BLKÖ:Welwitsch, Friedrich

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 54 (1886), ab Seite: 258. (Quelle)
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Welwitsch, Friedrich (Naturforscher, geb. zu Maria Saal in Kärnthen 1806, gest. in London am 20. October 1872). Nachdem er die Vorbereitungsstudien in seinem Vaterlande Kärnten zurückgelegt hatte, begab er sich nach Wien, um sich der Arzeneiwissenschaft zu widmen. Aus besonderer Vorliebe aber betrieb er nebenbei Botanik mit rastlosem Eifer und ungeachtet sehr geringer Mittel mit ersprießlichstem Erfolge. Jacquin, Host und Trattinik waren darin seine Lehrer, die ihn anregten und förderten. Er durchforschte nicht nur die Umgebungen Wiens und die Alpen Niederösterreichs, sondern 1832 auch den Kreis ober dem Manhartsberge und machte der Erste [259] auf die eigenthümliche, bisher aber ganz vernachlässigte Flora des Waldviertels aufmerksam. So veröffentlichte er 1834 im IV. Bande der „Beiträge zur Landeskunde Niederösterreichs“ eine systematische möglichst vollständige Aufzählung der in Niederösterreich vorkommenden kryptogamischen Gefäßpflanzen der Characeen und Moose, dann im Jahre 1836, in welchem er die medicinische Doctorwürde erlangte, als Inauguraldissertation eine „Synopsis der Gallerttange“. Welwitsch ist demnach als der eigentliche Gründer der Kryptogamenflora Niederösterreichs anzusehen. 1839 wurde er vom württembergischen Reisevereine zu einer naturgeschichtlichen Reise nach den canarischen Inseln berufen, und er begab sich infolge dessen nach Lissabon. Statt aber die Reise anzutreten, blieb er dort und wurde später Director des Gartens des Herzogs von Palmela. Abweichend von diesen Angaben wäre er Director des botanischen Gartens in Lissabon und Professor der Botanik daselbst geworden, was übrigens Alles gut miteinander vereinbar ist, und habe sich 1853 auf Kosten der portugiesischen Regierung nach Angola, einer Landschaft in Niederguinea, welches mit Benguela ein portugiesisches Generalgouvernement bildet, begeben. Seine damals und später, 1860, in Benguela gemachten botanischen und zoologischen Sammlungen bereicherten fast alle Museen und machten ihn zu einem vorzüglichen Kenner der afrikanischen Flora. 1860 entdeckte er eine höchst merkwürdige, bis dahin völlig unbekannte Pflanze, welche nach ihm den Namen Welwitschia mirabilis erhielt und nicht geringe Verwunderung in den naturgeschichtlichen Kreisen erregte. Er fand sie in Benguela, an der Westküste des südlichen Afrika, in der Nähe des Cap Negro, unter etwa 15 Grad südlicher Breite. Sie gedeiht in dürrem Sandboden, welcher monatelang keinen Regen empfängt. Der von brauner rissiger Borke bedeckte Stamm erhebt sich nur wenige Zoll über den Boden. Es ist also ein Zwergbaum, welcher bei einem oft vier Fuß messenden Diameter des Stammes nie über einen Fuß hoch sich über der Erde erhebt und während seines ganzen Lebens, das nicht selten ein Jahrhundert überschreiten dürfte, immerfort die zwei ersten holzartigen Blätter behält, welche er bei seinem Emporkeimen angesetzt hat, und fernerhin nie mehr ein anderes Blatt treibt. Das ganze Gewächs sieht aus wie ein runder Tisch, der etwa einen Fuß über dem ziemlich harten Sandboden hervorragt und von dessen Rändern sich die zwei gegenüberstehenden Blätter, die oft klafterlang und an zwei bis zweieinhalb Fuß breit sind, über den Sandboden ausbreiten; jedes derselben ist in viele handförmige Streifen zerschlitzt. Diese Pflanze bildet demnach das beinahe einzig dastehende Beispiel eines Gewächses, das nicht, wie die unendliche Zahl der Pflanzen, fort und fort neue vegetative Organe erzeugt, sondern eine lange Lebensdauer, riesige Größenverhältnisse und sehr viele Jahre hindurch andauernde Fortpflanzungsfähigkeit nur durch die ununterbrochene vegetative Thätigkeit der einzigen zwei Blätter erlangt, die schon vor der Reifung des Samens am Keimpflänzchen vorgebildet wurden. Abgesehen von den Blüten und den aus der Umwandlung derselben entstehenden Früchten entwickelt die Welwitschia keine neuen Organe zu denen hinzu, welche schon der Embryo besaß. In vegetativer Beziehung bleibt sie ihr ganzes