BLKÖ:Müller, Jacob Friedrich

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Nächster>>>
Müller, Ignaz
Band: 19 (1868), ab Seite: 358. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Jakob Friedrich Müller in Wikidata
GND-Eintrag: 117591165, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Müller, Jacob Friedrich|19|358|}}

28. Müller, Jacob Friedrich (philosophischer Schriftsteller, geb. im Württembergischem, lebte und starb im 18. Jahrhunderte). [358] Nachdem er zu Tübingen studirt und dort Magister der Philosophie geworden war, begab er sich im Jahre 1727 nach Laasphe in der Grafschaft Witgenstein, wo er einige Zeit bei einem Rechtsgelehrten sich aufhielt, bis er im Jahre 1729 Professor der Philosophie an der Universität in Gießen wurde, wo er nicht allein philosophische, sondern auch mathematische Vorlesungen mit vielem Beifalle hielt. Seine religiösen Ansichten verwickelten ihn aber in Unannehmlichkeiten, und es kam so weit, daß er sich wegen derselben verantworten sollte. Dieser Aufforderung ging er dadurch aus dem Wege, daß er sich nach Frankfurt a. M. begab, dort seinen Abschied verlangte, den er auch nebst einer Summe von 200 fl. als Reisegeld, unverweilt erhielt. Um das Jahr 1747 nahm er eine Erzieherstelle bei dem Sohne des Grafen Kayserling an. Letzterer hielt sich zu jener Zeit als kais. russischer Gesandter in Frankfurt auf. Auf die Empfehlung des Gesandten erhielt nun Müller eine Stelle als Rath und Professor am Theresianum zu Wien, ohne daß er die römisch-katholische Religion anzunehmen nöthig hatte. Ueber die ferneren Lebensschicksale Müller’s – ob er in Wien und in seiner Anstellung geblieben – wie auch über die Zeit seines Todes, die jedoch bestimmt in das achtzehnte Jahrhundert fällt, ist nichts Näheres bekannt. Als philosophischer Schriftsteller war M. sehr fruchtbar, und zwar schrieb er sowohl unter eigenem Namen, wie unter dem Namen Helvetius de Mülinen. Seine Schriften unter eigenem Namen fallen innerhalb der Jahre 1722 bis 1728, jene, die er als Pseudonym herausgab, in die Zeit von 1729 bis 1745. Nach seiner Uebersiedelung nach Wien scheint er nichts mehr veröffentlicht zu haben. Er trat vornehmlich als Gegner der Wolfischen und Leibnitzischen Philosophie auf, deren Ansichten er in mehreren mit seinem wahren und angenommenen Namen herausgegebenen Schriften bestritt. Als ihn die Gießener Universität wegen seiner Lehren zur Verantwortung ziehen wollte, gab er die Schrift: „Ausführlicher Beweis, daß Jacob Friedrich Müller kein philosophischer Bigot sey, sondern seine Schriften zu vertheidigen wisse, fürnehmlich zur Erläuterung des Satzes, daß die Seele nicht in den Körper und der Körper nicht in die Seele würke …“ heraus. Müller’s Schriften – der überhaupt ein tüchtiger Mathematiker und scharfsinniger Kopf war – sind nicht ohne Geist, und ein streng pietistischer Zug – wenn man so sagen darf – geht durch dieselben. Eben dieser Pietismus mochte es auch gewesen sein, der ihm in Oesterreich einen Glaubenswechsel ersparte, denn er scheint in seinen Ansichten noch römisch-katholischer gewesen zu sein, als der Papst selbst. Die letzte von ihm bekannte, unter dem Namen Helvetius de Mülinen herausgegebene Schrift heißt: „Die ungegründete und idealistische Monadologie, oder wahre Gestalt der Leibnitz- und Wolfischen Lehre von den einfachen Dingen“ (Frankfurt a. M. 1745, 4°.). Meusel und Strieder zählen seine zahlreichen, durchwegs philosophischen und philosophisch-polemischen Schriften, die für dieses Werk weiter kein Interesse haben, nach ihren Titeln auf.

Meusel (Johann Georg), Lexikon der vom Jahre 1750 bis 1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller (Leipzig 1808, G. Fleischer, 8°.) Bd. IX, S. 403. – Strieder (Fr. Wilh.), Grundlage zu einer hessischen Gelehrten- und Schriftstellergeschichte seit der Reformation bis auf gegenwärtige Zeiten (Cassel 1780 u. f., Luckhardt, gr. 8°.) Bd. IX, S. 256 u. f.