BLKÖ:Rautenstrauch, Franz Stephan

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 25 (1873), ab Seite: 67. (Quelle)
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Rautenstrauch, Franz Stephan (gelehrter Benedictiner, geb. zu Platten in Böhmen 26. Juli 1734, gest. zu Erlau in Ungarn 30. September 1785). In seiner Jugend Sängerknabe im Benedictinerstifte Emaus zu Prag, sang er später als Tenor in derselben Kirche und trat nach beendeten Gymnasial- und philosophischen Studien zu Braunau in den Benedictinerorden, in welchem er die theologischen Studien beendete, alsdann die Priesterweihe erlangte und nun in seinem Stifte im Lehramte verwendet, zuerst Philosophie, dann das canonische Recht und Theologie vortrug. Auf theologischem Gebiete auch schriftstellerisch thätig, hatte er durch seine „Prolegomena in jus ecclesiasticum“, worin er von den usurpirten kirchlichen Traditionen abwich, sich unter den Anhängern der starren Orthodoxie mächtige Widersacher gemacht, die ihm denn auch anfänglich manche Verdrießlichkeiten bereiteten. Der damalige Prager Erzbischof drang sogar auf Verbot und gänzliche Unterdrückung des Buches; aber in dem Director des juridischen Studiums und nachmaligen Hofrath von Kronenfels fand R. einen energischen Vertheidiger, in Folge dessen nicht nur Verbot und gänzliche Beseitigung des Werkes unterblieben, sondern R. als Verfasser desselben mit der goldenen Medaille ausgezeichnet und sein heftigster Verfolger, der Prager Erzbischof, beauftragt wurde, ihm dieses Zeichen der Gnade seiner Kaiserin feierlich umzuhängen, ja noch mehr, ihm sogar mitzutheilen, „daß Ihre Majestät gerne sähen, wenn R. die ganze Zustandebringung seines Werkes sich nach Möglichkeit angelegen sein ließe“. Am 13. März 1773 wurde R. von seinen Ordensbrüdern zum Abte des Stiftes erwählt und in Würdigung dessen, daß die Wahl auf so einen verdienstvollen Priester gefallen, erließ die Kaiserin dem Stifte die zu entrichtende Prälatenwahltaxe im namhaften Betrage von 12.000 fl. Im folgenden Jahre erhielt er die Würde eines Doctors der Theologie und wurde zugleich Director der theologischen Facultät der Prager Hochschule. Auch ertheilte ihm die Kaiserin den Auftrag, einen Plan zur Verbesserung des theologischen Studiums zu entwerfen, welcher an maßgebender Stelle eine so beifällige Aufnahme fand, daß R. nach Wien berufen wurde, um sein Elaborat in den darüber angeordneten Berathungen zu erläutern und zu bekräftigen. Nun schickte ihn die Kaiserin nach Prag, um nach seinem Plane die dortigen philosophischen und theologischen Studien einzurichten, nach seiner Rückkehr aber ernannte sie ihn zum Präsidenten der theologischen Facultät an der Wiener Hochschule, zum Hofrath bei der vereinigten böhmischen Hofkanzlei und zum Vorsitzenden der Hofcommission in Cultusangelegenheiten. Auf diesem Posten entwickelte R. in der denkwürdigen Periode der in den letzten Regierungsjahren der Kaiserin Maria Theresia und noch mehr in den ersten des Kaisers Joseph II. eingetretenen kirchlichen und Unterrichtsreformen einen unermüdlichem Eifer und ganz in den Intentionen des Monarchen, der diese großen, in das öffentliche Leben nach allen seinen Richtungen tief einschneidenden Umgestaltungen vornahm. Im Jahre [68] 1785 unternahm R. auf Befehl des Kaisers in Angelegenheiten seines Ordens eine Reise nach Ungarn, organisirte auch da die theologischen Studien, erkrankte aber daselbst mitten in seiner Arbeit und erlag seinem Uebel im Alter von erst 51 Jahren. Die Titel der von R. durch den Druck herausgegebenen Schriften sind in chronologischer Folge: „Prolegomeni in jus ecclesiasticum“ (Pragae 1769; edit. IIda ibid. 1774, 8°.); – „Institutiones juris ecclesiastici cum publici tum privati usibus Germaniae accommodatae“ (ibid. 1796; editio nova atq. aucta 1774, 8°.); – „Institutiones iuris ecclesiastici Germaniae accomodatae. Tomus I., continens: Jus publicum ecclesiasticum“ (ibid. 1772, 8°.); – „De iure principis praefigendi maturiorem professioni monasticae solemni aetatem Diatriba“ (Pragae 1773; edit. IIda ibid. 1775, 8°.); – „Anleitung und Grundriss der systematischen dogmatischen Theologie“ (Wien 1774, 4°.); – „Institutionum hermeneuticarum veteris testamenti Sciagraphia“ (ibid. 1775, 4°.); – „Synopsis iuris ecclesiastici publici et privati, quod per terras hereditarias augustissimae Imperatricis Mariae Theresiae obtinet ...