BLKÖ:Casti, Johann Baptista

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Castelli, Ignaz Franz
Band: 2 (1857), ab Seite: 307. (Quelle)
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Casti, Johann Baptista (Dichter und poeta cesareo zu Wien, geb. zu Prato in Toscana 1721, gest. zu Paris im Februar 1803). Studirte am Seminar zu Montefiascone, wo er später auch Professor und an der Cathedrale dieser Stadt Canonicus wurde. Seinem Hange zu Reisen folgend, begab er sich nach Paris, und auf seiner Rückkehr über Florenz lernte ihn der Fürst Rosenberg, der Erzieher des Prinzen Leopold, nachherigen Großherzogs und Kaisers kennen, fand an ihm Gefallen und brachte ihn nach Wien. Der Fürst stellte ihn dem Kaiser Joseph II. vor, der an dem geistreichen Prälaten Gefallen fand. C. blieb nun längere Zeit in Wien, und fand Gelegenheit seiner Reiselust als Begleiter österreichischer Gesandtschaften – doch ohne Rang und Titel – zu genügen. Auf diese Weise kam er nach Petersburg, Berlin, Madrid. In Petersburg nahm ihn die Kaiserin Katharina II. mit Auszeichnung an ihrem Hofe auf. Nun kehrte er wieder nach Wien zurück, und 1782 wurde er an der Stelle des verstorbenen Metastasio zum poeta cesareo ernannt. Als solcher schrieb er 2 komische Opern: „La Grotta di Trofonio“, worin seine Satire die Philosophen vom Handwerk geißelt; Paisiello und Salieri setzten diese Oper in Musik; – und den „Re’ Teodoro“, eine Episode aus dem „Candide“, wozu Paisiello seine liebliche Musik componirte. Die dritte komische Oper: „Cicerone“, die Verschwörung des Catalina behandelnd, und worin Cicero’s berühmte Rede: „Quousque tandem abutere Catilina patientia nostra“ in eine Aria buffa umgestaltet ist, ist nicht zur Aufführung gekommen. Als Joseph II., der dem italien. Dichter persönlich gewogen war, u. ihn oft in seine vertrauten Unterhaltungen gezogen hatte, starb, kehrte Casti in sein Vaterland zurück, wo er der Poesie huldigte. Im hohen Alter – im J. 1798 – begab er sich nach Paris, um seine „Animali parlanti“ zum Drucke zu bringen. Nicht die vorgenannten Operntexte sind es, welche Casti’s literarischen Ruhm begründet, sondern zwei andere Werke; eines davon sind die: „Novelle galanti, in ottave rime“, 1 Bd. (Paris 1793, Molini, 8°.) [Ebert 3667], darin waren 12 Novellen enthalten. Später wurden sie von ihm bis auf 48 fortgesetzt [neue Ausgabe, Paris an IX (1801) 6 Bde., 18°.; 1804, 3 Bde. 8°., u. 1829, 5 Bde. 32 °.) [Ebert 3668]. Es sind bald größere bald kleinere Erzählungen in fließenden Ottave rime; voll Witz, Laune und Spott, namentlich gegen den Stand, dem er selbst angehörte, aber auch frivol, ja unfläthig. Man hat die „Novelle“ mit Boccaccio’s „Decamerone“ verglichen, aber während jene [308] schonungslos die herrschenden Laster der Vornehmen mit kaustischer Schärfe, freilich auch in einer dem züchtigen Ohre nicht stets willkommenen Weise geißeln, schmeichelt C. vielmehr den der menschlichen Seele unwürdigen Schwächen, und übertrifft jenen weit in Frivolität. Sein zweites Werk ist das berühmt gewordene komische Epos: „Gli animali parlanti poema epico, diviso in XXVI. canti“, 3 Bde. (erste Ausgabe, Paris an X (1802), Treuttel u. Würtz, 8°., später oft wiederholt) [Ebert 3666]; eine geschätzte Edition ist: „Gli animali parlanti coi quattro apologhi aggiunti in fine, pubbl. da A. Buttura“, 4 Bde. (Paris 1829, Brissot-Thivars, 12°., mit 1 K.) [diese 4 Apologhi sind 4 Fabeln, welche nicht in die Handlung des großen Gedichtes eingreifen]. Von dem Epos erschienen zwei französische Uebersetzungen, eine von Mareschal in gebundener Rede (Paris 1819) in 2 Bdn.; eine von Paganel in Prosa (Lüttich 