Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 49 (1884), ab Seite: 43. (Quelle)
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1. Adolph Ungár, einer der rücksichtslosesten Pamphletisten des Bewegungsjahres 1848, der sich als Doctorand in Wien aufhielt. Ueber seinen Lebens- und Bildungsgang sind wir in völliger Unkenntniß. Er war ungarischer Jude und führte sich unmittelbar nach Ausbruch der Märzbewegung mit der Flugschrift: „Schüchterne Bemerkungen eines Weltbürgers...“ (Wien, bei Wallishausser) in die Oeffentlichkeit ein. Nach diesem ganz harmlosen Debut trat er Anfangs Juni als Redacteur des „Wiener Tagblatt für alle Stände“ auf. Dasselbe, bei U. Klopf sen. und Alex. Eurich in der Wollzeile Nr. 982 gedruckt, erschien vom 5. Juni an täglich (Viertelbogen 8°.) und endete seinen Lebenslauf mit Nr. 29/30 am 12/13. Juli. Da Ungár sich auch den Herausgeber dieses Lexikons, der damals die politischen Leitartikel für den „Oesterreichischen Courier“ schrieb, zum Stichblatte seines Witzes genommen, so suchte derselbe den Doctoranden in dessen Redactionsstube – einem ärmlichen modrigen Raume – auf und stellte ihn wegen des unberechtigten Angriffs zur Rede, eine Remedur desselben im nächsten Blatte verlangend. Da Ungár eine solche verweigerte und es damals mit dem gesetzlichen Schutze eigenthümlich bestellt war, verließ ich, nachdem er von meiner Hand noch einen Naturselbstabdruck auf eine seiner Wangen empfangen hatte und er diesen nolens volens für alle Zeiten zu behalten gezwungen war, den widerlichen Raum. Im obengenannten „Wiener Tagblatt“ griff Ungár mit einer Unverfrorenheit ohne Gleichen Jeden an, der ihm eben in den Sinn kam oder nicht mit seinen Ansichten zusammenstimmte. Mit der Privatehre wurde darin in der zügellosesten Weise verfahren. Die Angegriffenen nannte er „Hallunken“, „elende Hunde“ u. s. w, kurz, es erfaßte jeden unbefangenen Leser, dem dergleichen unter die Augen kam, sofort ein Ekel vor solchem Treiben. Nun, ganz ungestraft ging es dem Redacteur auch nicht hin. Einzelne der Angegriffenen suchten doch Schutz beim Gerichte, und so wurde er in einer Verhandlung am 31. August wegen falscher Meineidsbeschuldigung einer Frau zu dreiwöchentlichem Arrest verurtheilt. Dann am 4. und 7. September wegen ähnlicher Injurien wieder sachfällig. erhielt er neun Tage Arrest zugesprochen. Der „Oesterreichische Courier“ vom 8. September, Nr. 216, S. 871, bemerkte dazu: „wenn das so fortgeht, kann Dr. Ungár sein Quartier auf längere Zeit kündigen, da der Staat für sein Gratis-Logis Sorge trägt“ Ungár saß auch seine Strafzeit im ehemaligen Liguorianerkloster ab, das für die Aufnahme der in Preßprocessen Verurtheilten hergerichtet war. Ueber das freche Treiben des „Wiener Tagblatt“ im Jahre 1848 gibt Freiherr von Helfert im untenbenannten Buche ausführliche Aufschlüsse. [Helfert (Freiherr von). Die Wiener Journalistik im Jahre 1848 (Wien 1877, Manz, 8°.) S. 45, 143, 176, 312, Nr. 199.] –