Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 7 (1861), ab Seite: 242. (Quelle)
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Haller, Johann Nepomuk (Bildhauer, geb. zu Innsbruck 1. März 1792, gest. zu München 23. Juli 1826). Der Sohn armer Eltern, zeigte früh Talent für die Kunst und lernte zuerst bei seinem Vetter Joseph Wipper in Imst das Holzschnitzen, dann bei Renn ebenda die Bildhauerei, bei dem er einige Jahre arbeitete und dann nach München ging, um sich an der dortigen Kunstakademie vollends auszubilden. H. war 18 Jahre alt, als er 1810 zu Schopf in München kam. Indem er nun zugleich Unterricht im Zeichnen nahm, erregte sein schönes Talent für die Plastik bald Aufsehen und H. fand an dem damaligen Kronprinzen Ludwig alsbald einen hochherzigen Mäcen. Nach drei Jahren erhielt er den ersten Preis mit seinem „Theseus“, welcher den Felsen aufhebt, um die Sandalen seines Vaters zu finden. Nun erhielt H. von dem Könige Maximilian Joseph mehrere Bestellungen; unter anderen den Auftrag, die Figuren für den Krönungswagen anzufertigen, den er bestens ausführte. Im Jahre 1817 wurde H. von dem Kronprinzen Ludwig, mit dem in Bayerns Hauptstadt eine neue Aera der deutschen Kunst anhebt, mit mehreren Arbeiten betraut, als: mit der Ausführung der colossalen Statuen an den Nischen der Vorderseite der Glyptothek, der Karyatiden an der Königsloge im Hoftheater, im folgenden Jahre mit der Bildergruppe für das Giebelfeld der Glyptothek; diese letztere Arbeit sollte er aber in Rom zu Stande bringen, um durch Betrachtung und Studium der Meisterwerke der alten Plastik seinen eigenen Geschmack zu läutern. Im März 1819 traf H. in Rom ein und arbeitete da bis 1823. Kränklichkeit halber kehrte er im letztgenannten[WS 1] Jahre nach München zurück, wo er aber schon 1826, im Alter von 34 Jahren, seinen Leiden erlag. Obgleich H. so jung starb, hinterließ er doch eine beträchtliche Anzahl von Werken, welche seinen Ruhm der Nachwelt überliefern werden und seinen frühzeitigen Verlust schwer beklagen lassen. Seine Werke sind: „Philoktet“, wie er am Natterbisse leidet, colossale Statue, jetzt im Ferdinandeum zu Innsbruck aufgestellt; – die Statuen: „Hephästos“, – „Prometheus“, – „Dädalus“, - „Phidias“, - „Perikles“, – „Hadrian“, für die Nischen der Façade der Glyptothek, wovon er die ersten vier in München, die zwei letzten in Rom ausführte; – „Pallas Ergane“, für das Giebelfeld der Glyptothek; die nach Klenze’s Angabe von Wagner entworfenen Figuren der Minerva als Beschützerin der Sculptur, der Modellirung, Toreutik, Ornamentik, Polychromie, Erzgießerei, Stein- und Holzbildnerei und Vasentöpferei hat Haller modellirt, wurden aber bei deren Ausführung in Marmor von Schwanthaler, Bondel, Mayer und Leeb zum Theile umgearbeitet; – „Der Kampf der Lapithen und Centauren“, Basrelief nach dem Modell von M. Wagner, für den linken Theil des Bogens über dem Hauptthore der Reitschule, Lazzarini hat den rechten ausgeführt; – „Der Sieg Jupiters über die Giganten“, Basrelief in Gyps nach der Zeichnung von Cornelius, für den Göttersaal der Glyptothek; – das „Kind mit dem Delphin“, aus Sandstein, im kön. Hofgarten zu Nymphenburg; – [243] die Modelle zu den „Karyatiden“ und „Victorien“ im Hoftheater. Diese führte er zweimal aus, zuerst 1818 und im Jahre 1823 zum andern Male, als sie im Brande des Theaters zu Grunde gegangen waren; – eine „Victoria“, colossale Statue für den Grafen von Schönborn; außerdem vollendete H. mehrere Porträtbüsten, als: „Feldmarschall Wrede“; – „Director Langer“, ersterer in Marmor, letzterer in Gyps; – „Wilhelm III. von England“, in Marmor, für die Walhalla; – „König Ludwig“, nach Thorwaldsen; – „Graf Görz“, Colossalbüste; – „Theophrastus Parazelsus“; – „Capellmeister Winter“; – „Frauenhofer“; – „Westenrieder“; – „Klenze“; – „Cornelius“;– „Pfarrer Schmid“. Haller’s Arbeiten sind von dem Geiste der Antike durchweht; das Studium derselben in ihrer Reinheit und Schönheit offenbart sich in allen seinen Werken. Der in das Gewaltige gehende Charakter seiner Büsten beurkundet sein hervorragendes Talent für das Heroische, obgleich, wie sein „Kind mit dem Delphin“ und „die um ihre Kinder trauernde Gea“ auf dem Basrelief „der Sturz der Giganten“ es beweisen, ihm auch der Ausdruck des Zarten gelang. Glückliche Auffassung des Individuellen, Fleiß in der Ausführung, Ausprägung seiner eigenthümlichen Ideen und die Wahl großer streng durchdachter Stoffe charakterisiren die Arbeiten Haller’s, der gewiß noch Großes geschaffen haben würde, wenn nicht die Parze, nachdem er erst die kleinere Hälfte seiner Künstlerlaufbahn zurückgelegt hatte, vor der Zeit seinen Lebensfaden entzwei geschnitten hatte.

Jahres-Bericht des Kunstvereins von München 1828. – Staffler (Joh. Jakob), Das deutsche Tirol und Vorarlberg topographisch mit geschichtlichen Bemerkungen (Innsbruck 1847, Fel. Rauch), Bd. I, S. 469. – Tschischka (Franz), Kunst und Alterthum in dem österreichischen Kaiserstaate (Wien 1836, Fr. Beck, gr. 8°.) S. 140, 363. – Nagler (G. K. Dr.), Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1837, E. A. Fleischmann, 8°.) Bd. V, S. 525. – Tirolisches Künstler-Lexikon (Innsbruck 1830, Felician Rauch, 8°.) S. 84. – Oesterreichische National-Encyklopädie, herausg. von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. II, S. 483. – Pierer’s Universal-Lexikon (Altenburg 1857, gr. 8°.) Vierte umgearb. und stark verm. Aufl. Bd. VII, S. 881, Nr. 5 [mit der Angabe des falschen Todesjahres 1823]. – Müller (Fr.), Die Künstler aller Zeiten und Völker (Stuttgart 1860, Ebner und Seubert, gr. 8°.) Bd. II, S. 336 [mit der falschen Angabe, daß er im Jahre 1823 gestorben]. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen 1849, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Bd. XIV, S. 804.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: letzgenannten.