BLKÖ:Hessische Prinzen in Diensten des Hauses Oesterreich

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Heßler, Ferdinand
Band: 8 (1862), ab Seite: 442. (Quelle)
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Hessische Prinzen in Diensten des Hauses Oesterreich. Das hessische Fürstenhaus theilt sich mit Anbeginn des 16. Jahrhunderts in mehrere Linien, von denen zwei erloschen sind, zwei derselben aber als Hauptlinien, jede mit Nebenlinien, noch heute fortblühen. Ahnherr und Stifter sämmtlicher heute blühenden Haupt- und Nebenlinien ist der berühmte Landgraf Philipp, mit dem Beinamen der Großmüthige, von dem Dr. Luther sagt: „er hat den gemeinen Mann an sich hangen, und auch ist er ein Kriegsmann, der ein sonderlich Glück und Stern hat“. Philipp’s vier Söhne haben die vier Linien Cassel, Darmstadt, Marburg und Rheinfels gestiftet. Die letzten zwei sind, und zwar Marburg 1604 und Rheinfels 1583 ausgestorben. Zur Zeit blühen noch die zwei Hauptlinien: A. Hessen-Cassel, B. Hessen-Darmstadt. Die Nebenlinien der ersteren oder kurfürstlichen Linie sind: 1) Hessen-Philippsthal. 2) Hessen-Philippsthal-Barchfeld. 3) Hessen-Rothenburg. Die Nebenlinien der zweiten oder großherzoglichen Linie sind: 1) die sogenannte ältere oder eigentlich Hessen-Darmstädtische und 2) die jüngere Linie Hessen-Homburg. [Ueber die Genealogie des gesammten hessischen Fürstenhauses vergleiche: Hübner’s „Genealogische Tabellen“ (Leipzig 1719 u. f., Gleditsch, kl. Qu. Fol.) Theil I, Tafel 207–212.] Das hessische Fürstenhaus ist reich an Kriegern, Feldherren und Helden. Aus jeder der genannten Linien sind im Kriegswesen hervorragende Männer hervorgegangen und in der Kriegsgeschichte des deutschen Reiches, von Schweden, den Niederlanden, von Preußen, Frankreich, Spanien und Rußland glänzen die Namen vieler hessischen Fürsten. Mit großem Ruhm aber bedeckten sich mehrere Sproßen dieses Fürstengeschlechts in den Befreiungskriegen, in welchen Deutschland für die Abschüttelung des französischen Joches im ersten Decennium dieses Jahrhunderts sein Blut verspritzt hatte. Bemerkenswerth groß ist die Zahl hessischer Fürsten, welche seit den Zeiten der Kaiser Friedrich und Maximilian I. zu Oesterreich gestanden. Schon Landgraf Wilhelm II. der Mittlere (geb. 26. August 1468, gest. 11. Juli 1509), der nach seines Bruders Wilhelm I. des Aelteren Tod (1493) die Regierung übernahm, hat den Kaisern Friedrich und seinem Sohne Maximilian in Ungarn und Flandern wichtige Dienste geleistet. Von dieser Zeit an tauchen in verschiedenen Epochen immer wieder hessische [443] Prinzen im kaiserlichen Heere auf. Indem oben von den hervorragendsten hessischen Prinzen, welche seit einem Jahrhunderte im österreichischen Heere ruhmvoll gedient haben, ausführlichere Lebensskizzen mitgetheilt wurden, folgen hier in Kürze diejenigen Prinzen und Landgrafen der verschiedenen Linien des hessischen Fürstenhauses, welche in früherer Zeit bereits in kaiserlichen Diensten gestanden und mit den Heeren desselben in Deutschland, Italien und Spanien gekämpft haben.

