BLKÖ:Lobkowitz, August Longin Fürst von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 15 (1866), ab Seite: 337. (Quelle)
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Lobkowitz, August Longin Fürst von (Staatsmann, geb. zu Prag 18. März 1797, gest. zu Wien 17. März 1842). Der älteste Sohn des Fürsten Anton Isidor [s. d. S. 307], von der jüngeren fürstlichen Linie, aus dessen Ehe mit Maria Sidonie Fürstin Kinsky. Trat, noch ehe er seine Studien zu Prag beendet, in den Staatsdienst, in dem[WS 1] er bereits im vierten Jahre der Rechte, dem Grafen Kolowrat, damaligem Oberstburggrafen von Böhmen, einem Verwandten seiner Familie, im politischen Dienste zugetheilt wurde. Bald darauf, nach seines Vaters Tode, 1819, trat er das Majorat der jüngeren Linie seines Hauses an, blieb aber nichtsdestoweniger im Staatsdienste, wurde noch im nämlichen Jahre unbesoldeter Kreiscommissär und im Jahre 1821 überzähliger Gubernialsecretär[338] bei dem böhmischen Gubernium. Zwei Jahre später zum Kreishauptmann des Budweiser Kreises ernannt, bewährte er bereits damals jenen Geist der Humanität, der noch heute seinen Namen in einer der wichtigsten Provinzen des Kaiserstaates in gesegnetem Andenken erhalten hat. Im Jahre 1825 wurde L. Vice-Präsident des galizischen Landesguberniums, im folgenden Jahre Gouverneur von Galizien, indem ihm zuvor noch die geheime Rathswürde verliehen worden war. Mit noch nicht vollendeten dreißig Jahren nahm L. eine so wichtige Stelle ein, denn der Posten eines Statthalters – oder wie er damals hieß, Gouverneurs in Galizien – war nicht nur wichtig, sondern auch ungemein schwierig. Indem es sich der Fürst zur Aufgabe machte, die ziemlich verkommenen geistigen und materiellen Interessen und namentlich das Schulwesen des Landes zu fördern, so richtete er auch sein Augenmerk darauf, das bisherige Verhältniß des Kronlandes zur Centralregierung in Wien, welches noch viel zu wünschen übrig ließ, inniger, zuthunlicher zu gestalten, und Adel und Bevölkerung mit der Abhängigkeit von Wien auszusöhnen. Sein humaner Geist, seine Leutseligkeit, seine Freude an Kunst und künstlerischem Schaffen, sein fein gebildeter, dabei nichts weniger als adelsstolzer Geist, kamen ihm bei seinen Bestrebungen wesentlich zu Hilfe. Bald nahm das plötzliche und verheerende Auftreten der Cholera (1830) die ganze Energie des Staatsmannes in Anspruch. Zu dem Wüthen der noch völlig ungekannten Seuche gesellten sich falsche Gerüchte von Vergiftungen, wodurch die Aufregung noch mehr wuchs und die Volksleidenschaften in drohende Gährung geriethen. Der Fürst beschwichtigte die bestürzten Massen, traf die erforderlichen Anordnungen, damit die Kranken untergebracht und gepflegt wurden; mit dem Zunehmen der Seuche verdoppelte er seine Thätigkeit und zeigte sich ohne Rücksicht auf seine Person überall, wo seine Gegenwart beruhigend und ermunternd einwirken konnte. Dieses Verhalten des Fürsten in der traurigen Epoche gewann ihm die Sympathien der Bevölkerung in solchem Maße, daß es vornehmlich diese waren, die ihm seine schwierige Stellung bei Ausbruch der polnischen Revolution im Nachbarstaate erleichterte und es ihm möglich machten, nachdem der Aufstand niedergedrückt war und Schaaren von Flüchtigen das angrenzende Bruderland überschwemmten, die Ruhe in Galizien ohne Gewaltmaßregeln aufrecht zu erhalten. Der Fürst ließ die schutz- und wehrlosen Flüchtigen ungehindert in das Land, behandelte sie mit Schonung und Humanität, gestattete Einzelnen selbst Zutritt in sein Haus und suchte, was in seinen Kräften stand, das Loos der Verbannten zu erleichtern. Dieser humane Geist aber trug ihm bald böse Früchte. Diese Humanität wurde von diplomatischem Gesichtspuncte als eine Sünde angesehen und gegen den Fürsten begann eine mächtige Partei rührig zu werden, welche auch im Jahre 1832 seine unvorgesehene Abberufung von Galizien herbeiführte. Sowohl in den österreichischen Adels- als Beamtenkreisen, erweckte dieser Vorgang Befremden, ja Mißstimmung. Der Fürst selbst, der anfänglich der allgemeinen Hofkammer zugetheilt wurde, ertrug diese Demüthigung mit staatsmännischer Ruhe und Fassung. In Kürze wurde er zum Hofkanzler bei der vereinigten k. k. Hofkanzlei in Wien ernannt. Als im Jahre 1834 der damalige Finanzminister Franz Graf Klebelsberg [Bd. XII, [339] S. 30, Nr. 1] in Ruhestand gesetzt wurde, richteten sich allgemein die