BLKÖ:Weinbrenner, Joseph Paul Reichsfreiherr von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Weindl, Joseph
Band: 54 (1886), ab Seite: 23. (Quelle)
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Weinbrenner, Joseph Paul Reichsfreiherr von (Industrieller, geb. in Wien am 8. April 1728, gest. daselbst am 8. November 1807). Er war der Sohn von Wiener Bürgersleuten. Sein Vater starb frühzeitig, und seine Mutter verband sich in zweiter Ehe mit Franz Bayer, Kürschnermeister und Bürger in Wien. Im zwölften Lebensjahre, am 7. Februar 1740, trat er als Lehrling in seines Stiefvaters Geschäft, in welchem er nach vierjähriger Lehrzeit „freigesprochen“ wurde. Es scheint, daß ihm derselbe ein fürsorgender Vater und Meister gewesen und ihm auch jenen unermüdlichen Fleiß und jene Thatkraft einzuflößen verstanden, die wir an unserem Industriellen bewundern. 1748 war Weinbrenner bereits als selbstständiger Meister etablirt. Wahrscheinlich hatte er zu dieser Zeit den Tod seines Stiefvaters zu beklagen und sah sich daher gezwungen, das Geschäft desselben so früh zu übernehmen. Von da an datirt auch seine ebenso rastlose als erfolgreiche Thätigkeit, erfolgreich nicht allein für ihn selbst, sondern vielfach auch für seine Mitbürger und sein Vaterland. Er richtete sein Augenmerk in erster Linie auf die Verbesserung seines eigenen Geschäftszweiges, des Rauhwaarenhandels. Eine Reise nach dem Norden Europa, namentlich nach Rußland, welche er 1761 unter mancherlei Gefahren und Schwierigkeiten unternahm, ließ ihn die Urquellen des Pelzhandels kennen lernen, die er auch zum Vortheile und zur Hebung dieses Geschäftszweiges in den österreichischen Erblanden bestens zu benützen verstand. Bei Zunahme seines Wohlstandes verlegte er sich auch auf andere Industriezweige. [24] So errichtete er in Mährisch-Neustadt eine Wollzeugfabrik und in St. Pölten eine Zitz- und Kattunfabrik, welch letztere er später seinen Großneffen Anton und Franz Faber und Joseph Edlen von Weittenhiller [dieser trat aber bald wieder aus] überließ. Von 1801 bis ungefähr 1804 arbeitete auf Anregung Weinbrenner’s Alois Senefelder [Bd. XXXIV, S. 102][WS 1], der Erfinder der Lithographie, in der St. Pöltener Fabrik, wo dieser seine epochemachende Erfindung auf den Buntdruck von Kattunstücken anwendete. Wiederholt trat Weinbrenner mit Vorschlägen zur Hebung des Handels in den Erblanden direct an die Kaiserin Maria Theresia und später an Kaiser Joseph II. heran. Diese Eingaben, welche durch die Liebe zu seinem Vaterlande und den Eifer, demselben zu dienen, manche Wahrheit mit großer und männlicher Kühnheit vor die Stufen des Thrones brachten, bilden ein charakteristisches Merkmal der edlen, hingebungsvollen und zielbewußten Thätigkeit Weinbrenner’s, der bei aller schuldigen Ehrfurcht vor der hohen Regierung keine Schranken kannte, wo es sich um den Nutzen und den Vortheil seines Vaterlandes handelte. So schrieb er in einem „allerunterthänigsten Hofanbringen“ an den Kaiser (Joseph II.) wörtlich: ....„Den Wiener Kaufleuten fehlen zu einer stärkeren Ausfuhr die nöthigen Kenntnisse und Verbindungen, dann aber auch die hiezu nothwendigen Fonds. Von Seiten der Regierung dagegen geschieht noch immer zu wenig für die Verbesserung der Strassen, vernünfftige Zolltarife und die Erleichterung der Manipulation bei den Zoll- und Mauth-Aemtern, weilen man den Wohlstand des Staates nicht in dem Wohlstand der Bürger, sondern in der Erhöhung des Staatskredites sucht, wodurch die Kapitalien nicht wie in anderen Ländern der Industrie, sondern den Staatskassen zufließen....