A. Von der Hauptlinie Hessen-Cassel. Maximilian[WS 1] (geb. 28. Mai 1689, gest. 1753), ein Sohn des Landgrafen Karl (geb. 3. August 1654, gest. 22. März 1730), aus seiner Ehe mit Maria Amalia Prinzessin von Kurland, die ihm 14 Kinder gebar. Maximilian war kaiserlicher und des hohen römischen Reichs General-Feldzeugmeister und Regimentsinhaber und seit 1720 mit Friederike Charlotte Tochter Ernst Ludwig’s Landgrafen von Hessen-Darmstadt vermält. – Von der Nebenlinie 1) Hessen-Philippsthal. Karl, Landgraf von Hessen-Philippsthal (geb. 23. September 1682, gest. 1770). Sohn Philipp’s von Hessen-Philippsthal, aus dessen Ehe, mit Katharina Amalia Gräfin von Solms-Laubach. Karl diente anfänglich in der dänischen Armee, trat 1721 als General-Lieutenant in französische Dienste, aus denen er später in österreichische übertrat und zuletzt als österreichischer Feldmarschall starb. Er war mit Karoline Christine Prinzessin von Sachsen-Eisenach vermält. – Von der Nebenlinie 2) Hessen-Rheinfels-auch Hessen-Rothenburg-Rheinfels. Franz Alexander (geb. 5. December 1710), ein Sohn des Landgrafen Ernst Leopold, aus dessen Ehe mit Eleonora Maria Anna Prinzessin von Löwenstein, diente als Reiter-Oberst in der kaiserlichen Armee; des Landgrafen Ernst Leopold Schwester Ernestine Luise (geb. im October 1681) war (seit 1721) mit dem kaiserl. österr. Feldwachtmeister Grafen De la Cerda verheirathet. – Constantin[WS 2] (geb. 21. Mai 1716, gest. 1778), Bruder des vorgenannten Landgrafen Franz Alexander. Als nachgeborner Prinz war er zuerst zum geistlichen Stande bestimmt und lebte in Turin; später aber verließ er diesen ihm wenig zusagenden Stand und trat zuerst in russische, dann in österreichische Dienste, in welch’ letzteren er als Feldmarschall-Lieutenant im Alter von 62 Jahren starb. Prinz Constantin war mit Maria Gräfin von Starhemberg vermält, welche als eifrige Katholikin und durch ihr Wirken in dieser Richtung bekannt geworden ist. – Karl[WS 3] (geb. 1746, gest. 1812). Sohn des vorgenannten Landgrafen Constantin und vermält (seit 1771) mit der Prinzessin Lichtenstein, ist ein durch seine Schicksale denkwürdiger Prinz, der zuletzt in österreichische Dienste trat und in diesen als Feldmarschall-Lieutenant im Alter von 66 Jahren starb.

B. Von der Hauptlinie Hessen-Darmstadt, und zwar von der 1) älteren Linie. Georg[WS 4] (geb. 25. April 1669, gest. 14. September 1705), ein Sohn Ludwig IV.[WS 5] Landgrafen von Hessen-Darmstadt (in der Reihe der Ludwige des Hauses Hessen überhaupt Ludwig VI.), aus dessen zweiter Ehe mit Elisabeth Dorothea Prinzessin von Sachsen-Gotha. Georg trat zur römisch-katholischen Religion über. Schon 1691 war er Oberst eines kaiserl. Kürassier-Regiments und focht in Spanien zuerst für die Sache Karl’s II., des letzten Habsburgers in Spanien, und dann für Karl III. nachmaligen deutschen Kaiser Karl VI. Im Jahre 1697 vertheidigte Georg Barcellona gegen Vendome, war aber endlich, da der versprochene Entsatz nicht kam, gezwungen, es zu übergeben. Am 4. August 1704 bemächtigte er sich Gibraltar’s und vertheidigte heldenmüthig diesen Posten im folgenden Jahre. Als König Karl III. von Spanien im Hafen von Barcellona landete und unter Mitwirkung der Bewohner das Fort Montjouy erstürmt wurde, erhielt der tapfere Prinz, der sein Leben der Sache Oesterreichs gewidmet hatte, eine Wunde am rechten Fuße, welche durch eingetretene Verblutung seinen Tod nach sich zog. Bereits dem Tode nahe empfahl er dem Lord Peterborough die gerechte Sache des Hauses Oesterreich in Spanien nicht zu verlassen. [Mémoires de la Torre. – Lettres d’un Suisse à un Français, tome 2. Philipp[WS 6] (geb. 20. Juli 1671 gest. 12. August 1736), auch ein Sohn des Landgrafen Ludwig IV.