Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 28 (1874), ab Seite: 181. (Quelle)
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Sandhaas, Georg (Rechtsgelehrter und Geschichtsforscher, geb. zu Darmstadt 14. September 1823, gest. zu Gratz 2. April 1865). Nachdem er den Vater in früher Jugend verloren, wurde seine Erziehung unter der Leitung einer hochgebildeten Mutter und Tante vollendet. Dann kam er in ein Erziehungsinstitut und später in das Gymnasium seiner Vaterstadt, wo er für die Universitätsstudien vorbereitet wurde, welche er im Jahre 1840 zu Gießen begann und 1844 beendete. Nun trat er in den praktischen Staatsdienst, der jedoch seinen Neigungen nicht ganz zusagte, daher er im Jahre 1849 die Doctorwürde erlangte und sich an der Gießener Hochschule habilitirte, auf welcher er einige Jahre als außerordentlicher Professor wirkte, bis er im Jahre 1857 einem Rufe nach Oesterreich folgte und die ihm verliehene Professur des römischen Rechtes und der Rechtsgeschichte an der Hochschule in Gratz antrat. Auf diesem Posten wirkte er neun Jahre, als ihn der Tod im schönsten Mannesalter von erst 42 Jahren dahinraffte. Als Lehrer war S. eine ausgezeichnete Kraft und gehörte zu den Koryphäen der Gratzer Hochschule. Mit einer auf classischer Grundlage fußenden, durch Selbstthätigkeit und logisches Denken geläuterten tiefen Bildung verband er eine seltene Vielseitigkeit, wie sie Männer seines Faches nicht [182] oft besitzen. Waren ihm die Materien des römischen Rechtes und der Rechtsphilosophie so geläufig, daß er an der Discussion über dieselben gleich dem sie ausschließlich betreibenden Fachmanne theilnehmen konnte, so zog ihn doch seine innerste Neigung zum deutschen Rechte und zu dessen Entwickelungsgeschichte. Diese weitläufige Materie nahm ein volles Jahrzehend hindurch sein ganzes Studium, seine eindringlichsten Forschungen in Anspruch. Das Ergebniß derselben war die „Darstellung der ehelichen Güter- und Erbrechte nach deutschen Rechten fränkischer Wurzel“, welche als 1. Band eines umfassenden Werkes über deutsche Rechtsgeschichte gedruckt erschien. Sonst ist nur Weniges aus seiner Feder in die Oeffentlichkeit gelangt, und zwar nur seine „Germanistischen Abhandlungen“ (Gießen 1852, 8°.), womit er die schriftstellerische Laufbahn auf dem Gebiete, das er mit Vorliebe und Erfolg pflegte, eröffnete, und eine kleine Abhandlung: „Zur Geschichte des Wiener Weichbildrechtes“ (Wien 1863, gr. 8°.), welche vorher schon in den Sitzungsberichten der Wiener kais. Akademie der Wissenschaften, philos.-histor. Classe, abgedruckt stand. Reich ist wohl sein handschriftlicher Nachlaß, welcher die Fortsetzung seiner Studien über den oben angeführten Theil germanischen Rechtes enthält und aus zahlreichen Citaten, Belegen und auf Blättern und Zetteln entwickelten Gesichtspuncten und Anschauungen besteht. Der bekannte Germanist Prof. und Dr. Siegel in Wien, der von dem Nachlasse Einsicht genommen und denselben sorgfältig untersucht hatte, erklärte aber, daß dieses äußerlich Unzusammenhängende zusammenzufügen und das Abgerissene auszuführen keine fremde Hand unternehmen könne; selbst die Möglichkeit, den geschichtlichen Theil in den von Sandhaas nicht vollendeten Partien auszugestalten, hat sich als unausführbar erwiesen. So gelang es denn, aus dem Nachlasse nur ein Fragment der Oeffentlichkeit zuzuführen, welches unter dem Titel: „Fränkisches eheliches Güterrecht“ erschien. Dasselbe enthält die ausführliche Darstellung zweier Institute, von denen das eine, das Verfangenschaftsrecht, noch vor wenigen Decennien in der preußischen Rheinprovinz zu einer der wichtigsten germanistischen Controversen Veranlassung gegeben hat, das andere, das Grundtheilrecht, sogar noch heutigen Tages in einer ganzen Reihe von fränkischen Rechtsgebieten in voller Geltung ist. S. hat das Werk noch auf seinem Sterbelager vollendet und als er selbst nicht mehr schreiben konnte, nebst den Berichtigungen und Nachträgen, seinem Freunde Professor Tewes in die Feder dictirt. Ueberdieß war S. ein großer Freund und tüchtiger Kenner der Musik, weniger geschickt in Handhabung eines Instrumentes, als bewandert in der Kenntniß jeder Nummer aller gediegenen Opern älterer und neuerer Zeit. Diese Kunst und die Natur boten ihm ihre reichen Quellen zur Erholung, wenn er solche nach dem anstrengenden Berufe als Lehrer und Fachgelehrter aufsuchte.

Gratzer Zeitung 1865, Nr. 79: „Dem Andenken an Georg Sandhaas“. – Fremden-Blatt. Von Gust. Heine (Wien, 4°.) 1865, Nr. 100. – Presse (Wiener polit. Blatt) 1865, Nr. 96. – Tagespost (Gratzer polit. Blatt) 1865, Nr. 79: „Dem Andenken an Georg Sandhaas“; Nr. 259: „Der literarische Nachlaß des Prof. Sandhaas“.