BLKÖ:Gerbert Freiherr von Hornau, Martin

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Gergelyi, Matthäus
Band: 5 (1859), ab Seite: 149. (Quelle)
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Gerbert Freiherr von Hornau, Martin (Fürstabt zu St. Blasien im Schwarzwald, geb. zu Horb am Neckar 13. Aug. 1720, gest. 13. Mai 1793). Entstammt einem altadeligen Geschlechts, besuchte die Schulen zu Ehingen in Schwaben, dann zu Freiburg im Breisgau und zu Klingnau in der Schweiz. Im Stifte St. Blasien studirte er Theologie, legte, 16 Jahre alt, das Ordensgelübde ab und wurde 1744 zum Priester geweiht. Er erhielt nun die Professur der Philosophie, später der Theologie im Stifte, dann die Aufsicht der Stiftsbibliothek u. unternahm mehrere Reisen nach Frankreich, Italien. [150] Deutschland. Auf seiner Reise in Italien befreundete er sich in Bologna mit dem berühmten Pater Martini, und die Verbindung dieser zwei Männer förderte mehrere für die Geschichte der Tonkunst wichtige Werke zu Tage (siehe weiter unten). Der Ruf seiner Gelehrsamkeit, sowie das Ansehen, das er im Stifte genoß, veranlaßten seine Wahl zum Fürstabten, als nach Trogers Tode (1764) die Congregation seines Stiftes zur neuen Wahl schritt. Beinahe 30 Jahre bekleidete er diese Würde, und ist diese Zeit durch ihn voll des Ruhmes und Glanzes für sein Stift. Als am 23. Juni 1769 das Kloster sammt der Kirche ein Raub der Flammen wurde, erbaute er dasselbe von Neuem nach dem Muster der Sta. Maria rotonda (Pantheon) in Rom mit großer Pracht. Der 1781 vollendete Bau wurde zur Feier der Stiftung des Klosters durch Kaiser Otto (983) im Jahre 1783 eingeweiht. Die Angriffe auf die von ihm erlangte Fürstenwürde und auf die Stiftungsbriefe wies er würdevoll zurück. Einen lang gehegten Lieblingsplan, nämlich die Uebertragung der Leichen der Fürsten aus dem Hause Habsburg, welche bisher zerstreut zu Basel und im Kloster Königsfelden beigesetzt waren, in die neue Stiftskirche hatte er glücklich ausgeführt, sie fand 1770 feierlich Statt. Von dem Gesichtspuncte ausgehend, die Klöster sollen Werkstätten des gelehrten Fleißes sein, trug er alle Sorge für die tüchtige wissenschaftliche Ausbildung der Conventualen; war ihm kein Aufwand für die Klosterbibliothek zu groß; brachte er es dahin, daß eine eigene Druckerpresse für die Capitularen eingerichtet wurde und war er selbst in wissenschaftlicher Richtung erfolgreich thätig. Durch seine Wohlthätigkeit hat er sich eine bleibende Erinnerung an der Stätte seines Wirkens geschaffen, indem er für die St. Blasianischen Aemter Bondorf, Blumegg, Gutenburg und Bettmaringen eine Waisenkasse errichtet, in ersterem Orte ein Spital mit einem Kostenaufwande von 60,000 fl. gebaut und es mit 80,000 fl. dotirt hatte; beide Anstalten wohlthätig wirkend bestehen noch heute. Seine wissenschaftliche Thätigkeit erstreckte sich auf verschiedene Gebiete. In der früheren Zeit seines Lebens schrieb er mehrere theologische und dogmatische Werke, veranlaßt durch seine Stellung als Professor im Stifte. Meusel und das Wetzer-Welte’sche[WS 1] Kirchen-Lexikon zählen diese wie überhaupt alle seine Werke auf. Nach Hergotts Tode vollendete G. dessen „Taphographia Principum Austriae“, welches den 4. Bd. der „Monumenta Domus Austriacae“ [vergl. Ebert Nr. 9470] bildet und abgesondert als „Dissertatio de translatis cadaveribus Habsburgo. Austr. Principum ex Helvetia ad Conditorium novum Monasterii St, Blasii“ (Lindav. 