BLKÖ:Kopetzky, Joseph Martin

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 12 (1864), ab Seite: 426. (Quelle)
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Kopetzky, Joseph Martin (Bürgermeister von Pilsen, geb. zu Hohenmaut [427] 6. März 1777, gest. im Jahre 1854). Widmete sich nach beendeten Studien dem Dienste für das Gemeindewesen und nachdem er mehrere Jahre bei dem Kuttenberger Magistrate und Criminalgerichte angestellt gewesen, wurde er im Jahre 1806 zum Bürgermeister von Tabor ernannt. Sein erstes selbstständiges Wirken weihte er durch Errichtung einer Hauptschule und eines Industrialgartens ein. Nach 6jähriger Wirksamkeit auf diesem Posten wurde er im Jahre 1812 nach Elbogen als Bürgermeister berufen, wo er, das Bedürfniß der Zeit erkennend, zunächst die Förderung des Volksunterrichtes sich angelegen sein ließ. Er regulirte die dortige Schule, daß sie in Hinkunft mit für eine Hauptschule geprüften Lehrern besetzt werden konnte. Auch gründete er in und um Elbogen sechs Industrialgärten, wo die Jugend nach einem von ihm verfaßten Handbüchlein Unterricht in der Obstbaumpflege erhielt. Dem Straßenwesen widmete er gleichfalls seine Sorgfalt. Die Felsparthien der Umgegend machte er wegsam, umgürtete sie mit Anlagen, pflanzte Obstbaum-Alleen u. s. w., kurz mit den Einrichtungen zur Verschönerung des Lebens verband er in entsprechender Weise den fördernden Nutzen. Sechzehn Jahre währte seine ersprießliche Thätigkeit in Elbogen, als er im Jahre 1828 in gleicher Eigenschaft nach Pilsen berufen wurde. Dort erreichte sein Wirken für das Gemeindewesen den Höhepunct, und, wie einer seiner Biographen treffend bemerkt: „ein frischer Bürgerkranz aus Eichenlaub gebührt der Stirne dieses Mannes“. Die Verschönerung der Stadt Pilsen, deren beengende Stadtmauern er schleifte, Niveaus und Anlagen herstellte, neue freundlich gebaute Gassen zog und Alles unter dem Widerstande von Außen und Innen, von Oben und Unten, im Kampfe mit Behörden und Privaten, mit Vorurtheilen und Privatinteressen, ist ausschließlich sein Werk. An den nördlich der Stadt gelegenen wüsten Sandsteinhängen und öden Hutweiden des Berges Lochotin zauberte sein thatkräftiger Schönheitssinn einen geschmackvoll angelegten, anmuthigen Park. An der von den Parkgründen eingefaßten Heilquelle baute er ein Badehaus mit Cursalon und Nebengebäuden. Auch Pilsen erfuhr durch ihn die Segnungen energischer Förderung des Unterrichtes; so gründete er eine Kleinkinderbewahr-Anstalt, unterstützte nach Kräften die Trivial-, Kreishaupt- und Unterrealschule durch Errichtung neuer und zweckmäßiger Localitäten, Regulirung der Lehrergehalte und Betheilung der Zöglinge mit Prämien; auch mit der Gründung einer höheren Real-, Handels- und Gewerbeschule trug er sich herum, aber die Ausführung dieses löblichen Gedankens war ihm nicht gegönnt. Der seit Jahrhunderten in Pilsen bestehenden und geldmächtigen Brau-Commune ging K. mit Rath und That an die Hand, regte zum Theile die neue Brauwirthschaft auf bayerische Art an und veranlaßte mitbei die Bildung eines Verschönerungsfondes aus der Braucasse dem die Stadt manch erfreuliches Institut, so z. B. das Theatergebäude verdankt. Auch die Marktordnung unterzog K. einer sorgfältigen Prüfung und die entsprechende-Regulirung der Marktstände war deren Ergebniß. Um seine localen Werke zu fördern, griff er nicht selten zur Feder und schrieb kleine Monographien, Tendenzschriftchen, deren Erlös den Wohlthätigkeits- und Verschönerungszwecken zufiel. So sind mehrere seiner Aufsätze in Kramerius Sammelschrift: Zlate kníže, im Čechoslav u. dgl. M. enthalten. [428] K. bewegte sich gern und viel in den geistig anregenden Kreisen der Stadt, die unter seine Obhut gestellt war und in welchen Männer wie Zauper, der Uebersetzer Homer’s, Sedlaček, der Kenner slavischer Literatur, Willibald Schießler, der Gründer der ersten Kinderbewahranstalt in Oesterreich, und Professor Beer, neben Anderen sich zusammenfanden. Was seine Wirksamkeit als Strafrichter betrifft, so nennt sein Biograph ihn die „verkörperte Gerechtigkeit“, bemerkt aber: Kopetzky’s eigentliches Fahrwasser war das Administrationsgeschäft im weiteren Sinne: Organisirung von Schulen und gemeinnützigen Anstalten, das Bauwesen, die Horticultur. Aber auch die Gemeinde, welcher K. seine ganze Thätigkeit mit so viel Liebe und Erfolgen gewidmet, war ihm in treuer Dankbarkeit ergeben und ehrte den Mann, wie es bei einem Manne von K.’s bürgerlicher Stellung noch nicht vorgekommen: denn der Bürgermeister Kopetzky ist der erste Bürgermeister in Oesterreich, dessen Standbild über Lebensgroße öffentlich aufgestellt ist.

