BLKÖ:Ševčik, Franz Friedrich

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Seulen, Lucas (Sohn)
Band: 34 (1877), ab Seite: 165. (Quelle)
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Ševčik (sprich: Schewtschik), Franz Friedrich (Mathematiker, geb. zu Jedvonice in Mähren 13. October 1824). Nachdem er in seinem Geburtsorte den Unterricht in den Elementargegenständen, dann im Violin- und Pianospiele, später auch in den Anfangsgründen der lateinischen Sprache erhalten hatte, kam er im Alter von 12 Jahren nach Brünn, wo er die deutsche Hauptschule besuchte. Dann bezog er daselbst die Realschule, machte den pädagogischen Lehrcurs durch und konnte sich nun um eine Lehrerstelle bewerben. Aber das war denn doch nicht ganz nach seinem Sinne. Nach Höherem strebend, ging [166] Ševčik im J. 1842 nach Wien, wo er an dem polytechnischen Institute seine Studien fortsetzte. Zugleich besuchte er die Gesangsschule im Musik-Conservatorium und betrieb nebenbei aus eigenem Fleiße das Studium der lateinischen und modernen Sprachen. Daselbst lernte er auch das gesellige Leben seiner slavischen Landsleute kennen, und indem er nun auch daran theilnahm, befreundete er sich oder wurde bekannt mit Furch, Bílka, Dwořaček, Cebuský, Vuk Karadschitz, Terebelský u. A. Nach beendeten Studien wurde er, nachdem er einen Posten auf der Nordbahn abgelehnt, von Professor Salomon [Band XXVIII, S. 151][WS 1] als Assistent der Mathematik an das polytechnische Institut in Wien berufen, womit er zugleich die Stelle eines Supplenten an der mit dem Polytechnikum verbundenen Realschule versah. Š. befand sich nun in seinem eigentlichen Fahrwasser. Emsig sich fortbildend, unterzog er sich im Jahre 1854 vor der für die Realschulen neu gebildeten Commission einer Prüfung, die er mit solchem Erfolge bestand, daß Professor Salomon auf die von der Schweizer Schulbehörde an ihn gerichtete Anfrage um einen geeigneten Candidaten für die Professur der Mathematik an der neuen polytechnischen Anstalt in Zürich, Ševčik als den dazu geeignetsten bezeichnete. Š. selbst aber zog es vor, in Oesterreich zu bleiben, wo er zunächst die Stelle eines Supplenten an der Schottenfelder Realschule versah, dann an der Polytechnik jene eines Assistenten der beschreibenden Geometrie, womit er zugleich den Unterricht im Zeichnen in der Vorbereitungsclasse dieses Institutes verband, bis er 1855 das Lehramt der Mathematik an der neu errichteten Gumpendorfer Realschule in Wien erhielt. Ueberdieß war er aber noch sonst in seinem Wirkungskreise thätig: so stand er Professor Salomon bei Herausgabe seiner Arbeiten hilfreich zur Seite, besorgte die Correcturen derselben, arbeitete an dem astronomisch-mathematischen Theil des Kalenders „Austria“ u. s. w. Zehn Jahre wirkte Š. an der Gumpendorfer Realschule, die Schulferien aber benutzte er zu Reisen zunächst in die Karpathen und Tiroler Alpen, worauf er dieselben nach Deutschland, in die Schweiz, nach Italien, Frankreich – wo er 1867 die Weltausstellung besuchte – Belgien, England – wo er gleichfalls 1862 die Weltausstellung sah – Irland ausdehnte und überall das Schulwesen, und was damit in Verbindung stand, in Betrachtung zog. Von der Gumpendorfer Realschule kam er auf jene in der Roßau. Dabei unablässig bemüht, sich in seiner Wissenschaft fortzubilden, besuchte er die Vorlesungen des als Mathematikers so geschätzten Professors Petzvall an der Universität und faßte besonderes Interesse für dessen neue Theorie der Töne. Begreiflicherweise fanden sich die verwandten Geister bald zusammen und Petzvall forderte Š. auf, sich als Docent dieser neuen Theorie an der Wiener Universität zu habilitiren. Š. ist in seinem Fache auch schriftstellerisch thätig und hat bisher folgende Schriften veröffentlicht: „Arithmetik für alle Abtheilungen der Wiener Gewerbeschule“, im Auftrage der Wiener Handelskammer; – „Decimalrechnen“, – den arithmetischen Theil zu der von Hinterberger herausgegebenen chemischen quantitativen Analyse; – zur neuen Ausgabe der „Algebra für Realschulen“ von Professor Salomon bearbeitete er die drei Abschnitte: „Convergenz und Divergenz der unendlichen Reihen“ – „Grundlehren der Wahrscheinlichkeitsrechnung“ [167] und „Das Wichtigste über die arithmetischen Reihen höherer Ordnung“. Ueber die „Theorie der Töne“, womit er sich seit seiner Verbindung mit Professor Petzvall unaufhörlich beschäftigt, schrieb er eine Abhandlung für die čechische Museal-Zeitschrift Časiopis českeho Museum. Ein Lehrbuch: „Anfangsgründe der Algebra“ liegt druckfertig vor. In čechischer Sprache schrieb er zahlreiche Artikel unter den Chiffren „I–cky“ (Jedovnický, auf seinen Geburtsort anspielend), „Z–mil“ (Zpěvomil, d. i. Der Freund des Gesanges), oder „X.Y.Z.“ für pädagogische čechische Blätter. Auch sonst ist Š. in seinem lehramtlichen Berufe thätig. In der höheren Bildungsanstalt für Mädchen trägt er Arithmetik, Algebra, Geometrie und geometrisches Zeichnen vor. Dabei aber sucht Š. für die čechischen Interessen auch in der deutschen Reichshauptstadt in seiner Weise zu wirken. So legte er, als im Jahre 1858, in welchem er als Professor an der Gumpendorfer Realschule angestellt war, die erste Gewerbeschule für deutsche Schüler an derselben errichtet wurde, im Jahre 1860 der Wiener Handelskammer eine Denkschrift vor, worin er im Hinblick auf die čechische, in Wien vorhandene Schüleranzahl die Errichtung einer čechischen Vorbereitungsschule an der genannten Anstalt beantragt. Die Wiener Presse erwiederte dem Antragsteller in entsprechender Weise. Š. aber faßte das Ergebniß seiner Bestrebungen in einem Artikel zusammen, welchen er im „Pošel z Prahy“ (d. i. Der Bote aus Prag) unter dem Titel: „Sollen wir aus Böhmen Schüler nach Wien senden und sollen wir Geld sammeln und verwenden für irgend welche Schule in Wien“ veröffentlichte.

Slovník naučný. Redaktor Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon. Redig. von Dr. Franz Ladisl. Rieger (Prag 1859, Kober, Lex. 8°.) Bd. IX, S. 212. –

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: [Band XXXIII, S. 151].