BLKÖ:Lamberti, Anton Maria

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Lamberti, Girolamo
Band: 14 (1865), ab Seite: 46. (Quelle)
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Lamberti, Anton Maria (Poet und Schriftsteller, geb. zu Venedig im Jahre 1757, gest. zu Belluno 28. September 1828). Obgleich in Venedig geboren, stammt L. doch seiner Familie nach aus Belluno. Er hatte eine gute Erziehung genossen und besaß ein nicht gemeines Talent zur Poesie. Unter der alten venetianischen Regierung bekleidete er verschiedene öffentliche Aemter, und war in den gesellschaftlichen Kreisen der jedoch bereits in der Auflösung begriffenen Republik ein häufiger und gern gesehener Gast. Bald nach dem Sturze der Republik verließ er Venedig und zog sich in die eigentliche Heimat seiner Familie, nach Belluno zurück, wo er auch als Greis im Alter von 75 Jahren starb. L. schrieb mehrere poetische Werke im venetianischen Dialecte, [47] welche ebenso sprachlicher wie culturhistorischer Seits ihren Werth haben und behalten werden. Seine durch den Druck veröffentlichten Schriften – mit Ausnahme der bei einzelnen Gelegenheiten zu Padua und an anderen Orten gedruckten poetischen Flugblätter – sind: „Le quatro Stagioni Campestri, s Quattro Cittadine“ (Venezia 1802, 8°.), oft wiedergedruckt; – „Poesie varie“, 3 tomi (Venezia 1817,16°.), sie bilden die ersten drei Bände der von Gamba in vierzehn Bänden herausgegebenen: „Collezione di Poesie veneziane“; – „Proverbi veneziani“ (Venezia 1824, 16°.), einen Anhang bilden die: „Quattro nuove Stagioni ed altre Poesie vernacole“; auch hat L. einzelne Canzonen und einige Idyllen des Abbate Giovanni Meli, des modernen sicilianischen Theokrit, in den venetianischen Dialekt übertragen und unter dem Titel: „Poesie siciliane del celebre abbate G. Meli transportate in versi veneziani“ (Belluno 1818, 8°.) herausgegeben. Noch hat L. einiges in der höheren italienischen Gesellschaftssprache gedichtet und sind vornehmlich zwei größere Dichtungen bekannt, eines eine Art venetianischer Adelsspiegel, in welchem er einen reichen Cavalier, seine Lebensweise und Verwendung des Vermögens schildert, während er im anderen die Beschreibung eines großen Volksfestes der Republik, welches L. selbst noch erlebt, in poetischer Weise gibt. Jedoch sind beide ungedruckt geblieben. Gamba in seinem Nekrologe Lamberti’s bemerkt über seine Dialektdichtungen, daß sich die Lieblichkeit Rollis, die Leichtigkeit Vittorelli’s und die Schalkhaftigkeit Parini’s in ihnen verschmolzen.

Cenni sulla vita di A. M. Lamberti scritti da lui medesimo (Venezia 1847, 8°.). – Tipaldo (Emilio de), Biografia degli Italiani illustri nelle scienze, lettere ed arti del secolo XVIII etc. etc. (Venezia 1854, gr. 8°.) Tomo I, p. 406. – Dandolo (Girolamo), La caduta della Repubblica di Venezia ed i suoi ultimi cinquant’ anni (Venezia 1855, Naratovich, 8°.) p. 397. – Sorgato (Gaetano), Memorie funebri antiche e recenti (Padova 1856, gr. 8°.) p. 143. – Zur literarischen Charakteristik Lamberti’s. Wie in Gozzi’s und Goldoni’s Stücken das Weib den dramatischen Grundstoff bildet, so ist Aehnliches in Lamberti’s Dichtungen der Fall. Lamberti beobachtet die Venetianerin in den Kaffeehäusern, in den Concerten, in den Casino’s. Oft wenn er von seiner Geburtsstadt, von den Venetianerinen, von seiner Geliebten spricht, ergreift ihn die Lust zu spotten, die Zärtlichkeit aller seiner Schilderungen läßt dann die leichte Ironie derselben noch besser hervortreten. Sein Hauptwerk bleibt immer das Gedicht: die vier Jahreszeiten. Er schildert den „Winter“ in der Stadt, der ein fortwährendes Leben in Rausch und Thorheiten ist, das in den Kaffeehäusern Mittags beginnt und Nachts unter Spiel und Liebe endet. Im „Frühling“ erzählt Phillis ihre Promenaden mit einer Masse von Galanen, die alle die Liebhaber ihrer Freundinen; dann kommen die Visiten, das Gezischel, die großen Soiréen, die Klätschereien, das Gelächter und eine Menge kleiner anmuthiger Nichtigkeiten. Um den „Sommer“ zu malen, zeigt uns Lamberti Tonina bei ihrer Toilette zwischen der Kammerfrau und dem Dichter, alle Launen, alle Naivetäten und liebenswürdigen Impertinenzen der jungen Venetianerin bringt L. mit überraschender Wahrheit in seine Dichtung. Seine Strophen geben durch eigenthümliche Bewegungen den Leichtsinn, die Capricen des Geschwätzes wieder; die Zungenfertigkeit der Venetianerinen ist sogar in das Metrum übergegangen und hat diesem seine Form gegeben. Der „Herbst“ ist eine Art Genugthuung; Lamberti wagt nicht mehr zu spotten, er ist sanft, unterwürfig, trägt gelehrig das Joch des venetianischen Lebens; auf dem Corso von Treviso, im Casino von Padua ist er stets neben Tonina, aber er ist bereit, die schöne Welt zu studiren, die alten Moden zu tadeln, und bei der geringsten Veranlassung überläßt er sich der ausgelassenen Lustigkeit seines Landes. –