BLKÖ:Lattermann, Christoph Freiherr von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Lattas, Michael
Band: 14 (1865), ab Seite: 185. (Quelle)
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Lattermann, Christoph Freiherr von (k. k. Feldmarschall, Ritter des Maria Theresien-Ordens, geb. zu Olmütz 14. Juli 1753, gest. zu Wien 5. October 1835). Christoph ist der Sohn des im Jahre 1792 wegen 49jähriger Dienstleistung in den Freiherrnstand erhobenen k. k. Feldmarschall-Lieutenants und Inhabers des Infanterie-Regiments Nr. 45 Franz L. Bereits im Elternhause für den Militärstand vorbereitet, trat er im Alter von 13 Jahren als Cadet in das Infanterie-Regiment Marquis Botta, in welchem er innerhalb zehn Jahren, im April 1776, wirklicher Hauptmann wurde. Noch im letzten preußischen Kriege hatte L. Gelegenheit gefunden, sich zu wiederholten Malen durch seine Tapferkeit hervorzuthun. Nach Beendigung des Krieges widmete er sich vorzugsweise dem Studium des Pontonierdienstes und erhielt auch im Jänner 1786 eine im Pontonier-Corps erledigt gewesene Majorsstelle und bei Ausbruch des Türkenkrieges das Commando der Pontonier-Abtheilung, welche zur Armee beordert war. Klein war die Anzahl der ihm zugewiesenen Pontons und auch die Mannschaft unzureichend, aber Lattermann’s Eifer und Energie ersetzten die sonst tief fühlbaren Mängel, und was er unter solchen Verhältnissen geleistet, verdiente gerechte Anerkennung, auch wurde nach der Einnahme von Belgrad, bei der L.’s Thätigkeit ernst mitgewirkt, derselbe von dem Feldmarschall Loudon dem Kaiser Joseph empfohlen und im December 1789 zum Oberstlieutenant im Corps befördert. Nachdem L. den Feldzug des Jahres 1792 nicht mitgemacht, bat er, um für den folgenden Feldzug in Verwendung zu kommen, um Uebersetzung in ein Infanterie-Regiment und kam in Folge dessen in das Infanterie-Regiment Erzherzog Karl, wo er das Commando des dritten Bataillons erhielt. Mit diesem rückte er im Frühjahre 1793 zu der unter Wurmser’s Befehl stehenden Rheinarmee und wurde vom Juli bis October im Vorpostendienste am Rhein verwendet. Bei vielen Gelegenheiten bewährte er sich nun als tapferer Soldat, so bei der Erstürmung der Weissenburger Linien, bei jener des Städtchens Selz und des von den Franzosen stark verschanzten und hartnäckig verteidigten Dorfes Wanzenau, bei der Belagerung des Forts Louis und bei den vielen, beinahe täglich vorfallenden blutigen Gefechten, von denen der Rückzug der Armee über den Rhein begleitet war. Für seine ausgezeichnete Tapferkeit wurde auch L. außer seinem Range im Juni 1794 zum Obersten im Regimente ernannt. Die Feldzüge des letztgenannten und der nächstfolgenden Jahre 1795, 1796 und 1797 weisen eine stattliche Reihe von Waffenthaten dieses wackeren Soldaten nach. Als er Oberst geworden, [186] wurde er mit seinem Regimente im Corps des General-Majors Kray eingetheilt. Im Gefechte an der Roer (2. October 1794) befehligte Lattermann die Nachhut. Er hielt mit derselben Stand, als die Franzosen über diesen Fluß vordringen wollten und verhinderte ihr Vorhaben, und machte es dem General-Major Kray möglich, seine Stellung auf den Höhen von Jülich zu nehmen. In dem von dem General erstatteten Berichte über dieses Gefecht wird L. als derjenige bezeichnet, der zu dem siegreichen Ausgange desselben den wesentlichsten Theil beigetragen habe. Im Feldzuge des Jahres 1795 stand L. bei der Oberrhein-Armee und zeichnete sich vornehmlich am 13. December im Gefechte bei Kaiserslautern aus. Im folgenden Jahre erhielt L., obgleich noch Oberst, das Commando einer Brigade und kam in das Corps des Feldmarschall-Lieutenants Baron Hotze, welcher beauftragt war, mit demselben den Rückzug unserer Armee in das Lager von Wahingen zu decken. Bei Eßlingen, am 21. Juli, vertheidigte L. die Höhen und den Ruiterwald, und wies die wiederholten Angriffe der Franzosen immer wieder zurück; ein Schuß durch die linke Brust machte ihn endlich kampfunfähig und er mußte vom Kampfplatze getragen werden. Von seiner Wunde noch nicht völlig hergestellt, übernahm er schon am 24. August wieder das Commando seines Regiments, welches