BLKÖ:Stiebar auf Buttenheim, Achaz Freiherr

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Stichlberger, Max
Band: 38 (1879), ab Seite: 342. (Quelle)
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Stiebar auf Buttenheim, Achaz Freiherr (infulirter Probst, geboren zu Wiesenreith in Niederösterreich am 30. April 1755, gest. zu Eisgarn am 22. Jänner 1855). Dieser würdige Prälat, dieser echte Priester im Geiste des Herrn, hatte das den Sterblichen nur höchst ausnahmsweise gegönnte Glück, das hundertste Lebensjahr zu überschreiten und ohne eigentliche vorausgegangene Krankheit im vollen Besitze seiner geistigen Kräfte plötzlich aus dem Leben abberufen zu werden. Seine Eltern waren Johann Christoph Freiherr von Stiebar, Besitzer der Herrschaften Wiesenreith und Gresten, und Josepha, geborene Edle von Germeten. Seine Gymnasialstudien vollendete er zu Kremsmünster, die philosophischen am Lyceum zu Linz mit ausgezeichnetem Fortgange. Im Jahre 1773 trat er in den Orden der frommen Schulen in Wien, in welchem er als Professor der Gymnasialgegenstände und später als Rector des Collegiums in der Josephstadt mit solcher Auszeichnung diente, daß er auch nach seinem Austritte aus dem Orden, der im Jahre 1790 durch Beförderung auf die Weltpriesterpfarre Gresten V. O. W. W. erfolgte, im gesegneten Andenken bei dem ganzen Ordensstabe blieb. Schon nach einem Jahre, 1791, wurde dem damals 36jährigen Pfarrer zu Gresten das Amt eines Dechants und Schulbezirks-Aufsehers des Decanates Scheibbs mit Verleihung des Ranges eines bischöflichem Consistorialrathes übertragen, das er nach einer Unterbrechung vom Jahre 1802–1813 bis zum Jahre 1844, also durch einen Zeitraum von 41 Jahren, mit seltenem Berufseifer und Treue verwaltete. Es war ein erhebender Anblick, den Dechant in der Schule zu sehen, wie er noch als Greis von mehr als 80 Jahren von 7 Uhr Morgens bis 12 Uhr auf seinen Beinen sich bewegte, zu jedem aufgerufenen Kinde sich selber stellte und durch seine kinderfreundliche Theilnahme die Kleinen aufmunterte, ihren Eifer anregte, sie aber auch nach geendeter Prüfung reichlich beschenkte. Bis in sein neunzigstes Jahr ertheilte er als Katechet den Schülern der ersten Classe in der Elementarschule wöchentlich zweimal den Religionsunterricht und bethätigte seine liebevolle Theilnahme für die Kleinen, da er auch als ganz erblindeter Greis die vorgeschriebenen Beichten der Schuljugend noch in seinem hundertsten Lebensjahre in einem Zimmer anhörte. Im Jahre 1837 feierte S. das 50jährige Pfarramts-Jubiläum in seiner Propsteikirche zu Eisgarn, [343] bei welcher Gelegenheit ihm seine früheren Capitularen und Pfarrer des Decanates Waidhofen an der Thaya eine mit Inschriften geschmückte, reich verzierte silberne Blumenvase verehrten. Kaiser Ferdinand aber würdigte die Verdienste des 50jährigen Jubelpfarrers durch Verleihung des Ritterkreuzes des Leopolds-Ordens. Während dieser langen 50jährigen Periode war er in drei Pfarren, zu Gresten vom Jahre 1793 bis 1802; zu Heidenreichstein V. O. M. B. von 1802–1813, und dann als Propstpfarrer zu Eisgarn bis zu seinem Lebensende angestellt. Mit der gewissenhaftesten Führung der Seelsorge verband der Dahingeschiedene einen regen Eifer zur Errichtung von herrlichen Baudenkmalen. Zu Gresten, Heidenreichstein und Litschau wurden die Pfarrhöfe von Grund auf neu und in herrlichem Baustyle erbaut und auch die Kirchen erfreuten sich unter ihm mancher Verschönerung. Erst in seinem 90. Lebensjahre bat er um Enthebung vom Decanate und nach erlangter Genehmigung zog er sich in ein stilles