Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Ticozzi, Ambrogio
Band: 45 (1882), ab Seite: 137. (Quelle)
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Ticozzi, Stephan (Schriftsteller, geb. zu Pasturo, einem Dorfe in Valsassina, am 30. Jänner 1762, gest. am 3. October 1836). Dem Willen seiner Eltern – der Vater war Arzt – entsprechend, widmete er sich der Theologie, welche er zu Mailand besonders unter Parini [Bd. XXI, S. 299] hörte. Nachdem er in Pavia die theologische Doctorwürde erlangt hatte, erhielt er um das Jahr 1783 die Pfarre S. Giovanni alla Castagna nächst Lecco, an welcher er als würdiger Priester und tüchtiger Kanzelredner wirkte: Als bald darauf die weltbewegenden Ideen der französischen Revolution auch in Italien Eingang fanden, zählte Ticozzi zu ihren begeistertsten Anhängern, und der festliche Empfang, der den französischen Truppen in Lecco zutheil wurde, war vornehmlich das Werk Ticozzi’s und seines Bruders Cäsar Franz. Als aber 1799 die Oesterreicher wieder zurückkehrten und er vernahm, daß gegen ihn ein Haftbefehl erlassen sei, ließ er die Pfarre und die ihm übertragene Stelle eines Secretärs der Municipalität zu Lecco im Stiche und flüchtete sich nach Paris, wo er sich mit Mascheroni, Vincenzo Monti [Bd. XIX, S. 60, Nr. 3] und anderen Flüchtlingen seines Vaterlandes befreundete. Mit den Republikanern kehrte er in sein Vaterland zurück, wurde Commissär in der Lunigiana und Garfagnana, dann 1803 Secretär der Präfectur des Departements von Crostolo (Massa Carrara) und 1805 Vice-Präfect daselbst. 1806 kam er in letzterer Eigenschaft ins Departement della Piave (Belluno), und kaum hatte er das Amt eines Präfecten erhalten, als Napoleons Herrschaft zusammenstürzte. Nun mußte er seine Stelle verlassen, und er zog sich nach Mailand zurück, wo er sich mühselig mit literarischen Arbeiten fortbrachte, so übersetzte er unter Anderem um wenige Gulden Sismondi’s „Geschichte der italienischen Republiken“ und Llorente’s „Geschichte der Inquisition“. Um seine Lage zu verbessern, ging er nach Toscana, wo er von 1822 bis 1828 in Prato und Florenz lebte, beschäftigt mit der Uebersetzung der „Geschichte der Kunst“ von d’Agincourt und der „Geschichte der Wiedergeburt Griechenlands“ von Pouqueville, sowie mit der Herausgabe der „Memorie storiche“, bei deren Bearbeitung er von seiner Tochter Albina unterstutzt wurde. So dürftig, wie er Mailand verlassen hatte, kehrte er 1828 dahin zurück und blieb nun dort stets schriftstellerisch thätig, bis er im Alter von 74 Jahren in ärmlichen Verhältnissen starb. Die Titel seiner Schriften sind: „Degli Istituti claustrali dialoghi tre“ (Belluno 1810, Tissi); – „Storia dei letterati e degli artisti del dipartimento della Piave“ (Piave 1813, 4°.), erschien nur der erste Band; – „Relazioni di due quadri di Tiziano Vecellio“ (Venezia 1816, Alvisopoli, 8°., mit KK.); – „Vite dei pittori Vecellii di Cadore, libri quattro“ (Milano 1817, Stella, 8°.); – „Dizionario dei Pittori dal rinnovomento delle belle arti fino 1800“ Vol. 2 (Milano 1818, V. Ferrano, 8°.), ein noch heute brauchbares Handbuch; – „Lettera intorno ad un rarissimo quadro dell’Annunziata di incerto autore posseduto dal Sign. Fortunato Gozzi“ (Milano 1818, Sirtori, 8°.); – „Lettera al Sign. Pietro Benvenuti intorno ad un [138] ritratto di bella donna, dipinta da Leonardo da Vinci“ (Milano 1819, tipogr. di Commercia, 8°.); – „Imparziali considerazioni di un filosofo, Musulmanno sul governo dei Turchi e sul presente stato di Constantinopoli“ (Milano 1821, Brambilla, 12°.), wird wohl eine Uebersetzung sein; – „Viaggi di messer Francesco Novello di Carrara Signore di Padova e di Taddea d’Este sua consorte a diverse parti d’Europa“ 2 Vol. (Milano 1824, Manini); – „Memorie storiche“ Vol. 12 (Firenze 1822 et sequ., 8°.), er schrieb diese „Memorie“ in Gemeinschaft mit seiner Tochter Albina, und sie enthalten: „Memoria di Stefania Crescenzio, ossia la vendetta conjugale“; „Sordello Mantovano ossia il trovatore italiano“; „La virtù sventurata ossia Manfredi principe di Calabria“; „Il ritorno in patria