BLKÖ:Tarnowski, Johann Magnus

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 43 (1881), ab Seite: 90. (Quelle)
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4. Johann oder, wie die Polen ihn nennen, Johann Magnus (geb. 1488, gest. am 16. Mai 1561). Sein Vater, gleichfalls Johann mit Vornamen, wurde ihm frühzeitig durch den Tod entrissen. So leitete die Mutter, Barbara von Roznow, eine Tochter Zawisz’ des Schwarzen, die Erziehung des Knaben, der, um sich für den Dienst der Krone vorzubereiten, zunächst an den Hof des Bischofs von Przemyśl und Kanzlers der Krone Matthias Drzewicki, dann aber an jenen des Königs kam, wo er unter die Höflinge desselben aufgenommen wurde. Noch jung. als es in den Krieg gegen die Moskowiten ging, zog er an der Spitze eines Häufleins junger Edelleute, welche zu den besten Familien des Landes, zu denen der Kmita, Tenczin, Zborowski, Ostrorog, Zaręba, Czarnkowski u. s. w. gehörten, ins Feld und bewährte sich bereits durch seine ritterlichen Tugenden. Nach der Rückkehr aus dem Feldzuge begab er sich, nach dem 1517 erfolgten Tode seiner Mutter, auf Reisen durch Deutschland, Frankreich und Spanien. Als er heimkehrte, traf man in Polen eben Anstalten zu einem Zuge nach Ungarn (1521), und er erhielt den Oberbefehl. Nach dieser Expedition wurde er Großfeldherr der Krone. Als dann 1530 Peter, Wojwode der Walachei, die Republik mit einem Einfalle bedrohte, trat ihm Tarnowski mit seinem aus 6000 Kriegern bestehenden Heere entgegen, und 6000 Walachen wurden auf der Wahlstatt bei Grudekl in Pokutien erschlagen. Um die Niederlage zu rächen, rückte Peter mit seiner Hauptmacht, 25.000 Walachen mit fünfzig Geschützen, heran. Bei Obertyn im heutigen Kolomeer Kreise kam es am 22. August 1530 zur Schlacht, in welcher die Walachen vollends vernichtet wurden; der Wojwode, verwundet, entging nur durch Flucht der Kriegsgefangenschaft. Tarnowski’s Rückkehr nach Krakau glich einem Triumphzuge. Die Geschütze, welche man dem Feinde sämmtlich genommen, erkannte man als polnische; sie trugen das Landeswappen, und es waren jene, welche in dem unglücklichen Feldzuge Johann Albrechts von den Walachen erbeutet wurden. Damals ward das ganze Polenheer, welches die Ritterschaft des Landes anführte, von den Walachen in einen Hinterhalt gelockt und vernichtet. Aus jener Zeit stammte das historische Sprichwort: „In König Albrechts Tagen ward der Adel erschlagen“. Tarnowski’s Einzug auf dem Königsschlosse in Krakau hatte nicht seines Gleichen, und es geschah, was noch keinem Hetman zu Theil geworden, der König erhob sich vom Throne und ging dem Sieger bis auf den Corridor entgegen, ihn angesichts des versammelten Hofes begrüßend. Noch aber war der moldauische Wojwode nicht ganz niedergeworfen, von Neuem griff er zu den Waffen. Da brach Tarnowski ohne Aufenthalt in die Moldau ein, belagerte Choczym, trieb die feindlichen Haufen zurück und zwang den Woiwoden, daß derselbe vor jener Abtheilung, welche der Sieger selbst führte, ihm zu Füßen falle und seine Unterwerfung unter den König gelobe. Als darauf der Czar Ivan Ivanowicz in Lithauen einfiel, erhielt wieder Tarnowski den Oberbefehl über die Truppen der Krone und zugleich über jene Lithauens, nahm Homel und Starodub und verbreitete einen so großen Schrecken unter den Feinden, daß diese sich eiligst