BLKÖ:Herring, Johann Ritter von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Herrgott
Band: 8 (1862), ab Seite: 399. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Johann von Herring in der Wikipedia
Johann von Herring in Wikidata
GND-Eintrag: 138303819, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Herring, Johann Ritter von|8|399|}}

Herring, Johann Ritter von (Industrieller, geb. zu Tennenlohe im Brandenburg-Anspach’schen 14. Februar 1758, gest. zu Brünn 15. Jänner 1836). Früh verwaist, nahm ihn der Schullehrer seines Geburtsortes in sein Haus auf und H. gelangte durch dessen Frau, die früher im Nürnberger Handlungshause Mayer und Sohn gedient, als Lehrling in dasselbe. Seine Treue und sein Fleiß erwarben ihm bald die Gunst seines Kaufherrn, der nichts sparte, um H. gehörig ausbilden zu lassen. Nachdem er ausgelernt, trat er in die Handlung Georg Wollrab’s, welche mit mehreren anderen Nürnberger Kaufleuten die damals in großer Blüthe stehenden Märkte zu Brünn und Nikolsburg besuchte. So kam H. am 6. December 1777 in Geschäften seines Herrn zum ersten Male nach Brünn, wo er später sein Glück begründete und zugleich Urheber so vieler gemeinnütziger Unternehmungen wurde. Als fast zu gleicher Zeit nach Kundmachung des Toleranzedictes der Handel mit Colonialwaaren verboten wurde, hörten die Nürnberger auf, die Brünner und andere Märkte zu besuchen, aber mehrere errichteten unier dem Schutze der Toleranz eigene Geschäfte in den österreichischen Staaten. Auch das nürnbergische Haus, in dessen Angelegenheit H. bisher die Brünner Märkte besucht hatte, errichtete nunmehr in Brünn eine Großhandlung. Bis 1791 blieb H. in diesem Geschäfte, im genannten Jahre erhielt er aber in Anerkennung seiner in den Jahren 1789, 1790 und 1791 bewiesenen Umsicht beim Einkaufe von Staatspapieren auf Rechnung der Regierung das Privilegium zur Errichtung einer Großhandlung. Brünn war damals eben die im Aufblühen begriffene Fabriks- und Handelsstadt. Im Jahre 1793 erhielt er auf 15 Jahre das Privilegium zur Errichtung einer Leihbank, die seit 1751 in Händen der Juden gewesen war. Er verband sich zu diesem Zwecke mit noch zwei anderen Kaufleuten. Mit diesem Privilegium war zugleich die Herausgabe der Brünner Zeitung und der Intelligenzblätter verbunden. Bis zum Jahre 1811 übte H. dieses Privilegium aus, in diesem Jahre ging die Zeitung an die mährischen Stände über. Im Jahre 1794 begründete H. in Verbindung mit Enzmann eine Tuchfabrik in Krzizanau; zwei Jahre später mit dem Altgrafen Salm und mehreren Anderen die erste Wollspinnerei im Kaiserstaate, zu welchem Zwecke Salm selbst mit dem Gesellschafter Apotheker Bethke, nach England reiste, um sich dort in Person über die Fabrikation zu unterrichten und tüchtige Werkführer, Maschinen und Zeichnungen mitzunehmen. Das Unternehmen gelang vollkommen. Demselben folgte die Errichtung einer Fabrik englischen Leders. Im Jahre 1802 unternahm H. das ganz in Verfall gerathene und von mehreren Gesellschaften bereits aufgegebene Rossitzer Steinkohlenwerk und hob es im Zeitraume von 12 Jahren zu einer Blüthe, daß es für Brünn und seine eigenen Fabriken eine unschätzbare Quelle der Wohlfahrt wurde. Im Jahre 1805 rettete H., von der Regierung dazu ermächtiget, durch Ankauf die sämmtlichen Materialgüter der k. k. Oekonomie vor den Franzosen. Im Jahre 1809, [400] als bereits von den Franzosen der Verkauf sämmtlicher