[WS 7] aus dessen zweiter Ehe und Bruder Georg’s, trat auch 1693 zu Brüssel zur römisch-katholischen Kirche über, diente in der kaiserlichen Armee und starb als kaiserl. General-Feldmarschall und General-Gouverneur von Mantua im Alter von 59 Jahren. Seine Gemalin Maria Theresia Josephina Prinzessin von Croy gebar ihm zwei Söhne, die Prinzen Joseph und Leopold. Joseph (geb. 22. Jänner 1699, gest. 1768) [444] wurde Domherr zu Augsburg und erhielt 1735 von Kaiser Karl VI. die Probstei Földvar in Ungarn. Der andere Leopold (geb. 11. April 1708, gest. 1764) trat in kaiserliche Kriegsdienste und ward Oberst im Kürassier-Regimente, dessen Inhaber sein Vater war. – Heinrich[WS 8] (geb. 29. September 1674, gest. 1741), jüngerer Bruder der zwei Vorigen, Georg und Philipp, trat auch zur katholischen Religion über. In der kaiserl. Armee dienend, zog er mit König Karl III. nach Spanien, wurde kaiserl. Feldmarschall-Lieutenant, und ist durch seine tapfere Vertheidigung Lerida’s in Catalonien im Jahre 1707 berühmt. – Ludwig[WS 9] (geb. 5. April 1691, gest. 1768), ist der älteste Sohn Ernst Ludwig’s, Landgrafen zu Hessen-Darmstadt, aus dessen Ehe mit Dorothea Charlotte Prinzessin von Brandenburg-Anspach. Ludwig war General der Cavallerie in der kaiserlichen Armee und befand sich am kaiserlichen Hofe zu Wien, als Maria Theresia fast noch ein Kind war. Der Landgraf, der für die schöne Kaisertochter eine zärtliche Neigung empfand, bewahrte ihr die innige Verehrung sein ganzes Leben hindurch. Er war es auch, der das Decret der Churfürsten, welches den Lothringerherzog Franz Stephan zum Kaiser wählte, nach Heidelberg überbrachte. Nachdem er 1739 nach seines Vaters Tode die Regierung übernommen hatte, half er im österreichischen Erbfolge- und im siebenjährigen Kriege der Kaiserin mit seinen Truppen so gut er konnte. Die Zusammenkunft, welche der bereits im hohen Alter stehende Landgraf (er zählte damals 73 Jahre) im Jahre 1764 mit dem Kaiser Franz I. Stephan und dessen Sohne Joseph II., damaligem römischen Könige, bei Heusenstamm hatte, und bei welcher der Kaiser seinem Sohne den Landgrafen mit den Worten: „Hier mein bester Freund“ vorstellte, erzählt Göthe in „Dichtung und Wahrheit“ in seiner unnachahmlich schlichten und um so wirksameren Weise. – Georg[WS 10] (geb. 11. Juli 1722, gest. 1782), Sohn Ludwig’s VIII. Landgrafen von Hessen-Darmstadt (des Vorgenannten), aus dessen Ehe mit Charlotte Christiane Erbgräfin von Hanau-Lichtenburg, stand zuerst in preußischen Kriegsdiensten. die er 1747 verließ, worauf er in österreichische trat, in denen er, 63 Jahre alt, starb. – Georg[WS 11] (geb. 31. August 1780, gest. 17. April 1856), Sohn Ludwig’s I., (ersten) Großherzogs von Hessen-Darmstadt (als Landgraf Ludwig IX.), aus dessen Ehe mit seiner Nichte Luise, Tochter seines Vatersbruders Landgrafen Georg Wilhelm. Georg trat in österreichische Dienste, in denen er bis 1804 verblieb, in welchem Jahre (29. Jänner) er sich mit Karoline von Török de Szendrö (geb. 