BLKÖ:Tinti, Karl Wilhelm Freiherr

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Timoni, Franz von
Band: 45 (1882), ab Seite: 167. (Quelle)
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Tinti, Karl Wilhelm Freiherr (Mitglied des Abgeordnetenhauses des österreichischen Reichsrathes, geb. in Wien am 19. Mai 1829), ältester Sohn des Freiherrn Karl von Tinti aus dessen Ehe mit Anna geborenen von Keeß. Der Sproß einer alten italienischen Familie, über welche die Quellen S. 170 Näheres berichten. Die Studien beendete er an der Wiener Hochschule. Er sollte in den Staatsdienst treten. Als aber sein Vater im Jahre 1852 starb, übernahm er mit dem Entschlusse, sich der Landwirthschaft zu widmen, die Verwaltung der in Niederösterreich gelegenen Fideicommißgüter Schallaburg, Sichtenberg und Plankenstein. Um sich jedoch für seine Aufgabe gehörig vorzubereiten, begab er sich auf Reisen, auf denen er Deutschland, Frankreich, Belgien, Italien und die Schweiz besuchte, überall nach den Fortschritten auf dem Gebiete der Landescultur forschend. Heimgekehrt wirkte er zunächst als eifriges Mitglied der Landwirthschaftsgesellschaft in Wien, welche ihn in der Folge auch zu ihrem ersten Vice-Präsidenten gewählt hat. Ueberdies widmete er sich mit allem Eifer dem Studium staatswissenschaftlicher und national-ökonomischer Werke. Zur Zeit des Krieges im Jahre 1859 betheiligte er sich an der Gründung des patriotischen Hilfsvereins in Wien und wirkte als dessen Vice-Präsident bei der Vereins-Administration in so ersprießlicher Weise, daß er nach dem Ende des Feldzuges mit dem Ritterkreuze des Leopoldordens ausgezeichnet wurde. Als dann noch im Herbst desselben Jahres eine Vertrauenscommission an die Ausarbeitung des Entwurfes einer neuen Gemeindeordnung schritt, machte er sich bald als hervorragend thätiges Mitglied um dieselbe verdient. Bei dem Umschwunge der politischen Verhältnisse 1861, mit welchem Oesterreich in die Reihe der constitutionellen Staaten trat, wurde Tinti zunächst als Vertreter der Großgrundbesitzer in den Landtag und von diesem in das Abgeordnetenhaus des Reichsrathes gewählt, in welchem er entschieden zur Partei der Großösterreicher gehörte. Als 1862 daselbst die Concordatsfrage auf die Tagesordnung kam, bemerkte er in einer aus diesem Anlasse gehaltenen Rede: „er versichere, daß eine große Anzahl von würdigen und wahrhaft frommen Priestern ihm gegenüber [168] ebenfalls die Ansicht geäußert, daß sie nicht mit allen Bestimmungen des Concordates einverstanden sein können“. Im Verlaufe seiner Rede sagte dann der Freiherr, daß, wenn auch das Concordat gegenwärtig als Reichsgesetz gelte, er dasselbe nicht für unabänderlich hatte, im Gegentheil dessen Abänderung in einigen Bestimmungen im Interesse des Friedens und der Einigkeit aller Staatsbürger, ja im eigensten und höchsten Interesse des Katholicismus von ganzer Seele wünsche. Dabei bemerkt aber der Freiherr ausdrücklich, daß in dieser Hinsicht einen Antrag zu stellen durchaus außerhalb der Competenz des Reichsrathes stehe. Besondere Aufmerksamkeit lenkte er im November 1865 auf sich, indem er als Landtagsabgeordneter der Antrag einbrachte, es seien von einem Ausschusse die besonderen Rückwirkungen des Patentes vom 20. September g. J. auf das Wohl des Landes zu erwägen. Er war dann auch Berichterstatter der Adreßcommission. Bei Beginn des unseligen Bruderkrieges 1866 schickte er den Rothen Adlerorden an den König von Preußen zurück, von welchem er denselben für seine aufopfernde Thätigkeit im patriotischen Hilfsverein anläßlich des Feldzuges in Schleswig-Holstein erhalten hatte. Während des Krieges 1866 aber machte er sich als erster Vice-Präsident des patriotischen