Schäfereien, Woll- und Getreidevorräthe auf den k. k. Familienherrschaften anbefohlen war, unterblieb derselbe, da sich H. im entscheidenden Momente als deren Eigenthümer auswies und die ausgeschriebenen Contributionen leistete. Weder Drohungen, noch Arrest und das Abführen durch 16 Mann Wache mit dem ausgesprengten Gerüchte, er werde erschossen, vermochten ihn in seinem Entschlusse, mit Gefahr seines Lebens an seiner Pflicht als Staatsbürger und Unterthan treu zu halten, wankend zu machen. Für seine treuen Dienste erhielt H. im Jahre 1810 den Leopold-Orden. Mit diesen wesentlichen Verdiensten um die Emporbringung der Industrie und des Handels in Brünn nach verschiedenen Richtungen verband H. noch andere. So verdankt ihm die k. k. mährisch-schlesische Ackerbaugesellschaft, die er überhaupt mehrseitig unterstützte, die Schenkung eines reichen, mit physikalischen Maschinen und Apparaten völlig ausgestatteten Cabinetes, welches eine der Hauptzierden des Franzensmuseums in Brünn bildet. Als erster Vorstand der protestantischen Gemeinde in Brünn wandte er ihrer Kirche und Schule eine jährliche Unterstützung von mehr denn 1500 fl. zu, vieler anderer milder Gaben, die er heimlich spendete, nicht zu gedenken. Wenn er am Abend seines Lebens, dasselbe überblickend, oft staunend gedachte, wie er sich vom armen Waisenknaben selbst auf jene Höhe geschwungen, auf der er ein Greis von nahezu 80 Jahren stand, so rief er aus: „Unbekanntschaft mit der Größe der Gefahr, unermüdeter Fleiß, lautere Zwecke und ein gutes Gewissen haben mir überall durchgeholfen“. Seit 4. October 1795 mit Franziska, verwitwete Müller, geborne Unger, verheirathet, war seine Ehe kinderlos geblieben.

Neuer Nekrolog der Deutschen (Weimar 1838, Bernh. Friedr. Voigt, 8°.) XIV. Jahrgang (1836), S. 59–64. – Oesterreichische National-Encyklopädie, herausg. von Gräffer und Czikann (Wien 1835), Bd. VI, Suppl. S. 479. – d’Elvert (Christian), Geschichte des Bücher- und Steindruckes, des Buchhandels, der Büchercensur und der periodischen Literatur ... in Mähren und Oesterreichisch-Schlesien (Brünn 1854, Rohrer’s Erben, Lex. 8°.) S. 173 u. f. [zu bedauern ist, daß diese mit so viel Fleiß gearbeitete Monographie der vielen Druckfehler wegen, vornehmlich in eigenen Namen nur mit Vorsicht zu benützen ist; so heißt z. B. um nur ein Beispiel anzuführen, auf drei Seiten der Mitunternehmer Herrings auf S. 173 Greifinger, und auf S. 175 Greisinger; so erscheint der überall als Herring (mit zwei r) geschriebene in diesem Werke immer als Hering (mit Einem r), u. m. a.]. – Ritterstands-Diplom vom 3. August 1815. – Wappen. Ein von Silber, rother und blauer Farbe, halb in die Länge und quergetheilter Schild. Im obern silbernen Felde ein pfahlweise gestellter Häring in natürlicher Gestalt und einwärts gekehrt; im obern linken und rothen Felde ein silberner Anker mit seinem Querholze in aufrechter Stellung. In der untern blauen Schildeshälfte schreitet auf einem am Fußrande sich verbreitenden grünen Grunde ein Widder. Auf dem Schilde stehen zwei zu einander gekehrte gekrönte Turnierhelme. Aus der Krone des rechten steigt der Widder der untern Schildeshälfte hervor, aus jener des linken ragen zwei rothe mit den Mundlöchern auswärts gekehrte Büffelhörner hervor, zwischen welchen ein dem im obern rothen Felde ähnlicher Anker erscheint. Die Helmdecken sind rechts Silber und blau, links Silber und roth. –