“ (ibid. 1776, 8°. ma].), Franz Philipp Frank (gest. 22. April 1810) hatte, wie er dieß in der Vorrede bekennt, diese Schrift Rautenstrauch’s im Jahre 1792 wieder abdrucken lassen, um sie als Probeschrift in Erfurt zu vertheidigen; – „Sciagraphia institutionum hermeneuticarum veteris et novi testamenti“ (Pragae 1776, 8°.); – „Patrologiae et historiae literariae theologicae conspectus“ (ibid. 1786, 8°. maj.); – „Institutum facultatis theologiae Vindobonensis“ (ibid. 1778, 8°.); – „Theologiae dogmaticae tradendae methodus et ordo“ (ibid. 1778, 8°.); – „Theologiae pastoralis et polemicae delineatio tabellis proposita“ (ibid. 1778, 8°.); – „Tabellarischer Grundriss der in Teutscher Sprache vorzutragenden Pastoraltheologie“ (Wien 1777, gr. 8°.); – „Entwurf zur Einrichtung der theologischen Schulen in den k. k. Erblanden“ (ebd. 1782, gr. 8°.); – „Entwurf zur Einrichtung der General-Seminarien in den k. k. Erblanden“ (ebd. 1784, 8°.). Außer den vorgenannten werden ihm in verschiedenen Werken noch andere Druckschriften zugeschrieben, deren Verfasser aber sein interessanter Namensvetter, der Licentiat Johann Rautenstrauch [s. d. Vorigen S. 61] ist. R. war ein aufgeklärter und würdiger Priester, der um sein Stift, wie um das Braunauer Gymnasium sich mannigfache Verdienste erworben hat. Außer den in der Lebensskizze bezeichneten Aemtern und Würden war R. noch Propst zu Wahlstadt in Schlesien, Visitator der Benedictinerklöster in Mähren und Schlesien und kais. Rath. Die „Oesterreichische Biedermanns-Chronik“ berichtet von ihm, daß er sich um den Staat verdient gemacht und daß er würdig ist, unter Oesterreichs Biedermännern in der ersten Reihe zu stehen. Auf welchen Grund hin er bei de Luca und in der „Oesterreichischen National-Encyklopädie“ als Adeliger, nämlich von Rautenstrauch, erscheint, ist nirgends angedeutet. Stubenrauch’s „Bibliotheca juridica“ schreibt ihm S. 257, Nr. 3235, noch das Werk: „Rechtliche und politische Aufsätze“ (Wien 1789, J. G. Oehler, 8°.) zu; dasselbe wäre sonach vier Jahre nach seinem Tode erschienen. Es paßt aber so wenig in den Charakter seiner übrigen Schriften, daß es wohl anzunehmen ist, daß ihm diese Schrift irrig zugeschrieben wird; aber auch seinem Namensvetter [69] Johann Rautenstrauch möchte sie nicht zuzuschreiben sein.

(De Luca) Das gelehrte Oesterreich. Ein versuch (Wien 1778, v. Trattnern, 8°.) I. Bds. 2. Stück, S. 36 u. f. – Matauschek (Timotheus Anton), Geschichte des Gymnasiums der Benedictiner in Braunau (Prag 1863, gr. 8°.) S. 16 [Rautenstrauch’s Wahlspruch war nicht docendo discimus, sondern docti doceant; und das ist das Richtige]. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Zweite Abth. Bd. V, S. 564. – Oesterreichische Biedermanns-Chronik. Ein Gegenstück zum Phantasten- und Prediger-Almanach (Freiheitsburg [Akademie in Linz] 1784, kl. 8°.) I. (u. einziger) Theil, S. 139. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1836, 8°.) Bd. IV, S. 353. – Weidlich, Biographische Nachrichten von jetztlebenden Rechtsgelehrten, Bd. III, S. 249 bis 253 [daselbst werden ihm mehrere Schriften zugeschrieben, deren Verfasser sein Namensvetter Johann Rautenstrauch ist]. – Klupfelii, Necrologium sodalium et amicorum litterariorum, p. 57 et s.Prochaska (Faustin), De saecularibus liberalium artium in Bohemia et Moravia fatis commentarius (Pragae 1782, 8°.) p. 411. – Porträt. Stephanus Rautenstrauch | Regii. et antiquiss. Caenobii Ord. S. Bened. | Brzevnovii et Braunae Abbas Wahlstadii in | Silesia Praepositus, Regni Bohemiae Praelatus | infulat. S. S. Theolog. Doctor, Facult. Theol. Vindob. | et Pragae Praeses, et Direct. Commiss. Aul. Studiorum | et Censurae Assessor etc. Kupferst. ohne Ang. v. Z. u. St. (8°.) Berlin. Nicolai.