1818), in 3 Bdn.; u. eine deutsche im Versmaße des Originals (Bremen 1817, Heyse) in 3 Bdn. Die Form des Gedichtes besteht in 6zeiligen Strophen, 5füßige Jamben mit zwei Wechselreimen anfangend, und einem dritten Reimpaare schließend. Die verschiedenen Formen der Herrschaft, die Verhältnisse und Wechsel des politischen Treibens, die Würden, Ceremonien der Höfe und Regierungen werden hier unter der Thiermaske charakterisirt; Spott und Scherz, reiche Welt- und Menschenkenntniß, politische Weisheit und feine Lebensanschauung wechseln in diesem Gedichte ab, das dem Verfasser eine ehrenvolle Stelle in der italienischen Literatur sichert; obgleich es in Hinsicht des Styles gleich den übrigen größern Arbeiten von der Kritik als mangelhaft bezeichnet wird. Ein drittes Gedicht von ihm ist: „Poema Tartaro“, 2 Bde. (Mail. 1803 u. Genua 1804, 12°.) [Ebert 3669], das an einer ermüdenden Länge leidet. Es ist ein Pamphlet auf den Hof von St. Petersburg und auf Katharina II. von Rußland, von der C. schreibt: „che grande il core e grande avea ogni cosa“. Die übrigen Schriften C.’s sind: „Poesie liriche“ Ed. 5 (Adrianapoli (Turin) 1794, 16°.) u. „Li giulj tre“, zweihundert Scherzsonette auf einen zudringlichen Gläubiger, der nicht abließ um seine drei Giulj (ungefähr 10 Groschen unseres Geldes) zu mahnen. C.’s Werke erschienen vollständig als: „Opere complete“ (Paris 1838, Baudry, mit Portr., 8°.), und der größere Theil derselben: „Opere scelte, Animali parlanti, Apologhi vari, Novelle“ (Paris 1829, Brissot, 8°., und Ebenda 1840, Baudry, 32°., m. Portr.).

Pitaro (Antonio), Storia della vita e degli scritti dell’ Abate Casti (Paris 1828, 8°.) [Oettinger in seiner Bibliographie biographique (Brüssel 1854) I. Bd. Sp. 259 bemerkt über dieses Buch: „L’existence de cet ouvrage nous paraît douteuse“, auch gibt Oettinger den 7. Feb. 1803 als C.’s Todestag an]. – Baur (Samuel), Allg. hist.-biogr.-literar. Handwörterbuch (Ulm 1816, Stettini, 2 Bde.) I. Bd. S. 223 [nach diesem ist C. um’s J. 1732 geboren und am 6. Februar 1803 gestorben]. – Wißmayer, Italienische Ephemeriden. III. Jhrg. 2. Hft. S. 123–169. – Quérard (J. M.), La France littéraire (Paris 1828, Didot, Lex. 8°.) II. Bd. S. 78. – Louandre (Charles) et Bourquelot (Felix), La littérature française contemporaine 1827–44 (Paris 1846, Daguin, 8°.) II. Bd. S. 536. – Nouvelle Biographie générale ... publiée sous la direction de Mr. le Dr. Hoffer (Paris 1853) IX. Bd. Sp. 107. – Tipaldo, Biografia degli Italiani illustri. – Encyclopédie des gens du monde (Artikel von Villeneuve). – Gräffer (Franz), Kleine Wiener Memoiren (Wien 1845, 3 Bde.) I. Bd. S. 146: „Ein schwarzer Prinz“ [erzählt eine Begegnung Casti’s mit Soliman Angelo; in der bekannten Manier Gräffers]. – Allgem. Encyklopädie der Wissenschaften und Künste. Herausgegeben von J. S. Ersch und J. G. Gruber (Leipzig 1822, Gleditsch, 4°.) I. Sect. 15. Thl. S. 314. – (Brockhaus) Conversations-Lexikon (10. Auflage) III. Bd. S. 709 [nach diesem ist Casti am 6. Februar 1803 gestorben]. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon [309] für gebildete Stände (Hildburghausen 1845, Bibl. Inst.) 7. Abth. I. Bd. S. 637. – Oestr. National-Encyklopädie (von Gräffer und Czikann), (Wien 1835, 6 Bde.) VI. Suppl. Bd. S. 391 [gibt den 7. Febr. 1803 als Todestag an]. – Ebert, Allg. bibliogr. Lexikon Nr. 3666–3669. – Porträt. Außer den bereits angeführten bei seinen Werken befindlichen: Unterschrift: Jean Baptiste Casti (Poète italien). Né à Montefiascone (Etats de l’Eglise le ... 1721. Mort à Paris le ... février 1803 [ohne Angabe des Zeichners und Stechers] (Appiani gem. Tavernier (?) gest.].