BLKÖ:Tanzlinger, Johann

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 43 (1881), ab Seite: 59. (Quelle)
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Tanzlinger, Johann (gelehrter Theolog, geb. in Zara am 23. Juli 1651, gest. ebenda 22. Juli 1732). Von deutschen Eltern. Der Vater, Michael, stand als gemeiner Soldat in Diensten der Republik Venedig und kam mit seiner Abtheilung nach Zara, wo er dem Waffendienst entsagend, heiratete und als Bäcker in sehr bescheidenen Verhältnissen lebte. Sein Sohn Johann, welcher Lust und Liebe zum Studium zeigte, betrat den damals üblichen Weg dazu, indem er, erst 14 Jahre alt, Kleriker wurde. Die Studien machte er zum Theil im elterlichen Hause, zum Theil in dem eben erst von dem Erzbischof Bernardo Florio in Zara eröffneten Seminar; der Padre Guerini, die Domherren Matteo Dudesio, Giulio Zaccaria, Carlo Rossi, Vincenzo Libani, dann Giovanni Galli, Rector des Seminars, und Carlo Muggi, Lehrer an demselben, hatten nächsten Einfluß auf die wissenschaftliche Ausbildung des Jünglings. Die theologischen Studien betrieb derselbe unter Erzbischof Parzaghi, welcher ihn bereits 1674 mit Nachsicht des Alters zum Priester weihte und ihn auch sofort zu seinem Secretär machte. Durch den Umstand, daß Tanzlinger mehrere Mohamedaner und andere Ungläubige durch seine Belehrung für den christlichen Glauben gewann, fand sein hoher Gönner sich veranlaßt, ihn mit nach Rom zu nehmen, wo er ihn im Missions-Collegium zu St. Simeone weiter ausbilden ließ. Von Rom in die [60] Heimat zurückgekehrt, setzte der junge Priester daselbst seine ernsten Studien fort, begab sich aber dann von Neuem nach der ewigen Stadt, wo er nun im Collegium der Jesuiten noch weitere Kenntnisse erwarb. 1678 ging er zur Erlangung des Doctorates der Theologie nach Ancona. Diese Stadt besaß damals noch ein ihr vom Papst Pius IV. im Jahre 1562 verliehenes Generalstudium, das aller jener Privilegien sich erfreute, mit denen die Schulen in Bologna, Perugia, Padua ausgestattet waren. Nach seiner Promotion kehrte er nach Zara zurück, wo er nach kaum neun Monaten von Papst Innocenz XI. eine Domherrenstelle erhielt. So war er mit 28 Jahren ein junger Canonicus und hatte diese Auszeichnung nur seiner rastlosen Thätigkeit und seinem wissenschaftlichen Eifer zu verdanken. In seiner Stellung erwarb er sich die Achtung und das Vertrauen seines Capitels, der übrigen Geistlichkeit, insbesondere aber der Erzbischöfe, die ihn in den wichtigsten Angelegenheiten zu Rathe zogen. Erzbischof Vittorio Priuli ernannte ihn zu seinem Generalvicar; mit welcher Würde ihn nicht nur das Capitel bekleidete, als dieser Kirchenfürst im Jahre 1712 starb, sondern auch der neu erwählte Erzbischof Vincenzo Zmajevich, obgleich Tanzlinger seines vorgerückten Alters wegen die Annahme dieser Stelle verweigerte. Daß er unter so günstigen Umständen es nicht über die Domherrenwürde hinausbrachte, ist befremdend. Wohl findet sich irgendwo verzeichnet, daß ihm das Erzbisthum Antivari angeboten worden oder doch zugedacht gewesen sei; aber die Zeit, in welcher dies geschehen sein soll, stimmt nicht mit der Sachlage, indem damals noch Zmajevich auf dem erzbischöflichen Stuhle von Antivari saß. Nun denn, Tanzlinger war und blieb Canonicus, und auch Jene, die ein Erzdiaconat ihm verleihen, sind im Irrthum. Nach vorstehender Darstellung seiner geistlichen Laufbahn erübrigt uns noch ein Blick auf sein sonstiges Wirken. Und in dieser Hinsicht erscheint er uns als ein vorurtheilsfreier, seiner Zeit vorausgeeilter Priester. Noch stand der Hexenglauben in Italien und den Nachbarländern in voller Blüthe; noch besaßen des Jesuiten Del Rio „Disquisizioni magiche“ ungeschwächten Einfluß und des Franciscaners Menghi „Arte esorcìstica“ bestand zu vollem Rechte, unter solchen Verhältnissen war es für einen Priester keine geringe Aufgabe, gegen den Strom der Zeit zu steuern, und dies um so mehr, als die Kirche selbst jedem Beginnen sich abhold zeigte, welches den Schleier von diesen Wahngebilden weggezogen hätte, und vielleicht liegt gerade in diesem Aufklärungsstreben Tanzlinger’s der Grund, warum er es nicht über den Domherrn hinausgebracht hat. Auch sonst war er dem geistigen Streben und Schaffen voll Theilnahme zugewendet und ließ keine Gelegenheit vorübergehen, seinem Denken und Trachten Ausdruck zu geben. Als im Jahre 1694 achtzehn der hervorragendsten Zaratiner, der Gepflogenheit der italienischen Städte folgend, in welchen gelehrte Akademien wie Pilze hervorschossen, aber auch ebenso rasch wieder verschwanden, sich zur Gründung der „Accademia degl’Incaloriti“ zusammenthaten, wurde auch er ein Mitglied dieses Institutes und betheiligte sich an der Thätigkeit desselben ebenso mit prosaischen wie poetischen Arbeiten auf das eifrigste. Tanzlinger schrieb in drei Sprachen, in der lateinischen, [61] italienischen und illyrischen. Im Druck sind von ihm erschienen: „Eneide Virgili a knijga pérva i druga novo u slovinski jezik iztomačena i u pismah složena“, d. i. Das erste und zweite Buch der Aeneide von Virgil ins Slovenische übertragen u. s. w. (Venedig 1688, Zuliani, 8°., 4°.); aber auch die übrigen Gesänge dieses epischen Gedichtes hatte er übersetzt, und zwar in achtsilbigen Versen, in Strophen zu vier Zeilen, von denen die erste und dritte, die zweite und vierte sich reimen. Die Handschrift davon befand sich noch zu Beginn des laufenden Jahrhunderts im Besitze des Gelehrten Gregorio Stratico [Bd. XXXIX, S. 298], wohin sie aber nach dessen Tode gekommen, ist nicht bekannt. Zwei kleinere in illyrischer Sprache verfaßte Schriften sind geistlichen Inhalts, die eine enthält allgemeine Betrachtungen, die andere bezieht sich auf das Examen junger Priester, welche ordinirt werden sollen. Auch wird ihm die „Narrazione della mirabile guerra di Malia, con l’aggiunta della guerra di Clissa“, welche zuerst in Venedig 1699 bei Pezzano, dann ebenda 1724 bei dall’Occhi unter dem Pseudonym Fra Giovanni da Zara erschien, zugeschrieben; mag nun er oder ein Anderer dieses Buch herausgegeben haben, jedenfalls ist unser Giovanni da Zara nicht zu verwechseln mit einem gewissen Fra Giovanni da Zara, welcher um dieselbe Zeit als Franciscaner in Zara lebte und schrieb. Mehreres hat Tanzlinger in Handschrift hinterlassen. so eine illyrische Uebersetzung des römischen Katechismus, deren Herausgabe er den Erzbischöfen Zara’s ans Herz legte; gleichwohl gelangte sie nie zum Druck, das Manuscript, 540 Blätter stark, mit der Jahreszahl 1704 datirt, befindet sich noch in der Diöcesanbibliothek zu Zara. Die Ursache, daß sie ungedruckt blieb liegt darin, weil der Autor sich zu wörtlich an den lateinischen Text gehalten, wodurch der Sinn mitunter unverständlich geworden ist; außerdem fanden sich in seinem handschriftlichen Nachlaß mehrere illyrische Uebersetzungen casuistischer und homiletischer Arbeiten. Sein weitaus wichtigstes Werk aber ist das „Vocabolario italiano-illirico-latino“, von welchem drei Exemplare bekannt sind, das eine ist Eigenthum des Erzpriesters Giovanni Capor in Curzola, 138 Folioblätter. Die Vorrede, in welcher Tanzlinger auch die benützten Quellen verzeichnet, schließt mit dem Datum: Zara, 2. August 1679. Ein zweites Exemplar in zwei Bänden besitzen die Herren Filippi in Zara, es hat den Titel: „Vocabolario dei tre nobilissimi linguaggi italiano, illirico e latino con l’aggiunta di molt’ erbe semplici e termini militari“. Die Vorrede, welche gleichfalls ein Quellenverzeichniß enthält, ist Zara 22. Mai 1704 datirt. Ein drittes aber, ebenfalls in zwei Bänden, welches von jenem im Besitze der Herren Filippi befindlichen unterschieden ist, legirte Tanzlinger letztwillig dem von Erzbischof V. Zmajevich neu errichteten illyrischen Seminar in Zara; auch hinterließ er ein geschriebenes Tagebuch, betitelt: „La Dama cronologica, con le pedine, poste, riposte, mosse, rimosse etc.“ Es datirt in der Widmung an den Erzbischof Priuli vom Jahre 1708, enthält 266 Blätter und wurde von dem Autor dem Kloster San Grisogono zum Geschenke gemacht. Spätere Schriftsteller, u. A. Frari in seinem Werke „Della peste“, Kreglianovich in [62] seinen „Memorie per la storia della Dalmazia“ haben es nicht erfolglos benützt. Tanzlinger starb im Alter von 81 Jahren und wurde im Chor von San Grisogono beigesetzt, wo noch jetzt sein Denkmal mit seinem Wappen – ein von einem Engel bewachter Baum mit der Devise: Fortis tutela – und einer lateinischen Inschrift vorhanden ist. Unser Canonicus wird in italienischen Werken oft unter den Namen Zanotti oder Tanzlinger-Zanotti angeführt. Der Name Zanotti rührt von seinem Stiefvater Matteo Zanotti, dem zweiten Manne seiner Mutter, her, und da Dalmatien unter einer italienischen Regierung stand, mochte wohl der in Rede Stehende sich desselben mit Vorliebe bedient haben, woher es denn auch kommen mag. daß er statt mit seinem deutschen mit dem italienischen Namen angeführt wird.

Annuario Dalmatico (Spalato 1861, Libreria Morpurgo, 12°.) Anno II, p. 77 fino 104: „Della vita e degli scritti di Giovanni Tanzlinger Zanotti“ del Giuseppe Ferrari Cupilli. – Düringsfeld (Ida von), Aus Dalmatien (Prag 1857, Bellmann) Bd. I, S. 246.