Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Seipelt, Josephine
Band: 34 (1877), ab Seite: 27. (Quelle)
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Seipelt, Joseph (Sänger und Componist, geb. in Markt Raika (Roggendorf) im Wieselburger Comitate Ungarns im Jahre 1787, gest. zu Wien 22. Februar 1847). Sein Vater war Schulmeister und Notar zu Raika in Ungarn; er unterrichtete seinen Sohn in den Elementargegenständen und in der Musik. Als der Sohn 9 Jahre alt war, verlor er seinen Vater durch den Tod. Nun, sich selbst überlassen, trieb er Musik, für die er besondere Begabung zeigte, und wurde vom Ortspfarrer für den Besuch der lateinischen Schule vorbereitet. Nun kam er zu seinen Onkel, dem damaligen Provinzial der Barmherzigen Brüder in Preßburg, Matthäus Riediger, bei dem er im Kloster wohnte und die Gymnasialclassen besuchte. Nachdem er die Rhetorik, die damalige 6. Lateinclasse, beendet, schickte ihn sein Onkel nach Triest in ein Großhandlungshaus, wo er theils im Comptoir, theils in den Magazinen beschäftigt war, aber auch Gelegenheit fand, das dortige Theater zu besuchen, gute Sänger und gute Opern zu hören, was seine Vorliebe für den Gesang nur steigerte. Das warme Klima aber sagte seinen Augen nicht zu und nach drei Jahren[WS 1] mußte S. in seine Heimat zurückkehren, wo er sich nunmehr der Pädagogik zuwandte. Im Hause seiner Mutter, welche zum zweiten Male geheirathet, war seines Bleibens nicht lange, da die lieblose Behandlung seines Stiefvaters ihm nicht zusagte. Er ging also, ohne viel zu überlegen und ohne Mittel und Empfehlungen, sofort nach Wien, wo er glücklicherweise bald nach seiner Ankunft mit einem Landsmann zusammentraf, durch den er mit dem Capellmeister Joseph Ritter von Seyfried[WS 2] bekannt wurde. Dieser vermittelte, daß S., der eine schöne und gutgeschulte Baßstimme besaß, nach abgelegter [28] Probe als Chorsänger im Theater an der Wien angestellt wurde. In dieser Stellung fand er Gelegenheit, mit dem Hof-Capellmeister Anton Salieri [Bd. XXVIII, S. 97] bekannt zu werden, der ihm nun unentgeltlich Gesangsunterricht ertheilte, worin S. so tüchtige Fortschritte machte, daß er, nachdem er in einem Prüfungsconcerte gesungen, sofort als erster Baßsänger für das Theater in Lemberg auf drei Jahre engagirt wurde. Er sang damals den Sarostro in der „Zauberflöte“, den Dunois in „Agnes Sorel“, den Mafferu im „Opferfest“, den Oberst im „Augenarzt“ u. s. w., alle Parthien mit großem Beifall. So hatte er mit Glück seine Laufbahn begonnen, als ihn schon nach einem halben Jahre eine schwere Krankheit auf’s Krankenlager streckte. Die Direction hatte ihm die Gage eingestellt und hilflos lag S. da, bis sich die Sängerin Clara Hoffmann, die auf derselben Bühne wirkte, mitleidsvoll des von Allen Verlassenen annahm und für seine Pflege sorgte. Nach seiner Genesung ging S. nach Hermannstadt, wo die Zieheltern der Clara Hoffmann, welche Seipelt später ehelichte, die Direction des Theaters führten. S. sang dort und später in Temesvár, wo sich sein Rollenrepertoire noch um den Don Juan in der gleichnamigen Oper, Graf Almaviva in „Figaro’s Hochzeit“, Micheli in „Wasserträger“, Richard in der „Schweizerfamilie“ u. s. w. vermehrte und S. durch volle vier Jahre an letztgenannter Bühne wirkte. In der damaligen Zeit, es war im Jahre 1809, waren viele Wiener vor der französischen Invasion nach Temesvár geflüchtet, unter diesen befand sich auch Castelli, der anläßlich des Geburtsfestes des Kaisers Franz ein Gelegenheitsgedicht verfaßte, welches Seipelt in Musik setzte und den Solopart darin selbst sang. Von Temesvár ging S. als erster Bassist und Regisseur nach Linz, sang dort drei Jahre, gab in der Zwischenzeit auch ein Gastspiel im k. k. Hoftheater in Wien und nahm dann als erster Bassist und Oberregisseur Engagement in Pest. Von Pest aus ging S. zunächst nach Wien, von dort nach Kaschau, wo er mehrere Jahre blieb und im Sommer im Bade Bart Feld sang, darauf nach Eperies, bis er zuletzt einem Rufe nach Brody folgte, wo er gleichfalls die Regie und mit solchem Erfolge leitete, daß ihm die Administration, welche die Direction des Theaters über sich hatte, diese letztere übertrug. Nach vierjähriger Leitung dieser Bühne nöthigten die politischen Zustände jener Tage S., die Direction aufzugeben und er kehrte wieder nach Wien zurück. Dort wurde er bald von Baron Braun, der damals das Theater an der Wien dirigirte, angestellt. Daselbst wuchs seine Beliebtheit mit jeder neuen Rolle, die er sang, zu diesen gehörten, außer den schon erwähnten, der Caspar im „Freischütz“, der Gouverneur in „Fidelio“, der Doctor Bartolo in „Barbier von Sevilla“, der Dey in „Die Italienerin in Algier“, der Don Magnifico in „Cenorentola“, der Brabantio in „Othello“ u. m. a. In den letzten Jahren war S. als Chordirector im genannten Theater thätig. Nebenbei wirkte er in vielen Concerten mit und war ein glücklicher Componist. Als solcher schrieb er zahlreiche Vocalgesänge. Sein Arrangement des bekannten Tirolerliedes: „Wenn ich in der Früh aufsteh’“, als Quartett für zwei Tenore und zwei Bässe, wurde förmlich populär, und seine Cantate „Kaiser Max auf der Martinswand“ wurde im Jahre 1830 im großen Redoutensaale mit entschiedenem Beifall gegeben. Der Wiener Magistrat [29] hatte S. für seine unentgeltliche Mitwirkung in zahlreichen Wohlthätigkeitsconcerten zum Ehrenbürger Wiens ernannt.

Aus Seipelt’s handschriftlichen Mittheilungen.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Jah-.
  2. Joseph von Seyfried war damals Theaterdichter, Secretär.