BLKÖ:Warsow, Friedrich

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 53 (1886), ab Seite: 100. (Quelle)
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Warsow, Friedrich (vorzüglicher Kalligraph, geb. zu Stolpe in Pommern am 18. November 1787, Todesjahr unbekannt). Von seinem Vater, welcher Sattlermeister in Stolpe war, erhielt er den ersten Unterricht und besuchte dann, sechs Jahre alt, die lateinische Schule. Die Mittellosigkeit der Eltern nöthigte den Knaben, in den Mußestunden durch Abschriften für den Stadtmagistrat sich einen Nebenverdienst zu suchen. Als er eilf Jahre alt war, arbeitete er für den Stadtbaumeister Härtel Risse und Ueberschläge, mit zwölf Jahren kam er nach Danzig zu einem Justizbeamten, den er aber bald verließ, da ihn dieser mehr zu Arbeiten, die für einen Bedienten paßten, verwendete, wozu er sich denn doch nicht auf die Dauer mißbrauchen lassen wollte. So trat er bei der Vorstandschaft der pommerschen Forstverwaltung als Practicant ein, wurde daselbst Secretär und fand die erste Gelegenheit, seinem Hange zu kalligraphischen Arbeiten zu genügen. Als dann im October 1806 Preußen unter der französischen Gewaltherrschaft litt, verlor auch er seine Stelle und schlug kümmerlich bis 1809 sich durch, in welcher Zeit er durch eine Verkettung fast [101] romantischer Umstände nach Wien kam. Schon am ersten Abende seines Aufenthaltes daselbst wurde ihm im Theater seine Brieftasche entwendet, welche seine ganze Barschaft und seine Zeugnisse enthielt. Da er fremd war und keine Bekannten in der vom Feinde besetzten Stadt hatte, war seine Verlegenheit nicht gering, aber ein Kellner half ihm aus der Noth, er räumte ihm ein Plätzchen in einer Ecke des Speisesaales ein, lenkte die Aufmerksamkeit der Gäste auf ihn, und der Eine gab ihm etwas zu copiren, ein Zweiter ließ sich von ihm ein Bittgesuch aufsetzen, für einen Dritten zeichnete er ein Stammbuchblatt, und so ging es fort; die Bestellungen mehrten sich, und Warsow brachte sich fort, bis es ihm gelang, im Jahre 1810 in der Hauptbuchhaltung des Grafen Theodor Batthyány die Stelle eines Rechnungsrevisors zu erhalten, und von dieser Zeit datirt sein eigentliches Wirken als Lehrer der Kalligraphie, in der er Vorzügliches leistete. Bald war er in der Lage, seine Stelle bei dem Grafen aufzugeben und sich ausschließlich der Kalligraphie, die er vom künstlerischen Gesichtspunkte auffaßte, zu widmen. Sein Hauptstreben ging dahin, den kalligraphisch auszuführenden Gegenstand mit der Bedeutung der Worte soweit thunlich in Einklang zu bringen. Als im Frühling 1821 eine Subscriptionsaufforderung um Beiträge zur Errichtung eines Denkmals für Haydn, Mozart und Gluck erlassen wurde, führte er das Schriftbild zu diesem Zwecke in höchst sinniger Weise aus, indem er den musicalischen Charakter in der harmonischen Verbindung eines bildlich dargestellten Andante, Adagio und Allegro zum Ausdruck brachte. Es fand großen Beifall. Auf einem anderen Blatte stellte er sich die Aufgabe, den Reichthum und die Mannigfaltigkeit der menschlichen Kenntnisse und die Namen der Begründer oder doch der größten Meister jeder Wissenschaft zur Anschauung zu bringen. Ein Exemplar desselben widmete er Seiner Majestät dem Kaiser Franz, ein zweites in englischer Sprache war für London bestimmt. Neben zahlreichen Arbeiten, wie sich ihm solche durch Bestellungen darboten und deren jeder er bei ihrer Mannigfaltigkeit eine poetische Seite abzusehen verstand, beschäftigte er sich eine Reihe von Jahren hindurch mit der kalligraphischen Ausführung des Vaterunser. So hat er nicht weniger denn dreizehn Entwürfe durchgeführt, und seine symbolographischen Blätter erfreuten sich großer Anerkennung, welche sie auch verdienten. Ein solches symbolographisches Blatt, „Das Gebet des Herrn“, überreichte er dem Wiener Magistrat, er gab den Werth dieser Arbeit auf fünfhundert Gulden an und widmete das Erträgniß derselben dem Fonde einer damals zur Ausführung beantragten Wasserleitung für Wien. Ueberhaupt war die Ausübung seiner Kunst sehr einträglich, und er wurde bald ein vermögender Mann. Warsow war auch musicalisch gebildet und ein großer Freund der Musik, denn aus der „Geschichte des Concertwesens in Wien“, welche Dr. Hanslick im 4., 5. und 6. Bande der „Oesterreichischen Revue“ (1864) bruchstückweise – später erschien dieselbe umgearbeitet als Ganzes – veröffentlichte, erfahren wir, daß im zweiten Decennium des laufenden Jahrhunderts bei Warsow, wie auch sonst noch bei mehreren musikliebenden Privaten Wiens, musicalische Unterhaltungen stattfanden. Ueberdies besaß Warsow auch eine kostbare Sammlung von Gemälden. [102] Im Jahre 1840 befand er sich noch am Leben.

Nagler (G. K. Dr.). Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1839, E. A. Fleischmann, 8°,) Bd. XXI, 3. 102. – Tschischka (Franz). Kunst und Alterthum im österreichischen Kaiserstaate geographisch dargestellt (Wien 1836, Fr. Beck, gr. 8°.), S. 52, 56 und 406.