Leben hindurch Keimpflanze. Später wurde diese äußerst [260] merkwürdige Pflanze von Baine und Andersson auch in dem Damaralande, 500 englische Meilen südlich vom Cap Negro, aber nur auf einem sehr beschränkten Raume gefunden. Häufiger ist sie am unteren Laufe des Swakopflusses. Eine Zucht dieser merkwürdigen Pflanze in unseren Treibhäusern blieb bisher erfolglos und wird es wohl auch bleiben. Welwitsch’s zahlreichen Entdeckungen zur Bereicherung der Flora Niederösterreichs, sowie daß er es vorzugsweise war, der durch seine Verbindungen mit den berühmtesten Botanikern aller Länder diese herrliche vom Ausland eben wenig gekannte und kaum beachtete Flora zur Kenntniß desselben brachte, diese beiden für die Wissenschaft maßgebenden Umstände machten seinen Namen wohl in der Heimat im Kreise der Fachgenossen bekannt, aber die Entdeckung der monströsen Pflanze, welche J. D. Hooker in einer besonderen Monographie beschrieb und dem Entdecker zu Ehren Welwitschia mirabilis nannte, machte ihn zum Gemeingut der botanischen Wissenschaft. Ueber unseren Naturforscher haben wir nur noch zu berichten, daß derselbe nicht mehr nach dem Continente zurückkehrte, daß er mit ah. Entschließung vom 25. November 1863 „in Anerkennung seiner wissenschaftlichen Leistungen“ das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens erhielt und auf einer Reise nach England im Alter von 66 Jahren in London gestorben sei. Außer den schon genannten Arbeiten seiner Feder sind uns noch bekannt: „Pilze der Karsthöhlen“, in den „Verhandlungen des zoologisch-botanischen Vereines in Wien“ III. Jahrg., S. 115 und „Synopse explicativa das amostras de Madeiras e drogas medicinaes de collegidas na provincia de Angola“ (1862). Mehreres soll Welwitsch in anderen periodischen Fachschriften veröffentlicht haben.

Neue Freie Presse (Wiener polit. Blatt, kl. Fol.) 31. October 1872, Nummer 2941: „Dr. Welwitsch und die Welwitschia“. – Verhandlungen des zoologisch-botanischen Vereines in Wien (Wien 1855, 8°.) Bd. V, Jahr 1855 in den Abhandlungen S. 42 und 60 in der „Geschichte der Botanik in Niederösterreich“ von August Neilreich. – Lexikon der Reisen und Entdeckungen von Dr. Friedrich Embacher (Leipzig 1882, bibliogr. Institut) S. 295. – Carinthia (Klagenfurt, 4°.) 1863, S. 151. – (Curtis’) botanical magazine, Vol. XIX, Tafel 5368 und 5369: „Beschreibung und Abbildung der Welwitschia mirabilis“, von Hooker. – Allgemeine Zeitung (Augsburg, Cotta, 4°.) 1872, Nr. 332, S. 5049. – Die Gartenlaube (Leipzig, Ernst Keil, 4°.) 1884, S. 323: „Eine südafrikanische Wüstenpflanze“. [Abbildung der „Welwitschia mirabilis“ von Dr. Pechuel-Loesche].
Die letztwilligen Verfügungen des Naturforschers Dr. Friedrich Welwitsch. Der Gelehrte hatte zu London seine letztwillige Verfügung aufgesetzt, welche nach seinem 1872 daselbst erfolgten Tode auch eröffnet und bekannt gemacht wurde. Er verordnet darin: daß eine Sammlung afrikanischer Pflanzen (mit Ausnahme einer Herrn Duby in Genf hinterlassenen Moosesammlung) dem britischen Museum zum Kaufpreise von 2 Pfund Sterling, 10 Schilling für einhundert Exemplare, zum Ankaufe angeboten; der portugiesischen Regierung zwei Abtheilungen afrikanischer Pflanzen, dem Dr. Schweinfurth, dem Professor A. Decandolle, der Akademie zu Lissabon, dem kärnthnerischen Museum, dem kaiserlichen naturgeschichtlichen Museum zu Rio de Janeiro, der englischen Regierung für die botanischen Gärten in Kew, den botanischen Museen von Paris, Berlin, Wien, Kopenhagen je eine unentgeltlich: dem zoologischen Museum zu Lissabon die afrikanische entomologische Sammlung, alle Bücher, Instrumente u. s. w., dem Dr. Peters zu Berlin und dem kärnthnerischen Museum je eine Abtheilung der Molluskensammlung überlassen und der Akademie der Wissenschaften in Lissabon das General- [261] und portugiesische Herbarium überwiesen werde. Endlich wünscht der Testator, daß alle diese Legate als Geschenke der portugiesischen Regierung angesehen werden mögen, durch deren Hilfe und Freigebigkeit er im Stande gewesen sei, in den Besitz aller Pflanzensammlungen zu kommen. [Allgemeine Zeitung (Augsburg, Cotta, 4°.) 1872, S. 5049.]