Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Nessel, Franz
Band: 20 (1869), ab Seite: 193. (Quelle)
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Nesper, Eugen, bekannt unter dem Pseudonym Dr. Falkner (Arzt, Fach- und belletristischer Schriftsteller, geb. zu Wien, im Jahre 1816). Sein Vater war Magistratsrath in Wien. Schiller’s Dichtungen, für die er schon als Knabe schwärmte, und etwas später die Lecture Walter Scott’s regten seinen poetischen Sinn an, nebst dem Bestreben, selbst zu schaffen. Doch blieb es vorerst bei unbedeutenden Versuchen, da das Fachstudium der Medicin ihn zunächst in Anspruch nahm. Im Jahre 1839 wurde er an der Wiener Universität zum Doctor promovirt und betrat sofort die Laufbahn des praktischen Arztes. Seine freien Stunden widmete er indeß dem Umgange mit der neuen Literatur und mit den Classikern. Vor allem zog ihn das Theater an, und zwar anfangs die Posse. Der Versuch, selbst eine solche zu schreiben, gedieh bloß bis zum Vorspiele und zum ersten Acte, da mittlerweile der hochromantische Stoff seines auf dem Wiener Boden spielenden Dramas: „Ludovica Strozzi“, größeren Reiz auf ihn übte. Dem „Strozzi“ folgte ein anderes Drama: „Die Sünde und ihr Fluch“, nach einer Erzählung von Harrison: „Aus dem Tagebuche eines Arztes“. Ungeachtet der günstigen Aussichten, die Holbein [Bd. IX, S. 220] ihm anfangs machte, gelang es N. nicht, das letztgenannte Drama im Hofburg-Theater zur Aufführung zu bringen; dagegen ging es mit gutem Erfolge 1845 über die Brünner Bühne und mit noch größerem 1850 über die des Theaters an der Wien. Die Erfahrungen, die er mit Holbein gemacht, entfremdeten ihn der dramatischen Production und führten ihn der auf Wiener Boden spielenden historischen Novelle zu, auf welchem Feld ihm mancher freundliche Erfolg blühte. Es entstanden die mehr oder weniger umfangreichen Erzählungen: „Wiens Tage der Gefahr“; – „Das grosse [194] Magisterium“; – „Der Basilisk“; – „Ein Wiener Mährlein aus dem 15. Jahrhunderte“; – „Die Vormünder“; – „Der erste der Hager“; – „Ein Tag im Jahre 1725“; – „Meister Anton von Brünn“; – „Der Legionär“. Manche dieser Erzählungen machten sehr viel Glück, sie waren mit Liebe und großem Fleiße gearbeitet, und vornehmlich richtete der Verfasser sein Augenmerk auf Natürlichkeit und Wahrscheinlichkeit. Die historischen Daten lieferte ihm Joseph Feil [Bd. IV, S. 162]. Auch kleinere historische Novellen und Märchen, ebenfalls mit vaterländischer Färbung, lagen dazwischen, als: „Der letzte Ritter und sein Lieb“ (Philippine Welser) mit seltener historischer Genauigkeit; – „Der Teufel und die Witwe“; – „Thor’s Rache“; – „Der Teufel und die Bognerin“; wie nicht minder Erzählungen nichthistorischen Charakters: „Eine morgenländische Geschichte“; – „Ein Roman nicht ganz in der Alltagsweise“, oder wohl auch humoristischen Inhalts: „Eine harmlose Erzählung“ u. s. w. Angeregt durch sein Drama: „Die Sünde und ihr Fluch“, schrieb er in der Manier des Engländers Harrison die „Erzählungen aus dem Tagebuche eines deutschen Arztes“. Von diesen machte die erste: „Eine alte Jungfer“, ihres Stoffes wegen in Wien Epoche; nicht viel weniger „Der Wunderdoctor“, den mehrere Journale des In- und Auslandes, ohne den Namen des Verfassers anzugeben. nachdruckten. Gern gelesen wurden auch: „Ein Familienübel“; – „Eine seltene Cur“; – „Der junge Arzt“ u. s. w. Als er um das Jahr 1850, durch sein ärztliches Wirken in Anspruch genommen, seine schriftstellerische Thätigkeit mit dem fünfactigen Schauspiele nach Sue: „Ein Vormund“, abschloß, veranstaltete er eine Gesammtausgabe seiner bisher in Journalen zerstreuten, neu überarbeiteten, ausgewählten Erzählungen, die 1857 bei C. E. Kollmann in Leipzig in vier Bänden kl. 8°. erschienen. Das Drama: „Die Sünde und ihr Fluch“ war früher schon in Wien gedruckt worden. Auch als Fachschriftsteller ist N. thätig gewesen und hat unter seinem wahren Namen Nesper folgende Werke herausgegeben: „Praktische Anleitung zur Bereitung und Prüfung der Reinheit der chemischen Reagentien für Kreisärzte und Kreiswundärzte. Mit 1 Tabelle“ (Wien 1839, Braumüller, gr. 8°.); – „Grundsätze zur physischen Erziehung des Kindes in seiner ersten Lebensperiode (von der Geburt bis zum Durchbruche der ersten Zähne). Mit besonderer Rücksicht auf gewöhnliche häusliche Verhältnisse“ (Wien 1840, Braumüller u. Seidel, gr. 8°.); – „Grundsätze zur physischen[WS 1] Erziehung des Kindes in seiner zweiten Lebensperiode (vom Durchbruche der ersten Zähne bis zu ihrem Ausfallen). Mit besonderer Rücksicht auf gewöhnliche häusliche Verhältnisse. Liebenden Müttern der gebildeteren Classen geweiht“ (Wien 1842, Pfautsch u. Comp., 8°.). In den Jahren 1854–1855 versah N., der schon im Jahre 1846 an der Musterhauptschule zu St. Anna in Wien als prov. Professor der physischen Erziehungslehre angestellt worden, die Lehrkanzel der Kinderdiätetik an der Wiener pädagogischen Lehranstalt, und übt gegenwärtig als Vorstand eines Kinder-Krankeninstituts eine ausgedehnte Kinderpraxis aus.

Sonntagsblätter (Wien, bei Pfautsch u. Comp., 8°.) V. Jahrg. (1846), S. 111. – Handschriftliche Mittheilungen des Dr. Hermann Meynert.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: physichen.