di Farinata degli Uberti“; „L’esiglio di Matteo Visconti“; „Avventure di Attendolo Sforza di Cotignola“; „Il pellegrinaggio felice ossia Viaggi di Francesco Carrara e di Taddea d’Este“; „Bianca Capello gran duchessa di Toscana“; – „Dizionario degli architetti, scultori, intagliatori in rame ed in pietra, coniatori di medaglie, musaicisti, niellatori, intarsiatori d’ogni età e d’ogni nazione“ Vol. 4 (Milano 1830, Schiepatti, 8°.); – „Raccolta di novelle morali, storie, racconti e favole, accomodati all’istruzione dell’italiana gioventù“ mehrere Bände (Milano 1830, Truffi, 24°.), theils Original, theils. Uebersetzung, in Gemeinschaft mit seiner Tochter Albina; – „La cerva di Pagano Della Torre“ (Milano 1832, Rivolta, 8°. cum Fig.); – „Lettera a Giambattista Nicolini intorno ad alcuni oggetti di scultura e pittura esposti in Brera nel presente anno (1832)“ (Milano 1832, 8°.); – „Lettera intorno a due quadri di vaste dimensioni di Antonio Canal detto il Canaletto ed altre oggetti di pittura posseduti dai Signori Felice Ponzio e Giuseppe Castagna“ (Milano 1836, V. Ferrario, 8°.). Außer diesen Originalwerken, mehreren Journalartikeln und obigen bereits im Texte angeführten Uebersetzungen der Werke von d’Agincourt, Llorente, Pouqueville und Sismondi, edirte er die zweite Hälfte des 7. und den 8. Band von Giov. Bottari’s „Raccolta di lettere sulla pittura, scultura ed architettura scritte dei più celebri personaggi dei secoli XV, XVI e XVII“ (Milano 1822, Silvestri, 8°.), setzte Giambattista Corniani’s Werk „I seIcoli della letteratura italiana dopo il suo risorgimento“ Vol. 2 (Milano 1832, V. Ferrario, 4°.) bis auf seine Zeit fort und schrieb selbst dafür 274 Biographien; gab Leon Battista Alberti’s „Dell’Architettura libri dieci“ (Milano 1832, 4°.) heraus; übersetzte und erläuterte L. Alibert’s „Physiologie der Leidenschaften“, zwei Bände; schrieb den XVI. Band des „Quadro geografico-fisico-storico-politico di tutti i paesi e popoli del mondo“ von Luigi Bossi (Carrara 1835, 8°., mit vielen Karten und 550 KK.); übersetzte, ergänzte und erläuterte eines Franzosen (E. T. Fluard?) „Geschichte der italienischen Malerei“ (Mailand 1835, Stella, gr. 12°.); bearbeitete für Künstler aus Isidor Bourdon’s physiologischen Briefen eine „Physiologie des Menschen“ (Mailand 1836, Carrara, mit Fig.), schrieb die letzten drei Bände von den sechs der „Storia di Milano [139] del Conte Pietro Verri“ (Mailand 1836, Gatti Carro, 12°.) und übersetzte das Werk eines Ungenannten: „Il maestro di miniatura a guazzo ed all’acquarello“ (Mailand 1820, Vallardi, 8°., mit 14 Fig.), welchem er als Anhang Geßner’s Brief über die Landschaftsmalerei beifügte. Ticozzi war nicht Schriftsteller aus Beruf, denn er fing erst an zu schreiben, als er, nahezu fünfzig Jahre alt, amtlos, von der Noth dazu gezwungen wurde. Aber er besaß vielseitige und gründliche Kenntnisse, er war namentlich in der Kunst und ihrer Geschichte sehr bewandert, und seine biographischen Künstlerlexika sind noch heute brauchbare verdienstliche Nachschlagebücher. Das letzte Drittel seines Lebens verbrachte er in Noth und Dürftigkeit, aber er hatte es nicht nöthig gehabt, seine friedliche Pfarrstelle in Castagna durch revolutionäre Ausschreitungen aufs Spiel zu setzen. Im Uebrigen war er ein ehrenhafter Mann, freimüthig und unbestechlich in seinem Urtheil, der angesehene Männer wie Pignotti, Francesco Renia, Passeroni, Mengotti, de Rubeis, Fantoni, Cicognara, Canova, Nicolini, Pompeo Marchese u. A: zu seinen näheren Bekannten und Freunden zählte. Als er nach Verlust seines Pfarramtes in französische Civildienste getreten war, scheint er geheiratet zu haben. In seinem Nachlasse fand sich ein Werk über die Kunst in der Malerei Copien von Originalen zu unterscheiden und eine Biographie des Malers Correggio. – Seiner Tochter Albina geschah in der Lebensskizze Erwähnung. Sein Sohn wurde Maler.

Cereseto (G. B.). Storia della poesia in Italia (Milano 1857, Silvestri, 16°.) tomo III, p. 948, im „Indice cronologico e bibliografico“. [Verfasser dieses „Indice“ ist Giuseppe Gazzino.]