Hilfsvereines neuerdings so sehr verdient, daß ihm von Seiner Majestät am 3. December d. J. das Comthurkreuz des Franz Joseph-Ordens verliehen wurde. Bei den Neuwahlen im Jahre 1867 gelangte er wieder in den niederösterreichischen Landtag und in das Abgeordnetenhaus. In letzterem trat er noch einmal in besonders bemerkenswerther Weise in den Vordergrund. Es war in der Sitzung vom 26. Jänner 1870, in welcher er gegen die Vertreter Tirols Greuter, Jäger und Giovanelli, als die Incarnation der clericalen Partei, nicht als einzelner Abgeordneter, sondern als Berichterstatter über die Verhandlungen des Tiroler Landtags spricht und dem Erstgenannten, als dieser vorgab: „er spreche im Namen (des Volkes) von Tirol, er sei ein Deutscher“, die Beschuldigung ins Antlitz schleuderte: „Sie sind kein Deutscher. Sie und Ihresgleichen sind es nicht; Sie sind kein Oesterreicher, denn ihre Heimat ist Rom, ihr Vaterland ist die Kirche, Ihr Kaiser ist der Papst. Sie wollen kaiserlicher sein als Seine Majestät der Kaiser, denn Sie verweigern Gehorsam den Gesetzen, denen Seine Majestät seine Unterschrift beigefügt hat“... Im weiteren Verlauf der Rede sagte er noch: „Die liberale Partei ist der Meinung, daß man zu Religion und Glauben nicht zwingen könne, und wenn irgend etwas daran Schuld trägt, daß in der That der religiöse Indifferentismus zunimmt, so ist es das Treiben Ihrer Partei, welche den Geist unseres Jahrhunderts zurückdrängen will in die Zeiten des finsteren Mittelalters, welche den Verstand des Menschen knechten will unter der geistlichen Herrschaft, welche die Freiheit des Geistes unterdrücken will, die dem Menschen von einem Höheren gegeben ist, als Sie es sind, denn sie ist ihm angeboren. Dies glaube ich sagen zu müssen, und ich glaube im Namen von 100.000 Katholiken zu sprechen, und ich glaube vor Gott und der Welt recht gethan zu haben“. Im Jahre 1873 wurde er neuerdings zum Reichsrathsabgeordneten gewählt, nicht wieder in der letzten Session 1879. Tinti ist zur Zeit noch erster Vice-Präsident des permanenten patriotischen [170] Hilfsvereins, wozu er am 14. Mai 1867 gewählt wurde. Er war auch geheimer Kammerherr des Papstes Pius IX.

Waldheim’s Illustrirte Blätter (Wien, 4°.) 1864, Nr. 6. – Der Reichsrath. Biographische Skizzen des Herren- und Abgeordnetenhauses des österreichischen Reichsrathes u. s. w. (Wien 1861, Förster, 8°.) I. Heft, S. 51. – Photogramme aus dem niederösterreichischen Landtage von Joannen Nepomucenus Nonultra-Montanus (Wien 1864, F. Manz und Comp., 12°.) S. 16. [Sein College im Landtage, Joh. Nep. Berger (vergl. dieses Lexikon, Bd. I, S. 303, Bd. XXII, S. 480 und Bd. XXIII, S. 361[WS 1]), der Verfasser der Photogramme, widmet Tinti folgendes Xenion: „Schlank und hoch wie eine Tanne | Ragt aus seiner Karavane | Tinti als der Ritter Hort. | Sicher auf den steilsten Wegen | Klimmt er dem Portefeuille entgegen | Und ersiegt’s mit klugem Wort“. Die Folge hat es anders bewiesen: Berger wurde Minister, und Tinti denkt heute wohl kaum ans Portefeuille.] – Die Presse, 23. November 1865, Nr. 324: „Landtagsbericht vom 23. November 1865“. – Neue Freie Presse, 11. Jänner 1870, Nr. 10: „Tinti’s Adreßentwurf“. – Neue Tiroler Stimmen (Innsbruck, 4°.) 29. Jänner 1870, Nr. 23: „Tinti, die Linke, der Vicepräsident und unsere (Tiroler) Abgeordneten“; – im nämlichen Blatte der zweite Artikel: „Innsbruck 28. Jänner“.
Porträte. 1) Nach dem Leben lithographirt und herausgegeben von A. Dauthage (Wien 1861. bei J. Bermann, Fol.). – 2) Unterschrift: „Karl Freiherr von Tinti“. Chemitypie von Angerer und Göschl im Witzblatt „Kaktus“, 1876, Nr. 34.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Bd. XXXIII, S. 361.