1774, 4°.), erschien. Auch veranstaltete G. die 3. verbesserte Ausgabe von Hergotts „Numotheca principum Austriae“ (St. Blasii 1791, Fol.), welches auch in die „Monumenta Domus Austr.“ gehört. Ferner regte er die Abfassung einer Germania sacra, nämlich eine Geschichte der Kirchen Deutschlands an, und lieferte selbst seinen Antheil dazu in dem Werke: „Historia nigrae silvae, ordinis S. Benedicti coloniae“, 3 Bde. (St. Blasii 1783–88 m. K. K.). [Ebert 8365]. Als besonderer Freund und Kenner der Musik richtete er sein Augenmerk auf die Geschichte dieser Kunst, namentlich der Kirchenmusik, zu deren Behufe er selbst Reisen unternahm, auf welchen er Alles, was zu seinem Zwecke dienlich war, sammelte. Diese Reise erschien im Drucke: „Iter Alemannicum Italicum, Gallicum“ (St. Blasii 1765, 8.. mit K. K.). [Ebert 8364]; jedoch nur in dieser Original-Ausgabe befinden sich die „Glossaria Theotisca ex cod. manusc. [151] a saeculo XI usque ad XIII“. Auch besteht eine deutsche Uebersetzung von J. L. Köhler (Ulm, Frankfurt und Leipzig 1767, gr. 8°.). Seine Werke über Musik sind aber: „De cantu et musica sacra a prima ecclesiae aetate usq. ad praesens tempus“, 2 Bde. (St. Blasiae 1774, 4°. mit 40 K. K.). [Ebert 8362]; auf dieses Werk gestützt, konnte Forkel seine Geschichte der Musik schreiben, dem wahren Musikgelehrten ist G.’s Werk unentbehrlich; – „Scriptores ecclesiastici de musica sacra…“ (Ebenda 1784, 4°.). [Ebert 8363], welches Forkel als eine der wichtigsten Arbeiten in diesem Gebiete bezeichnet; – „Vetus Liturgia alemannica“, 3 Bde. (Ebd. 1776, 4°.); – „Monumenta veteris Liturgiae Alemannicae“, 4 Thle. in 2 Bdn. (Ebd. 1777–79, 4°.). [Ebert 8366]. Außerdem componirte er selbst und war mit Gluck und, wie bemerkt worden, mit dem berühmten P. Martini aus Bologna befreundet; mit Letzterem war er übereingekommen, Martini solle die allgemeine Geschichte der Tonkunst, er werde jene der Kirchenmusik bearbeiten. Unter den Künsten förderte er noch die Glasmalerei, die ein Mönch seines Stiftes mit Erfolg betrieb. Wenige Jahre vor seinem Tode veröffentlichte er noch seine „Ecclesia militans“ , 2 Bde. (St. Blasii 1789), welches Werk durch seine Tendenz: Nachweisung der traurigen Folgen, welche die Einmischung weltlicher Fürsten und Herren in die Angelegenheiten der Kirche hat, Aufsehen erregte. G. beschloß im Alter von 73 Jahren sein thatenreiches Leben; seine Ueberreste sind in der von ihm erbauten Stiftskirche beigesetzt. Die von ihm gesammelten werthvollen Manuscripte und die Handschriften mehrerer seiner eigenen wissenschaftlichen Werke, wie seine gelehrte Correspondenz, sind im Archive und in der Bibliothek zu St. Paul in Kärnten aufbewahrt, wohin auch die irdischen Ueberreste der Habsburger kamen, als das Kloster St. Blasien im Jahre 1806 säcularisirt worden, und ein Theil seiner Conventualen mit seinem Abte Berthold III. aus dem Hause Rottler nach St. Paul dahin auswanderte.

