BLKÖ:Müller, Jacob (Einsiedler)

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 19 (1868), ab Seite: 358. (Quelle)
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27. Müller, Jacob (Einsiedler, geb. in Schwaben 1619, gest. in Tirol 1677). In früher Jugend Hauslehrer in der Familie der reichen Grafen Fugger in Augsburg, wanderte er, nachdem er nach einigen Jahren seine Stelle aufgegeben, als Pilger nach Rom, wo er das Gelübde that, der Welt zu entsagen und sich als Einsiedler dem beschaulichen Leben zu widmen. Im Jahre 1642 kehrte er von Rom heimwärts, machte aber in Tirol Halt und wählte bei Kreßbrunn, einem einsamen Alpenorte bei Villanders im Bezirke Klausen, seine Einsiedlerstätte. In einer von Föhrendunkel umschatteten Waldvertiefung höhlte er sich eine sechs Schuh tiefe Grube aus, die er mit einem Dache von Aesten und Baumrinden überdeckte. Sein Bett war ein nacktes Brett, sein Kopfkissen ein harter Stein, Speise und Trank bestanden aus Brot, Kräutern und Wasser. Am Freitage trug er, gleichsam mit Jesus mitleidend, eine stechende Dornenkrone auf dem Haupte. Aus dem Anblicke und häufigen Besuche einer später spurlos verschwundenen Kirche, genannt Dreikirchen – weil drei Kirchen in Form eines rechtschenkligen Dreieckes aneinander gebaut waren und jede einen besonderen Eingang hatte – faßte er die Dreifaltigkeitsidee liebend auf und suchte sie in Kreßbrunn durch ein heiliges Leben zu verwirklichen, auch äußerlich darstellend, was ihm innerlich die Seele bewegte. Nach zehnjähriger Abtödtung begann er das Studium der Theologie und empfing dann zu Brixen die Priesterweihe. Um seine mystischen Ideen von der Dreizahl weiter auszubilden, wählte er noch zwei andere Gefährte: Philipp Steigleder und Andreas Planer, beide gleich Müllern Fanatiker ihrer mystischen Ideen, und diese bauten nun nach dem Muster von Dreikirchen zu Kreßbrunn drei Hütten und drei Capellen. Planer wanderte aber schon nach 13 Monaten nach Josephsberg bei Meran, und an seine Stelle trat Wolfgang Holzer, ein durch seine Lebensschicksale berühmter Ascet. Bald waren die drei Einsiedler der Zielpunct aller gläubigen Seelen der Umgegend bis in weite Ferne. Wallfahrten von allen Seiten, von Alt und Jung, fanden nach Kreßbrunn Statt. Einsiedler Müller stand als Beichtvater weit und breit im besten Rufe. Als er sich aber weigerte, seine heilige Dreizahl zu überschreiten, trennten sich Steigleder und Holzer von ihm und gründeten neue Einsiedeleien in Josephsberg, bei deren Begründung Adam Graf Brandis, der Verfasser des „Tirolischen Ehrenkränzels“, gar sehr mitthätig war. Ungeachtet von Seite der Weltgeistlichen die Einsiedler zahlreiche Anfeindungen, ja Verfolgungen zu erdulden hatten, so entwickelte sich der Einsiedlerverein zu Josephsberg immer mehr und mehr, Schenkungen von Hoch und Nieder förderten seine Zwecke, später nahmen die Einsiedler die Regel der Hieronymitanermönche an, und so verbreitete aus diesen Anfängen sich der Hieronymitanerorden über Tirol und von da nach Bayern und Oesterreich, selbst nach Kärnthen. Als Jacob Müller starb, wurde sein Leichnam nach Dreikirchen herabgebracht und in der Magdalenenkirche begraben. Die vier Männer aber, Jacob Müller, der Grundtypus des Einsiedlerthums, Wolfgang Holzer, der genialste und energischeste von allen vieren, Andreas Planer und Philipp Steigleder, sind die Gründer eines Ordens, der seiner Zeit eine an’s Unglaubliche grenzende Macht über die Gemüther eines ungebildeten Alpenvolkes ausübte.

Weber (Beda), Tirol und die Reformation (Innsbruck, 1841, Wagner, 8°.) S. 421: „Die Einsiedler zu Kreßbrunn u. s. w.“