BLKÖ:Hessen und bei Rhein, Emil Maximilian Leopold August Karl Prinz

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 8 (1862), ab Seite: 431. (Quelle)
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Hessen und bei Rhein, Emil Maximilian Leopold August Karl Prinz (k. k. [432] Feldzeugmeister und Ritter des Maria Theresien-Ordens, geb. zu Darmstadt 3. September 1790, gest. zu Baden-Baden 30. April 1856). Der jüngste Sohn des nachherigen ersten Großherzogs von Hessen, Ludwig I., und der geistvollen anmuthigen Prinzessin Louise Karolina, Tochter des Landgrafen Georg Wilhelm von Hessen. Ritterlicher Muth und vorwiegende Neigung zum Kriegerstande, beide Erbtheil des hessischen Fürstenhauses, zeigten sich bei dem Prinzen in früher Jugend und jung trat er in die Reihen des hessischen Militärs, welches damals auf Napoleon’s Seite stand. Als im Jahre 1809 der Krieg gegen Oesterreich ausbrach und Hessen sein ganzes Contingent, drei infanterie-Regimenter und eine Abtheilung Reiter, für den Imperator in’s Feld stellen mußte, wurde Prinz Emil, damals 19 Jahre alt, mit einer Mission seines Vaters in’s Hauptquartier Napoleon’s betraut und war wiederholt Zeuge, wie seine Hessen, über welche auch das Joch des Rheinbundes geworfen war, ihr deutsches Blut für die unermeßliche Ruhmsucht und die Eroberungsgelüste Napoleon’s verspritzten. Als dieser im Jahre 1812 den welthistorischen Zug nach Rußland unternahm und die Contingente der Rheinbundsfürsten der französischen Armee einverleibt wurden, trat Prinz Emil, damals 22 Jahre alt, an die Spitze seiner heimischen Truppen. Bei diesem Zuge, auf welchem der Prinz alle Schrecken und unbeschreiblichen Drangsale, welche mit dem Brande von Moskau anhoben, mit erlebte, war ihm die instructive Vergünstigung zu Theil geworden, den Kaiser auf allen Recognoscirungen zu begleiten, in welchem Verhältnisse er auch die Schlachten von Smolensk (17. August) und von Mosaisk (7. September) und nach beginnendem Rückzuge von Malo-Jaroslawecz mitmachte. Am 30. October ertheilte Napoleon den Befehl, daß die drei hessischen Regimenter nebst der Artillerie in eine Brigade vereinigt, von dem Prinzen befehligt, zur ersten Division der Kaisergarde stoßen sollten. Die Drangsale des Rückzuges hatten die Brigade bereits sehr gelichtet: alle drei Regimenter zählten nur noch gegen 1300 Mann, welche bis zum 17. November, kurz vor der Schlacht bei Krasno, an der sie Theil nahmen, auf kaum 900 Mann zusammenschmolzen. Der Jammer, die Schrecknisse steigerten sich mit jedem Tage, der Prinz selbst war mehrere Male nahe daran, ihnen zu erliegen, und eine Ueberlieferung, welche ein englischer Dichter, Namens Milhes, in einem von Dr. Künzel in’s Deutsche übersetzten Gedichte verherrlicht hat, will wissen, wie die seltene Hingebung seiner Krieger dem Prinzen bei einer Gelegenheit das Leben gerettet, indem sie ihn mit ihren Leibern gegen die alles ringsum vereisende Kälte geschützt haben. Der Rückzug fand unaufgehalten Statt, am 18. November war die Beresina erreicht und der Prinz konnte von seinen drei vollzählig nach Rußland geführten Regimentern an diesem Tage kaum noch 200 Mann in’s Feld stellen. Diese auf Thatsachen beruhende Episode gibt ein Bild der Schrecknisse, welche im Gefolge dieses unglücklichen Feldzuges waren. Als Prinz Emil endlich am 8. December in Wilna anlangte, hatte