“ Aber trotz dieser freien und kühnen Sprache, oder vielleicht eben deshalb, stand Weinbrenner bei seiner großen Kaiserin und deren unsterblichem Sohne in hoher Gnade, welche dieselben durch vielfache Beweise bethätigten. So wurde er mittels Diplomes ddo. Wien 7. Juli 1768 von der Kaiserin Maria Theresia in den erbländischen Adelstand mit dem Ehrenworte „Edler von“ erhoben; 1771 erhielt er den Titel eines k. k. Commerzienrathes und am 27. Juli 1766 den eines wirklichen k. k. niederösterreichischen Regierungsrathes. Von Kaiser Franz II. ward er ddo. Wien 30. März 1795 in den „Reichspanier- und Freiherrenstand“ erhoben, nachdem er bereits ddo. München 8. Juli 1792 vom Kurfürsten Karl Theodor von Bayern den Reichsvicariats-Freiherrenstand erhalten hatte. Aber nicht nur Würden und Titel erntete er für seine rastlose Thätigkeit und seinen regen Unternehmungsgeist, sondern auch einen für seine Zeit seltenen Wohlstand, über welchen Näheres S. 25 die Quellen berichten. Aber dieser Wohlstand machte ihn nicht blind gegen unverdiente und wahre Armut und Nothdurft des Volkes. Vielfache Belege sind noch heute aufzuweisen, welche Zeugniß geben von dem Wohlthätigkeitssinne, den er in stets unauffälliger und rücksichtsvoller Weise übte. Ebenso ließen ihm seine vielfachen und ausgedehnten Geschäfte noch Zeit, um auch auf dem Gebiete der Volkserziehung Nützliches zu leisten. Eine zielbewußte und gediegene Schule als die Grundlage des Volkswohlstandes [25] erkennend, unterbreitete er der Kaiserin einen Vorschlag zur Errichtung der Normalschule, wußte für seinen Plan den Staatsrath Freiherrn von Gebler [Bd. V, S. 118] und den Rector der Bürgerschule bei St. Stephan, Joseph Meßmer [Bd. XVII, S. 453, Nr. 2], zu gewinnen, so daß am 2. Jänner 1771 die Eröffnung der ersten Normalschule in Oesterreich (zuerst bei St. Stephan, dann 1775 nach St. Anna verlegt) stattfinden konnte. So gab er den ersten Anstoß zur Errichtung einer Schule, welche noch heute als eine der segensreichsten Institutionen der Kaiserin Maria Theresia erachtet werden muß. Weinbrenner genoß in seiner Jugend wohl nur eine mangelhafte Schulbildung, aber er bemühte sich zeit seines Lebens, durch fleißiges Selbststudium die Lücken seiner Erziehung in nicht geringer Weise auszufüllen. Die Wissenschaften und Künste hielt er hoch und war stets ein eifriger Beschützer und Förderer derselben. Auch ist er der Verfasser der anonym erschienenen Schrift: „Patriotischer Vorschlag, wie dem Ausfuhrhandel aus den hungarisch-deutschen Provinzen abgeholfen werden kann“ (1781, 8°.); – die zweite 1792 mit dem veränderten Titel: „Patriotische Gedanken und Vorschläge über den gehemmten Ausfuhrhandel“ ausgegebene Auflage dieser Schrift erschien mit seinem vollen Namen. Sein Haus war ein Sammelplatz der bedeutendsten Künstler und Gelehrten seiner Zeit, und selbst die höchsten Würdenträger der theresianischen und josephinischen Regierung verschmähten es nicht, dasselbe zu besuchen. Weinbrenner verheiratete sich 1748, also schon im jugendlichen Alter von zwanzig Jahren, mit Elisabeth Kegel (geb. 1724, gest. 29. October 1806 zu Wien). Diese Ehe, in welcher er 1798 seine goldene Hochzeit festlich beging, blieb jedoch kinderlos, und so wendete er seine Sorgfalt dem Wohle seiner Neffen und Nichten (den Kindern seiner Stiefschwester Marie Faber geborenen Bayer) zu, welche auch das am 8. November 1807 im hohen Alter von 80 Jahren erfolgte Hinscheiden ihres Wohlthäters aufrichtig betrauerten. Weinbrenner[WS 2] liegt auf dem gegenwärtig aufgelassenen Ortsfriedhofe zu Penzing (um die alte St. Jacobskirche gelegen) begraben, woselbst seinem Andenken ein (jetzt nicht mehr vorhandener) Grabstein errichtet wurde, dessen Inschrift hier der Vergessenheit entzogen werde. Sie lautete: „Hier ruht | der Freiherr Joseph von Weinbrenner, | k. k. Regierungsrath und Niederlagsverwandter. | Er war seines Adels und Wohlstandes durch Verstand und Denkkraft eigener Schöpfer. | Freund und Gönner der Kunst, | des ersten Entwurfs zur nützlichen Normalschule Urheber. | Gastfrey ohne Gleichen. | Seiner Neffen und Nichten zweiter Vater; | würdig des tagevollen Lebens, welches er im 80. Altersjahre beschloß.“ Weinbrenner war der Letzte der hofbefreiten Niederlagsverwandten, an deren Stelle, nach Auflösung derselben – aber mit weit beschränkteren Privilegien – die gegenwärtigen k. k. priv. Großhändler traten.

