BLKÖ:Schaffgotsch, Johann Anton Ernst Graf

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Band: 29 (1875), ab Seite: 79. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Anton Ernst von Schaffgotsch in der Wikipedia
Anton Ernst von Schaffgotsch in Wikidata
GND-Eintrag: 139498850, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Schaffgotsch, Johann Anton Ernst Graf|29|79|}}

Schaffgotsch, Johann Anton Ernst Graf (Bischof von Brünn, geb. am 16. Februar 1804, gest. zu Brünn am 31. März 1870), von der böhmischen Linie; ein Sohn des Grafen Johann Ernst aus dessen zweiter Ehe mit Johanna Gräfin von Blümeggen, und Bruder des Maria Theresien-Ritters, des Grafen Johann Franz [S. 82). Nachdem er die erste Bildung an der Theresianischen Ritter-Akademie in Wien erlangt, wendete er sich der theologischen Laufbahn zu, ging nach Brünn, wo er die theologischen Studien beendete und am 8. September 1827 die Priesterweihe erhielt, nachdem ihm bereits früher ein Domicellar-Canonicat an der Olmützer Metropolitankirche war verliehen worden. Nun trat er in die Seelsorge, wurde Pfarrer zu Groß-Tajax und nach mehrjähriger Thätigkeit auf diesem Posten Canonicus am Metropolitan-Capitel zu Olmütz und im Jahre 1839 Weihbischof daselbst. Drei Jahre später, am 15. Juli 1841, zum Bischof von Brünn ernannt, wurde er am 5. Mai 1842 feierlich als solcher introducirt. Graf Schaffgotsch bekleidete diese Würde bis an sein im Alter von 66 Jahren erfolgtes Ableben. Seine oberhirtliche Thätigkeit gipfelt in der Errichtung eines Knaben-Seminars, welches kurz vor seinem Ableben über 60 Zöglinge zählte; in der Anregung zur Begründung eines Institutes der barmherzigen Schwestern, mit welchem eine Waisenanstalt vereinigt ist. Ferner erhob er eine nicht geringe Anzahl Localien zu Pfarreien, war bedacht, die temporäre Stellung seiner Diöcesan-Geistlichkeit zu verbessern, und um das religiöse Leben zu kräftigen, förderte er, statt Schulen zu errichten und gute Volksbücher zu vertheilen, kirchliche Bruderschaften und Vereine. Wie er den Geist seines wichtigen Amtes auffaßte, bewies er im Jahre 1856 durch folgende Thatsache. Es hatte sich im November g. J. in der Anstalt der barmherzigen Schwestern zu Brünn ein angebliches Wunder zugetragen. Der Bischof Graf Schaffgotsch ließ dasselbe untersuchen und auf Grund der gepflogenen Erörterungen eine Urkunde ausstellen, worin es heißt: „daß die Mathilde Markara, welche an völliger Blindheit gelitten, dadurch ihre Sehkraft wieder erlangt habe, daß sie am 7. November 1856 ein Fläschchen [80] mit dem Oele der heiligen Walpurgis vertrauensvoll zum Munde führte und küßte. Damit das Andenken an diesen Gnadenact erhalten, Gott ewiger Dank dafür gesagt, das Vertrauen der Gläubigen geweckt und genährt und die Andacht zu der großen Wunderthäterin, der heiligen Walpurgis, befördert werde, soll die Entscheidung in der Capelle der Töchter der christlichen Liebe angeheftet, für alle Zeiten bewahrt und der 7. November als ein Festtag in der Anstalt alljährlich begangen werden“. Nach dieser bischöflichen That war von dem Wirken des Brünner Oberhirten durch Jahre nichts mehr zu hören. Erst als er am 20. October 1864 sein 25jähriges Bischofsjubiläum feierlich beging, versammelten sich um die Mitte des genannten Monats die Erzpriester der Diöcese, ihrem Oberhirten mehrere reiche Geschenke, nämlich ein Pluvial, ein Velum, eine Mitra, ein Pedum und eine Casula zu überreichen. Graf S. war seiner milden, toleranten Gesinnung wegen lange Jahre hindurch sehr beliebt, erst als gegen Ende der Sechziger-Jahre die clericale Bewegung gegen die Grund- und Schulgesetze begann, schloß auch er sich derselben an und erließ einige Hirtenbriefe in verfassungswidriger Richtung und konnte es nicht unterlassen, als er am 20. Februar 1868 in der Wiener Burgcapelle die Trauung der Erzherzogin Therese mit dem bayerischen Prinzen Ludwig vornahm, in seiner über das Sacrament der Ehe gehaltenen Trauungsrede abwehrende Worte gegen die damals herrschende Richtung anzubringen. Man schrieb diesen Gesinnungswechsel in dem sonst so toleranten Wesen des einst deshalb allgemein beliebten Kirchenfürsten dem Einflusse des Olmützer bischöflichen Hofes zu. Als dann im folgenden Jahre bei Gelegenheit der Slawikowitzer Feier (Ende August 1869), welcher Se. kais. Hoheit Erzherzog Karl Ludwig als Stellvertreter Sr. Majestät des Kaisers beiwohnte, Bischof Graf Schaffgotsch nicht erschien, wurde dieses Fehlen höchsten Ortes sehr übel vermerkt und diese – nachträglich von dem Bischofe entschuldigte – Außerachtlassung von der öffentlichen Meinung in den Journalen vielfach besprochen. Bischof S., der im Jahre 1869 in Verlosungspapieren einen ansehnlichen Treffer gemacht, hatte bei seinem Ableben ein beträchtliches Vermögen – im Gesammtbetrage (baares Geld, Werthpapiere, Prätiosen, Mobiliare u. s. w.) 369.941 fl. – hinterlassen, zu dessen Universalerben er das von ihm gegründete Knabenseminar eingesetzt und seinen beiden Neffen Friedrich und Franz, Letzterer k. k. Oberst a. D., je 90.000 fl. vermacht hat.

Kleines biographisches Lexikon, enthaltend Lebensskizzen hervorragender, um die Kirche verdienter Männer (Znaim 1862, Lenck, 8°.) S. 105. – Zeitgenossen. Almanach für das Jahr 1863 (Gratz o. J., Triegler, kl. 8°.) S. 254. – Neue freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1868, Nr. 1263; 1869, Nr. 1800, 1803, 1805, 1806, in der „Kleinen Chronik“. – Neues Wiener Tagblatt 1870, Nr. 91 u. 162. – Presse (Wiener polit. Blatt, Fol.) 1870, Nr. 90 u. 93, in der „Kleinen Chronik“; – 1872, Nr. 209. – Fremden-Blatt. Von G. Heine (Wien, 4°.) 1870, Nr. 90 [nach diesem am 17. Februar 1803 geboren], Nr. 94 u. 162. – Bohemia (Prager polit. u. Unterhaltungsblatt, 4°.) 1870, Nr. 80, S. 1229. – Mährischer Correspondent (Brünn) 1864, Nr. 246. – Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber, kl. Fol.) 1857, Nr. 752, in den „Kulturgeschichtlichen Nachrichten“. – Wiener Zeitung 1864, Nr. 250, S. 153, u, Nr. 253, S. 196. – Morawská orlice (Brünner čechisches Blatt) 1870, Nr. 75.