BLKÖ:Veszter, Alexander

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Veszter, J.
Band: 50 (1884), ab Seite: 224. (Quelle)
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Veszter, Alexander (Tänzer, geb. zu Käsmark in der Zips am 26. August 1810, gest. zu Debreczin im Jänner 1864). Sein Vater war städtischer Fiscal in Käsmark, gab aber in der Folge sein Amt auf, um in dem Marktflecken Tallya der Zempliner Gespanschaft, in welchem er ein Haus und Weingärten besaß, sich niederzulassen. Alexander besuchte in seinem Geburtsorte die Elementarschulen und das Gymnasium, ging dann 1826 nach Sárospatak, um die ungarische Sprache zu lernen, und kehrte 1827 zu [225] Fortsetzung seiner Studien wieder nach Käsmark zurück. Nach etwa einem Jahre ließ er sich bei dem deutschen Theater in Kaschau engagiren, bei welcher Gelegenheit er den Schauspielernamen Werner sich beilegte. Zwei Jahre hindurch wanderte er in Ungarn von einer Bühne zur andern, nahm aber dann auf Geheiß seines Vaters die Studien wieder auf, und zwar in Preßburg, wo er die Physik beendete. Doch war der theatralische Drang in ihm nicht erloschen, vielmehr erwachte derselbe nach einjähriger Pause nur noch mächtiger in ihm, und er widmete sich nun von Neuem der Bühne, und zwar am deutschen Theater in Tyrnau. Sechs Jahre spielte er jetzt unter dem Namen Veszt in dieser Stadt, dann in Oedenburg und Raab, und gab in der Zwischenzeit, 1835, auch bei Komlóssy’s ungarischer Theatergesellschaft sechs Gastvorstellungen in Kaschau. Nun schlug er in seiner theatralischen Laufbahn die nationale Richtung ein, und er erhielt von seinem Vater die Erlaubniß, unter seinem wahren Familiennamen aufzutreten. Aber seine beständigen Geldverlegenheiten trübten bald das Einvernehmen mit seinem Erzeuger, der nun einmal nicht die Rolle des Banquiers seines Sohnes spielen wollte. Bis dahin war Veszter eigentlich Schauspieler und hatte sich nur ausnahmsweise dann und wann als Tänzer dem Publicum gezeigt. Aber seine Reiselust, die er als ungarischer Mime, für den es außerhalb der Grenzen seines Vaterlandes keine Bühne gab, nicht befriedigen konnte, veranlaßte ihn, sich auf die Kunst des Tanzes zu verlegen, durch welche er Hoffnung hatte, auf auswärtigen Bühnen sein Glück zu versuchen. Als er sich so weit vorgebildet glaubte, um an die Ausführung seines Planes zu gehen, verband er sich mit einer bekannten Zigeuner-Musikbande und trat mit dieser am 18. Februar 1839 seine choreographische Kunstreise an. Am 23. December dieses Jahres langte die Gesellschaft in Paris an, wo dieselbe, ohne einen rechten Erfolg zu erzielen, ihren Aufenthalt bis zum April 1840 ausdehnte. Aus der Seinestadt ging Veszter mit seinen Zigeunern nach Stuttgart, wo ihm Graf Alexander von Württemberg, der bekannte Dichter, der mit einer Ungarin, einer geborenen Gräfin Festetics, verheiratet war, seinen wirksamen Schutz angedeihen ließ. Von Stuttgart kehrten sie nach Paris zurück, und des Grafen Schutz zeigte sich daselbst bald als besonders wirksam, denn Veszter trat nicht weniger als 120mal auf, 56mal auf einer Bühne, dann auf verschiedenen anderen, aber auch bei dem österreichischen Botschafter Grafen Apponyi, bei Granville, dem englischen Botschafter, und bei dem reichen Amerikaner Thorn, der zu jener Zeit in Paris ein großes Haus führte, war es ihm gegönnt, als Nationaltänzer seine Fußkünste zu zeigen. Von Paris aus ging er nach London, von da nach Belgien