BLKÖ:Warszewicz, Joseph von
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 53 (1886), ab Seite: 102. (Quelle) | |||
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[103] so interessanten Schmarotzerpflanzen, welche er in zahlreichen Exemplaren sammelte und deren interessanteste, den Botanikern bisher völlig unbekannte er in der Umgebung des Vulkans Chiriqui in der Republik Costarica vorfand. Dabei ist als ganz besonderes Verdienst unseres Reisenden anzuführen, daß er, da er alle in den europäischen Warmhäusern bis dahin gepflegten Gattungen und Arten dieser Pflanze genau kannte, nur noch jene sammelte, welche lebend bisher in der alten Welt noch nicht gesehen worden oder aber völlig unbekannt waren. Diese Reise war mit unzähligen Beschwerden und Mühseligkeiten verknüpft, Monate lang brachte Warszewicz oft in Gegenden zu, wo er keinem menschlichen Wesen begegnete, wo auch nicht die geringste Spur eines Weges ihm die Richtung zeigte, welcher er folgen solle, und wo er inmitten des Urwaldes, undurchdringlichen Dickichts in einander gewachsener Baumstämme und Schlingpflanzen sich erst selbst den Weg bahnen mußte, der dann in kurzer Zeit wieder so zusammen und ineinander wuchs, daß die Spur desselben unauffindbar war. Und Hand in Hand mit den Mühseligkeiten des erst zu bahnenden Weges gingen die Unbilden des Klimas und des Wetters, welche jeder Beschreibung spotten. Daß unter solchen Verhältnissen auch eine eiserne Constitution allmälig zusammenbrechen mußte, wird Niemanden Wunder nehmen, und wie lange auch Warszewicz allen diesen verderblichen Einflüssen Widerstand leistete, endlich bezwangen ihn die Fieber, Taubheit stellte sich ein, und nachdem er einen Hafen erreicht, von welchem ihn ein Schiff nach Europa bringen sollte, schiffte er sich, um sicherem Tode zu entgehen, im August 1850 nach Europa ein. Im Herbste dieses Jahres veröffentlichte Warszewicz in Berlin durch den Druck ein Verzeichniß der von ihm gesammelten Pflanzen und Pflanzensamen, worin viele ganz neue oder sehr seltene Arten enthalten waren, anläßlich deren Alexander Humboldt, der selbst in seinen jungen Jahren die Gegenden bereist hatte, welche dann Warszewicz zu seinen botanischen Zwecken durchforschte, diesem eine vom 14. October 1850 datirte Empfehlung gab, in der er Joseph de Warszewicz als „Naturaliste voyageur également distingué par sa connaissance en botanique et en zoologie, que par un noble et excellent caractère“ bezeichnete. Im nämlichen Jahre verlieh dem berühmten Reisenden auf Empfehlung des Professors Czerwiakowski, der denselben noch vom Jahre 1838 her kannte, der Senat des Freistaates Krakau die Inspectorstelle des botanischen Gartens in Krakau. Warszewicz aber konnte vorderhand diesen Posten nicht antreten, weil ihn während seines Aufenthaltes in England, auf Vorstellungen des Lords Derby, die englische Gartenbaugesellschaft zu einer neuen Reise durch Südamerika, deren Dauer auf drei Jahre festgesetzt war, engagirt hatte. Nachdem er sich in seiner Gesundheit wieder erholt, schiffte er aus dem Hafen von Southampton zum zweiten Male in die neue Welt und landete Ende November 1850 in Cartagena. Diese zweite Reise war noch ergiebiger als die erste an wissenschaftlicher Ausbeute. Warszewicz bereiste nun Neu-Granada, Venezuela und Englisch-Guyana, dann überschritt er die Grenze des Kaiserthums Brasilien, den Rio Negro und Maraguan, durchwanderte die mitternächtlichen Provinzen dieses großen Kaiserthums, und nachdem er die Kette [104] der Cordilleren erreicht, überstieg er den Chimborasso in einer Höhe von 18.000 Fuß und durchzog Peru und Bolivia. In Peru überschritt er die höchsten Gebirge, Nevada di Sorato und die Sierra Nevada und durchzog längs der Küste am Fuße der Cordilleren die brasilianische Grenze, und um seine botanischen Sammlungen zu vervollständigen, drang er über Chili bis nach