BLKÖ:Stein (Schauspieler)

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Stein, Eduard Franz
Band: 38 (1879), ab Seite: 25. (Quelle)
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Noch ist eines Schauspielers Namens Stein – wenigstens führte er als solcher diesen Namen – zu gedenken, dessen Lebensläufe in „aufsteigender“ Richtung, ganz eigenthümlicher Art sind. Zuerst erscheint er Mitte der Vierziger-Jahre zu Eperies in Ungarn, wo aus Anlaß der Wahl eines Obergespans große Festlichkeiten, unter anderen auch eine Festvorstellung im Theater, stattfand. Man gab das Schauspiel „Mathias Corvinus“. Stein gab die Titelrolle. Ueber seine Meisterleistung gab es im Eperieser Publicum nur eine Stimme: „Jeder Zoll ein König“. So geschah es denn auch, daß er nach beendigter Darstellung zur Magnatentafel im Redoutensaale geladen wurde. Wie er auf der Bühne ein König war, so gab er sich im Banketsaale ganz als feiner Mann der Gesellschaft. Die Tafel hatte lange gedauert und nachdem sie zu Ende war, machte Stein die Runde bei den Magnaten, um jedem Einzelnen für die ihm erwiesene Ehre seinen Dank auszusprechen. Nachdem auch dieser Rundgang beendet war und er sich ganz mit dem Schick eines vollendeten Weltmannes zu entfernen Miene machte, packte ihn an der Ausgangsthüre ein Kellner ohne Weiteres beim Kragen, indessen ein zweiter in Stein’s Taschen griff und nach und nach nicht weniger denn 22 Silberlöffel hervorzog. Man brachte den Löffeldieb ins Comitatsgefängniß; aber die Leistung als „König Corvinus“ überwog so mächtig, daß die einzelnen Magnaten, denen es doch unheimlich geworden, mit einem gemeinen Diebe getafelt zu haben, den Stuhlrichter bewogen, Gnade für Recht ergehen zu lassen. Stein wurde entlassen, mußte sich aber sofort aus der Stadt entfernen. – Ein paar Jahre später machte in Kaschau ein Baron Trenk durch die Gesellschaftsbälle, welche er arrangirte, großes Aufsehen. Es war ein junger, feiner Mann, dieser Baron Trenk, der vorgab, einer der jüngsten Sprossen der freiherrlichen Familie zu sein, deren Andenken durch den berühmten Pandurenführer fortlebt. Es sollte der letzte Gesellschaftsball stattfinden, der besonders stark besucht zu werden versprach, da es Einer dem Anderen ins Ohr raunte, daß schon auf den früheren, in einem vom Ballsaale geschiedenen, nur Eingeweihten zugänglichen Raume ein Spielchen gemacht wurde, bei dem Baron Trenk selbst Bank hielt. Der Ball war überfüllt und das besagte Spielzimmer konnte bald nicht alle fassen, welche ihr Glück bei den Karten suchen wollten. Baron Trenk hielt Bank und gewann immense Summen. Die Taschen der Mitspieler waren schon genügend geplündert. Auf dem Spieltische lag der ganze Haufen Gold, das die Spieler verloren hatten; da rief Trenk mit vernehmlicher Stimme: „Wer spielt?“ Ein junger Edelmann erwiederte laut: „Va banque.“ Die Summe war sehr groß. Baron Trenk nahm ein frisches Spiel Karten, zog ab und bedeckte mit der für ihn gewinnenden Karte das auf dem Tische liegende Geld, als im selben Augenblicke in der erhobenen Hand des Verlierenden eine Waffe blitzte und auf Trenk’s Hand niederfuhr, die nun platt und fest mit einem Dolche auf den Tisch genagelt war. Der junge Edelmann streifte aber rasch den Aermel von Trenk’s Frack zurück und zog die Karte hervor, welche dieser bei dem entscheidenden Blätterabzuge hatte in den Aermel sich verlieren lassen. Staunen und Entsetzen erfaßte alle Umstehenden bei diesem doppelten Attentate, des betrügenden Bankhalters, des rächenden Edelmannes. Die Wunde war derart, daß der Arm Trenk’s amputirt werden mußte. Da man ein verbotenes Spiel gespielt und überdieß die rächende Nemesis den Baron ohnehin ereilt hatte, kam dieser ohne weitere Folgen davon. – Im Jahre 1849, als Ungarn gegen seinen rechtmäßigen König in Rebellion sich erhoben, fand eines Tages in Steinamanger eine Execution statt; es wurden nämlich gleichzeitig ein Brandstifter, ein Räuber und ein Spion aufgehängt. Der Spion hieß Jean Perdu und gab sich für einen französischen Capitän aus. Er würde sich auch schon salvirt haben, als einer der Untersuchungsrichter in dem Diener des Capitäns einen berüchtigten Brandstifter erkannte. Nun wurde die Untersuchung seiner Habseligkeiten nochmals und dießmal genauer vorgenommen und bis auf seine Kleidungsstücke ausgedehnt, welche man auftrennte, worauf man in der That im Rockkragen geheime Depeschen und genaue Angaben über die Truppenstellung und Stärke des Gegners vorfand. Nun blieb kein Zweifel mehr über das eigentliche Wesen des französischen Capitäns übrig. Eine genaue Untersuchung ergab, daß er vordem Schauspieler, dann falscher Spieler gewesen, auch die Geschichte, warum dem Capitän eine Hand, die er im Kriege verloren [26] zu haben vorgab, fehlte, fand Erklärung. Der Spion war Stein-Corvinus-Trenk-Jean Perdu in einer Person. Während die beiden anderen Sünder vor dem Galgen so erschraken, daß sie unter denselben getragen werden mußten, kräuselte Stein seine Locken, lächelte über die Todesangst seiner Schicksalsgenossen, machte, als ihn der Henker faßte, dem Publicum eine Verbeugung, stieg mit festen Schritten die Leiter hinan und mit den Worten: „Gott, erbarme dich meiner!“ hatte er seine letzte Rolle ausgespielt. [Gartenlaube. Herausg. von Ernst Keil (Leipzig, 4°.) Jahrg, 1866, S. 711: „Auch ein Künstler“. – Coulissen-Geheimnisse aus der Künstlerwelt. Vom Verfasser der „dunklen Geschichten aus Oesterreich“ und der „Hof- und Adelsgeschichten“ (Wien 1869, R. von Waldheim, Lex.-8°.), S. 276: „Vor der Kunst bis zum Galgen“.]