BLKÖ:Jarisch, Anton Hieronymus

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Jaresch, Johann
Band: 10 (1863), ab Seite: 101. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Anton Hieronymus Jarisch in Wikidata
GND-Eintrag: 117084832, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Jarisch, Anton Hieronymus|10|101|}}

Jarisch, Anton Hieronymus (Schulmann und Weltpriester, geb. zu Böhmisch-Leipa 23. September 1818). Der Sohn armer aber frommer Weber, welcher die Hauptschule in seiner Vaterstadt besuchte und schon bestimmt war, die Drechslerei zu erlernen, als ihn Lust und Liebe für das Studium bewogen, den Kampf mit der Armuth und Arbeit aufzunehmen. Indem er also vom Unterrichtertheilen seinen Lebensunterhalt mühsam bestritt, beendete er das Gymnasium in seiner Vaterstadt, das eben damals neu begründet worden war; bezog dann die Universität in Prag, wo die Entbehrungen sich steigerten. Nach den beendeten zwei Jahren der philosophischen Studien, trat er in das Seminar zu Leitmeritz, und noch vor zurückgelegtem theologischen Studium wurde J. supplirender Katechet in der zweiten Classe der Diöcesanhauptschule und leitete den Anschauungsunterricht in der Elementarclasse. Bei seiner schon in früher Jugend erwachten Vorliebe für den Taubstummenunterricht schickte ihn der Leitmeritzer Bischof Hille [Bd. IX, S. 18] nach Prag in’s Taubstummen-Institut, wo er etliche Monate thätig war, dann aber bat, in die Seelsorge zu treten, worauf er Caplan zu Hainspach, hart an der sächsischen Grenze, wurde. Von 1843 entfaltete J. hier eine segensvolle Wirksamkeit als Priester und Pädagog, rief einen Musikverein in’s Leben, der vortrefflich gedieh, steigerte das kirchliche Leben in der Gemeinde nach allen Seiten hin und versah namentlich mit großem Erfolge das Predigtamt, in welchem er nicht nur durch seine Rednergabe, sondern auch durch die symbolisirende Behandlung des Stoffes und seine Gewandtheit denselben populär darzulegen, sich auszeichnete. Bis zum Jahre 1849 war J. in dieser Gemeinde als Seelsorger thätig, als er im genannten Jahre aus Unter-St. Veit bei Wien von einem Grafen den Antrag erhielt, den Unterricht zweier taubstummer Kinder zu übernehmen, der so verlockend war, daß J. keinen Augenblick zögerte, ihn anzunehmen. Freilich empfand er schmerzlich den Verlust seiner Gemeinde, mit und in der er mit ganzer Seele lebte und für ihren Segen schuf und thätig war, und lange konnte ihm die neue glänzende Unterkunft im gräflichen Hause zu Unter-St. Veit keinen Ersatz bieten; aber bei seiner Vorliebe für den Taubstummenunterricht, der für ihn immer einen besonderen Reiz gehabt, bot ihm die Möglichkeit, sich in die Geheimnisse dieses Unterrichtes zu vertiefen, einigen Ersatz. Nachdem J. fünf Jahre im Hause des Grafen sein Lehramt versehen hatte, kam er nach Wien als Lehrer in das k. k. Taubstummen-Institut, zugleich versah er das Predigtamt im Institute und auswärts und hielt Vorträge im Severinusvereine. Nach dritthalbjähriger Thätigkeit auf diesem Posten wurde J. am 25. Mai 1855 zum Landesschulrathe, Real- und Volksschulen-Inspector für Steiermark ernannt, von welchem Posten er im Jahre 1861 als Pfarr-Dechant nach Komotau in Böhmen kam. Das schriftstellerische Gebiet betrat J. zum ersten Male im Jahre 1848 mit der Flugschrift: „Ueber die Aufhebung der Klöster. Ein Promemoria für den Reichstag“ (Wien 1848, Gerold, 8°.); bald aber drängte es ihn auf ein Gebiet, auf dem er recht zu Hause war, auf das pädagogische, und während seines fünfjährigen [102] Aufenthaltes in Unter-St. Veit bearbeitete er dasselbe mit besonderem Erfolge. Er ließ erscheinen: „Feierstunden. Eine Sammlung nützlicher Gegenstände für die reifere nicht studirende Jugend“. 