über die Grenzen des Reiches zurückzogen. Durch solche Siege gewann er eine Macht im Lande, daß sein Name genügte, um die Feinde von weiteren Versuchen gegen Polen abzuhalten. Dabei hielt er treu zu [91] seinem Könige, dem alten Sigmund I., und blieb ebenso dessen Sohne Sigmund August ergeben. Sein Auftreten in dem berüchtigten, noch heute im polnischen Sprichworte fortlebenden „Hühnerkriege“, in welchem er Peter Kmita und dem Gnesener Erzbischof Peter Gamrath, die an der Spitze der Opposition gegen den König standen, ihr treuloses Vorgehen rückhaltlos vorwarf, gibt Zeugenschaft, wie er im bedenklichsten Falle, in welchem der ganze Adel wider den König sich erhob, keinen Augenblick zögerte, für die Sache des Letzteren den Empörern gegenüber mit vollem Mannesmuthe einzustehen. So genoß er denn auch bei Hofe und im ganzen Lande unbegrenztes Vertrauen. Ein echter Ritter seiner Zeit, war er der Rathgeber und Feldherr seiner Fürsten, der Schirm des Landes, der Wohlthäter seiner Hörigen, mit einem Worte ein Edelmann von reinstem Wasser. Vorherrschend Soldat, schrieb er auch eine Taktik, welche unter dem Titel: „Consilium rationis bellicae“ (Tarnow 1558, Lucas Andrysowicz) im Druck erschien. Nur der Titel ist lateinisch, das Werk in polnischer Sprache verfaßt. Ein auf Pergament gedrucktes Exemplar dieses Buches befindet sich in der Fürst Czartoryski’schen Bibliothek zu Pulawy. Ferner schrieb Tarnowski: „Sprawa rycerska według postępku i zachowaniu starego obyczaju rzymskiego, greckiego, macedońskiego i innych narodów pierwszego i niniejszego wieku...“ (Krakau 1569, M. Siebeneicher) und „Ustawy prawa ziemskiego z przydatkiem o obronie koronnej i o sprawie powinności urzędników wojennych“, d. i. Gesetze des Landrechts mit Beigabe von der Vertheidigung der Krone und den Pflichten der Kriegsbeamten (Krakau 1579). eine Schrift, aus welcher Paprocki das Material zu seinem „Hetman“ geschöpft. Er hatte sich zweimal vermält, zuerst mit Barbara von Tenczin. Aus dieser Ehe stammt ein Sohn Johann, der als Propst in Krakau starb. Tarnowski’s zweite Frau, Sophie, war eine geborene Szydlowiecki. Von den vielen Kindern dieser Ehe überlebten nur ein Sohn, Johann Christoph, und eine Tochter, Sophie vermälte Basil Ostrowski, Fürst von Wolhynien, den Vater. Dieser starb im Alter von 73 Jahren und liegt in Tarnow begraben. Die edle echt ritterliche Gestalt Tarnowski’s entging nicht den polnischen Dramatikern, und eine der edelsten Figuren in den Dramen von Alois Felinski, Franz Węzyk und A. E. Odyniec, welche die Geschichte der Barbara Radziwill, der Gattin Sigmund Augusts dramatisirten, ist Johann Tarnow, Großhetman der Krone. Auch Vincenz Pol in seiner Dichtung „Hetmańskie Pachole“ (Warschau 1862) zeichnet die edle und gewaltige Gestalt Tarnowski’s. [Zywot i Śmierc Jana Tarnowskiego, kasztelana Krakowskiego, Hetmana Wielkiego koronnego. Piórem Stanisława Orzechowskiego, d. i. Leben und Tod des Johann Tarnowski, Castellans von Krakau, Großhetmans der Krone, aus der Feder des Stanislaus Orzechowski (Sanok 1855, Kar. Pollak, 8°., 96 und XLVI S.). erschien zuerst unter dem Titel: „De laudibus Jo. Tarnovii etc.“ (Krakau 1585, M. Wierzbięta, 4°.). – Czytelnia niedzielna, d. i. Sonntagslectüre (Warschau) 1862, Nr. 1: „Jan Tarnowski“. – Porträt. L. Courtin del. C. Mayer sc. 8°.] –