BLKÖ:Habsburg, Leopold IV. der Dicke

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 6 (1860), ab Seite: 414. (Quelle)
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168. Leopold IV. der Dicke, auch genannt der Stolze, Herzog von Oesterreich (geb. 1371, gest. 3. Juni 1411). Sohn Leopold’s III. des Gerechten, aus dessen Ehe mit Viridis, Tochter Barnabas, Herzogs von Mailand. Gemalin: Katharina, Tochter Philipp’s des Kühnen, Herzogs von Burgund, ihm vermält 1381. Aus dieser Ehe stammen keine Leibeserben. Wahlspruch. Um zwei mit den Köpfen zueinander gekehrten Täublein die Devise: „Fida conjunctio“, welche Fugger treffend: „So eine Treu’ vereinet zwei“ übersetzt. Lebensmomente. Als Leopold’s Vater bei Sempach gefallen, beschloß der Sohn, damals 17jährig, Tod und Niederlage des Vaters und seiner Genossen zu rächen. Indem sich ihm Lambrecht, Bischof zu Bamberg, Adolph, Erzbischof zu Mainz, Friedrich III., Burggraf zu Nürnburg, nebst vielen anderen vom Adel anschlossen, wurde den Eidgenossen am 15. Juli 1386, also [415] schon sechs Tage nach der furchtbaren Sempacher Schlacht, Fehde angekündigt. Der Kampf wurde mit wechselndem Glücke aber mit furchtbarer Erbitterung auf beiden Seiten geführt; zuerst eroberten die Eidgenossen die Städte Wesen (1386), Büren (1388), darauf bemächtigten sich wieder die Herzoglichen ersterer Stadt; dann wurde bei Näfels eine blutige Schlacht geschlagen, in welcher bei 1800 Herzogliche niedergemacht, an 600 in den Walensee gesprengt wurden, Wesen neuerdings in die Hände der Schweizer fiel, und ganz niedergebrannt wurde. Die Belagerung von Rapperswyl (18. April 1388) durch die Eidgenossen scheiterte an der Standhaftigkeit des Obersten Peter von Torberg, und auch in mehreren späteren Kämpfen erlitten die Eidgenossen Niederlagen. Indessen herrschte in Oesterreich Leopold’s Onkel, Albrecht III. mit dem Zopfe [s. d. Nr. 9], mit weiser Klugheit. Sein Tod (1395) rief neue Erbstreitigkeiten betreffs des Länderbesitzes hervor. Albrecht’s III. Sohn, Albrecht IV., genannt das Weltwunder, war mit der Ländertheilung, welche zwischen seinem Vater und Oheim Albrecht III. und Leopold III. Statt gehabt, nicht zufrieden und es mußte sein Vetter Wilhelm, Sohn Leopold’s III., ihm das Land Krain abtreten. Wilhelm erhielt nunmehr noch Steiermark und Kärnthen, Leopold IV., sein Bruder, Tirol und die Herrschaften in Schwaben und Helvetien (1395). Als aber Albrecht IV. bereits 1404 starb und einen minderjährigen Sohn – Albrecht V., nachmals Kaiser Albrecht II. [s. d. Nr. 11] – im Alter von 7 Jahren zurückließ, begann nun der Streit um die Vormundschaft. Bald nach Albrecht IV. war auch sein Vetter Wilhelm gestorben, es fand also eine neue Erbtheilung Statt, in welcher Albrecht V. Oesterreich, und von seinen drei lebenden Vettern Leopold IV. die Länder in Schwaben, Elsaß und Helvetien, Herzog Ernst [s. Nr. 78] Steiermark, Kärnthen und Krain, und Herzog Friedrich [siehe Nr. 103] Tirol erhielt. Da aber Albrecht V. minderjährig war, wollte jeder von den drei Brüdern Vormund sein. Wohl hatten die österreichischen Landstände den Herzog Leopold dazu erwählt, aber Herzog Ernst machte seine Ansprüche auch geltend und die Stände ernannten ihn, um den Frieden zu erhalten, zum Mitvormunde. Leopold’s IV. Regierung war nicht glücklich; die Stände waren mit derselben wenig zufrieden und bald