BLKÖ:Pachmann, Theodor

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Pachmayr, Marian
Band: 21 (1870), ab Seite: 166. (Quelle)
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Pachmann, Theodor (Rechtsgelehrter, geb. zu Horatitz im vormaligen Saazer Kreise Böhmens 9. November 1801). Der Sohn eines herrschaftlichen Oekonomie-Beamten, den ersten Unterricht erhielt er in der Ortsschule, dann bereitete ihn für das Gymnasium der Seelsorger seines Geburtsortes vor, worauf er, 12 Jahre alt, das von Cisterziensern geleitete Gymnasium zu Komotau bezog. Nun ging er nach Prag, beendete daselbst die rechts- und staatswissenschaftlichen Studien und erlangte im Jahre 1828 die juridische Doctorwürde. Anfänglich wollte er sich der Advocatur widmen und betrat auch die dazu erforderliche Praxis, aber bald sagte ihm diese Richtung der juridischen [167] Sphäre nicht zu. Seiner seit Jahren gehegten und durch den Umstand, daß er selbst frühzeitig Unterricht ertheilte, genährten Neigung für das Lehramt folgend, machte er sofort die nöthigen Schritte, um jedoch bald inne zu werden, daß ungeachtet des Wohlwollens, das die Professoren ihrem tüchtigen und fleißigen Schüler entgegenbrachten, noch manche Berge zu ebnen und manche Geduldprobe zu überstehen sei, ehe an die Erreichung eines Zieles nach dieser Seite hin zu denken war. Er bewarb sich um eine eben vacant gewordene Adjunctur an der Prager Hochschule, hatte auch alle Aussicht, mit seiner Bewerbung durchzudringen, als wider alles Erwarten ein Anderer die von ihm angestrebte Stelle erhielt. Es war dieß zu jener Zeit, in welcher in Oesterreich der tüchtigste Bewerber um eine Stelle drei gegen Eins sicher sein konnte, gegen den nächsten und besten Idioten, der aber einen einflußreichen Gönner hinter sich stehen hatte, zurückgesetzt zu werden. Nachdem auch Pachmann dieses Mißgeschick erfahren, beschloß er sofort nach Wien su gehen und dort seine Bewerbungen um ein Lehramt auf das Ernstlichste fortzusetzen. Mit Empfehlungen ihm wohlwollender Prager Professoren und mit Creditbriefen ihm freundlich gesinnter Handlungshäuser ausgerüstet, kam P. nach Wien und bald gelang es ihm, in einer einflußreichen Familie, in jener des Hofrathes Freiherrn von Diller, jetzt Diller-Heß, eine Erzieherstelle zu erhalten. Somit hatte er festen Fuß gefaßt und konnte nun ruhig sein vorgestecktes Ziel verfolgen. Bald hatte er sich das Wohlwollen des Hofrathes erworben. Als im folgenden Jahre nach Dolliner’s [Bd. III, S. 350] Pensionirung die Lehrkanzel des römischen und canonischen Rechtes an der Wiener Hochschule erledigt ward, wurde P. im Jahre 1832 zur Supplirung berufen und hatte so den Sieg über alle Wiener Rivalen davon getragen. Nachdem die definitive Besetzung der Lehrkanzel erfolgte, wurde P. nach Olmütz geschickt, um die auch dort mittlerweile vacant gewordene Lehrkanzel derselben Fächer zu suppliren. Anderthalb Jahre später, im März 1836, wurde er als o. ö. Professor der genannten Fächer an der Olmützer Hochschule definitiv angestellt, mußte sich aber, ungeachtet er zwei Jahre an der Universität öffentlich das Fach vorgetragen, demnach vorher einer schriftlichen Concursprüfung und einem mündlichen Probevortrage unterziehen! Vierzehn Jahre war P. in letztgenannter Eigenschaft an der Olmützer Universität thätig: nun im Jahre 1850 wurde er als Ordinarius für Kirchenrecht an die Wiener Universität übersetzt. Ein Ueberblick der damals vorhandenen Lehrkräfte veranlaßte ihn schon für das nächste Wintersemester Vorlesungen über das