Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 54 (1886), ab Seite: 13. (Quelle)
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Weiler, Marie (Schauspielerin, geb. im ersten Viertel des laufenden Jahrhunderts, gest. zu Wien am 31. October 1864). Ueber ihre ersten Lebens- und Bildungsjahre, wie, wann und wo sie zuerst zur Bühne kam, liegen uns keine Nachrichten vor. Nestroy wirkte zu Beginn der Dreißiger-Jahre als Komiker bei der Gratzer Bühne, an welcher auch Marie Weiler als Localsängerin in Engagement stand. Als dann Ersterer im März 1831 aus Gefälligkeit für einen Beneficianten im Josephstädter Theater zu Wien als Sansquartier in Angely’s „Zwölf Mädchen in Uniform“ auftrat, gastirte Letztere gleichzeitig daselbst mit ihm. Nestroy, der sehr unglücklich verheiratet und von seiner Frau gerichtlich geschieden war, fand diese und die mit ihr erzeugten Kinder [siehe Nestroy Bd. XX, S. 214] mit einem Capital ab, bei dessen Empfang sie sich verpflichteten, auf alle weiteren Ansprüche an sein Vermögen zu verzichten. Und nun wurde Marie Weiler, die er in Gratz kennen gelernt hatte, seine Freundin und Lebensgefährtin und blieb es bis zu seinem in Gratz am 25. Mai 1862 erfolgten Tode. Nach dem oben erwähnten Gastspiele Nestroy’s, welches den günstigsten Erfolg hatte, beeilte sich der Director des Leopoldstädter Theaters, den Komiker zu engagiren, und so schlossen Nestroy und Weiler, seine Freundin, am 23. August 1831 ihre auf mehrere Jahre lautenden Verträge mit Carl ab. Marie Weiler war damals eine der vorzüglichsten Localsängerinen; als sie in der Folge ihre Stimme verlor und nicht mehr singen konnte, schrieb auch Nestroy – und das ist Thatsache – keine Posse mehr, in der eine Localsängerin Gelegenheit gehabt hätte, durch Couplet- oder Liedervortrag zu glänzen. Später trat sie ganz von der Bühne zurück und widmete sich nun ausschließlich der Aufgabe einer Hausfrau im Heim ihres Freundes, dem sie es so behaglich [14] einrichtete und dessen Vermögensverwalterin sie in so glücklicher Weise wurde, daß sie ein Theaterchronist unserer Zeit geradezu und nicht ohne Glück als Nestroy’s Vorsehung“ bezeichnete, denn dieses großen Komikers Wesen war durchaus nicht darauf angelegt, für sich und seine Zukunft zu sorgen, er mußte – sagen wir es gerade heraus – unter einer Vormundschaft stehen, und diese übte Marie Weiler energisch, aber mit sicherer Hand aus. Friedrich Kaiser in seinen unten angeführten Bildern aus der Bühnenwelt: „Unter fünfzehn Theaterdirectoren“ gibt darüber einige Aufschlüsse, wobei jedoch zu bemerken, daß er der Dame, der er bei seinem Charakter nicht allzu liebenswürdig entgegentrat, in seinem Innern gar nicht zugethan war. Nestroy selbst aber gibt in seinem Testament der Lebensgefährtin folgendes vollwichtiges Zeugniß: „Zur Universalerbin ernenne ich Marie Weiler, die treue Freundin meiner Tage, welche durch aufopferndes Wirken das Meiste zur Erwerbung meines Vermögens beigetragen hat, so zwar, daß ich nicht zu viel sage, wenn ich behaupte, sie hat gegründetere Ansprüche darauf als ich selbst“. Bei ihrem Tode wurde es als Curiosum bemerkt, daß sie an demselben Tage starb, an welchem vier Jahre früher (31. October 1860) Nestroy von den Wienern Abschied genommen hatte.

Vorstadt-Zeitung (Wiener polt. Blatt) 1864, Nr. 307, im Feuilleton: „Sonntagsplaudereien“. – Wiener Abendpost (Abendblatt der Wiener Zeitung) 1864, Nr. 254, S. 1020. – Kaiser (Friedrich). Unter fünfzehn Theater-Directoren. Bunte Bilder aus der Wiener Bühnenwelt (Wien 1870, R. von Waldheim, 12°.) S. 24 und noch an vielen Stellen, welche das beim Buche befindliche Register genau bezeichnet. – Vogl (Joh. Nep. Dr.). Volkskalender für 1870 (Wien, Fromme, 8°.) 26. Jahrg., S. 155.