Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 35 (1877), ab Seite: 242. (Quelle)
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Sokol, Joseph (Violin-Virtuos und Componist, geb. zu Břzezno bei Bunzlau in Böhmen 27. Jänner 1821, gest. zu Wien 9. August 1858). Sein Vater war Wundarzt und als er die tüchtigen musikalischen Anlagen seines Sohnes gewahrte, trug er auch für deren entsprechende Ausbildung Sorge. So erhielt S. Unterricht im Violin-, Piano- und Orgelspiel, zugleich auch im Gesange, und machte so gute Fortschritte, daß er, erst neun Jahre alt, auf einigen benachbarten Schlössern öffentlich auftreten konnte. Ueber Verwendung des Grafen Kaunitz kam S. im Jahre 1831, damals zehn Jahre alt, in das Prager Conservatorium. Dort zählte er bald zu den besten Schülern und konnte schon im Jahre 1833 in einem Conservatoriums-Concert öffentlich und mit Erfolg auftreten. Daselbst begann er auch – kaum 14 Jahre alt – zu componiren und seine erste im Mayseder’sche Style gehaltene Composition war ein Adagio polonaise für die Violine, welches er auch in einem Conservatoriums-Concerte vortrug. Das Compositionstalent Sokol’s entwickelte sich immer entschiedener und frischer und im Jahre 1835 schrieb der damals vierzehnjährige Jüngling eine Ouverture, welche von der Kritik in Bezug auf Harmonie und Melodie als eines der besten Werke unserer Zeit in dieser Richtung bezeichnet und von Director Dionys Weber öfter mit Vorliebe aufgeführt wurde. Im Jahre 1836 schrieb S. Variationen für die Violine, deren elegischer Charakter glücklich durchgeführt ist, und eine Fest-Ouverture anläßlich der Krönung des Kaisers Ferdinand zum Könige von Böhmen, welche er auf dem Prager Schlosse persönlich dirigirte und wofür er mit einem Brillantringe ausgezeichnet wurde. Um diese Zeit wurde S. mit einem Manne Namens Horner bekannt, der es eben so verstand, ein Textbuch einzurichten, wie sich an der Composition eines solchen zu betheiligen, und so entstand denn die Compagnie-Oper „Lear“, welche, obgleich vollendet, doch nicht zur Aufführung gelangte, denn S. mußte, ehe die letzten dazu erforderlichen Schritte gethan werden konnten, seiner neuen Bestimmung nach Wilna folgen, wo er die Stelle eines Orchesterdirectors übernommen hatte. Dort aber überließ er sich dem Genusse geistiger Getränke, welche seine Gesundheit untergruben. Im Jahre 1841 begab sich S. nach St. Petersburg. wo er sich verheirathete und als erster Violinspieler anfänglich im Orchester Herrmann’s, später in jenem von Strauß thätig war, als dieser mit seiner Capelle von Wien nach der nordischen Residenz gekommen war. In Petersburg ereilte ihn im schönsten Mannesalter von erst 37 Jahren der Tod. In der letzten Zeit seines Lebens standen ihm zwei böhmische Landsleute, der Cellist Seiffert und der Hoboe-Virtuos Schubert, hilfreich zur Seite. Bei seinem Ableben aber veranstaltete zu Gunsten der hinterbliebenen Witwe und ihrer drei Kinder die Strauß’sche Capelle ein [243] Concert, dessen Reinerträgniß sich auf 1000 Rubel belief. Ueber Sokol’s musikalischen Nachlaß ist nichts bekannt geworden. Von seinen sonstigen durch den Druck veröffentlichten Arbeiten sind noch zu nennen: Zwei Lieder-Compositionen, beide in dem musikalischen Sammelwerke „Veněc“, d. i. Der Kranz, abgedruckt, u. z: „Obraz mé milenky“, d. i. das Bildniß meiner Geliebten. Von Georg Hlavač. Lied für eine Tenorstimme [IV. Jahrg. (1838)], und „Slavik u ohlaš“, d. i. Nachtigall und Wiederhall. Von Maria Antonie. Für ein Sopranstimme [ebd.].

Dalibor. Hudební týdennik, d. i. Dalibor. Musikalisches Wochenblatt (Prag, 4°.) I. Jahrg. (1858), Nr. 6: „Sokol Joseph“. Von E. Melis. – Ambros (Aug. Wilh. Dr.), Das Conservatorium[WS 1] in Prag. Eine Denkschrift (Prag 1858, Gottl. Haase Söhne 8°.), S. 79. – Magazin für die Literatur des Auslandes 1868, Nr. 18, S. 263: „Zur Geschichte der Čechen in Deutschland. I. Naive Darstellungsweise“.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Conversatorium.