BLKÖ:Tarnowski, die Grafen, Genealogie

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 43 (1881), ab Seite: 88. (Quelle)
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Zur Genealogie der Grafen Tarnowski. Die Tarnowski vom Wappengeschlechte der Leliwa, deren Schild ein aufwärts gekehrter Halbmond mit einem in den Scheibenrand eingestellten Sterne bildet, sind ein uraltes polnisches Adelsgeschlecht, über dessen Ursprung die Genealogen noch immer streiten. Nach Einigen stamme es vom Rheine her, habe vordem den Namen Spicimir geführt und sei um das Jahr 1082 nach Polen herübergekommen. Dagegen aber eifert Stanislaus Orzechowski, der pietätvolle Biograph des ruhmvollen Krakauer Castellans und Großhetmans der Krone, Johann Tarnowski, und meint, daß es gar nicht nöthig sei, die Tarnowski von Deutschland abstammen zu lassen, da ja das Wappenbild der Leliwa ein uralt polnisches sei und überdies Polen selbst uralte Helden und Adelsgeschlechter genug aufzuweisen habe. Nun die Deutschen, deren Adel jenem irgend eines heutigen Culturstaates nicht nachsteht, reißen sich gewiß nicht darum, eine polnische Familie sich anzueignen und ihren Adel um einen Namen zu vermehren, dessen Träger, so glorreich sie sein mögen, doch von mehr als einem deutschen in denselben Tugenden und glanzvollen Eigenschaften, durch welche die Tarnowski hervorleuchten, erreicht, wenn nicht gar überboten werden. Uebrigens haben nicht deutsche, sondern eben nur polnische Genealogen auf den deutschen Ursprung der Tarnowski hingewiesen. Indem wir also alle weiteren Erörterungen über den deutschen oder polnischen Ursprung der Tarnowski von Leliwa einfach bei Seite lassen, bestätigen wir nur das urkundlich bekräftigte hohe Alter der Familie, das in das 14. Jahrhundert zurückreicht. Ein Spicimir Leliwa war 1330 Castellan von Krakau. Seine Gemalin, eine geborene Prinzessin von Masovien und Nichte des Königs Ladislaus III., hieß Gertrude. Er erbaute die Schlösser und Städte Melsztyn, Jaroslaw und Tarnow. Seine nächsten Nachfolger nannten sich vorerst nach diesen Städten entweder gemeinschaftlich oder bald nach der einen, bald nach der anderen, und zwar so, daß die Grafen von Melsztyn und jene von Tarnow als ein und dasselbe Geschlecht erscheinen. Erst zu Beginn des 15. Jahrhunderts wurde ein besonderer Zweig, welcher erblich den Namen Tarnowski trug, durch Johann, Grafen von Tarnow und Palatin von Sendomir, gestiftet, bis dessen älterer Bruder Spytek Graf Melsztyn, gleichfalls Palatin von Sendomir, den Zweig der Melsztynski begründete, der aber nur von kurzer Dauer war, da er schon gegen Ende desselben Jahrhunderts erlosch. Johann ist der erste, der ausdrücklich Joannes a Tarnow, palatinus Sendomiriensis et capitaneus Russiae, dominus de Jarosław genannt und auch als Gründer des Klosters in Przeworsk regulae sancti Augustini domini sepulchri Hierosolimitarum de Miechovia, dioecesis Cracoviensis bezeichnet wird. Der Name Johann ist in der Familie ein stehender und kommt geschlechterweise allein oder aber in Verbindung mit anderen, wie Johann Amor, Johann Bogdan, Johann Raphael u. s. w. vor. Eine Aufeinanderfolge der Generationen herzustellen, ist mir bei völligem Mangel an sicheren Daten unmöglich gewesen, und so mußte denn auch die Stammtafel entfallen, welche in diesem Werke den Artikeln der Adelsfamilien der verschiedenen Nationen des Kaiserstaates sonst beigegeben ist. In diesem Lexikon sind zum ersten Male die Tarnowski in stattlicher Namenreihe vertreten, denn selbst [89] die „Encyklopedyja powszechna“, welche