BLKÖ:Raffelsperger, Franz

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Raffl, Franz
Band: 24 (1872), ab Seite: 225. (Quelle)
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Raffelsperger, Franz (Geograph und Fachschriftsteller, geb. zu Modern in Ungarn 23. September 1793, gest. zu Wien 14. Juli 1861). Besuchte das Gymnasium und die Real-Akademie in Wien. Für den Handelsstand bestimmt, machte er dann eine Reise nach Frankreich und mehrere geognostische Ausflüge nach Ungarn. Nach seiner Rückkehr übernahm er die Leitung verschiedener technisch industrieller Unternehmungen, so 1813 den Bau und die Einrichtung von Stampf- und Dampfmühlen und später der Gypsbrennereien zu Dixenberg in Niederösterreich, und legte dabei große Umsicht und Geschicklichkeit an den Tag. Im Jahre 1820 erhielt er eine Anstellung bei dem k. k. Postwesen, wo er seine auf den bisherigen Reisen erworbenen Kenntnisse zum Besten dieser durch Ottenfeld [Bd. XXI, S. 129][WS 1] eben in einer Reorganisation begriffenen Anstalt zu verwerthen wußte. In Folge seiner Tüchtigkeit wurde er öfter auf Dienstreisen nach Florenz, Rom, in die Schweiz und nach Frankreich geschickt, dabei war er in seinem Fache auch literarisch thätig und zeigte sich in demselben so gewandt, erfahren und energisch, daß ihm die Stadt Wien im Jahre 1830 das Bürgerrecht, im folgenden Jahre die große goldene Salvator-Medaille, seine Geburtsstadt Modern das Ehrenbürgerrecht und die Könige von Preußen, Sachsen, Sardinien und Frankreich die damals üblichen goldenen Medaillen verliehen. Auch war er als geo- und topographischer Schriftsteller und Chartograph – die Uebersicht dieser Arbeiten folgt auf nächster Seite – in verdienstlicher Weise thätig. Die Bewegung des Jahres 1848 rief ihn auf ein anderes, das publicistische Gebiet, und bald nach Ausbruch der Märzbewegung begründete er in Wien das Journal: „Der Unparteiische“, welches sich als Anwalt des im Vormärz ebenso wenig wie jetzt auf Rosen gebetteten österreichischen Beamtenstandes erklärte. So nothwendig ein solches Organ [226] war, wenn es seine Aufgabe erfüllte, so wenig zeigte sich R. derselben gewachsen, da er, statt die Uebelstände im Beamtenwesen zu beleuchten und die Mittel zu deren Abstellung anzugeben, hohe Politik zu treiben versuchte und dabei seine Leser mit solchen Abgeschmacktheiten fütterte, daß er in dem damaligen Witz- und Spottblatte der conservativen oder, wie wie sie damals hieß, „schwarzgelben“ Partei, in der „Geißel“, in einer Reihe von Artikeln überschrieben: „Kriegsminister Latour und Herr Geograph Raffelsberger“ (1848, Nr. 60 u. f.), eine höchst energische, aber verdiente Abfertigung erhielt. Daß er es bei seiner Tactlosigkeit keiner Partei recht machte, zeigte sich auch darin, daß ihn selbst der radicale „Charivari“ – und Raffelsperger wetteiferte in seinem „Unparteiischen“ im Radicalismus mit dem „Charivari“ – in Nr. 11, 148, in einem keineswegs schmeichelhaften Zerrbilde lächerlich machte. Später zog er sich vom öffentlichen Schauplatze ganz zurück und sein Name wurde erst wieder genannt, als er im Jahre 1861 im Alter von 68 Jahren starb. Seine schriftstellerischen Arbeiten theilen sich in geo- und topographische und in chartographische. Erstere sind: „Poststrassenbuch, oder Wegweiser durch Europa mit besonderer Berücksichtigung auf den österreichischen Kaiserstaat“ (Wien 1821, 2. Aufl. ebd. 1834, 8°.); – „Chouin’s kurze Geschichte des französischen Postwesens, in’s Deutsche