Patagonien vor. So hatte Warszewicz während dreier Jahre, zum größten Theil zu Fuß oder auf Maulthieren und in Gesellschaft einiger Eingeborener, den ganzen Süden Nordamerikas und ganz Südamerika nach den verschiedensten Richtungen durchwandert, die Kette der Cordilleren zu wiederholten Malen an ihren höchsten Punkten überstiegen, die noch von keinem menschlichen Fuße berührten Wüsteneien des mittäglichen Brasilien, die Pampas des mittäglichen Bolivia der Erste besucht, mit der Boussole in der Hand, mit dem Eifer der Forschung im Herzen und mit dem Vertrauen auf Gott in der Seele. Welche Hindernisse er auf diesen Wanderungen zu bewältigen hatte, das läßt sich hier nicht beschreiben; oft war sein Leben gefährdet, und einmal rettete er dasselbe nur mit dem Opfer seiner reichen Sammlungen, die er mit so viel Gefahren und Mühsal zusammengebracht. Aber das schreckte ihn nicht zurück, er begann von Neuem zu wandern und zu sammeln. Im Frühling 1853 kehrte Warszewicz nach Europa zurück, und auf erneuerte Aufforderung traf er im December in Krakau ein und übernahm sofort die ihm vorbehaltene Stelle des Inspectors des botanischen Gartens, die er dreizehn Jahre lang, bis an sein 1866 erfolgtes Lebensende versah. Der Garten bedurfte dringend einer neuen leitenden Hand und nahm unter Warszewicz in kurzer Zeit eine Gestalt an, wie sie das Bedürfniß der Wissenschaft erforderte; er setzte sich sofort mit den botanischen Gärten des Auslandes in Verbindung und tauschte seine verfügbaren Gewächse mit den ihrigen ein, und so wurde er in den Kreisen der Wissenschaft immer mehr und mehr bekannt, man berief ihn nach Wien, Belgien, Holland und bei öffentlichen Pflanzenausstellungen erwählte man ihn zum Preisrichter. Ihm selbst wurden für Warmhauspflanzen, die unter seiner Pflege im Garten zu Krakau gediehen waren, Preise zutheil. So kräftig und stark von Natur Warszewicz auch war, die Strapazen seiner langen Reisen hatten doch seine Gesundheit unterwühlt, in den letzten Jahren fühlte er bedeutenden Nachlaß seiner Kräfte, wenngleich er an Thätigkeit gewöhnt und unermüdlich derselben sich hingebend, der Natur Trotz zu bieten schien. Aber Anfangs December 1866 erkrankte er ernstlich, rasch nahm das Leiden überhand und raffte ihn dahin. So hatte denn der sonst so kräftige und starke Mann, der zu einer bei weitem längeren Lebensdauer von Natur aus veranlagt war, im Alter von erst 54 Jahren geendet, offenbar gebrochen durch die Mühsal und die Beschwerden, welche er auf seinen wissenschaftlichen Fahrten in den unwirthlichen Gegenden der neuen Welt zu erdulden gehabt. Außer dem oben erwähnten Pflanzen- und Samenverzeichnisse hat Warszewicz nichts durch den Druck veröffentlicht. Sein handschriftlicher Nachlaß befindet sich in Krakau. Durch ihn ist eine Menge in Amerika gesammelter Pflanzen nach Europa, wo sie bis dahin völlig unbekannt waren, theils im lebenden, theils im getrockneten Zustande gebracht und viele von ersteren in unsere Gärten verpflanzt [105] und in Treibhäusern gezüchtet worden. Lindley und Skinner in London, Klotsch in Berlin, H. G. Reichenbach (Sohn)[WS 1] in Leipzig und Regel in Zürich haben seine Funde beschrieben. Zwei Arten und eine große Menge Gattungen tragen zum Andenken an ihn (siehe unten) seinen Namen. Aber außer Pflanzen und unter diesen vorzugsweise Orchideen, sammelte Warszewicz auch Kolibri, welche der berühmte englische Ornitholog John Gould beschrieben hat. Viele davon schoß Warszewicz in den Cordilleren noch in der ansehnlichen Höhe von 8000 bis 10.000 Fuß über dem Meeresspiegel, auch sammelte er andere Vögel, Käfer, Amphibien und Muscheln, die sich in den verschiedenen Naturaliencabineten des Continents zerstreut finden; eine von ihm angelegte sehr schöne Sammlung von Chinarinden und sehr vielen mit dieser interessanten Pflanze verwandten Arten (Cinchona) befindet sich in Berlin.
