BLKÖ:Schulhof, Julius
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 32 (1876), ab Seite: 157. (Quelle) | |||
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Tedesco den Spiel-, Tomaschek den theoretischen Unterricht, wobei jedoch die vermögenden Eltern darauf sahen, daß auch der übrige Unterricht nicht vernachlässigt wurde. In der Zwischenzeit war er einige Male öffentlich aufgetreten. Im Alter von 17 Jahren kam er nach Paris, um dort die höhere Ausbildung zum Virtuosen zu erlangen. Auf der Reise nach Paris war er jedoch in Dresden, Weimar, Leipzig in öffentlichen Concerten aufgetreten. In Paris selbst zog er es vor, anfänglich in aller Stille seinen Studien obzuliegen und mit dem Terrain, auf dem er wirken sollte, sich vorerst vollkommen vertraut zu machen. So waren mehrere Jahre in künstlerischen Studien dahingegangen, und es hätte vielleicht noch länger gedauert, ehe Schulhof öffentlich aufgetreten wäre, wenn nicht das zufällige Begegnen mit dem damals schon leidenden Chopin in der Officin eines Pariser Pianofabrikanten, wo Schulhof, um ein Instrument zu seinem Gebrauche auszuwählen, sich befand, Schulhof’s Eintritt in die Oeffentlichkeit beschleunigt hätte. Der junge Virtuose stellte Chopin sich vor, erbat sich die Erlaubniß, ihm etwas vortragen zu dürfen, welche der von dergleichen Vorstellungen und Ansuchen übermüde Chopin nur höflichkeitshalber gewährte. Als aber Schulhof seinen Part vortrug, wurde Chopin aufmerksam, und als der junge Pianist geendet, begrüßte er ihn warm als Freund und Genossen und munterte ihn zur öffentlichen Production auf. Nun wollte es Schulhof wagen [158] und sein Erfolg war ein glänzender. Jetzt war sein Virtuosenruf begründet. Schulhof unternahm zunächst eine größere Kunstreise, auf welcher er Frankreich, Spanien und England besuchte, und sowohl mit seinem Spiele, wie mit seinen Compositionen überall reichen Beifall erntete. Im Winter 1849/50 kam Schulhof nach Wien, wo er den ihm vorangegangenen Künstlerruf in mehreren Concerten, die er gab, glänzend bewährte. Hanslick in seiner „Geschichte des Wiener Concertwesens“ berichtet: „Zu Anfang dieser Periode (1849–1869) war es der Pianist Julius Schulhof, der das Publicum am meisten erwärmte und interessirte. Sein Spiel und seine Kunstrichtung gehören nicht zu den epochemachenden; das Große, Erhabene, das Dämonisch-Leidenschaftliche stehen ihm fern, allein die reizende Anmuth, das unübertrefflich Gesangvolle seines Spieles bezauberten das Publicum. Schulhof gab sechs Concerte im Jahre 1850, mehrere seiner kleinen Clavierstücke, wie „Le chant du Berger“, die Phantasie über böhmische Volkslieder“ kamen en vogue und erhielten sich lange Zeit beliebt.“ Auf den Wiener Besuch folgte eine Reise nach Norddeutschland und Rußland. Nach Deutschland zurückgekehrt, ging er 1853 wieder nach Wien, wo er abermals sechsmal concertirte. Dann bereiste er Südrußland und die Krim, ging 1854 zum zweiten Male nach Paris, wo er neue Triumphe feierte, und concertirte im folgenden Jahre wiederum in den Hauptstädten Norddeutschlands. Gesundheitsrücksichten bestimmten ihn dann, längere Zeit in völliger Zurückgezogenheit vom Concertgeben zu leben, und zwar in Dresden – seinem mehrjährigen, vielleicht auch jetzigen Domicil – wo ihn Familienbande fesseln. Diese Ruhezeit widmet S. zugleich dem Componiren und dem tieferen Studium classischer Pianofortemeister, wie Bach und Beethoven. Seit mehreren Jahren bringt er den Winter in Paris zu und gibt dann