übersetzt“ (2. Aufl. Wien 1826, 8°.); – „Reisepostsecretär, mit 3 Uebersichtspostkarten und 1 Seereisekarte“, 3 Bände (ebd. 1830, 8°.), ein wegen seiner schätzbaren, die europäischen Posteinrichtungen betreffenden, oft aus amtlichen Quellen geschöpften Angaben für die Geschichte des Postwesens noch immer brauchbares Werk; – „Gemälde aus dem Naturreiche beider Sicilien“ (Wien 1830, mit 8 K. K. und einer Vignette, gr. 8°.); – „Proben der ersten typographischen Typen“ (ebd. 1838, gr. 8°.), vergleiche darüber das zu Ende dieser Skizze gesagte; – „Allgemeines geographisches Lexikon des österreichischen Kaiserstaates, nach amtlichen Quellen und den besten vaterländischen Hilfswerken“, 6 Bde. (Wien 1847 u. f., gr. 8°.), ein noch immer sehr brauchbares, wenn auch längst einer neuen Bearbeitung bedürfendes Werk; – „See- und Alpenbesuche in den Umgebungen Ischls. Von Emil **. Mit geogr. Vignetten und 1 Uebersichtskarte vom Lande ob der Enns von F. Raffelsberger“ (in Farbendruck (Wien 1842, kl. 8°.). Seine chartographischen Arbeiten sind: „Grosse Charte der Fahrposten“, in drei Auflagen (Wien 1826, 1827 u. 1829); „Influenzkarte der Eilpost-Diligenze- und Postwagens-Course in dem Kaiserthume Oesterreich und in den angrenzenden Ländern bis Rom, Genua, Paris, Brüssel, Hamburg, Berlin, Petersburg“ (ebd. 1826, 1827, 1833, Imp. Fol.); – „Postatlas. 4 Distanzcharten von Oesterreich, Deutschland, Europa und die Seepostverbindungen Europa’s mit den übrigen Erdtheilen enthaltend“ (ebd. 1834 u. f.); – „Itinerär- und Dienst-Regulativ des Kaiserthums Oesterreich“ (ebd. 1835); – „Die Beförderungs-Anstalten zwischen Wien und den Provinzialstädten. Ein Postcourstableau“, 2 Jahrgänge (Wien 1835 u. 1836), wurde als erste typographische Ausführung bezeichnet; – „Generalkarte von Europa und Kleinasien und dem nördlichen Afrika“ (Wien 1843, k. k. priv. typographische Kunstanstalt). Wie schon aus dem Beisatze bei einer der vorgenannten Karten erhellet, bezeichnete sich R. selbst und galt auch bei jenen, denen die nähere Kenntniß der Geschichte des Bücher- und Kartendruckes fehlt, als Erfinder der Kunst: Landkarten durch den Bücherdruck [227] darzustellen, womit R. im Jahre 1836 auftrat, darauf ein Patent nahm und eine k. k. priv. typographische Kunstanstalt eröffnete. Dem aber ist nicht so. Raffelsperger ist durchaus nicht Erfinder dieser schon 70 Jahre vor ihm angewandten Methode. Erfunden hat dieselbe im Jahre 1773 August Preuschen, der zu Karlsruhe am 24. März 1803 als Kirchenrath gestorben und über seine Erfindung folgende Schriften herausgegeben hat: „Essais préalables sur la Typometrie ou le moyen de dresser les cartes géographiques à la facon des Imprimeurs“ (Charlesroue 1776); dann „Grundriß der typometrischen Geschichte“ (Basel 1778), welcher Schrift drei sauber gedruckte Karten beigegeben sind; und „Ehrensäule in einer typometrischen Karte der Landgrafschaft Sausenberg“ (Karlsruhe 1783). Ob Raffelsperger von diesen Arbeiten und der Erfindung Preuschen’s Kenntniß gehabt, kann freilich nicht mit Bestimmtheit angegeben werden. Im besten Falle wäre er aber – nicht Erfinder – sondern nur Nacherfinder einer Methode, die gewiß sehr zweckmäßig und in den letzten Jahren wesentlich verbessert worden ist.

Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. IV, S. 336. – Wiener Theater-Zeitung 1848, Nr. 135: „Raffelsperger’s Neue Beamten-Zeitung“.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: [Bd. XXI, S. 121].