Warszewicz, Joseph von (Inspector des botanischen Gartens in Krakau, Reisender und Botaniker, geb. in Lithauen im Jahre 1812, gest. zu Krakau 29. December 1866). Seine Erziehung und wissenschaftliche Ausbildung erhielt er in Wilna, wo er sich von Jugend auf viel mit Gartenarbeiten beschäftigte und im botanischen Garten die erste Anregung zu botanischen Forschungen erhielt. Er blieb daselbst bis zum Jahre 1831. Die kriegerischen Verhältnisse jener Zeit rissen ihn aus der ihm lieb gewordenen Beschäftigung, er trat in die Armee, wurde Officier, erreichte, als die Ereignisse schief gingen, mit einigen Kameraden die preußische Grenze und kehrte nun wieder zu seiner Lieblingsbeschäftigung, der Gärtnerei, zurück. In der Fremde erkannte man bald seine nicht gewöhnlichen Anlagen und Kenntnisse, vornehmlich zu Insterburg, wohin er sich zunächst begeben hatte, dann aber ging er nach Berlin, wo er sich im botanischen Garten in seiner Kunst ganz besonders vervollkommnete. Im Jahre 1844 durch die Oberleitung dieses Gartens an die Berliner botanische Gesellschaft zu einer Reise ins mittlere Amerika empfohlen, entschloß er sich Berlin zu verlassen. Diese Gesellschaft entsendete nämlich mehrere Leute, um Samen dort wildwachsender Pflanzen zu sammeln und zugleich die Küsten von St. Thomas in der Republik Guatemala zu untersuchen, ob sie geeignet seien zur Anpflanzung landwirthschaftlicher Gewächse für Colonien, welche dort angelegt werden sollten. Warszewicz, der längst das Verlangen in sich trug, die neue Welt zu besuchen, nahm den ihm gestellten Antrag sofort an und dampfte am 5. December 1844 aus dem Hafen von Ostende nach den mittleren Ländern der Vereinigten Staaten von Nordamerika. In allen Hafen des Karaibischen Meeres wüthete das tödtliche gelbe Fieber. Die aus Belgien und Frankreich gleichzeitig mit Warszewicz in dem Hafen von St. Thomas gelandeten Colonisten starben im Zeitraum von vier Monaten sämmtlich dahin, nur er und der Arzt der Expedition, ein Flamänder, blieben lange verschont, aber zuletzt erkrankten auch sie beide und lagen zehn Monate danieder. Als Warszewicz so weit hergestellt war, daß er seine Reise antreten konnte, begab er sich nach Mexiko, durchforschte den ganzen südlichen Theil des Landes und schickte, was er gesammelt, an Van Houtte in Gent und nach England und erregte dadurch die Aufmerksamkeit der Naturforscher, welche ihm auch alsbald die nöthigen Mittel zur Fortsetzung seiner Reisen zukommen ließen. Nun durchwanderte Warszewicz die Cordilleren nach allen Richtungen in Guatemala, Yukatan, Salvador, Honduras, Nicaragua, Costarica und Veragua, schiffte von Panama aus durch das Stille Meer nach Ecuador, überall die daselbst wachsenden Pflanzen oder ihren Samen sammelnd, nebenbei Insecten und Käfer suchend, Kolibri und andere seltene Vögel schießend. Seine liebste Ausbeute aber bestand in Orchideen, diesen durch ihre ebenso prächtigen Farben wie abenteuerlichen Formen- Pflanzen, welche Andenken an Warszewicz seinen Namen tragen. 1. Warszewiczella, so benannte H. G. Reichenbach eine äußerst schöne im mittägigen Amerika vorkommende Orchidee, welche Warszewicz an Reichenbach aus Amerika im Jahre 1852 schickte. Es gibt mehrere Sorten Warszewiczella vellata, welche bei Van Houtte in Gent in einem nicht besonders großen Exemplar 50 Francs kostete: außerdem noch folgende Sorten: Warszewiczella discolor, marginata, candida und cochlearis. 2. Warszewiczia, ein schöner, in Mittelamerika vorkommender Strauch, dem der Berliner Botaniker Klotsch zum Andenken an Warszewicz diesen Namen gab. Er gehört zu den Chinahölzern oder doch zu solchen, die eine Rinde, ähnlich der des Chinastrauches, haben. Auch davon gibt es mehrere Species, von denen die Warszewiczia coccinea, pulcherrima, Schomburgkiana und Poeppighiana die bekanntesten sind. Außerdem sind noch über dreißig Pflanzenspecies nach ihm benannt so: Acineta Warszewiczii Klotsch; Alonsoa Warszow. Klotsch; Canna W.ii Regel; Brassia W.ii Reichenbach Filius; Canna W.ii Otto; Catasetum W.ii Lindley; Cestrum W.ii. Mathieu; Pitcairnia W.ii. Lauer; Tydaca W.ii. Kunth; Ixalus W.ii. Oscar Schmidt und noch 22 andere.
- Das Buch der Welt (Stuttgart, Hoffmann, 4°.) 1862, S. 361 [mit Abbildung der schönen Orchidee: Trichopulia coccinea.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: J. G. Reichenbach (Sohn).