Blicke auf L., der neben strenger Rechtlichkeit, dem Glanze eines alten, mächtigen und reichen Hauses, alle Eigenschaften in sich vereinigte, um den so wichtigen Posten eines Finanzministers zu übernehmen. Aber das schon damals ausgebildete System der Anlehen besaß zu viele Freunde und Anhänger, die sich nicht beruhigen konnten, bei dem Gedanken, einen so unabhängigen, energischen und große Zwecke mit loyalen Mitteln verfolgenden Staatsmann auf diesem Posten zu sehen. So fiel die Wahl statt auf Lobkowitz, auf Eichhoff; um aber die öffentliche Meinung, die mit seinem Bewußtsein den Fürsten als Finanzminister bezeichnet hatte, einigermaßen zu versöhnen, wurde eine neue Hofstelle geschaffen, nämlich die Hofkammer für das Münz- und Bergwesen und L. mit deren Leitung betraut. Auch auf diesem Posten entfaltete L. bald seine längst bekannte Energie. Er nahm genaue Einsicht in das Berg- und Hüttenwesen der einzelnen Provinzen, bereiste zu diesem Zwecke die vorzüglichsten Berg- und Hüttenwerke der Monarchie, hob nach und nach die einzelnen Zweige des so sehr vernachlässigten Bergbaues, leistete dem Privatbergbau jeden möglichen Vorschub und griff, indem er die Eisenproduction und Steinkohlengewinnung mächtig förderte, der vaterländischen Industrie kräftig unter die Arme. Auch das österreichische Münzwesen erhielt unter ihm eine entsprechende Umgestaltung, und seinen Bemühungen ist der Aufbau des neuen Münzgebäudes zu verdanken, zu welchem er am 2. März 1835 den Grund legte und das er mit trefflichen Maschinen und technischen Einrichtungen ausstattete. Im bisher Angeführten ist nur die Thätigkeit des Staatsmannes, der in Anerkennung derselben höchsten Ortes im Jahre 1836 mit dem Großkreuze des Leopold-Ordens ausgezeichnet wurde, dargestellt worden. Noch Einiges bleibt uns über den Fürsten als Kunstfreund zu sagen übrig. Der Fürst, ein großer Freund und Kenner der Musik, unterstützte die Künstler, von denen mancher ihm seine Existenz und sein Emporkommen verdankt. Er unterhielt eine vollständige, vortrefflich eingerichtete Musikcapelle und in seinem Hause in Wien errichtete er eine musikalische Freischule, aus welcher mancher tüchtige Künstler hervorging. Der Fürst war (seit 10. November 1827) mit Anna Bertha Prinzessin Schwarzenberg vermält, aus welcher Ehe nebst drei Töchtern, ein Sohn, Georg Christian, der jetzige Chef der jungem Linie des Fürstenhauses, abstammt.

Schlesinger (Philipp), Erinnerung an Seine fürstlichen Gnaden dem (sic) Herrn August Longin Fürsten von Lobkowitz (ohne O. u. J. [Wien 1842], Stöckhölzer, kl. 8°.). – Neuer Nekrolog der Deutschen (Weimar, Bernhard Friedr. Voigt, kl. 8°.) XX. Jahrgang (1842), S. 994. – Neues Archiv für Geschichte, Staatenkunde, Literatur und Kunst (Wien, 4°.) II. (als Fortsetzung des Hormayr’schen Archivs XXI.) Jahrgang (1830), S. 110. – Miltner (Heinrich Ottocar), Beschreibung der bisher bekannten böhmischen Privatmünzen und Medaillen. Herausgegeben von dem Vereine für Numismatik zu Prag (Prag 1856, 4°.) 1. Abtheilung: Personenmünzen, S. 309. – Lumír, belletristicky týdennik, d. i. Lumir, belletristisches Wochenblatt. Herausg. von Mikowec (Prag, 8°.) Jahrgang 1862, Nr. 20, S. 476: „Historické drobnosti“. – Gaßner (F. S. Dr.), Universal-Lexikon der Tonkunst. Neue Handausgabe in einem Bande (Stuttgart 1849, Frz. Köhler, Lex. 8°.) S. 561. – Schilling (G. Dr.), Das musikalische Europa (Speyer 1842, F. C. Neidhard, gr. 8°.) S. 216. – Neues Universal-Lexikon der Tonkunst. Angefangen von Dr. Julius Schladebach, fortgesetzt von Ed. Bernsdorf [340] (Dresden 1856, R. Schäfer, Lex. 8°.) Bd. II, S. 798. – Porträt. Unterschrift: August Longin Fürst v. Lobkovicz. Praesident der k. k. Hofkammer in Münz- u. Bergwesen. Finsterwalder lithogr., gedr. bei Joh. Rauh (Wien, 8°. u. 4°.) [Brustbild, der Fürst ist in voller Uniform mit dem Bande des Großkreuzes des Leopold-Ordens dargestellt]. – Medaille. Avers: Brustbild. Am Arme: 1840 F. LANG. Umschrift: AUG.(ustus) LONG.(inus) PRINC.(eps) A – LOBKOWICZ D.(ux) RAUDN.(icii). Revers: Eine Prägmaschine, darüber die Schlögel, Gabel und Schürhaken und der Schmelzlöffel. Im Abschnitte: REI MONETARIAE[WS 2] ET MONTANISTICAE | IN AUSTRIAE IMPERIO | SUPREMUS MODERATOR. Diese Medaille in Silber ist 41/2 Loth schwer; es gibt auch Exemplare in Kupfer.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: indem.
  2. Vorlage: MOMETARIAE.