Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 13 (1865), ab Seite: 472. (Quelle)
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Ladurner, Joseph (Geschichtsforscher, geb. zu Meran in Tirol 13. März 1770, gest. im Spitale zu Partschins 10. April 1832). Von seinem Vater, der Pfarrmeßner zu Meran war, den Studien gewidmet, beendete er im Jahre 1788 das Gymnasium zu Meran und ging dann nach Innsbruck, wo er die Philosophie hörte. Immer willens, Theologie zu studiren, konnte er sich doch nicht dazu entschließen, weil er eine eigene Scheu hatte, in das Generalseminar einzutreten, welches damals noch bestand. Schon war er daran, nach Wien zu gehen und dort das Studium der Medicin zu beginnen, als er in Folge der Aufhebung des Generalseminars, wodurch seine Besorgniß, in dasselbe eintreten zu müssen, wegfiel, diesen Gedanken aufgab und an der Hochschule zu Innsbruck das Studium der Theologie begann, welches er im Jahre 1793 beendete. Im October g. J. erhielt er die Priesterweihe. Er trat nun in die Seelsorge und zwar als Hilfspriester zu Riffian und zu Partschins, und erhielt am 3. November 1797 das damals neu gestiftete Wiesenegg’sche Beneficium zu Partschins, welche kleine Pfründe er sein ganzes Leben lang behielt. In den letzten Jahren seines Lebens, da er sehr leidend war, hatte er sich in das neugebaute Spital zu Partschins zurückgezogen, in welchem er auch im Alter von 62 Jahren starb. Seine priesterliche Laufbahn verlief im Ganzen in Ruhe, nur die Jahre 1807 und 1809, als die Streitigkeiten der kön. bayerischen Regierung mit den tirolischen Bischöfen eingetreten waren, brachten eine stürmische Episode in sein Leben. Die bayerische Regierung hatte nämlich in Trient einen Generalvicar aufgestellt, nachdem sie den rechtmäßigen Bischof durch polizeiliche Maßregeln außer Landes geschafft hatte. Gleich einigen anderen Priestern weigerte sich auch Ladurner, dem Generalvicar Gehorsam zu leisten. Sein Widerstand hatte seine Verhaftung zu Folge, aus welcher er und die anderen jedoch erst in Folge der politischen Ereignisse entlassen und weiter nicht mehr behelligt wurden. In Folge eines Falles im J. 1827, der sich im J. 1828 wiederhotte, erhielt er bedeutende Quetschungen, welche in tödtliches Leiden ausarteten, das ihm die letzten vier Jahre seines Lebens schwer verbitterte. L., der mannigfache Kenntnisse besaß, beschäftigte sich sein ganzes Leben hindurch mit wissenschaftlichen, meist historischen Arbeiten, welche er jedoch nicht zum Drucke bestimmte; sie werden aber im Ferdinandeum zu Innsbruck aufbewahrt. Gedruckt sind nur erschienen: „Beschreibung der Umgebungen von Meran“; – „Genealogische Nachrichten von dem Geschlechte der Herren von Knillenberg“ und noch einige andere, sämmtlich im Anhange zum Boten von und für Tirol und Vorarlberg[WS 1]; aber auch bei diesen ist nicht [473] sein Name genannt. Hingegen hat er in Handschrift hinterlassen: „Das Ur-Ländchen Tirol oder die Geschichte der zwei Landesviertel Vinschgau und Burggrafenamt“; – „Die Bischöfe von Chur in ihrer Dauer für das Vinschgau“, zwei Bände in 4°., auf Grundlage von Eichhorn’s „Episcopatus Curiensis“ gearbeitet, setzte er Eichhorn’s Geschichte bis auf die letzte Zeit fort und theilt neue, von Eichhorn ungekannte Urkunden mit, welche die Bischöfe aus dem Hause Flugi von Aspermont zur Zeit der Reformation auf das damals ihrer Familie gehörige Schloß Knillenberg bei Meran geflüchtet; – „Geschichte der Bisthumsveränderungen im Vinschgau“, vier Bände in 4°., gleichfalls mit zahlreichen Urkunden; – „Die Klöster im Vinschgau“, ein starker Quartband mit zahlreichen Urkunden; – „Schnals, eine histor.-topogr.-statistische Beschreibung des Thales dieses Namens und der ehedem in mancher Beziehung dazu gehörigen Gemeinde Vent, jenseits des Eisgebirges“, zwei Octavbände; – „Genealogie und Abstammung der Ladurner seit dem Jahre 1558“, ein Folioband; – „Gedichte“, zwei starke Quartbände, der erste mit dem Tirel: Jacob Rulander’s (Anagramm seines Namens) Erzählungen von Guntraun und Rabland; der zweite: Jacob Rulander’s Gesänge über Guntraun oder Rabland. Dabei befindet sich eine ausführliche topographische Beschreibung von Rabland; das übrige sind Volkssagen, Kindergedichte, Lieder, für das Volk geschrieben, dann weltliche, geistliche und Todtengesänge, von geringem poetischen Werthe. Da aber in den Gedichten, welche meist für seine Bauern bestimmt waren, Dialektausdrücke von Gewächsen, Geräthschaften, häuslichen Verrichtungen u. dgl. m. vorkommen, so bieten dieselben einen reichhaltigen Beitrag zu einem Wörterbuche der tirolischen Volkssprache; – „Die Macht der Kirche“, zwei Octavbände. worin S. seine Ansichten und Grundsätze über Staat und Kirche umständlich entwickelt; – „Geschichtspredigten“, mit dem Titel „Potamiana“, nach dem Namen einer Märtyrin, ein Fragment von nur drei Predigten. Kleinere handschriftliche Arbeiten sind die historischen Verzeichnisse der Pfarrer zu Meran, der Aebte von Stams, der Pfarrer von St. Peter und Pfelders; Abhandlungen über das Patronatsrecht der Pfarreien von Vinschgau und besonders der Pfarre Partschins. Man glaube nicht etwa, L. habe diese Arbeiten ganz leichthin vollendet, wie denn sonst so Viele ihr otium operosum damit ausfüllen, daß sie eine Masse schreiben. was kein Mensch weiter brauchen kann. Ladurner’s angeführte Schriften sind verläßliche und gut benützbare Quellenarbeiten, er verwendete dazu unglaubliche Mühe. Er unterhielt in dieser Absicht mit den Seelsorgern der ganzen Umgegend einen lebhaften Briefwechsel, durchwanderte zu öfteren Malen das Vinschgau und seine Seitenthäler, das Thal Schnals bis in die Gemeinde Vent; überall durchforschte er die Bücher und Urkunden der Kirchen, der Gemeinden und oft der einzelnen Familien und die Adelsarchive auf den dortigen Schlössern. Bis kurz vor seinem Lebensende – denn Arme und Hände konnte er ohne fremde Hilfe immer noch gebrauchen – machte er sorgfältige Aufzeichnungen, Auszüge, Glossen, las viel und oft Schriften, die ihm sonst verhaßt waren, nur um sie in soweit zu benützen, als es ihm für seine Arbeiten nöthig schien. Seine Handschrift ist gedrängt, gut leserlich, [474] ja kann sogar als schön bezeichnet werden.

Neue Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg. Herausgegeben von den Kuratoren desselben (Innsbruck, Wagner, 8°.) 2. Bdchn. (1836), S. 90–108: „Joseph Ladurner und seine Schriften“. – Staffler (Joh. Jac.), Das deutsche Tirol und Vorarlberg, topographisch mit geschichtlichen Bemerkungen (Innsbruck 1847, Felic. Rauch, 8°.) Bd. II, S. 631.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Voralberg.