BLKÖ:Palm, Johann Philipp

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Palma, Karl Franz
Band: 21 (1870), ab Seite: 241. (Quelle)
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Hier sei nur noch, insofern es auf Oesterreich Bezug hat, des Märtyrers der Napoleonischen Willkürherrschaft und Tyrannei in Deutschland, Johann Philipp Palm, gedacht. Kaiser Napoleon, der 1806 Oesterreich bezwungen, mußte die öffentliche Meinung in Deutschland fürchten; wie ein Alp lastete auf allen Theilen des zersplitterten Deutschlands die französische Druckherrschaft. Ein Heer von Spionen unter der Firma von Weinreisenden, Sprachlehrern, Tanzmeistern, Kellnern war über Deutschland verbreitet und stand im Solde der kaiserlichen Polizei. In Paris war man genau über das, was in Deutschland vorging, unterrichtet. Besonders scharf faßte man Alles in Deutschland Gedruckte in’s Auge und heimlich nur theilte ein deutscher Patriot dem andern die geheimnißvoll erschienenen Broschüren und Caricaturen gegen die-Franzosen und ihren damaligen Abgott mit. Am 7. Juli 1806 wurde durch ein kaiserliches Decret eine außerordentliche militärische Commission ernannt zur Untersuchung und Aburtheilung des in Deutschland begangenen Verbrechens: „Schandschriften gegen Seine Majestät den Kaiser“. Diese Commission, aus sieben französischen Obersten gebildet, mit Binot an der Spitze, trat am 12. August in der österreichischen Festung Braunau in Oberösterreich zusammen. Palm hatte eine Broschüre: „Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung“ verlegt, als deren Verfasser lange Julius Graf Soden bezeichnet wurde, bis festgestellt ward, daß es der gräflich Rechtern’sche Consistorialrath Yelin von Winterhausen sei. Durch Spione wurde der Name des Verlegers entdeckt und dieser am 15. August von Nürnberg, wo er sich verborgen gehalten hatte, durch List in seinem Verstecke aufgefunden, verhaftet und nach Braunau geführt. Dort kam er am 22. August an, wurde am 24. und 25. vor das Kriegsgericht geführt, am 26. ihm das Urtheil vorgelesen und dasselbe drei Stunden später an ihm durch Erschießen vollzogen. Lügnerisch steht im gedruckten Urtheile, daß dasselbe 24 Stunden später vollzogen wurde und daß Palm einen Vertheidiger hatte. Einige Minuten nach drei Uhr Nachmittag wurde Palm auf dem sogenannten Glacis außerhalb des Salzburger Thores erschossen. Unserer Zeit war es vorbehalten, das Andenken dieses Märtyrers Napoleonischer Tyrannei in entsprechender Weise zu ehren. Auf dem großen Frankfurter Schützenfeste, 1862, gab es eine Palm-Scheibe und das war eine Mahnung an das deutsche Volk, daß es diesem edlen Mann noch seinen Dank schulde. Braunau’s Bürger hatten diese Mahnung verstanden und brachten die erste Opfergabe, indem sie jene Stelle, wo Palm für das Vaterland fiel, mit einem Gedenksteine, der die Inschrift trägt: „Palm’s Ende 1806“, bezeichneten. Nun trat aber auch in Braunau ein Comité zur Errichtung eines „Palm-Monumentes“ zusammen und das Braunauer Blatt „Warte am Inn“ erließ in Nr. 35, 1862, den ersten Aufruf an alle Deutschen. Die Angelegenheit nahm einen raschen Verlauf, schon am 26. August 1866, als dem 50. Gedenktage der Ermordung Palm’s, fand die Enthüllung des Palm-Denkmals auf dem Promenadeplatze in Braunau Statt. Das Denkmal stellt Palm in der bürgerlichen Tracht seiner Zeit dar, seine rechte Hand hat er auf einem Eichenstamme gestützt, um den sich ein Zweig mit Blättern windet, die linke Hand ist an die Brust gedrückt. Das Bild aus Erz hat eine Höhe von 8 Fuß und steht auf einem ebenso hohen Piedestal. Das Standbild, von Knoll entworfen, ist in der Erzgießerei in München gegossen worden. – Die Tochter Palm’s [242] Frau Sophie Lechner – welche in München in hilfloser Lage lebte, bezog seit längerer Zeit von König Ludwig I. von Bayern eine Jahresunterstützung von 300 fl. – Bei der Sammlung von Beiträgen für das Denkmal kamen eigenthümliche Kundgebungen zu Tage. Der Berliner Gemeinderath lehnte den Antrag des Magistrates, 200 Thaler für das Denkmal zu bewilligen, ab. Der Stadtverordnete Breßler bemerkte: Palm habe nichts gethan, was ein Denkmal verdiene, er sei nur ein unglücklicher Mann gewesen, nicht Held in dem Drama, sondern nur Decoration. Mit Palm’s Hinrichtung stehe die spätere Erhebung Deutschlands