4 Bdchn. (Regensburg 1849, Manz, 8°.), wovon das erste Bändchen die christliche Seelenlehre in Beispielen, das zweite die biblischen Alterthümer zum besseren Verständnisse der h. Schrift, das dritte – unter dem Titel: „Die Familie Christmann“ – die Schönheiten der katholischen Kirche in ihren h. Ceremonien, das vierte eine populäre Naturlehre enthält; – „Der Tag der Gottversöhnung. Ein kathol. Beicht- und Communionbuch in Lehren, Betrachtungen u. s. w.“ (ebd. 1849, mit 2 Stahlst., 8°.); – „Das tägliche Brot des katholischen Christen. Ein für jeden kathol. Christen unentbehrliches Lehr- und Andachtsbuch“ (ebd. 1850, mit 4 Lithochr., 8°.); – „Methode für den Unterricht der Taubstummen in der Lautsprache, im Rechnen und in der Religion“ (ebd. 1851, mit 12 lith. Taf., Lex. 8°.); dieses Buch, das Ergebniß eigener Erfahrungen, wurde seiner Zweckmäßigkeit wegen von mehreren Instituten als Lehrbuch angenommen. Daraus ist besonders erschienen: „Lesebuch für Taubstumme der niederen Institutsclasse und für den Privatunterricht“ (ebd. 1851); – „Die Predigt in Bildern. Katholische symbolische Kanzelreden für verschiedene Sonn- und Festtage des Kirchenjahres“. Bd. I bis IV (Regensburg 1850 und 1851, Manz, 8°.); Bd. V–XIV, oder Neue Folge I–X (Wien 1853–1860; Bdchn. V–VII in 2, und verm. Aufl. 1858, Mayer u. Comp., 8°.); – „Illustrirter katholischer Volkskalender“ (Wien, kl. 8°.), im Jahre 1852 erschien der erste Jahrgang und alle folgenden Jahre bis 1862 ein neuer; von mehreren Jahrgängen wurden wiederholte Auflagen gemacht. Der Jahrgang 1856 verwickelte den Herausgeber in einen langwierigen Proceß, aus welchem er jedoch siegreich hervorging. Der Kalender ist in vielen tausend Exemplaren verbreitet; – „Gott ist meine Freude, mein Glück, mein Leben. Ein Gebetbüchlein für Kinder“ (Wien 1851, mit eingedruckten Holzschn., 5. Aufl. 1856, 16°.); auch in’s Čechische übersetzt von Fr. Valouch (Znaim 1852, 16°.); – „Blicke in das Leben der Thiere oder Forschungen über die Thierseele“ (Wien 1851, mit Holzschn., gr. 16°.); anläßlich einer Preisausschreibung des Wiener Anti-Thierquälervereins, aber nicht für den Preis, sondern im Interesse der Sache geschrieben und mit 2 Preismedaillen, mit jenen des Wiener und Münchener Vereins, betheilt; – „Populäre polemische Dogmatik. Fünfzig Abende des Pfarrers von Kirchenfels zur Belehrung und Erbauung für Katholiken, Protestanten, Juden und Heiden des 19. Jahrhunderts“ (Wien 1852, gr. 8°.), auch in’s Magyarische und Čechische übersetzt; – „Die Lautir-Methode mit Angabe der naturgemässen Lage der Sprachorgane und mit Berücksichtigung der Buchstabier-Methode, theoretisch und praktisch durchgeführt“ (Wien 1852, 8°.). wovon in kurzer Zeit 2 Auflagen erschienen sind; – „Die biblische Geschichte des alten und neuen Testaments, mit archäologischen Erklärungen, I. Band: Altes Testament (Wien 1853, 8°.); – „Biblisch-patristische Concordanz. Eine Sammlung von Bibeltexten und Väterstellen über die Glaubens- und Sittenlehre der katholischen Kirche .... nebst einer Patrologie“ (Wien 1854, Lex. 8°.); – „Heimathsklänge. Eine Sammlung von Gedichten in der Mundart der Deutschen in Nordböhmen und Schlesien“ (ebd. 1853, 16°.); – „Prämienbibliothek. Eine Sammlung frommer, belehrender, unterhaltender Bücher mit Erzählungen und Aufsätzen, von den bewährtesten katholischen Jugendschriftstellern“. 