und weiter nach Deutschland, überall als Solotänzer mit seiner Musikbande aus dem Stamme Farkas und Bihary Beifall und klingende Erfolge erntend. Im Herbst 1840 kehrte er in sein Vaterland zurück und trat im Pesther Nationaltheater auf. Von der Hauptstadt Ungarns machte er die Tour durch das ganze Land, überall mit dem günstigsten Erfolge. Dann verband er sich im Jahre 1843 mit C. Dobozy und begab sich wieder nach London, wo es ihm ebenso glücklich erging, wie vordem in Paris und in Deutschland. Gegen Ende seines Lebens nahm er seinen bleibenden Aufenthalt in der Heimat, in [226] welcher er den Sommer über stets in Tátra Füred, den Winter aber in Debreczin zubrachte, wo er auch im Alter von 54 Jahren das Zeitliche segnete. Daß er sich an der Erhebung seines Vaterlandes 1848/49 betheiligte, versteht sich von selbst, würde er doch kein echter und rechter Ungar gewesen sein, wenn er nicht ein bischen Revolution mitgespielt hätte. Nur war er darin weniger glücklich, als mit seinem Tanze. Wir lernen ihn als Kossuth’s Schildknappen kennen, als welcher er einen vierzehntägigen Aufenthalt während der Octobertage 1848 in Wien selbst zu beschreiben sich gedrungen fühlt. Wir halten uns im Folgenden an unseren Gewährsmann Ritter von Levitschnigg, der ihn eben unter die Schildknappen Kossuth’s einreiht und von ihm Folgendes erzählt: „Veszter Sándor, ein superber ungarischer Tänzer, erzählt in einem Aufsatze „Zwei Wochen in Wien“ Nachstehendes über seine Theilnahme an den Ereignissen in den letzten Octobertagen: Als sich am 30. October Morgens die Kunde von dem Anmarsch der Ungarn verbreitete, übergab mir Varga, ein Mitglied im Departement der auswärtigen Angelegenheiten Ungarns (es ist Stephan Varga [Wargha] dessen dieses Lexikon im 49. Bande S. 269 ausführlicher gedenkt), in Eile eine Menge Signalraketen, und mit vor Freude zitterndem Herzen keuchte ich mit meiner Last, die ich um alles Gold der Erde keinen anderen Händen übergeben hätte, unter jubelndem Zuruf der Bevölkerung zu dem Stephansthurme“. So weit Levitschnigg, der sich auch zur Bemerkung gedrungen fühlt, daß er dieses revolutionären pas des magyarischen Tänzers kaum erwähnt haben würde, wenn dieser sich nicht erlaubt hätte, „den verblendeten, aber gußeisernen Messenhauser des Verrathes an der Tricolore zu beschuldigen“. „Es ist merkwürdig“, fügt Levitschnigg hinzu, „daß Abtrünnige, diese Väter des Verrathes überall und immer, wenn sie Schläge bekommen, des traitres erblicken!“ – Wer Messenhauser gekannt – und Verfasser dieser Skizze, an dessen Tische Messenhauser, als derselbe noch Officier im Regimente Deutschmeister war, im Winter 1847 allabendlich zu Gaste saß, kannte ihn genau – kann nur die Verirrung des Unglücklichen, die aus einem unbändigen, geradezu zügellosen Ehrgeize entsprang, tief beklagen, er hat sie ja schwer gebüßt, aber eines Verrathes fähig war Messenhauser sicher nicht, und hielt ihn auch Keiner dessen fähig. Nur ein solcher magyarischer Ueberläufer, wie dieser Signalraketenfacchino und Luftspringer, konnte es wagen, einen Unglücklichen an dessen Ehre anzugreifen.

Frankl (L. A.). Sonntagsblätter (Wien, 8°.) 1843, S. 303. – Levitschnigg (Heinrich Ritter von). Kossuth und seine Bannerschaft. Silhouetten aus dem Nachmärz in Ungarn (Pesth 1850, Heckenast, 8°.) Bd. II, S. 302. – Theater-Zeitung. Redigirt von Adolph Bäuerle (Wien, kl. Fol.) 1840, S, 738. – Wiener Zeitung, 1864, Nr. 23, S. 313.