BLKÖ:Westmoreland, John Fane Earl

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Westmeyer, Wilhelm
Band: 55 (1887), ab Seite: 173. (Quelle)
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Westmoreland, John Fane Earl (Ritter des Maria Theresien-Ordens, Musikfreund und Componist, geb. in England 3. Februar 1784, gest. auf seinem Familiengute Apthorpe House zu Northumbershire 16. October 1859). Der Lord, der, bevor er den Namen Westmoreland annahm, den eines Barons Burghers führte, hat für uns mehrfaches Interesse, insbesondere aber dadurch, daß er während seines mehrjährigen Aufenthaltes in Wien durch seine musicalischen Abendunterhaltungen, denen aus den höheren Gesellschaftskreisen, was Tonkunst liebte, beiwohnte, nicht wenig beitrug zur Belebung der Musiklust, die gerade in der Zeit seines Aufenthaltes in der Donaustadt infolge der politischen Ereignisse zugleich mit dem gesellschaftlichen Leben völlig erstorben war. Wir gehen über das Vorleben des Lords – auf die unten bezeichnete Quelle verweisend – mit wenigen Zeilen hin. Er war der zehnte Sohn des Earl John, zehnten Lords von Westmoreland aus dessen Ehe mit Sara Anna, der einzigen Tochter und Erbin Sir Robert Child’s, eines reichen Londoner Banquiers. Er trat nach dem Tode seines Vaters am 15. December 1841 dessen Erbe und Namen an und hatte sich am 26. Juni 1811 mit Priscilla Anna, jüngster Tochter Williams Wellesley Pole, dritten Earls von Mornington, vermält, die ihm vier Söhne und zwei Töchter gebar, von denen nur zwei Söhne und eine Tochter ihn überlebten. Der Lord stand ein halbes Jahrhundert hindurch in militärischen und diplomatischen Diensten, hatte in der englischen Armee Generalsrang, diente in Sicilien, der Türkei, in Aegypten und Portugal und wohnte den Schlachten bei Robbia und Vimiera bei; machte als Adjutant des Herzogs von Wellington 1809 nebst mehreren Gefechten die Schlacht bei Talavera mit. Im December 1811 war er als Oberstlieutenant Militärbevollmächtigter im Hauptquartier der Alliirten unter dem Fürsten Schwarzenberg. Im Feldzuge [174] 1814, nach dem Abgange des Generals Stewart, bewies er sich in seiner Anstellung sehr thätig und in der Schlacht bei Arcis sur Aube (20. März g. J.) persönlich so tapfer, daß ihm Feldmarschall Fürst Schwarzenberg am 29. Mai d. J. im Namen des Kaisers das Maria Theresienkreuz überreichte. Hierauf wurde er der englischen Gesandtschaft in Florenz zugetheilt. Als dann die österreichische Armee 1815 den Feldzug gegen Neapel eröffnete, unterzeichnete er mit General Bianchi die Convention von Casalanza, nach welcher Letzterer, wie bekannt, seinen Herzogstitel erhielt. Nun stand der Lord in verschiedenen diplomatischen Stellungen, und zwar in Neapel (1830), in Berlin (1841), war Vermittler bei den preußisch-dänischen Verhandlungen in der Schleswig-Holstein-Frage und kam 1851 als britischer Gesandter nach Wien, gerade in der Zeit, als die Residenz in ihrer tiefsten Erniedrigung die Folgen ihrer Erhebung im Jahre 1848 zu tragen hatte, alles gesellschaftliche Leben erloschen und alles Streben für Kunst, Literatur und geistiges Schaffen unter den Gefrierpunkt herabgesunken war. In solcher Zeit eröffnete der Lord, nicht nur ein großer Freund und Kenner der Musik, sondern auch selbstschaffend in dieser Kunst, seine Salons im englischen Gesandtschaftshôtel auf der Seilerstätte, und dort entwickelte sich während der Jahre, welche er in Wien zubrachte, bis November 1855, wo der damals 71jährige General in den Ruhestand übertrat, ein reges musicalisches Leben. Er selbst componirte, und zwar in verschiedenen Richtungen und schrieb auch eine Oper „Il Torneo“. Während er zur Zeit seines Aufenthaltes in Berlin bei Zelter Compositionsstudien machte, war es in Wien Mayseder [Bd. XVII, S. 195], den sich der Lord für seine musicalischen Studien ausgesucht hatte und bei dem er Violinunterricht nahm. – Des Lords Sohn Julian Fane (geb. 2. October 1827) befand sich zur Zeit, als sein Vater den Gesandtschaftsposten in Wien versah, daselbst als dessen Attaché, bis er 1856 als solcher bei Lord Clarendon’s besonderer Mission nach Paris ging. Von dort begab er sich als Legationssecretär nach Petersburg, kam aber in dieser Eigenschaft 1858 wieder nach Wien, wo er 1860 zum Botschaftssecretär aufrückte, als welcher er bei der Pariser Botschaft bis 1867 blieb. Nach Wien zurückgekehrt, zog er sich 1868 ganz von seinem Posten zurück und ging nach London. Dort verlor er seine Gattin im 1 October g. J. durch den Tod. Immer schwächlich von Gesundheit, kränkelte er nur noch mehr und erlag am 19. April 1870 der Schwindsucht. Noch während seines Aufenthaltes in Wien veröffentlichte Julian in London einen Band Gedichte, der bald in zweiter Auflage erschien. Die „Revue des deux mondes“ besprach ausführlich diese Dichtungen, in denen er vorzugsweise die Bedürfnisse der nothleidenden Classen des Volkes besingt, und welche Shelley’s Einfluß auf den Poeten erkennen lassen. In Wien selbst erschienen, und zwar in der Staatsdruckerei, in sehr schöner Ausstattung, aber nicht für den Handel bestimmt, seine Uebersetzungen Heine’scher Gedichte unter dem Titel: „Poems by Heinrich Heine translated not published“ (Vienne 1834), wovon der „Wiener Lloyd“ 1854, Nr. 50, im Feuilleton eine Anzeige brachte. Fane hat auch einige Gedichte unseres Lenau ins Englische übersetzt. Noch einmal, aber nicht auf poetischem Gebiete, begegnen wir Master [175] Fane, und zwar anläßlich seines Berichtes, den er als Attaché der Wiener Botschaft 1863 an die englische Regierung über Handel und die Finanzen von Oesterreich erstattete, infolge dessen ihm ein österreichischer Kaufmann in einem geharnischten, aber sachgemäßen Briefe ddo. Wien 14. September 1864 antwortete und das rechte Licht aufsteckte. Dieses Schreiben veröffentlichte die „Presse“ 1864, Nr. 255 unter der Rubrik: „Der kleine Capitalist“.

The Illustrated. London News Oct. 22 1859: „Obituary of eminent Persons: The Earl of Westmoreland”. – Lodge (Edmund). The Peerage of the british Empire as at present existing etc. twelfth edition (London 1843, Lex. 8°.) S. 550 und 551.
Porträt. Unterschrift: „Graf Westmoreland“. A. Hüssener sc. (4°., Leipzig, in Baumgärtner’s Verlag als Beilage der „Leipziger Modezeitung“.