nahm er doch regen Antheil an allen künstlerischen Ereignissen und betheiligte sich auch bei so manchen, wie z. B. an der Errichtung des neuen Theaters in Oedenburg, das im Jahre 1841 eröffnet wurde, übernahm sogar auf Ersuchen des Redacteurs der „Allgemeinen Wiener Musik-Zeitung“, Dr. Aug. Schmidt, die Correspondenz über Theater und Musik von Oedenburg, die er bis zum Rücktritt des Letzteren führte, und lebte mit mehreren Künstlern in lebhaftem brieflichen Verkehre. Zu seinen näheren Bekannten und Freunden zählte auch der Dichter J. N. Vogl, der ihn in Oedenburg öfter besuchte. Trotz der Hinfälligkeit seines Körpers erfreute er sich doch noch eines zufriedenen Greisenaltes. „Ich bin an mein Leiden so gewöhnt“, schreibt er einmal mit wehmüthigem Humor, „daß ich nicht wieder gesund sein möchte; was sollte ich auch jetzt mit meiner Gesundheit anfangen?!“ Hatte sein Kunstwirken auch keinen Einfluß genommen auf die Hebung und Erweiterung der Volksbühne, [91] so war er doch eine der Hauptstützen volksthümlicher Komik, die aus dem Charakter der Nation entsprang, und es gehört nicht zu den geringsten seiner Verdienste, daß er durch die Kunst denselben zu veredeln bemüht war. Zu seinen Glanzrollen zählten: Adam im „Dorfbarbier“; Staberl; Tintenrührer in der „Güterlotterie“, Doctor Schnitzel in den „Ehestandsscenen“‘. Rochus Pumpernickel; Fandelholz im „Verwunschenen Prinzen“; der Nachtwächter im „Kirchtag in Petersdorf“; Crispin in Shakespeares „Liebe kann Alles“, in der Holbein’schen Bearbeitung u. a.

Presse (Wiener polit. Blatt) im Localanzeiger vom 12. August 1871: „Ein lebendigtodter Wiener Komiker“. Von J. W.(immer). – Allgemeines Theater-Lexikon ….. Herausgegeben von K. Herloßsohn, H. Marggraff u. A. (Altenburg und Leipzig o. J., Expedition des Theater-Lexikons kl. 8°.). Neue Ausgabe. Bd. VII, S. 237 [nennt ihn den „letzten Mohikan“ der echten österreichischen Localkomik.] – Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände … Herausgegeben von J. Meyer (Hildburghausen, Amsterdam, Paris und Philadelphia 1852, gr. 8°.). Zweite Abtheilung, Bd. XV, S. 486, Nr. 3. – Seyfried (Ferd. Ritter v.), Rückschau in das Theaterleben Wiens seit den letzten fünfzig Jahren (Wien 1861, 8°.) S. 301.