damals im Corps des Generals Baillet von Latour stand. Seine so oft erprobte Tapferkeit bewies er nun auf’s Neue und in glänzender Weise in den Gefechten bei Geisenfeld, Langenbrück (1. September), wo er mit seinem Regimente die Ilmbrücke, Geisenfeld, Langenbrück und die St. Caster-Höhe erstürmte; im Treffen bei Biberach (1. October) und in der Schlacht bei Emmendingen (19. und 20. October), wo er durch einen, mit einer Division seines Regiments unternommenen kühnen Sturm den bereits viermal vergebens versuchten Uebergang über den Glatterbach erzwang und wesentlich zum siegreichen Erfolge dieses Tages beitrug. Nochmals that er sich gegen Ende dieses Feldzuges bei der Belagerung des Brückenkopfes von Kehl (11. November) hervor. Im April 1797 wurde L. zum General-Major befördert und erhielt eine Brigade bei der Armee in Italien. Als im J. 1799 der Kampf von Neuem begonnen hatte, zeichnete er sich im Treffen bei Legnago (26. März), bei Barona (30. März) und in den Gefechten bei Verona (5. April) aus; rettete in letzteren durch einen entschlossenen Angriff die in sehr mißlicher Lage befindliche und von der feindlichen Uebermacht arg bedrohte Division Mercandin, und entschied durch die in Gemeinschaft mit dem General Mitrovsky ausgeführte Erstürmung von San Giovanni und Valese den Sieg des Tages. Für diese Waffenthat wurde L. durch Allerhöchste Verleihung außer Capitel am 7. April 1799 mit dem Ritterkreuze des Maria Theresien-Ordens ausgezeichnet. Bald darauf traf das russische Hilfscorps unter Souwarow an der Etsch ein. Souwarow übernahm den Oberbefehl. Moreau’s Stellung bei Cassano wurde (am 26. und 27. April) überwältigt, am 28. April Mailand besetzt. Lattermann leitete nun die Blockade des Castells, welches sich am 24. Mai ergab. Von da zur Belagerung Mantua’s beordert, konnte er schwerer Krankheit halber an den Operationen nicht theilnehmen und erst im October d. J. zur Armee einrücken, worauf er sich schon in den Gefechten bei Dronero und [187] Mondovi, den letzten dieses Feldzuges, wieder auszeichnete. Besonders thätigen Antheil hatte L. an den Begebenheiten des Feldzuges im Jahre 1800. So befand er sich bei der Unternehmung in die Riviera, wo er am 6. April die Höhe Pian di Merlo erstürmte, im Vereine mit dem General Palffy die Franzosen aus ihren starken Verschanzungen bei Torre di Ca di buona und dem Monte Ajuto vertrieb, mit großem Verluste bis Savona zurückwarf und den Marschall Soult zwang, seine Stellung auf dem Monte Moro aufzugeben und sich nach Genua zurückzuziehen. Mit fünf Grenadier-Bataillonen deckte L. durch eine Aufstellung bei Arbizola die Blockade von Savona. Wiederholte, mit vier Halbbrigaden unternommene Angriffe Massena’s (15. April) schlug L. ab und nöthigte Massena zum Rückzuge. Nach der Einschließung Genua’s nahm L. noch Theil an den Gefechten, welchen Suchet’s Rückzug hinter den Var folgte. Als später, nachdem Suchet ansehnliche Verstärkungen erhalten, sich das Waffenglück der Unseren wandte, bewährte sich L.’s oft erprobte Tapferkeit bei mehreren Anlässen, so im Gefechte auf dem Monte Nave, wo er, um die Brigaden Ulm und Bellegarde zu retten, den mit der starken Uebermacht unternommenen Angriffen der Franzosen lange Widerstand leistete; in der Schlacht bei Marengo, in welcher er mit einer schwachen Brigade den Uebergang über den Fontanone-Graben unter dem heftigsten feindlichen Feuer erzwang und die so errungene Stellung behauptete; aber eine schwere Verwundung von einer Flintenkugel machte ihn ferner kampfunfähig. Die Schlacht wurde, wie bekannt, verloren. Am 8. September 1800 wurde L. zum Feldmarschall-Lieutenant befördert und am 1. Jänner 1802 zum zweiten Inhaber des 23. Infanterie-Regiments ernannt. Die bei Marengo erhaltene Schußwunde gestattete ihm den activen Dienst im Felde nicht mehr; sonach wurde er bei Ausbruch des Feldzuges im Jahre 1805 auf die Kriegsdauer zum Interims-Commandirenden in Böhmen ernannt, wo sich ihm in der schweren Kriegsepoche genügende Gelegenheit darbot, seine militärische Umsicht zu erproben. Nun folgen in kurzer Frist einer Jahreswoche immer wieder neue Veränderungen in seiner