Weiß (Joh. Baptist), Trauerrede auf Martin Gerbert (S. Blasien 1793, 4°.). – Koppe (Joh. Chr.)[WS 2], Jurist. Almanach auf d. J. 1794 (Rostock, Stiller) S. 413 u. f. – Zapf (Georg Wilh.), Literarische Reisen ... (Neue Ausgabe 1796) S. 177 u. f. – Nicolai’s Reisen XII. Bd. S. 64. – Schlichtegrolls Nekrolog auf das J. 1793. II. Bd. S. 8. – Döring (H.), Die gelehrten Theologen Deutschlands. I. Bd. S. 787. – Klagenfurter Zeitung 1856, Nr. 145: „Fürstabt Martin II. von St. Blasien.“ – Carinthia (Klagenfurter Unterhaltungsblatt, 4°.) 1855, Nr. 31: „Das Gerbert-Denkmal in Bonndorf“ von Ankershofen. – Rheinische Blätter (eine Beilage des Mainzer Journals) 1856, Nr. 128. – (De Luca) Das gelehrte Oesterreich. Ein Versuch (Wien 1776, Ghelen, 8°.) I. Bdes. 1. St. S. 145 [nach diesem geb. 20. Aug. 1720]. – Gerber (Ernst Ludwig), Histor.-biogr. Lexikon der Tonkünstler (Leipzig 1790, Breitkopf, gr. 8°.) I. Bd. Sp. 498 [nach diesem geb. 20. August 1720]. – Desselben: Neues histor.-biogr. Lexikon der Tonkünstler (Leipzig 1812, Kühnel, gr. 8°.) II. Bd. Sp. 305 [berichtigt das frühere Geburtsdatum auf den 12. Aug. 1720]. – Neues Universal-Lexikon der Tonkunst (begonnen von Dr. Jul. Schladebach, fortgesetzt) von Ed. Bernsdorf (Dresden 1857, Schäfer, gr. 8°.) II. Bd. S. 149 [nach diesem geb. 20. Aug. 1720]. – Kayser (Christian Gottlob), Vollständiges Bücher-Lexikon (Leipzig 1834, Schumann, 4°.) II. Thl. S. 341 u. 342 [enthält das reichhaltige Verzeichniß von G.’s Schriften]. – Meusel (J. G.), Künstler-Lexikon der vom J. 1750–1800 verstorbenen deutschen Schriftsteller ... IV. Bd. S. 104 u. f. [gibt ein vollständiges Verzeichniß von G.’s Schriften]. – Wetzer-Welte’sches[WS 3] Kirchen-Lexikon. IV. Bd. S. 429. – (Brockhaus) Conversat.-Lexikon (10. Aufl.) VI. Bd. S. 639. – Nouvelle Biographie générale ... publiée sous la dir. de M. le Dr. Hoefer (Paris 1853) XX. Bd. Sp. 198 [nach diesem geb. 13. August 1720; während dieses französ. Werk dem Abte 3 enggedruckte Spalten widmet, fertigt das Brockhaus’sche Conversat.-Lexikon den vielverdienten Priester mit 9 Zeilen ab]. – Meyer (J.), Das [152] große Conversations-Lexikon (Hildburghausen 1845, Bibl. Inst., Lex. 8°.) XII. Bd. S. 610 [nach diesem geb. 12. Aug. 1720, gest. 13. Mai 1790]. – Denkmal. Dieses in Lebensgröße von dem Bildhauer Reich in Hüsingen ausgeführt, errichteten dem unvergeßlichen Kirchenfürsten die Gemeinden des Badenischen Amtes Bonndorf. Die Anregung dazu gab der Verwalter Götz zu Berau und Amtmann Gantert förderte eifrigst dessen Aufstellung. – Medaille. Kopfseite. Umschrift: Martinus II S. R. J. Pr. Abb. Cong. S. Blasii. Revers. Ansicht des Klosterbaues nach dessen Vollendung 1783 mit der Umschrift: Optimo Patri ob rem restitutam [Abbildung in Schlichtegrolls Nekrolog auf 1793, II. Bd.]. Die Medaille ist von Guillimard in Mailand geprägt und das Bildniß darauf sehr ähnlich. – Porträte. 1) C. W. Bock sc. 1786. 8°. – 2) E. Verhelst fec. Mannheim 8°. [vor dem LX. Bde. der „Allg. deutschen Bibliothek“; wird als unähnlich bezeichnet]. – Charakteristik. Ein Franzose charakterisirt G.’s Physiognomie folgendermaßen: „Ce qu’il avait de dévot, faisait aimer la dévotion; ce qu’il avait de moral dans sa physionomie, faisait aimer les moeurs; ce qu’il avait d’imposant, faisait aimer l’ordre, la distinction des rangs, la subordination. Il etait un modèle de la vraie humilité Chretienne, et il avait plus de sensibilité de coeur, que je n’en ai trouvé dans un moine.“

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Weizer-Welte’sche.
  2. Vorlage: Koppe (Jos. Chr.).
  3. Vorlage: Weizer-Welte’sche.