auch ein paar Concerte, die ebenso Zeugniß seiner alten Meisterschaft, wie seiner unausgesetzten Studien sind. Das Spiel Schulhof’s hat die gewöhnlichen Vorzüge des Spieles mit anderen Componisten gemein, wo er aber eigenartig dasteht, das sind die Größe, Schönheit und detaillirte Ausprägung seines Tons und der einem hohen, besonderen Tonsinne entspringende Wohlklang seines Spieles; seine mit intensiv kräftigem, feurigem Zuge und regem Accente belebende, scharfe Rhythmik; schließlich jene gebundene, poesievolle Wärme, spirituelle, männliche Frische und liebenswürdige Anmuth seines Vortrages, der immer neu, eigenthümlich und sympathisch zu fesseln weiß, ohne je Natürlichkeit, maßvolle Einfachheit und innere Wahrheit und Styl einzubüßen, ohne je dem Einflusse der Manier, der Effecthascherei und einer raffinirten, speculativen Behandlung zu verfallen. Seine Compositionen bezeichnet die Musikkritik als melodisch, reizvoll, innig empfunden, geistreich und interessant in den Motiven, ebenso künstlerisch fein und correct, als geschmackvoll und elegant, in der Form gestaltet; schön im Klangeffect und durchaus claviermäßig gedacht, behaupten sie einen schönen Rang im sogenannten Salongenre; die meisten tragen einen gedanklich ernsten Charakter, keines leidet an der Gehaltlosigkeit, welche dergleichen Bravour auf die Dauer widerwärtig macht. Seine Pianoforte-Transscriptionen classischer Tonwerke bewähren ein außerordentlich feines Tongefühl für Beherrschung wohllautender [159] und mannigfacher Klangcolorits auf dem Piano. Die Zahl seiner mit einer Opus-Zahl versehenen Compositionen übersteigt ein halbes Hundert, außerdem sind noch etliche ohne Opus-Zahl bekannt. In den letzten Jahren scheint der Künstler einen Ausflug nach Ungarn gemacht und daselbst componirt zu haben, denn seit 1862 veröffentlichte der bekannte Pesther Musikverleger Rozsavölgyi eine Reihe Schulhof’scher Compositionen, deren letzte aus dem Jahre 1868 stammt.
Schulhof, Julius (Clavier-Virtuos, geb. zu Prag 2. August 1825). Sohn israelitischer Eltern. Zeigte früh ungewöhnliches Talent für Musik, erhielt einen Musiklehrer, Namens Kisch, dessen gute Methode ihn rasch forderte, denn schon im Alter von neun Jahren konnte der talentvolle Knabe sich öffentlich auf dem Piano hören lassen. Nun übernahm- Uebersicht der Compositionen Schulhof’s. „Allegro en forme de Sonate“, in A-moll, Op. 1. – „3 Nocturnes“ („Rom“, Najade“, „Elegie“), Op. 2. – „Andante et Etude de Concert, Op. 3. – „2 Polkas originales“, Op. 4. – „4 Mazurkas“, Liv. 1 et 2, in F, in E, in Des, in F-moll, Op. 5. – „Grand Valse brill.“, in As, Op. 6. – „2 Scherzi“, Op. 7. – „3 Impromptu“ („Confidance“, „Chanson à boire“, „Barcarolle“), Op. 8. – „2 Mazurkas“, As, in A-moll, Op. 9. – „Caprice sur des airs bohémiens“, Op. 10. – „Nocturne“, in As Op. 11. – „Le Tournoi. Grand Etude“, in C, Op. 12. – „12 Etudes“, 2 Cahiers. Cah. 1, in A-m., F-m., H, As, Es, Ges; Cah. 2, in As, C-m., Des, A, H-m., B-m., Op. 13. – „2 Impromptu’s” („Berceuse”, in As, „Babillard”, in C), Op. 14. – „12 Etudes”, Cah. 1 et 2, Op. 15. – „2 Pensées fugitives”, in H-m., E, Op. 16. – „Galop de Bravura“, in Des, Op. 17. – „2 Styriennes et une Mazurka“, in A, in Des, in D, Op. 18. – „2me Nocturne“, in Des, Op. 19. – „2de Valse brillante“, in Des, Op. 20. – „Capriccio appassionato“, in D-moll, Op. 21. – Carneval de Venise arr.