Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Meyerhofer
Band: 18 (1868), ab Seite: 186. (Quelle)
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Meyerhofer, Karl (k. k. Hof-Opernsänger, geb. zu Wien im Jahre 1828). Ein Sohn des k. k. Hofschauspielers Franz Meyerhofer. Für den Stand seines Vaters bestimmt, erhielt er auch eine demselben entsprechende Erziehung. Frühzeitig entwickelte sich das Darstellungstalent des Knaben, der, fünf Jahre alt, an der Seite seines Vaters in Raab seine theatralische Laufbahn begann. Im folgenden Jahre kam er nach Wien und wurde im Theater an der Wien in Knabenrollen verwendet. Im Alter von sieben Jahren wurde er in der Rolle von Tell’s Knaben im Burgtheater zu einem Probespiele für Kinderrollen zugelassen, und löste seine Aufgabe so glücklich, daß auf ihn die Wahl fiel. So spielte er bis zu seinem 17. Jahre, anfangs in Kinder-, später in entsprechenden jugendlichen Rollen, im Burgtheater. Als er dasselbe verließ, warf er sich, da er Talent dazu zeigte, auf’s Zeichnen und Malen, und besuchte die k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien. Seine Arbeiten gefielen und einige derselben kamen in die öffentliche Ausstellung. Als sich aber im fortschreitenden Jünglingsalter seine Stimme zu entwickeln begann, erfaßte ihn ein solcher Drang zur Musik, namentlich zum Gesange, daß er das Zeichnen und Malen aufgab, und sich nunmehr ausschließlich dem Gesange widmete. Der tüchtige Bassist Seipelt wurde sein Lehrer, der berühmte Staudigl, den er oft bei seinen Studien am Piano begleitete, sein Vorbild. Das Jahr 1848 hatte in Oesterreich und Deutschland für einige Zeit den Sinn für Kunst niedergeschlagen, und da sich dem talentvollen Kunstjünger gar keine Aussichten darboten, ging er auf’s Geradewohl, mit den dürftigsten Mitteln versehen, nach Frankreich, wo er Lablache, Mario hörte und studirte, von Paris über den Canal nach London, und stand dort in der ungeheueren Weltstadt ohne Empfehlung, der Noth, dem Kummer preisgegeben, allein und verlassen da. Nur das Vertrauen auf sein Talent half ihm auf, und nachdem es ihm nach manchen Entbehrungen gelungen, einige Stunden in Musik und Malerei zu geben, und er so vor der äußersten Noth geschützt war, strebte er unablässig rüstig vorwärts. Es gelang ihm, sich bald bemerkbar zu machen, er bekam Zutritt in höhere Kreise, erreichte es, zum Auftreten in Concerten zugelassen zu werden, in Oratorien zu singen, und so brach er sich, ausnahmsweise seine Künstlerlaufbahn dort beginnend, wo Andere sie zu beschließen pflegen, mit seinem Talente Bahn. Während seines oberwähnten Verkehrs mit Staudigl, den er beim Gesange oft am Clavier zu begleiten pflegte, erlernte er auch das Schachspiel, worin Staudigl, wie es bekannt ist, Meister war. Aber auch Meyerhofer brachte es in diesem Spiele zur Meisterschaft, ein Umstand, der ihm in London, wo es mit Leidenschaft gespielt wird, trefflich zu Statten [187] kam. So soll sich M. auch an dem im Jahre 1851 in London abgehaltenen Schachturnier, in welchem die berühmtesten Schachspieler Europa’s, wie Anderson, Harrwitz, Kiesericky u. A. mitkämpften, thätigen Antheil, einzelne Gegner in mancher Partie schlagend, genommen haben. Die Sehnsucht nach der Heimat trieb ihn aus London fort, auch war in ihm der Drang erwacht, nicht wie bisher nur lehrend, sondern selbstthätig künstlerisch zu wirken, und am Theater in Karlsruhe, das damals ganz besondere Künstlerkräfte vereinigte, nahm er sein erstes Engagement als Sänger. Marr war damals dort das belebende Princip des Schauspiels; Liszt [Bd. XV, S. 247] dirigirte die Oper, Joachim [Bd. X, S. 217] und Laub [Bd. XIV, S. 190] saßen im Orchester, und sonst noch bedeutende Kräfte hatten die übrigen Fächer inne. Meyerhofer’s Talent entwickelte sich unter Liszt’s und Marr’s Leitung, von denen der erste im Gesange, der letztere im Spiele sein Führer war, in so entschiedener Weise, daß er, obwohl noch Neuling auf der Bühne, den übrigen geschulten Kräften bald ebenbürtig zur Seite stand und sich von Auswärts die Aufmerksamkeit auf den jungen Künstler richtete. Julius Cornet [Bd. III, S. 3], der damalige Director des Wiener Hof-Operntheaters kam nach Karlsruhe und engagirte M. für dasselbe. Im Jahre 1854 war M. in seine Vaterstadt zurückgekehrt und ist seit dieser Zeit Mitglied des Hof-Operntheaters. Masetto im „Don Juan“, Malvoglio in „Stradella“ und Fidelio in „Romeo und Julie“ waren seine Antrittsrollen. Durch eine Rolle, in welcher vor ihm Staudigl geglänzt und die M. mit besonderem Glücke durchgeführt, hatte er sich seinen Ruf begründet. Von den ersten Bühnen der Monarchie und Deutschlands ergingen nun an ihn Einladungen zu Gastspielen, und in Leipzig, Berlin, Hamburg, Bremen feierte er schöne Erfolge; der Herzog Ernst von Gotha lud ihn in seine Hauptstadt; in Concerten und Oratorien wurde er ein gesuchter Sänger und auch öfter den Hofconcerten beigezogen. M. hat während einer zwanzigjährigen Künstlerlaufbahn Gelegenheit gehabt, die ersten Größen seiner Kunst persönlich kennen zu lernen und ihre Vorzüge zu studiren; sein Eifer, sich immer fortzubilden, hat nie abgenommen, und während er einerseits eifrig Sprachenstudien trieb, vervollkommnete er sich in der Kunst, der er mit Leib und Seele anhängt. Im schönsten Mannesalter stehend, hat M. noch eine für den strebenden Künstler neidenswerthe Zukunft vor sich.

Monatschrift für Theater und Musik. Herausgegeben von Joseph Klemm (Wien, 4°.) II. Jahrg. (1856), S. 442, 496.