9 Bdchn. (Wien 1853, 2. Aufl. 1856 und 1857, 8°., [103] jeder Band mit Titelbild); jeder Band auch mit besonderem Titel; schon die erste Auflage in 14.000 Bänden war binnen Jahresfrist verkauft; – „Der treue Geleitsmann des christlichen Handwerksburschen. Ein Reisespiegel für Gesellen“ (Wien 1854, 16°.), schließt sich als Prämienbuch für Lehrjungen an obige Prämienbibliothek; – „Stunden der Andacht für Katholiken“ 4 Bde. (Wien 1855, 2. (Titel-) Ausg. 1858, gr. 8°.); der Verfasser bezeichnet dieses Werk – offenbar geschrieben, um der unter den Katholiken überhandnehmenden Verbreitung der Zschokke'schen „Stunden der Andacht“ einen Damm zu setzen – als „sein wichtigstes und größtes Werk“, an dessen Herausgabe er, nach „10jährigem Meditiren und Häsitiren“ ging; – „Geistliches Vademecum für die k. k. Gensdarmen“ (Gratz 1856, Ferstl, 32°.); – „Anfangsgründe für den Unterricht im Zeichnen, nebst einer methodischen Anleitung für Lehrer und Schüler der 4. Classe der Hauptschulen entworfen“ (Wien 1857, mit 259 Fig. (auf 25 lith. Tafeln); 2. verm. Aufl. mit mehr als 300 Fig. (auf 52 lith. Seiten); 3. Aufl. 1860, gr. 8°.); von der ersten Auflage erschien von Anton Lonkay eine ungarische Bearbeitung (ebd. 1857); – „Im Kreuze ist Heil. Ein Gebet- und Andachtsbuch“ (Gratz 1858, 24°., mit 1 Stahlst.); – „Marien-Rosen, der Himmelskönigin zu Ehren und zur Freude u. s. w. Eine Maiandacht ....“ (Wien 1858, 3. Aufl. 1859, 12°.); – „Kleiner Sprachlehr-Katechismus. Ein Handbuch für Pfarrschullehrer“ (Gratz 1857, gr. 8°.); – „Eine Stunde bei Jesus. Gebete und Betrachtungen zur beständ. Anbetung des allerh. Sacramentes des Altars“ (Gratz 1858, mit 1 Stahlst., 8°.); – „Vollständiges Charwochenbuch für jeden Tag in der heil. Charwoche (Wien 1859, 12°.); – „Vollständiges Fastenbuch. Ein Andachtsbuch für die heil. Fastenzeit ...“ (Wien 1859, 12°., mit 1 Stahlstich); – „Harmonium. Gedichte“ (Wien 1860, 16°.); – „Maiglöckchen Mariä der Jungfrau, Mutter, Königin u. s. w. (Wien 1860, gr. 12°., mit 1 Stahlst.); – „Christkatholische Schulkatechesen zum Gebrauche für Katecheten, Lehrer und Erzieher“. 3 Bde. (Wien 1860, 2. verbess. Aufl. 1862, 8°.). Es ist eine reiche Thätigkeit, welche J. – er zählt jetzt 45 Jahre – bereits entfaltet hat. Sie kommt in Richtung, Geist, Unverdrossenheit und Ausdauer nur der eines nicht minder würdigen Priesters Ludwig Donin [Bd. III, 358] nahe. Außer diesen selbstständigen Schriften sind viele kleinere Abhandlungen, als einzelne Predigten und Aufsätze über Erziehungskunde, Religion u. dgl. in theologischen, pädagogischen und politischen Blättern abgedruckt. Jarisch zählt zu den hervorragendsten Pädagogen der Gegenwart; leider ist er in seiner neuen Stellung diesem Gebiete seines Wirkens, wenn nicht ganz entrückt, doch in einen verhältnißmäßig engen Kreis gebannt; als Prediger aber nannte man seinen Namen zur Zeit seines Aufenthaltes in Wien neben jenen von Veit, Klinkowström, welche als Homileten einen ausgezeichneten Ruf genießen.

Heindl (Johann Baptist), Gallerie berühmter Pädagogen, verdienter Schulmänner, Jugend- und Volksschriftsteller und Componisten aus der Gegenwart in Biographien und biographischen Skizzen (München 1859, Jos. Ant. Finsterlin, gr. 8°.) Bd. I, S. 315: „Autobiographie“. – Kleines biographisches Lexikon, enthaltend Lebensskizzen hervorragender, um die Kirche verdienter Männer (Salzburg 1861, Endl und Perker, 8°.) S. 52 und 237. – Wurzbach von Tannenberg (Constant Dr.), Bibliographisch-statistische Uebersicht der Literatur des österreichischen Kaiserstaates (Wien, Staatsdruckerei, gr. 8°.) II. Bericht (1854), S. 116, 145, Marginal 3353, 4294; III. Bericht (1856), S. 303, 1181, Marg. 9220, 38.535.