kam die Kunde davon zu Herzog Ernst in Steiermark, dem die Stände nunmehr allein die Vormundschaft übertragen wollten. Die Wirren begannen von Neuem und auch Wien nahm an denselben Theil. In Wien bildeten sich zwei Parteien, die eine stand zu Ernst, nämlich der Rath der Stadt Wien und die wohlhabenden Bürger; die andere zu Leopold, dazu gehörte das gemeine Volk und die Handwerksleute. Diese Unruhen, in welchen mehrere Rathsherren Wiens auf Leopold’s IV. Befehl hingerichtet wurden, währten zwei Jahre (1407 und 1408). Erst dem Bischofe von Trient und Dompropste von Wien, Georg von Liechtenstein, gelang es, die beiden Brüder Ernst und Leopold IV. zu versöhnen. Nachdem die Eintracht hergestellt war, hielten Beide in Wien den Einzug. Die Stände in Wien aber leisteten dem Herzoge Albrecht V., als ihrem rechtmäßigen Herrn, und den Brüdern Leopold IV. und Ernst, als dessen bestellten Vormündern, den Eid der Treue. In der [416] Darstellung der folgenden Thatsachen weichen die Chronisten ab. Nach Einigen wäre seit jenem Vergleiche die Ruhe nicht wieder gestört worden und Leopold an einem Geschwüre gestorben, dessen Pflege er, ungeachtet der ärztlichen Warnungen, unbeachtet ließ. Nach Anderen wären die österreichischen Stände des blutigen Zwiespaltes der drei uneinigen Brüder und Vormünder, Leopold, Friedrich und Ernst, müde geworden und hätten, an ihrer Spitze Graf von Waldsee zu Eggenburg, geschworen, hinfüro keinem mehr aus diesen Dreien, sondern nur ihrem rechten und angebornen Erbherrn und Landesfürsten, dem jungen Albrecht V., treu, gehorsam und gewärtig zu sein. Als Leopolden die Kunde von diesem Vorgange und von dem Ende seiner Regierung kam, habe ihn der Schlag gerührt und sei er plötzlich (3. Juni 1411) mit den Geberden des Ingrimmes todt niedergestürzt. Die Geistlichkeit versagte ihm das Seelenamt und setzte seinen Leichnam in dumpfer prunkloser Stille zu St. Stephan bei, während das getreue Volk Wiens Albrecht V., als seinen Erlöser, mit unbeschreiblichem Jubel empfing.

Lichnowsky (E. M. Fürst), Geschichte des Hauses Habsburg, IV. Theil, auch unter dem Titel: Geschichte der Söhne Herzog Albrecht’s des Zweiten (Wien 1839). S. 247 u. d. f. und V. Theil auch unter dem Titel: Geschichte der Albrechtinischen und Leopoldinischen Linie bis 1439 (ebenda 1841). S. 1–156. – Mailáth (Joh. Graf), Geschichte des österreichischen Kaiserstaates (Hamburg 1850, Perthes, 8°.) Bd. I, S. 181, 185, 189, 191, 194–196, 202, 207–219. – Fugger (Joh. Jac.), Spiegel der Ehren des Erzhauses Oesterreich (Nürnberg 1668, kl. Fol.) S. 406, 407, 413, 414. – Hormayr, Oesterreichischer Plutarch, Bd. III, auch „Austria. Oesterreich. Universal-Kalender für das Jahr 1854, S. 7 u. 14 [in den Biographien Ernst’s des Eisernen und Albrecht’s des II.]. – Neues Archiv für Geschichte, herausgeg. von G. Megerle von Mühlfeld und Em. Th. Hohler (Wien, 4°.) Jahrgang 1829, Nr. 81: „Drei Urkunden des Herzog Leopold, Krain und die Stadt Laibach betreffend“. – Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissenschaften in Wien, 1850, Bd. IX, S. 4–21: „Ueber die Belagerung der Stadt Bregenz 1408 und deren Retterin Ehrguta, von Jos. Bergmann“. – Nationalkalender für Tirol und Vorarlberg für das Jahr 1827, S. 79–87: „Gedicht von Ehrguta, von Christ. Walther“. – Porträt. In Fugger’s Spiegel der Ehren des Erzhauses Oesterreich, S. 414.