Stellung. Nach Beendigung des letzten Krieges trat er in den Ruhestand, in welchem er bis zum 28. Juli 1807 verblieb, worauf er als Divisionär nach Peterwardein ging; im März 1809 wurde er Interims-Commandirender im vereinigten Karlstädter-Warasdiner Banal-Generalat, im December desselben Jahres Vice-Präses des Judicium delegatum militare in Wien; als bald darauf das Infanterie-Regiment Nr. 23, dessen zweiter Inhaber L. war, aufgelöst wurde, erhielt er die Stelle des zweiten Inhabers bei dem 7. Infanterie-Regimente, dessen erster Inhaber er im Jahre 1824 wurde. Im Jänner 1810 zum Hofkriegsrath ernannt, wurde er im September Vicepräsident der politisch-ökonomischen Normalien-Commission, im Juli d. J. Feldzeugmeister und noch im September provisorischer Civil- und Militär-Gouverneur von Illyrien, welches Königreich vier Jahre unter französischer Gewalt sich befand. Am 13. October hielt er in Laibach in derselben Burg den feierlichen Einzug, an welcher er vor 46 Jahren als Cadet Wache gestanden. Nur kurze Zeit war Laibach so glücklich, sich der humanen segensvollen Leitung dieses Staatsmannes zu erfreuen, indem er die Stadt, [188] da er in der Zwischenzeit, 19. August 1814, zum Militär-Appellations-Präsidenten, und 31. December zum commandirenden Generale im Venetianischen. mit dem Sitze in Padua ernannt worden war, am 18. März 1815 verließ. Die Bürger Laibachs, um das Andenken an seine unvergeßliche Leitung der Gouvernementsgeschäfte in der schwierigen Epoche des Ueberganges aus der Gewaltherrschaft der Franzosen in die Hände des angestammten Fürsten, bleibend zu erhalten, boten ihm das Diplom eines Ehrenbürgers der Stadt Laibach an und benannten die auf seine Anordnung zum Nutzen und Vergnügen des Publicums angelegte Allee nach seinem Namen Lattermanns-Allee, welchen dieser herrliche Spaziergang und Schmuck Laibachs zur Stunde noch führt; auch erwarben die Stände Krains aus gleicher Ursache für L. das taxfreie krainische Incolat, das ihm mit Allerhöchster Entschließung von 24. Mai 1822 verliehen wurde. Seine Stelle als commandirender General im Venetianischen vertauschte L. wieder mit dem Präsidium des Militär-Appellations-Gerichtes, das er im October 1818 übernahm und bis zum Jahre 1833 führte. In der Zwischenzeit wurde er noch mehrfach ausgezeichnet, und zwar im Juni 1815 mit dem silbernen Civil-Ehrenkreuze, im Februar 1816 mit dem Orden der eisernen Krone 1. Classe, im Jahre 1826 durch Ernennung zum Capitän-Lieutenant der ersten Arcieren-Leibgarde. Am 2. Juli 1833 erreichte er durch Beförderung zum Feldmarschall die höchste militärische Würde. Etwas über zwei Jahre bis an seinen Tod bekleidete L. diese Würde. Im 83. Lebensjahre, nach siebenzig Dienstjahren, schloß er seine irdische Laufbahn, in der er sich als Soldat durch seine Tapferkeit und Führertalente, als Staatsmann durch seine Ruhe, Gerechtigkeit und große Humanität, als Mensch überhaupt durch seine Herzensgüte, Menschenfreundlichkeit und viele Tugenden, welche nicht immer im Herzen der Großen wohnen, ein bleibendes Andenken begründet hat.

Schels, Oesterreichische militärische Zeitschrift (Wien, kl. 8°.) Jahrg. 1837, Bd. I, S. 168. – Mittheilungen des historischen Vereins für Krain (Laibach, 4°.) Jahrg. 1855, S. 3: „Freiherr von Lattermann“ [ein Vortrag des Dr.Heinrich Costa, in welchem insbesondere Lattermann’s Verdienste als Civil- und General-Gouverneur von Illyrien, welche Stelle er vom 3. September 1813 bis zum 19. August 1814 bekleidete, hervorgehoben werden]. – Neuer Nekrolog der Deutschen (Weimar, Bernh. Fr. Voigt, kl. 8°.) XIII. Jahrgang (1833), S. 1271, Nr. 1135 (nach diesem gest. am 4. October 1835]. – Hirtenfeld (J.), Der Militär-Maria Theresien-Orden und seine Mitglieder (Wien 1857, Staatsdruckerei, gr. 8°.) S. 533 u. 1740. – Landmannschaft im Herrenstande des Herzogthums Krain vom 29. Mai 1822. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. VI, S. 532 [nach dieser geboren im Jahre 1752]. – Ritterstands-Diplom vom 4. October 1782. – Freiherrnstands-Diplom vom 30. Juli 1792 [beide für Franz von Lattermann, den Vater des Freiherrn Christoph von L.]. –