römische Privatrecht anzukündigen. welche sich alsbald starken Zuspruchs erfreuten. Da man jedoch zu jener Zeit dem römischen Rechte nur eine secundäre Bedeutung zuerkannte, nahm man an maßgebender Stelle von dieser Thatsache keine Notiz, unterließ es aber nicht, später, da sich die Anschauungen hin und wieder geändert, Ausländer zu berufen! P. ist seit Jahren für sein Fach schriftstellerisch thätig. Er hat selbstständig herausgegeben: „Die Verjährung nach dem allgemeinen bürgerlichen Rechte in Oesterreich“ (Wien 1833, Sollinger, 8°.); – „Lehrbuch des Kirchenrechtes mit Berücksichtigung der auf die kirchlichen Verhältnisse Bezug nehmenden österreichischen Gesetze und Verordnungen“, 2 Bände, der zweite Band in zwei Abtheilungen [168] (Olmütz 1849, 3. Aufl. Wien 1863); – „Freimüthige Worte gegen die Concordats-Verbesserung. Separatabdruck aus dem österreichischen Volksfreunde“ (Wien 1867, 8°.). In der Zeitschrift für österreichische Rechtsgelehrsamkeit veröffentlichte er im Jahre 1837, im 1 u. 2. Bande: „Beiträge zur Lehre von Dienstbarkeiten nach dem österreichischen Rechte“; – 1840, im 2. Bande: „Einige Bemerkungen über den Sinn des §. 96 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches“, – und in Haimerl’s „Magazin für Rechts- und Staatswissenschaften“, außer mehreren Recensionen juridischer und kirchenrechtlicher Werke, im VII. Bande: „Ueber Paragraphe 14 und 15 des bürgerlichen Gesetzbuches“; – im XI. Bande: „Ueber Paragraph 951 des bürgerlichen Gesetzbuches“; – im XVI. Bande: „Von dem Vermächtnisse des Heirathsgutes nach österreichischen Rechte“ (§. 670 des a. b. G.). Auch war er bis zur Sanctionirung der neuen Religionsgesetze über die Ehe und Schule in Vertretung des kirchlichen Interesses, ein fleißiger Mitarbeiter des Wiener Parteiblattes „Das Vaterland“. Professor Pachmann ist einer der bedeutendsten Kirchenrechtslehrer – nicht der Wiener Hochschule allein, sondern der Gegenwart überhaupt. Sein reiches Wissen beruht auf tiefem und umfassendem Quellenstudium. Durch und durch ein Charakter und selbstständig in seinen Ansichten, läßt er sich von der Strömung des Tages weder rechts noch links ableiten, sondern folgt nur seiner eigenen, durch die Forschung der Wissenschaft erhärteten Ueberzeugung. Wie wenig er sich dabei beeinflußen läßt und auf seinem Standpuncte beharrt, wenn dieser auch nicht der jener Partei ist, der er zunächst angehört, hat er mit seinem Gutachten in der Patronatsfrage der Gemeinde Wien bewiesen, in welcher er gegen die Entscheidung der erzbischöflichen Curie auf Seiten der Commune stand. Als Lehrer zählt er – unbeschadet einer derben Vortragsweise – zu den tüchtigsten der Wiener Hochschule, der es versteht, seine Zuhörer bei den trockensten Partien zu fesseln. Daher sind seine Hörsäle auch immer gefüllt, denn P. ergeht sich nicht in theoretischen Klopffechtereien, sondern macht praktisch deutlich, was verstanden sein will. Als Mann der Ueberzeugung ist er in einer Zeit der erbärmlichsten und elendigsten Gesinnungslosigkeit um so achtenswerther, als sich denn auch schon auf den juridischen Lehrkanzeln Oesterreichs die Charlatanerie breit zu machen beginnt. P. ist im Jahre 1867 in Anerkennung seiner verdienstlichsten Leistungen im Lehrfache zum wirklichen Regierungsrathe ernannt, von dem unglücklichen Kaiser Maximilian von Mexiko aber mit dem Commandeurkreuze des Guadeloupe-Ordens decorirt worden.

Neue freie Presse (Wiener politisches Blatt) 1866, Nr. 636; 1867, Nr. 1036. – Die Presse (Wiener polit. Blatt) 1861, Nr. 219.