Bohemia (Prager Blatt, 4°.) Jahrg. 1861, Nr. 178 u. 179, S. 1683 u. 1691; „Ein Wort zur Kopetzkyfeier in Pilsen“. Von Karl Victor Hansgirg. – Lederer (Ignaz), Erinnerungen aus und an Pilsen (Pilsen 1862, 24°.) S. 35. – Rittersberg, Kapesní slovníček novinářský a konversační, d. i. Kleines Taschen« Conversations-Lexikon (Prag 1850, 12°.) Theil II, S. 229. – Kopetzky’s Statue. Die ihm von der brauberechtigten Bürgerschaft Pilsens errichtete Statue wurde am 28. Juli 1861 feierlich enthüllt. Es ist dieß ein in der Monarchie einzig dastehendes Ereigniß, daß für schlichte bürgerliche Verdienste ein Mann in jener Weise geehrt wurde, wie sonst nur große Fürsten, Feldherren, Staatsmänner, Erfinder und die Koryphäen[WS 1] des Geistes geehrt zu werden pflegen. „Er war kein Held, schreibt sein Biograph, kein Minister, er war nicht berufen in weltbedeutenden Centralpuncten der Civilisation sich irgendwie in epochemachender Weise geltend zu machen. Sein nahezu durch ein halbes Jahrhundert währender Geschäftsberuf war an großen Beziehungen arm, aber desto reicher an gemeinnützigen Unternehmungen. Als Beamter in seinen Stellungen stets an das Landleben angewiesen, konnte sich Kopetzky wohl nur provinziell locale Verdienste erwerben; aber er wirkte für das geistige und materielle Gemeinwohl der Communen in so intensiver und mannigfaltiger Art, daß er in dieser Richtung füglich als Musterbild aufgestellt werden kann. Er war ein Mann, der, was er dachte, auch durchführte, ein Mann, der auf seiner Wirkungsbahn allenthalben Fruchtkörner zu lebendigen Unternehmungen hinstreute. Und doch haben wir es in K. mit einem Charakterbilde aus der so geschmähten Epoche des Staatsabsolutismus zu thun. Geniale Kraft und energisches Wollen durchbricht alle hemmenden Schranken, und dann war die gute alte Zeit doch nicht so schlecht, daß sie unter der bureaukratischen Leitung Altösterreichs allen eigenartigen und gemeinnützigen Strebungen Keim und Wurzel entzogen hätte.“ – Das Denkmal besteht aus einem auf einem Sandsteinpostamente aufgestellten Standbilde. Die Höhe des Postamentes beträgt 15 Fuß, jene des Standbildes 9 Fuß. Ueber zwei Stufen erhebt sich der Sockel und das Mittelstück, unterhalb des Kronstückes schließt sich ein Ornament mit Laubwerkverzierung an. Das Standbild ist auf dem Stephansplatze vor dem Real-Schulgebäude, welches Kopetzky’s Gedanke geschaffen, aufgestellt. Es stellt den würdigen Mann in seiner schlichten einfachen Weise, wie er im Leben war, dar: Entblößten Hauptes, den Hut in der an die Hüfte gestützten Hand haltend, das Mäntelchen nachlässig um die Schultern geschlagen, eine Haltung, die ihm eigenthümlich war und in der er oft auf seinen Gängen durch die Stadt oder um dieselbe gesehen wurde, immer ein Gartenmesser in der Hand, um die dürren Aeste an den Bäumen hinwegzuschneiden. Das Postament ist von dem Pilsner Bildhauer Wildt, die Figur von dem Prager Bildhauer Anton Wildt gearbeitet.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Korphäen.