I. Des Freiherrn Weinbrenner Besitzstand. Derselbe war durch Weinbrenner’s industrielle Unternehmungen ein für jene Zeit bedeutender geworden. Außer den schon in der Lebensskizze erwähnten Fabriken zu Mährisch-Neustadt und St. Pölten besaß der Freiherr in der inneren Stadt Wien folgende Häuser: am Haarmarkt das Haus Nr. 734 (neu: Rothenthurmstraße Nr. 10) „zum goldenen Adler“, am 2. October 1761 von dem Oberdirector der fürstlich Lamberg’schen Herrschaften. Joseph Matthäus Edlen von [26] Kirchstättern, gekauft; dieses Haus, in welchem Weinbrenner wohnte und auch starb, ging nach seinem Tode an seine Stiefnichte Marianne Edle von Weittenhiller geborene Fabег über, deren Nachkommen dasselbe bis 1872 innehatten; gegenwärtig ist es mit dem anstoßenden Gebäude „zum schwarzen Bären“ in eines verbaut und heißt ..Germaniahof“; – in der Krebsgasse das Haus Nr. 454 (neu: Sterngasse Nr. 6) „zum rothen Krebs“, 1775 von den Franz Koch’schen Erben gekauft. Nach Weinbrenner’s Tode fiel es dessen Neffen Franz Faber zu, und die Nachkommen des Letzteren veräußerten es 1883 an die Commune Wien, welche es gleichzeitig mit dem alten Polizeihause niederreißen ließ. Im Jahre 1775 erwarb Weinbrenner auch das Haus Nr. 920 in der Weihburggasse (jetzt Franciscanerplatz Nr. 5 mit dem Durchgange in die Ballgasse). 1797 baute er dieses Haus vollständig neu auf. Heute gehöre dasselbe der Familie Partl die es von Weinbrenner’s Erden käuflich erwarb. Ferner besaß der Freiherr in der unteren Bäckerstraße das Haus Nr. 748 (heute Sonnenfelsgasse Nr. 21), das er um dieselbe Zeit mit den obangeführten Häusern ankaufte. Gegenwärtig ist die griechische Gemeinde Eigenthümerin dieses Gebäudes. Außer diesen vier Stadthäusern besaß er noch das Haus Nr. 189 mit großem wohlgepflegten Garten neben dem fürstlich Aremberg’schen Landhause in Gumpendorf (neu: Gumpendorferstraße Nr. 122), wo er zumeist die heißere Jahreszeit zubrachte. Diese Realität kam nach seinem Tode in den Besitz seiner Nichte Marianne Edlen von Weittenhiller.
II. Porträts. 1) Brustbild, lebensgroß (ursprünglich in ganzer Figur, später zu einem Brustbilde geschnitten), in Oel gemalt von Joh. Bapt. R. von Lampi (Vater). Im Besitze der Familie Faber in Wien. – 2) Dasselbe Gemälde gestochen in Schabmanier 1791 von J. Jacobe in Wien. – 3) Ganze Figur, sitzend, ca. 49 Centimeter hoch, auf Kupfer in Oel gemalt von Joh. Bapt. R. von Lampi (Vater). – 4) Profilkopf in Porcellanbisquit, weiß auf blauem Grunde (aus der Wiener kaiserlichen Porcellanfabrik). Die drei letzteren Porträts im Besitze der Familie von Weittenhiller.
III. Wappen (adeliges von 1768). Quadrirter Schild. Im 1. goldenen Felde ein einfacher schwarzer Adler; im 2. und 3 rothen Felde ein einwärts gekehrter silberner Lowe; im 4. goldenen Felde ein mit drei goldenen Sternen belegter blauer, schräglinker Balken. Auf dem oberen Rande des Wappens ruht ein Helm, aus dessen Krone zwischen einem offenen schwarzen Fluge ein silberner Löwe hervorwächst. Helmdecken: rechts schwarz-golden, links roth-silbern. – (Reichsfreiherrliches von 1795): Schild wie im obigen Wappen von 1768. Drei gekrönte Helme. I. Auf der Krone des rechten zwischen offenem schwarzen Fluge ein wachsender silberner Löwe. II. Auf der Krone des mittleren ein ganzer schwarzer Adler. III. Auf der Krone des linken wallen drei – zwischen weißen eine rothe – Straußfedern. Helmdecken: des rechten Helmes schwarz mit Gold, des mittleren blau mit Gold, des linken roth mit Silber unterlegt. Schildhalter: rechts ein goldener Löwe, links ein goldener Greif.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: [Bd. XXIV, S. 102].
  2. Vorlage: Weinberger.