BLKÖ:Martinitz, das Grafengeschlecht, Genealogie

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 17 (1867), ab Seite: 44. (Quelle)
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I. Genealogie des Grafengeschlechtes Martinitz. Die Martinitz sind ein altes böhmisches Adelsgeschlecht; sie führten ihren Namen von dem ursprünglichen Stammsitze, der Veste Martinic bei Votic, welche noch im 15. Jahrhunderte im Besitze der Familie sich befand. Der Ursprung der Familie wird verschieden abgeleitet. Aus der Aehnlichkeit des Wappens mit jenem der Grafen von Stoß führt man ihn auf dieses Geschlecht zurück, das bei den alten Herzogen von Breslau zu den Magnaten zählte und im 13. Jahrhunderte bereits hohe Würden bekleidete. Nach einer im Archive [45] von Smečno, wie das Stammschloß der Martinitz heißt, befindlichen Urkunde waren sie bereits im Jahre 1253 Panierherren. Nun kommen in den ältesten böhmischen Urkunden verschiedene Glieder der Familie vor, deren Verwandtschaftsverhältnisse aber sich nicht fest bestimmen lassen, so z. B. ein Jeßko von M., der im Jahre 1392 eine Messe bei der Kirche in Lomnic stiftete; ein Johann von M., der im Jahre 1400 eine Capelle in Martinitz erbaute; ein Alšik von M., dessen Name in dem Schreiben ddo. 2. September 1415, welches die böhmischen und mährischen Herren an das Concil von Constanz richteten, vorkommt. u. m. A., aber erst mit Johann Bořita (sprich Borzita), der im Jahre 1479 gestorben ist, beginnt die ununterbrochene, urkundlich nachweisbare Stammfolge der Familie. Dieser Johann Bořita war Obersthofmeister der Königin Johanna, Gemalin Georg’s von Podiebrad. Sein zweiter Taufname Bořita wurde von den Nachkommen zum Familiennamen angenommen, womit auch die hie und da gebrachte Abstammung der Martinitz von einer alten Familie Boruta, später von Borzita, von selbst entfällt. Den Namen Bořita führten die Martinitz bis beiläufig in die Mitte des 17. Jahrhunderts und der Graf Maximilian Valentin, der dritte Sohn des durch seinen Fenstersturz so berühmt gewordenen Jaroslaw Bořita Graf M., der von 1658 bis 1677 die Würde eines Oberstlandhofmeisters bekleidete und im letztgenannten Jahre starb, scheint sich seiner schon nicht mehr bedient zu haben. Von Johann Bořita geht das Geschlecht in ununterbrochener Folge bis zum Erlöschen desselben im Mannsstamme, welches mit dem Grafen Franz Karl, der am 29. November 1789 in Kosmanos starb, eintrat. Hynek (Heinrich) Bořita von Martinitz, der um das Jahr 1525 starb, stiftete das erste Fideicommiß aus den Herrschaften Smečno und Okoř (sprich Okorz), und zwar, da er kinderlos war, für seine Vettern, deren männliche, und in Ermangelung solcher, weibliche Nachkommen. Später wieder erhob der oberwähnte Jaroslaw Bořita am 21. November 1633 die Herrschaft Smečno zum Fideicommiß, welches auf dem kais. Majestätsbriefe ddo. Wien 6. Jänner 1634 bestätigt wurde. Zu Nachfolgern darin ernannte er die erstgebornen Descendenten, im Falle des Absterbens die jüngeren männlichen Familienglieder, und wenn auch diese aussterben würden, sollte die Herrschaft auf die weiblichen Nachkommen als Allod vererbt werden. Am 8. December 1647 fügte er auch die Herrschaft Schlan dazu. Als mit dem Tode des Grafen Franz Karl im Jahre 1789 dieses Geschlecht im Mannsstamme ausstarb und nach den Bestimmungen des Fideicommisses nach dem Aussterben des Mannsstammes die Martinitzischen Erbgüter an die überlebenden Frauen des Geschlechtes Martinitz freivererblich fallen sollten, so theilten sich die Tochter des Grafen Franz Karl, Gräfin Maria Anna, und zwei noch lebende Frauen dieser Familie, nämlich eine zweite Maria Anna, Tochter des Grafen Franz Michael von Martinitz, vermälte Gräfin Althan, und Johanna Theresia, Tochter