23. April 1786) vermälte und aus der kaiserlichen Armee trat. Seine Gemalin wurde 1822 zur Fürstin von Nidda erhoben. Georg war zuletzt großherzoglich hessischer General. – Friedrich[WS 12] (geb. 14. Mai 1788), Bruder Georg’s [s. d. Vorigen]. Er war zuerst in österreichischen Dienst getreten, vertauschte aber später diesen mit dem französischen, dann mit dem niederländischen; auch war der Prinz in Spanien und ein Anhänger Don Miguel’s. Im Jahre 1808 war er in Rom zum katholischen Glauben übergetreten. – Ueber den Prinzen Emil, Bruder der zwei Vorigen, Georg und Friedrich, kaiserl. österreichischer Feldzeugmeister und Ritter des Maria Theresien-Ordens, siehe den besondern Artikel S. 431. – Der gegenwärtige Großherzog Ludwig III.[WS 13] (geb. 9. Juni 1806) ist Inhaber des österreichischen Infanterie-Regiments Nr. 14. Ueber die Helden- und Diplomatenrolle aber, welche seinem Bruder, dem Landgrafen Alexander, in Oesterreichs neuester Geschichte zu spielen gegönnt war, siehe den besondern Artikel S. 427. – 2) Von der jüngern Linie Hessen-Homburg. In dieser von Friedrich I., dem nachgebornen Sohne des ersten Landgrafen von Darmstadt Georg I. des Frommen (gest. 7. Februar 1596), im Jahre 1622 gestifteten hessen-darmstädtischen Nebenlinie tritt in den letzten zwei Jahrhunderten eine Reihe von Helden und Feldherrn auf, welche eine glänzende Rolle, insbesondere aber in den Befreiungskriegen zu Anfang unsers Jahrhunderts spielt. Sie theilt sich in den Ruhm, welchen die Sproßen der Hessen-Cassel’schen Nebenlinie, Hessen-Philippsthal, erworben haben. Mit Uebergehung aller in fremden Diensten Gestandenen, unter denen der berühmte Landgraf Friedrich II. mit dem silbernen Beine (geb. 30. Mai 1633, gest. 24. Jänner 1708) als Sieger von Fehrbellin (1675), mit welchem er dem Hause Brandenburg europäischen Ruhm erfocht, obenan steht, kann hier nur jener gedacht werden, welche im Dienste der kaiserlichen Armee für Deutschland gekämpft haben. Schon der Landgraf Friedrich V.[WS 14], dessen treffliche Regierung noch im Andenken seines Volkes lebt, war in den letzten Zeiten des deutschen Reiches [445] Reichs-General-Feldzeugmeister. Dessen Söhne aber, sechs an der Zahl, dienten alle gegen Napoleons Willen in den österreichischen und preußischen Heeren, der jüngste, Prinz Leopold, starb sogar bei Lützen den Tod für’s Vaterland, die anderen folgten nacheinander dem Vater in der Regierung der Landgrafschaft, nämlich Landgraf Friedrich VI., kaiserlich österreichischer Feldmarschall, Commandeur des Maria Theresien-Ordens (gest. 1829) [siehe diesen S. 436]; – Landgraf Ludwig (gest. 1839), General in preußischen Diensten, der sich durch sein ausgezeichnetes Verhalten bei Leipzig das Ritterkreuz des Maria Theresien-Ordens erwarb, welches ihm Kaiser Franz mit Allerhöchstem Handschreiben Wien 3. December 1814 verliehen hat, – Landgraf Philipp, kaiserl. österreichischer Feldmarschall, Ritter des Maria Theresien-Ordens (gest. 1846) [siehe diesen S. 439]; – Landgraf Gustav, kaiserl. General der Cavallerie, Ritter des Maria Theresien-Ordens (gest. 1848) [siehe diesen S. 438] – und der zur Zeit regierende Landgraf Ferdinand, kaiserl. österreichischer General der Cavallerie, Ritter des Maria Theresien-Ordens [siehe d. S. 434], mit dessen Ableben der Heimfall Homburgs an Darmstadt in Aussicht steht.

Anmerkungen (Wikisource)