“, in F, Op. 22. – „3 Idylles“ (Chant du Berger“, in As, „Dans les Montagnes“, in Ges, „Danse rustique“, in E), Op. 23. – „Souvenir de la Grand Bretagne“, Grand caprice in As, Op. 24. – „Chanson de Payans de Bohème“, in Es, Op. 25. – „Cantabile“ in Ges, Op. 26. – „3 Idylles“, 2me suite („Près de la fontaine“ in Des, „Dans le bois“ in A, „Dimanche matin“ in G), Op. 27. – „Souvenir de Vienne. Nocturne“, Op. 28. – „Serenade Espagnole“, Op. 29. – „Souvenir de Varsovie. Mazurka“, Op. 30. – „Caprice sur des Thèmes hongrois“, Op. 31. – „Souvenir de Moscou. Chant de pècheur“, Op. 32. – „Impromptu-Polka“, Op. 33. – „Tarantella“, Op. 34. – „L’ondine“, Op. 35. – „Trois Idylles“, 3me Recueil („Doux reproche“, „Etoile du soir“, „Le Ruisseau“), Op. 36. – „Sonate“, Op. 37. – „Grand Marche“, Op. 38. – „Souvenir de Kieff. Mazurka“, F-moll, Op. 39. – „Nocturne“ in Ges, Op. 40. – „Ballade“, Op. 41. – „Aubade. Morgenständchen“, Op. 42. – „Auprès de Berceau“, Op. 43. – „Polonaise“, Op. 44. – „Chants d’amitie“, Op. 45. – „Morceau characteristique sur des mélodies russes, bohémiennes, Op. 46. – „Capriccio“, Op. 47. – „Troisième Valse brillante“, Cis-moll, Op. 48. – „2 Romances sans paroles“, „Impromptu lyrique“, Op. 49. – „Souvenir de Petersbourg, Mazurka“, Op. 50. – „Allegro“, Op. 51. – Ohne Opus-Zahl: „Ouverture du jeune Henri di Méhul“. – „Menuett aus Mozart’s Symphonie, in Es übertragen“. – „Feuille d’Album“. – „6 Transscriptions d’après des Oeuvres de Beethoven, Haydn, Mozart“. 1) Haydn, Largo de la Symphonie in D; 2) Haydn, Menuett du quatuor in F; 3) Mozart, Adagio du Quatuor in Es; 4) Mozart, Menuett du Quatuor in D; 5) Beethoven, Scherzo de la Symphonie in H; 6) Beethoven, Menuett de la Symphonie in B; – „Air et Gavotte v. J. L. Bach, pour Piano“. – Ronde dalekarlienne. Dans de la Suède, Morceau characteristique“. – „Un soir au theâtre national de la Hongroie. Phantaisie de Concert sur de motifs de Bánk Bán. Opéra national de Fr. Erkel“. – „La jolie Styrienn. Morceau de Salon“. – „Un jour glorieux en Schleswig-Holstein“. – „Souvenir de Pologne“. – „Les beaux jours de Carlsbad“, 6 morceaux érotiques. 1) „La fontaine du chateau“; 2) „Vague desir“; 3) „Dans la cour de la poste“; 4) „Aspect d’idéal“; 5) „A la source du moulin“; 6) „Le premier rencontre“. – „Dinorah ou le Pardon de Ploërmel de Meyerbeer“, 3 tableaux photographiques. 1) „Berceuse“; 2) „Danse de l’ombre“; 3) „Choeur et marche de pélerins“.
- Zur Biographie. Dalibor. Časopis pro hudbu i t. d., d. i. Dalibor. Zeitschrift für Gesang u. s. w., herausg. von Em. Meliš (Prag, 4°.) V. Jahrg. (1862), Nr. 31, S. 242: „Julius Schulhof“. – Europa. Redigirt [160] von Gust. Kühne, 1859, Nr. 34, Sp. 1225. – Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber, Fol.) XV. Bd. (1850), Nr. 384. – Männer der Zeit. Biographisches Lexikon der Gegenwart (Leipzig 1860 u. f., C. B. Lorck, 4°.) I. Serie. Sp. 617. – Jüdisches Athenäum. Gallerie berühmter Männer jüdischer Abstammung und jüdischen Glaubens u. s. w. (Grimma und Leipzig 1851, Verlags-Comptoir, 12°.) S. 220. – Neues Universal-Lexikon der Tonkunst. Angefangen von Dr. Julius Schladebach, fortges. von Ed. Bernsdorf (Dresden 1856, Rob. Schäfer, Lex. 8°.) Bd. III, S. 523. – Porträte. 1) Unterschrift: Facsimile des Namenszuges: J. Schulhoff. Prinzhofer (lith., 4°.). Gedr. bei J. Rauh (Wien, bei Glöggl, 4°.); – 2) lith. von Ebendemselben (Kniestück, mit Facsimile, Folio, Mainz, Schott Söhne); – 3) Holzschnitt ohne Ang. des Zeichners u. Xylogr. in der Illustrirten Zeitung. XV. Band, Nr. 384; – 4) sehr ähnlicher Holzschnitt von John.