er nur noch 24 Unterofficiere und Soldaten mit 31 Officieren um sich. Einem zu Anbeginn des Jahres 1813 erlassenen Befehle Napoleon’s zu Folge, begab er sich nun in seine Heimat, um daselbst die Reorganisation der hessischen Truppen zu bewerkstelligen, und [433] der Prinz übernahm neuerdings den Oberbefehl des von seinem Vater, der noch immer zu den Fürsten des Rheinbundes gehörte, gestellten Truppencorps. An der Spitze seiner Infanterie-Brigade kämpfte der damals 23jährige Prinz in der Schlacht von Lützen (2. Mai 1813), dann in jener von Bautzen (21. Mai). Am folgenden Tage, an welchem er sein Hauptquartier in dem während der Kämpfe von beiden Seiten hart bedrängten Städtchen Weissenberg hatte, war der Prinz der Retter dieses Städtchens, das daran war, nach überstandenen Kriegswirren ein Raub der Flammen zu werden, wenn nicht Prinz Emil, den Brand gewahrend, rasch herbeigeeilt wäre, seine Mannschaft zum Löschen angefeuert, ja selbst thätig Hand an’s Werk gelegt hätte und dadurch Meister der Flammen geworden wäre. [Ausführlich wird dieß in der Schrift: „Geschichtliche Darstellung der Entwicklung der Militärverfassung der hessen-darmstädtischen Truppen. Nebst den Feldzügen, welchen dieselben von 1792 bis 1815 beigewohnt haben“ (1840) erzählt]. Am dritten Schlachttage bei Leipzig, am 18. October. wurde der Prinz verwundet und von Oesterreichern gefangen und erst, nachdem der Rheinbund zersprengt und Hessen den Alliirten beigetreten war, wieder freigegeben. Nun stieß Prinz Emil mit seiner Division zum 6. deutschen Bundescorps, welches zur Hauptarmee zählte; während des Feldzuges 1814 befehligte er die Reservedivision und wohnte mehreren Gefechten der Vorhut bei, zu welcher das Leibregiment des Prinzen gehörte. Nach der Einnahme von Paris kehrten die hessischen Truppen in ihre Heimat zurück, aber noch einmal, 1815 – nach der Rückkehr Napoleon’s von Elba – mußte sich der Prinz an die Spitze des hessischen Contingents stellen, welches dem dritten von dem Kronprinzen von Württemberg befehligten Armeecorps zugewiesen war. Dieses operirte am Oberrhein. Am 23. Juni überschritt Prinz Emil bei Germersheim den Rhein, besetzte Leimersheim, Rheinzabern und die umliegenden Ortschaften. In dem Treffen bei Straßburg am 28. Juni erstürmte er die von dem Gegner stark besetzte und sehr vortheilhafte Position Mundelsheim, welche, an der Vereinigung zweier Bäche gelegen, dem Feinde eine doppelte Aufstellung gewährte und überdieß durch den Suffelbach und durch die Weingärten gedeckt war. Der Prinz nahm im Sturm beide Ortschaften, Lampertsheim und Mundelsheim, und trieb den Feind unter die Wälle der Festung. Die an diesem Tage bewiesene persönliche Bravour des Prinzen wurde durch das Ritterkreuz des Maria Theresien-Ordens belohnt, welches ihm der Kaiser wenige Tage darnach mit Handbillet ddo. Saarburg vom 3. Juli 1815 zuerkannte. Nun rückte Prinz Emil mit seiner Abtheilung bis an die Loire vor, wo er die Cantonirungen bezog, von dort das Hauptquartier in Paris besuchte und dann in seine Heimat zurückkehrte. Im Jahre 1830 wurde dem Prinzen der Charakter eines Feldmarschall-Lieutenants, 1831 die Inhaberstelle des Infanterie-Regiments Nr. 54 verliehen. Stets beurlaubt, wirkte der Prinz in seinem Vaterlande; von 1832 bis 1849 war er unausgesetzt Präsident der Kammer des Großherzogthumes, worin er die Wahrung