in gar keiner Beziehung?! Ein Grieche, ein Römer würde sich schämen, dergleichen Unglücksschläge durch Monumente auf die Nachwelt zu bringen; als Deutscher, als Preuße sei er gegen den Antrag. – Stadtverordneter Thebesius meinte: er könne für die Errichtung eines Denkmals für einen Justizmord nicht stimmen, man möge den Antrag ablehnen – und er wurde abgelehnt! – Noch sei hier einiger Einzelnheiten, die zunächst für Oesterreicher bemerkenswerth sind, gedacht. Palm hatte schon acht Jahre vor seinem gewaltsamen Tode Anstände wegen einer Schrift. Palm befand sich zur Herbstmesse des Jahres 1798 in Salzburg; am 17. September begab er sich in’s Theater, wurde bald darauf in die Vorhalle herausgerufen und sofort durch die Sicherheitsbehörde aufgehoben. Dieser Vorfall erregte in der kleinen erzbischöflichen Residenz großes Aufsehen. Er wurde nun vor eine Criminal-Commission gestellt. Man wollte durch ihn den Verfasser und Verleger der Schrift: „Ueber öffentliche Lehranstalten, insbesondere über Lectionskataloge auf Universitäten“ (Germanien 1798) erfahren. Erfuhr aber nichts. Ueber Verwendung mehrerer auf der Herbstmesse anwesenden Nürnberger Kaufleute wurde Palm am 20. September freigelassen. – Interessant dürfte es auch sein, zu erfahren, daß mit Palm’s Tode die Entstehung der nachmals so berüchtigten Secte der Pöschlianer in Verbindung stehe. Thomas Pöschl, zur Zeit der Aburtheilung Palm’s Stadtcaplan in Braunau, spendete Palm die letzten Tröstungen der Religion. Von Palm’s Hinrichtung auf das Tiefste erschüttert, wurde Pöschl darnach immer mehr und mehr in sich gekehrt, seine Schwermuth nahm zu, ging bei seiner herrschenden Neigung zum Mysticismus, bald in Schwärmerei über und endete mit der Gründung jener nach ihm „Pöschlianer“ genannten grauenhaften Secte im Hausruckviertel, betreffs welcher auf Pöschl’s Biographie im 22. Bande dieses Lexikons gewiesen wird. – Außer mehreren Werken und zahlreichen gedruckten Aufsätzen über Palm wurde derselbe zweimal zum Helden dramatischer Behandlung gewählt. Das eine Mal von Dr. L. Eckardt, einem Oesterreicher, der aus Palm ein Phantasiegebilde schuf; das andere Mal von einem Dr. Ringler, der streng auf dem Boden der Geschichte fußend, in Palm den echten deutschen Mann voll Vaterlandsliebe und Fremdenhaß zeichnete. Für Jene, die näher über Palm, sein Leben, sein Ende und über die Aufstellung seines Denkmals unterrichtet sein wollen, folgt hier eine gedrängte Uebersicht der wichtigsten Quellen. [(Soden, Julius v.) J. P. Palm, Buchhändler zu Nürnberg, auf Napoleon’s Befehl hingerichtet zu Braunau (Nürnberg 1814, 8°.). – Biographie J. P. Palm’s u. s. w. nebst einem Abdruck von dessen Schrift: „Deutschland in seiner tiefsten Erniedrigung“, als Veranlassung zu Palm’s Hinrichtung (München 1842, 8°.]. – Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber), Nr. 1006, 11. October 1862, S. 268: „Johann Philipp Palm“; – dieselbe 1864, Nr. 1116. – 'Gartenlaube (Leipzig, Ernst Keil, gr. 4°.) Jahrgang 1861, S. 628: „Buchhändler Palm“. Von Th. Oelkers[WS 1]. – Der Sammler. Ein Blatt zur Unterhaltung und Belehrung. Beilage zur Augsburger Abendzeitung. 12. Jahrgang (1843), Nr. 42: „Der Todtengräber Joseph Tschaumer bei der Hinrichtung des Buchhändlers Joh. Phil. Palm“, nachgedruckt in Bäuerle’s „Theater-Zeitung“ 1843, S. 970, und im „Oesterreichischen Bürgerblatt“ (Linz, 4°.) 32. Jahrg. (1850), Nr. 23. – Didaskalia (Frankfurter Unterhaltungsblatt, 4°.) 1864, Nr. 242: „Zur Erinnerung an Palm“ (mit vielen interessanten Einzelnheiten: auch in der „Weser-Zeitung“ 1864, Nr. 6456, im Feuilleton). – Nürnberger Korrespondent 1863, Nr. 561, im Feuilleton: „Palm’s Gefangenschaft zu Salzburg im Jahre 1798“; 1864, Nr. 438: „Beiträge zur Geschichte des Buchhändlers Palm“; 1865, Nr. 478: „Palm’s Denkmal“. – Die Warte am Inn (Braunauer Blatt, 4°.) V. Jahrg. (1862), Nr. 36: „Palm’s Monument. Palm und die Pöschlianer“; 1864, Nr. 40: „Das Palmdenkmal“ (mit Abbildung]. – Ueber Land und [243] Meer. Illustrirte Zeitung (Stuttgart, bei Hallberger, Fol.) 1866, Nr. 52, S. 821: „Das Palmdenkmal in Braunau“ (S. 828 die Abbildung des Denkmals). – Palm’s Bildniß brachte die Leipziger Illustrirte Zeitung 1862, Nr. 1006.]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Th. Oelker’s.