des Grafen Johann Joseph Karl von Martinitz und Schwester des obgenannten letzten männlichen Sproßen Franz Karl, vermälte Gräfin Mirbach, in das Erbe, und zwar folgendermaßen: Maria Anna Gräfin Martinitz übernahm die Herrschaften Smečno und Schlan; Maria Anna Gräfin Althan die Herrschaften Prunersdorf und Hagensdorf, und der Gräfin Johanna Theresia von Mirbach zahlten die zwei vorgenannten Erbinen eine Abfertigungssumme aus. Maria Anna Gräfin Martinitz schloß aber am 6. Juli 1791 mit Karl Joseph Grafen Clam die Ehe und dieser fügte mit kais. Genehmigung vom 2. November 1792 Namen und Wappen der Martinitz dem eigenen bei, und gründete so einen neuen Zweig der Martinitze unter dem Namen Clam-Martinitz, wie sein Vetter Christian Philipp Graf zu Clam, welcher von dem 1757 verstorbenen letzten Grafen Philipp Joseph von Gallas zu Schloß Campo und Freyenthurm zum Erben seiner großen Besitzungen in Böhmen berufen wurde, dann in Folge k. k. Cession vom 29. August 1768 Namen und Wappen der Gallas annahm und die jüngere Linie der Clam, die Clam-Gallas stiftete. Was die Standeserhöhungen der Herren von Martinitz betrifft, so brachte Jaroslaw Bořita den Reichsgrafenstand mit Majestätsbrief ddo. Wien 10. April 1621 in die Familie, und mit Majestätsbriefen ddo. Wiener-Neustadt 7. August 1625 und Wien 6. Jänner 1634 erhielt er für sich und den je ältesten seiner männlichen Nachkommen das Vorrecht, sich „Regierer des Hauses Smečno“ zu nennen, ferner den Sitz nach dem höchsten Würdenträger des Landes auf dem Landtage und mit 26. September 1633 [46] das Palatinat oder die Hofpfalzgrafenwürde, über dessen Bedeutung das Nähere in der Genealogie der Grafen von Königsegg, Bd. XII, S. 225, gesagt ist. Das Geschlecht der Martinitz zählt seine hervorragendsten Größen in der Reihe der Staatsmänner. Die Kirche ist nur durch ein paar Domherren, die weiter keine Bedeutung haben, das Heer nur durch zwei Namen, Johann Bořita [s. d. S. 49, Nr. 10] und Otto Bořita [ebd. Nr. 14][WS 1], vertreten; alle übrigen mehr oder weniger hervorragenden Sproßen dieses Geschlechtes sind Männer des Staates und Rathes, die in der Diplomatie, im Cabinete des Monarchen, auf den höchsten Posten des Landes gewirkt haben. Das goldene Vließ ist mehreren Gliedern derselben, wie den Grafen Adolph Bernhard, Bernhard Ignaz, Georg Adam (I.) Bořita, Georg Adam (II.) und Johann Bořita, der es bereits von dem Stifter des Ordens, von dem Herzoge Philipp dem Guten von Burgund, erhalten hatte, verliehen worden. Durch Heirathen ist die Familie nicht nur mit den mächtigsten Dynastengeschlechtern Böhmens, wie mit den Bezdruzicky, Dasicky von Barchow, Wrbna, Sternberg, Kolowrat, Vrtby u. A., sondern auch mit den vornehmsten Adelsgeschlechtern Oesterreichs und Deutschlands, wie z. B. mit den Althan, Dietrichstein, Khuenburg, Castiglioni, Trautson, Spauer, Jörger von Tollet u. A. verschwägert gewesen. [Quellen. Allgemeines historisches Lexikon (Leipzig 1731, Thom. Fritschen’s Erben, Fol.) Bd. III, S. 447, und desselben I. Fortsetzung, S. 868. – Miltner (Ottokar), Beschreibung der bisher bekannten böhmischen Privatmünzen und Medaillen, herausgegeben von dem Vereine für Numismatik zu Prag (Prag, 4°.) I. Abtheilung: Personenmünzen, S. 322–336. – Kneschke (Ernst Heinrich Prof. Dr.), Neues allgemeines deutsches Adels-Lexikon (Leipzig, Fr. Voigt, gr. 8°.) Bd. VI, S. 154. – Slovník naučný. Redaktor Dr. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Ladislaus Rieger (Prag 1859, I. L. Kober, Lex. 8°.) Bd. V, S. 146. – Zap (Karl Wladislaw), Památky archeologické a mistopisné, d. i. Archäologische und topographische Denkwürdigkeiten (Prag, 4°.) Bd. I, II, III.]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: [ebd. Nr. 11].