bei Orgelbrand in Warschau herausgegeben wurde, weist im Ganzen nicht mehr denn drei Tarnowski auf, und auch andere Werke, die der Tarnowski gedenken, beschränken sich auf Auszüge aus Orzechowski’s Werk über den einen Tarnowski, der freilich auch alle anderen überragt. In Folge des erwähnten Mangels an allen Quellen ist es auch nicht möglich zu entscheiden, ob eine zweite polnische Adelsfamilie des Namens Tarnowski, jene mit dem Prädicate von Rolicz, in irgend einem verwandtschaftlichen Zusammenhange mit unseren Tarnowski de Leliwa steht, ob sie nur ein Zweig der letzteren oder aber eine abgesonderte für sich bestehende Familie sei. Da sie aber einige bemerkenswerthe Mitglieder aufzuweisen hat, wurde auch dieser unter den denkwürdigen Sprossen der Familie Tarnowski gedacht, jedoch immer mit der Beifügung, daß sie dem Geschlechte der Tarnowski von Rolicz angehören. Andere Adelsgeschlechter des Namens Tarnowski, so jene von Bogorya und von Kozlaroga, werden in den älteren genealogischen Werken blos nebensächlich erwähnt, und müssen wir uns daher bescheiden, ihr Vorhandensein nur anzudeuten. Weitaus die ruhmreichsten sind und bleiben die Tarnowski von Leliwa, welches Geschlecht noch gegenwärtig in ausgezeichneten Sprossen blüht, wie aus der Vergangenheit noch Stein und Marmor von seiner Größe zu uns sprechen. In der Schloßkirche zu Krakau befindet sich in der Capelle Ciborium oder Capelle der Mansyonare das Denkmal des Gabriel Grafen von Tarnow, welcher auf demselben ein propugnator acerrimus genannt ist; im 15. Jahrhunderte hieß der Platz in Krakau, wo heute die Kirche Maria Schnee steht und einstmals sich das stolze Schloß der Tarnowski erhob, das Castellum Tarnoveusium. Erst im 17. Jahrhunderte ging der Palast durch Verkauf an Anna von Lubomirski, vermälte Branicki, über, welche nun Kirche und Kloster Maria Schnee für Dominicanerinen erbauen ließ. Diese Kirche enthält auch einen zu Ehren des Groß-Kronfeldherrn Johann Tarnowski eingesetzten Denkstein, zur Erinnerung an die Schlacht, in welcher derselbe mit nur 6000 Mann den Wojwoden Peter von der Walachei, der ihm über 25.000 Mann entgegengestellt hatte, vollständig vernichtete. Im Dienste der Kirche zunächst finden wir die Träger des Namens Tarnowski. So war ein Johann [S. 91, Nr. 5] Erzbischof von Gnesen, und ein zweiter Johann [S. 92, Nr. 6], aus der Familie der Tarnowski von Rolicz, Erzbischof von Lemberg. Wie sich aber die Tarnowski für Wissenschaft interessirten, dafür geben außer dem Großhetman der Krone Johann [S. 90, Nr. 4], dem wir Schriften über die Kriegs-, wie über die Staatskunst verdanken, noch die Namen Johann Amor [S. 92, Nr. 7], Stanislaus [S. 94, Nr. 12], vor allem aber Graf Johann Felix Amor [S. 85] und der gegenwärtige Professor der polnischen Literatur an der Krakauer Hochschule, Graf Stanislaus [S. 94, Nr. 11] die sprechendsten Belege. Hier folgen nun einige Sprossen der Adelsfamilien Tarnowski-Leliwa und Tarnowski-Rolicz, insofern sich dieselben in einer oder der anderen Richtung denkwürdig gemacht haben. [Paprocki (Bartosz), Herby rycerstwa polskiego, d. i. Die Wappen der polnischen Ritterschaft. Ausgabe des Kas. Jos. Tarnowski (Krakau 1858, 4°.) S. 480 u. f. – Notices sur les familles illustres et titrées de la Pologne (Paris 1862, A. Frank, 8°.) S. 186. – Nagy (Iván), Magyarország családai czimerekkel és nemzékrendi táblákkal, d. i. Die Familien Ungarns mit Wappen und Stammtafeln (Pesth 1865, Moriz Ráth, 8°.) Bd. XI, S 64 [im Hinblick auf die ungarische Verschwägerung der Tarnowski wichtig.]