des conservativen Princips sich zur Aufgabe gestellt und treu dem in seinem Programm ausgesprochenen Satze: Er sei durch seine Geburt berufen, das monarchische Princip zu lieben, gemäßigt, jedoch energisch auftrat. Von welcher Seite aber die Mitglieder [434] der ständischen Kammer selbst des Prinzen Wirksamkeit betrachteten, beweist der Umstand, daß dieselben beschlossen, zur Erinnerung an ihn als Vorsitzenden eine Denkmünze prägen zu lassen. Der Prinz, der vom Kaiser von Oesterreich noch zum Feldzeugmeister ernannt und mit dem Großkreuze des St. Stephan-Ordens ausgezeichnet worden war, starb im Alter von 66 Jahren. In vorstehender Skizze konnte vornehmlich nur die militärische Wirksamkeit des Prinzen, da er gegen das Ende der Befreiungskriege und dann bis an seinen Tod österreichischer General und Maria Theresien-Ordensritter war, in’s Auge gefaßt werden; von seiner staatsmännischen in seiner engern Heimat geben die zahlreichen Landtagsprotokolle ein klares Spiegelbild und dem künftigen Biographen reichen Stoff zu ausführlicher Behandlung dieses edlen deutschen Fürsten. Außer der Kammer fühlte er sich als kaiserlicher General, und unumwunden äußerte sich bei ihm die traditionelle Ehrfurcht, welche deutschen Fürstensöhnen von jeher das Habsburger Kaiserhaus einflößte. Die Drangsale des russischen Feldzugs hatten die Gesundheit des Prinzen bedeutend angegriffen und er hatte an den Folgen desselben in den späteren Jahren oft zu leiden. Als Fürst constitutionell, war er in seinen Ansichten über das monarchische Princip unbeugsam; im Uebrigen nachsichtig ließ er gern die Liebe walten und sprach, wenn es wissenschaftliche Zwecke galt, selbst ein Freund der Wissenschaft und Literatur, denselben immer das Wort. Und als er starb, beweinten auch Arme den fürstlichen Wohlthäter.

Frankfurter Konversationsblatt 1856, Nr. 119–123: „Prinz Emil von Hessen“. Mitgetheilt von Dr. B. – Neuigkeiten (Brünner polit. Blatt) 1856, Nr. 126 [nach diesen gest. 30. April 1856]. – Oesterreichische Zeitung (Wien, Fol.) 1856, Nr. 223. – Brünner Zeitung 1856, Nr. 105. – [Karl Eduard Vehse|Vehse (Eduard]] Dr.), Geschichte der Häuser Baiern, Würtemberg, Baden und Hessen (Hamburg 1857, Hoffmann und Campe), Theil V, S. 438. – Hirtenfeld (J.), Der Militär-Maria Theresien-Orden und seine Mitglieder (Wien 1857, Staatsdruckerei, 4°.) S. 1316, 1750 [nach diesem gest. am 26. April 1856]. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Bd. VIII, S. 552. – Ergänzungs-Conversations-Lexikon (Ergänzungsblätter). Herausgegeben von Dr. Fr. Steger (Meißen u. Leipzig, Goedsche, gr. 8°.) Bd. XII, S. 42. – BrockhausConversations-Lexikon (10. Aufl.) Bd. V, S. 467. – Die deutsche Dichterin Frau Louise von Ploennies widmete dem Prinzen am Tage seiner Bestattung, welche am 4. Mai 1856 stattfand, einen poetischen Nachruf, in welchem eine Strophe die hehren Eigenschaften des Verblichenen zusammenfaßt; diese lautet:

Prinz Emil! Wie hell der Name glänzet.
Den der Ruhm mit ew’gem Lorber kränzet.
Prinz Emil! Wie sanft der Name leuchtet,
Den die Liebe warm mit Thränen feuchtet,
Den der Krieger mit Begeist’rung nennet,
Der ein Stern im Glanz der Liebe brennet;
Hohe Gaben, die den Menschen schmücken
Waren sein die Herzen zu beglücken.

Porträte. 1) Gez. von Gläser, gest. von Portmann (Darmstadt, Leske, 8°.); – 2) gest. von Schnell (ebd.).