Zimmerleben zurück, in welchem er aber täglich, noch am Vortage seines Todes, die h. Messe in dem hiezu hergerichteten Capellenzimmer celebrirte. Am 30. April 1854 feierte der Jubelgreis seinen hundertsten Geburtstag und erhielt bei dieser Gelegenheit von Sr. k. k. Majestät Franz Joseph das Comthurkreuz des Franz Joseph-Ordens, welches demselben am 31. Mai 1854, am Tage, wo er im Jahre 1779 zu Artstetten als neugeweihter Priester seine erste h. Messe, und im Jahre 1829 in derselben Kirche und an demselben Altare sein 50jähriges Priester-Jubiläum beging, auf höchst feierliche Weise von dem k. k. Kreishauptmanne Ferdinand Fischer überreicht worden ist. Noch drei Vierteljahre überlebte der Jubelgreis diese Feier. Am 22. Jänner 1855, zwischen 6 und 7 Uhr Morgens, schickte er sich eben an, wie gewöhnlich in seiner Hauscapelle sein tägliches Meßopfer zu verrichten, als der Nervenschlag seinem Leben ein Ende machte. Das 76jährige echt priesterliche Wirken des Verblichenen lebt in der Erinnerung Aller, die ihn kannten und in den Aufzeichnungen der Pfarren, die er verwaltet. In einem ihm gewidmeten Nachrufe heißt es wörtlich: „Es ist Niemand unter Denen, die ihn näher kannten, zu finden, der nicht der Milde seiner Gesinnung, dem Geiste des Friedens, seiner hohen Wohlthätigkeit, dem fleckenlosen Leben, seinem Rechtsgefühle und erleuchteten Wissen aufrichtige Verehrung und Anerkennung zollte. Die Ausläufe seiner Thätigkeit erstreckten sich nach allen Seiten, insbesondere tragen Kirchen, Schulen und Pfarrhöfe die Spuren seiner leitenden Hand. Bis zu den äußersten Marken seines Lebens hatte er noch Luft und Kraft, literarisch thätig zu sein. Seines hohen Alters ungeachtet bewahrte er fortwährend das regste Interesse für alle Forschungen und Entdeckungen im Gebiete der Wissenschaften und für alle Phasen der Zeit. Immer stand er auf der Höhe der Zeitbildung und der Ereignisse. Sein heller Geist wußte alle Erscheinungen der Zeit zu fassen und auf der Wage des Heiligthums zu prüfen. Nie hat er sein Haupt gebeugt vor Vorurtheilen! Unter keinen Umständen hat er den Muth verleugnet, Recht und Unrecht mit dem rechten Worte zu bezeichnen. In seinem ganzen Leben hat er die Idee eines sittlich reinen Lebens dargestellt. Ja, sein Leben war ein Leben des Gerechten! Jeder Jammerlaut des Unglücks fand einen Wiederhall in seiner Brust. Wohlthun war seinem Herzen Bedürfniß und Lust, besonders unterstützte [344] er gerne das mit Dürftigkeit ringende Talent. Und wie Vielen hat er ihr Leben versüßt und ist ihnen ein verläßlicher Compaß gewesen auf der Irrfahrt des Lebens durch seinen lehrreichen, gemüthlichen Umgang! Wie Vielen hat er die in Furchen gelegte Stirne wieder geglättet und das Leben geebnet! Wie Mancher hat sich vor den tobenden Wogen der Welt in sein Haus, in seine Nähe geflüchtet! Die Kirche verlor in ihm einen ihrer treuesten Diener, der Staat einen seiner bravsten Bürger; die Propstei Eisgarn eine Zierde, der Clerus ein Vorbild, die Menschheit einen Freund!“ Leider ist nirgends angegeben, worin seine oben angeführte „literarische Thätigkeit“ bestanden hat.

Salzburger Kirchenblatt 1855, Nr. 5: „Nekrolog“. – Oesterreichisches Bürger-Blatt (Linz, 4°.) XXXVII. Jahrg., 18. Februar 1855: „Nekrolog“. – Katholische Blätter. Herausgegeben vom katholischen Central-Verein zu Linz. 1855, Nr. 16. – Wiener Kirchen-Zeitung. Herausgegeben von Sebastian Brunner. 1855, Nr. 13. S. 107. – Heinrich Joseph Collin richtete im J. 1787 an Achaz Freiherrn von Stiebar ein Gedicht, welches in Collin’s Werken (Bd. IV, S. 96) abgedruckt steht.